Rosenkrieg im Grundbuch

  • Folgender kurioser Fall liegt auf meinem Schreibtisch (und mir im Magen):
    Ein Ehepaar lebt in Scheidung. Ehefrau ist Eigentümerin von Grundbesitz, der nunmehr verscherbelt werden soll. Für den Ehemann ist aufgrund eines Titels des Familiengerichts eine Zwangshypothek auf dem Grundbesitz über 5.000.- DM eingetragen. Ehefrau will die Forderung begleichen, Ehemann verweigert (nach ihren Angaben bzw. Angaben des mit der Sache befaßten Notars) die Annahme und demgemäß ist natürlich auch (jedenfall freiwillig) keine Löschungsbewilligung zu bekommen.
    Idee der Ehefrau bzw. des Notars: Die Schuldsumme wird unter Verzicht auf die Rücknahme hinterlegt. Damit erlischt die Forderung des Gläubigers und die Hypothek geht auf den Eigentümer über bzw. wandelt sich in eine Eigentümergrundschuld um. Zur Löschung würde dann die Bewilligung des Eigentümers ausreichen (und natürlich Nachweis der GB-Unrichtigkeit durch Hinterlegung).
    Klingt für mich eigentlich ganz logisch, aber ist das wirklich so einfach??? Oder müßte der Ehemann auf Abgabe einer Löschungsbewilligung verklagt werden? :confused:
    Da ich in der Literatur auf die Schnelle (es ist natürlich wieder mal alles gaaanz eilig) nix gefunden habe, setze ich den Forumsjoker.
    Danke für euer Postings im Voraus.

  • Dazu Schöner/Stöber RdNr. 4343:
    Hinterlegung unter Verzicht auf die Rücknahme und Vorlage des Hinterlegungsscheines reicht dann aus, wenn ein Hinterlegungsgrund vorhanden ist. Hinterlegungsgrund gem. § 372 BGB ist u. a. wenn sich der Gläubiger im Verzug der Annahme befindet. Da sich aber wohl die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung nicht in der Form des § 29 GBO nachweisen lassen wird, wird das wohl schwierig.
    Klage auf Abgabe der Löschungsbewilligung geht natürlich, ist aber wohl sehr langwierig.

    Die Lösung kennt bestimmt juris!

    Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören.

  • § 868 ZPO.

    Die Hinterlegung wäre die Grundlage für die entsprechende Entscheidung des Vollstreckungsgerichts.

    Übrigens aufpassen, dass auch die Zinsen und Kosten von der Hinterlegungssumme gedeckt sind.

  • Das Schuldverhältnis erlischt durch Leistung § 362 BGB. Wenn sich der Gläubiger im Annahmeverzug gem § 293 BGB befindet, sind die Bedingungen des § 372 BGB erfüllt und der Schuldner kann hinterlegen. Durch den Hinterlegungschein wird die Erfüllung (Bei Verzicht auf Rücknahme) nachgewiesen.

    Siehe auch § 868 Abs.II ZPO: " oder Hinterlegung erfolgt"

  • Das Schuldverhältnis erlischt durch Leistung § 362 BGB. Wenn sich der Gläubiger im Annahmeverzug gem § 293 BGB befindet, sind die Bedingungen des § 372 BGB erfüllt und der Schuldner kann hinterlegen. Durch den Hinterlegungschein wird die Erfüllung (Bei Verzicht auf Rücknahme) nachgewiesen.

    Siehe auch § 868 Abs.II ZPO: " oder Hinterlegung erfolgt"



    Aber nach Schöner/Stöber wird die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung durch den Hinterlegungsschein eben nicht nachgewiesen.

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  • Wenn nachgewiesen ist, dass sich der Gläubiger im Annahmeverzug befindet, dann kann ich doch als Schuldner Hinterlegen? Ich brauche dann einen Nachweis, dass sich der Gläubiger im Annahmeverzug befindet = Voraussetzung für § 372 BGB! Wenn dieser Nachweis geführt ist, dann tritt doch auch die Folge des § 372 BGB ein. Ich denke mal, dass Schöner/Stöber hier den Fall gemeint haben, dass der Schuldner anstelle der Leistung an den Gläubiger hinterlegt hat.
    Man braucht demnach zum Löschen zum Hinterlegungsschein und dem hinterlegten Betrag auch noch einen Annahmeverzugsnachweis des Gläubigers.

  • Wenn die Eigentümerin das behauptete Eigentümerrecht löschen will, muss sie die Grundbuchunrichtigkeit in der Form des § 29 GBO nachweisen. Hierzu gehört auch die jeweilige Voraussetzung für die Hinterlegung (hier der Annahmeverzug des Gläubigers), weil ansonsten durch die Hinterlegung keine Erfüllungswirkung eintritt. Diese Voraussetzung ist nach Sachlage nicht formgerecht nachweisbar (Schöner/Stöber RdNr.4343). Es handelt sich also ausschließlich um ein verfahrensrechtliches Formproblem.

    § 868 Abs.2 ZPO gilt nur für die Hinterlegung zur Abwendung der Vollstreckung, die i.S. des § 711 ZPO gerichtlich nachgelassen wurde. Ist dies der Fall, kann der Nachweis des Entstehens des Eigentümerrechts in der Form des § 29 GBO geführt werden, und zwar durch die entsprechende gerichtliche Entscheidung samt Hinterlegungsnachweis.

  • Den Gerichtsvollzieher mit der Überbringung des Bargeldes an den Mann beauftragen. Verweigert er die Annahme, dolkuentiert der GV das im Protokoll, dieses ist eine öffentliche Urkunde, die §29 GBO genügen dürfte.

    Oder nicht?

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Nach näherem Studium von § 868 ZPO:
    Ist der überhaupt hier anwendbar? Es geht doch nicht darum, dass zur Abwendung der Vollstreckung Sicherheitsleistung oder Hinterlegung der Forderung angeordnet worden ist (zumindest habe ich den Sachverhalt so verstanden).
    Hier ist doch wohl lediglich der Gläubiger nicht bereit, das ihm zustehende Geld auch in Empfang zu nehmen und entsprechend eine löschungsfähige Quittung/Löschungsbewilligung zu erteilen.
    Ich neige zu der Ansicht, dass es ohne Klage nicht geht, da sich die Rechtsmäßigkeit der Hinterlegung in der Form des § 29 GBO nicht nachweisen lassen wird.


    Nachtrag:
    Ich stelle fest, dass ich zu langsam schreibe und juris die Sache schon geklärt hat.

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  • Es kann doch nicht sein, dass ein Gläubiger zwar ein Sicherungsmittel für eine Forderung haben will, dann aber wenn gezahlt werden soll, er die Erfüllung der Forderung verhindern will.



    Oh doch, das gibt es!
    Ich hatte auch so einen Fall, in dem die Gläubigerin die Löschungsbewilligung nicht freiwillig erteilen wollte. In meinem Fall wurde aber gleich geklagt, ohne dass ich prüfen musste, ob es anders geht.
    Alles nur, um die lieben Verwandten zu ärgern.

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  • MWSAD:

    Ist natürlich bei geschiedenen Eheleuten reine Schikane.

    Chris A:

    Interessante Idee - wäre zu überlegen. Hängt vom GBA ab.

    Ansonsten bliebe nur der Weg über § 868 Abs.1, Abs.2 Alt.1 ZPO (Abs.2 Alt.2 nur bei vorliegender Entscheidung i.S. des § 711 ZPO), der wohl in jedem Fall rascher zum Erfolg führt als eine Klage, die nach erfolgter Hinterlegung aber wohl nicht mehr auf Abgabe einer Löschungsbewilligung, sondern auf Erteilung einer löschungsfähigen Quittung gerichtet werden müsste. Denn die Klägerin behauptet ja, dass die Zwangshypothek aufgrund der erfolgten Hinterlegung bereits Eigentümergrundschuld geworden ist.

  • Vielen Dank für die schnelle Hilfe. :)
    § 868 II ZPO trifft m. E. nicht auf meinen Fall zu, weil es sich nicht um eine vom Prozeßgericht angeordnete Sicherheitsleistung oder Hinterlegung handelt. Die Schuldnerin will sich ja gar nicht gegen die Vollstreckung wehren, sondern die Forderung begleichen. Zinsen fallen nicht an, es handelt sich um rückständigen Unterhalt, eine Verzinsung ist nicht tituliert.
    Knackpunkt ist wohl -so wie ich es jetzt sehe- der Hinterlegungsgrund, also der Annahmeverzug des Gläubigers. Dieser müßte in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Dazu müßte doch ein Aufforderungsschreiben des Notars mit ZU an den Gläubiger mit Fristsetzung ausreichen oder ?

    Nach Lesen der letzten Beiträge: Was passiert eigentlich, wenn der Gläubiger die Leistung jetzt annimmt (z. B. wenn der GVZ mal "reinschaut"). Ist die Quittung des GVZ dann Nachweis der Unrichtigkeit?

  • Materiellrechtlich natürlich schon, aber formellrechtlich nicht. Nachweisen in der Form des § 29 GBO kannst du den Hinterlegungsgrund so nicht.
    Vielleicht reicht es aus, dem Gläubiger mit Klage zu drohen?
    Aber sonst bleibt m. E. nichts weiter übrig, als ihn tatsächlich zu verklagen.

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  • Ich habe einen ähnlich gelagerten Fall, darum setze ich hier mal fort. Kurze Sachverhaltsschilderung:

    Eigentümer des Grundstücks ist insolvent. Kumpel/ Bekannter des insolventen Eigentümers hat sich eine Grundschuld auf dessen Grundstück eintragen lassen.
    Ein Dritter möchte dieses Grundstück lastenfrei erwerben. Er will also den oben genannten GS-Gläubiger befriedigen.

    Problem: Der GS-Gl., da er ja Kumpel des insolventen Eigentümers ist, weigert sich eine Lö-Bew. abzugeben.

    Bleibt für den Dritter auch hier nur der Weg über eine Klage auf Abgabe der Lö-Bew.?:gruebel:

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