Lastschriftenwiderruf und lästige Folgen für den Verwalter

  • Ich wärme das Thema mal auf.

    Wir hatten gestern auch den ersten Schuldneranruf, wonach der Treuhänder (neu bestellt aus der Stadt von filosof) Lastschriften widerrufen hat (z. B. Kindergartengebühr).

    Bisher wurden bei uns im IK-Verfahren keine Lastschriften widerrufen. Ich finde es auch schwachsinnig, dass Lastschriften widerrufen werden, die aus dem pfandfreien Einkommen des Schuldners gezahlt werden.

    Nach etwas Überzeugungsarbeit wird dieser neue Verwalter nun davon ablassen.

    Gibt es hierzu schon neue Rechtssprechung?



  • Ich war's nicht... :D

    Zum IK-Verfahren gibt es, soweit mir bekannt, bislang nur drei Entscheidungen: 1. AG Hamburg (Lastschriftwiderspruch muß sein), 2. AG München (Lastschriftwiderspruch geht gar nicht, XI. Senat wird's schon richten - was er bisher nicht getan hat) und 3. AG Heilbronn oder so (nicht veröffentlicht, schließt sich Hamburg an).

    Ich halte den Lastschriftwiderspruch im IK-Verfahren auch weiterhin für zwingend, zumindest solange, bis mir einer rechtlich überzeugend dartut, warum das nicht so ist. Nachdem ich mit dem Thema zur Zeit als Vortragsreisender unterwegs bin, kann ich bei Interesse gerne mal mein Skript zu dem Vortrag zugänglich machen. Dann bleiben keine Fragen offen :wechlach:

  • Nochmals zum Aufwärmen: Gesetzt den Fall, der Turnverein bucht den im Voraus zu zahlenden Jahresbeitrag im Januar ab, das Verfahren wird im März eröffnet und der Verwalter widerruft. Der Verein rebelliert und droht mit dem Rausschmiss. :binsauer

    Da ist der Jahrebeitrag doch insgesamt Insolvenzforderung. Oder wäre die Summe in Monate aufzuteilen und dann in Insolvenz und Neuforderungen zu unterscheiden? :gruebel:

    Wäre in diesem Fall für den Schulder schlecht, er müsste wohl nachzahlen, sofern der Verein nicht mittut..... Oder besser ein Dritter übernimmt die Zahlungen.



    Das alte Thema: der Schuldner muß sich erstmal selbst wehren, obwohl er eigentlich nix dafür kann. Der Beitrag ist m.E. (je nach Satzung) ganz Insolvenzforderung, ein Ausschluß aus dem Verein deswegen nicht möglich. Soll er halt den Treuhänder beim Vereinsvorstand anschwärzen, der ist ja sowieso böse von Beruf. Ich kann mit der Rolle leben, gehört halt zum Job ;)

  • Gut, die Entscheidung von München habe ich jetzt auch gefunden.

    AG München, 07.03.2008, 1506 IK 3260/07



    ZIP 2008, 592ff, ZVI 2008, 174ff.

    Die Entscheidung weist erwähnswerte Dinge auf:

    1. Alle Lastschriften sollen aus dem unpfändbaren Einkommen der Schuldnerin stammen, die Mieten sogar aus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II, die nach den §§ 850 ff. ZPO unpfändbar seien.

    2.
    Der Treuhänder kann berechtigte Lastschriften wegen Beendigung des Girovertrags nicht genehmigen; unberechtigte Lastschriften darf er nicht genehmigen, da er sonst gegen seine Pflicht aus § 21 I InsO, nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten, verstoßen würde. Diese Pflicht besteht auch im eröffneten Verfahren. aber:
    Hat der Gläubiger im Rahmen der ihm erteilten Ermächtigung eine fällige und einredefreie Forderung eingezogen und wurde diese dem Konto des Schuldners vor Verfahrenseröffnung belastet, ist dessen nach der Lastschriftabrede geschuldete Leistung bewirkt und damit erfüllt. Der Treuhänder kann die Lastschrift nicht mehr widerrufen, da der Girovertrag, aus dem sich die Widerrufsmöglichkeit ergeben hat, beendet ist, § 116 InsO.
    Hat der Gläubiger dagegen eine Forderung unberechtigt eingezogen, kann der Treuhänder widerrufen. Die Schuldnerbank hat nämlich nach § 115 II InsO, der über § 116 Satz 1 InsO entsprechend gilt, die Besorgung übertragener Geschäfte solange fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter/ Treuhänder anderweitig Fürsorge treffen kann. Zur Besorgung der ihr übertragenen Geschäfte gehört es, einen berechtigten Lastschriftwiderruf auch nach Beendigung des Girovertrags noch auszuführen. Das aus der Lastschriftabrede herrührende Recht des Schuldners, unberechtigte Lastschriften zu widerrufen, ist Teil der Befugnis, sein Vermögen zu verwalten. Diese Befugnis geht mit Eröffnung auf den Treuhänder über, § 80 I i.V.m. § 313 I Satz 1 InsO.

    Dies beisst sich, unberechtigte LR dürfen widerrufen werden, berechtigte hingegen nicht.

    Allerdings wird der Obersatz zu 2. vernachlässigt, nämlich die nachteilige Veränderung der Vermögenslage zu verhindern. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob die LS berechtigt oder unberechtigt gezogen worden ist, zumal die Entscheidung auch ausführt, dass von dem Konto der Schuldnerin auch Zahlungen, die den Ehegatten betreffen ausgeführt worden sind.

    Entscheidend, und in soweit stimme ich der Entscheidung zu:
    Stammen die verwendeten Mittel aus dem unpfändbaren Vermögen i.S.d. § 36 InsO, findet keine, die Gläubiger benachteiligende Vermögensverschiebung statt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • Entscheidend, und in soweit stimme ich der Entscheidung zu:
    Stammen die verwendeten Mittel aus dem unpfändbaren Vermögen i.S.d. § 36 InsO, findet keine, die Gläubiger benachteiligende Vermögensverschiebung statt.



    Und das sollte bei natürlichen Personen zu 100% der Fall sein, da ja die pfändbaren Beträge an den Treuhänder bzw. IV abgeführt werden.


  • Entscheidend, und in soweit stimme ich der Entscheidung zu:
    Stammen die verwendeten Mittel aus dem unpfändbaren Vermögen i.S.d. § 36 InsO, findet keine, die Gläubiger benachteiligende Vermögensverschiebung statt.



    Und das sollte bei natürlichen Personen zu 100% der Fall sein, da ja die pfändbaren Beträge an den Treuhänder bzw. IV abgeführt werden.



    das ist nicht der richtige Ansatz, weil Du Zeiträume vor IE betrachtest.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich stelle den Vortrag mal als Anhang hier rein, das geht einfacher als zu mailen.

    Ich oute mich damit zwar ein wenig, aber wer wollte hat das sowieso rausfinden können. Ist ja auch kein Geheimnis - ich stehe auch zu meinen doofen Fragen :D

    Die Fundstellen für die aktuellen Entscheidungen und Aufsätze stehen am Ende der Präsentation. Noch zur Ergänzung: zwischenzeitlich hat das LG Hamburg offensichtlich entschieden, dass die Versagung der Kostenstundung wegen der Genehmigung der offenen Lastschriften durch den Schuldner vor Antragstellung (angeblich ein Versagungsgrund für die RSB und damit keine Kostenstundung) rechtswidrig war und die entsprechende Entscheidung des AG (zur Kostenstundung, nicht zum Lastschriftwiderspruch) aufgehoben.

  • Entscheidend, und in soweit stimme ich der Entscheidung zu:
    Stammen die verwendeten Mittel aus dem unpfändbaren Vermögen i.S.d. § 36 InsO, findet keine, die Gläubiger benachteiligende Vermögensverschiebung statt.



    Darauf kommt es aber m.E. nicht an, weil der Lastschriftwiderspruch keine Anfechtung ist, sondern im Prinzip eine zivilrechtliche Lücke im Bankvertrag, die man zur Masseanreicherung nutzen kann.

  • Ich als Bayer hänge mich an die Entscheidung des AG München ran. :strecker

    Bei uns werden keine Lastschriften mehr widerrufen.



    Rainer (:wechlach:) Lokalpatriotismus, hälst Du es mit den Versuchen des AG München zur Verfassungswidrigkeit der RSB genauso ?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!