Vollmachtsnachweise und Bevollmächtigung - Neufassung des § 13 FGG

  • Dann gebe ich auch nochmal meinen Senf dazu ;).

    Die ganze Thematik wurde m.E. schon ganz am Anfang dieses Threads von Eisprinzessin ausreichend dargelegt. Und auch schon damals ist man recht schnell zu dem Schluss gekommen, dass nur Verfahrenshandlungen, also insbesondere Anträge im Grundbuchverfahren, von § 13 FGG betroffen sind und nicht Bewilligungen, etc.. Damit bleibt lediglich das bereits ebenfalls mehrfach besprochene Problem der "reinen" Antragstellung von Bevollmächtigten, die nicht priviligiert sind (z.B. Notariatsangestellte), übrig. Dies ist allerdings nicht wirklich ein Problem, da der erste reine Antrag wirksam gestellt wird und, sofern dann nicht zurückgewiesen wird, auch die weiteren problemlos funktionieren.

    Wie ich bereits auch schon geschrieben habe und Francesca auch hervorgehoben hat, muss man hier den Hintergrund dieser Gesetzesänderung betrachten (RechtsdienstleistungsG).

  • Auch wenn ich Francescas angebotene Lösungsansätze halbbwegs vernünftig finde - ob man deswegen am vom DNotI zitierten Bundesgerichtshof (Beschluss vom 17.04.2008, V ZB 146/07 m.w.N.) vorbeikommt und sich dadurch nicht unnötig einer Regressgefahr aussetzt, weiß ich nicht.
    Mal unterstellt, Francescas Ansicht wäre trotzdem unzutreffend - wie müßte man Eurer Meinung nach mit bereits eingetragenen Rechten umgehen?
    Und wann hat welches Gericht die Bevollmächtigten zurückzuweisen? Das Grundbuchamt bereits wenn die Vormerkung auf den Tisch kommt? Oder erst das Versteigerungsgericht?

    Einmal editiert, zuletzt von HorstSergio (4. September 2008 um 10:03) aus folgendem Grund: AZ ergänzt

  • Zu diesem Problem - leider ohne eine Lösung anbieten zu können - zitiere ich mal für die schnellen Leser die Feststellungen des BGH in jenem Beschluss (Hervorhebungen durch mich):

    "Im Klauselerteilungsverfahren zu einer Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO durch einen Vertreter ist nach allgemeiner Meinung in entsprechender Anwendung von § 726 ZPO nicht nur die formell ordnungsgemäße Abgabe der Unterwerfungserklärung durch den Vertreter, sondern auch dessen Vollmacht zu prüfen (...). Der Bestand der Voll-macht ist zwar keine Tatsache, von der die Vollstreckung aus der Unterwerfungserklärung nach ihrem Inhalt abhängt. Sie ist aber Grundlage für das Entstehen der Unterwerfungserklärung als Vollstreckungstitel. Denn diese setzt eine für den Vertretenen wirksame Prozesserklärung und diese wiederum eine wirksame Prozessvollmacht voraus. Für solche Voraussetzungen des Titels kann nichts anderes gelten als für die Bedingungen, unter denen er vollstreckt werden kann. Daran ändert es nichts, dass eine Prozessvollmacht durch eine privatschriftliche Urkunde nachgewiesen werden kann (a. M. Stein/Jonas/Münzberg, aaO, § 797 Rdn. 14). Nach § 80 Abs. 2 ZPO könnte das Gericht selbst im Erkenntnisverfahren auf Antrag des Gegners der Partei eine öffentliche Beglaubigung der Vollmacht aufgeben. Ein Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde ist in dem auf Einfachheit und Sicherheit ausgerichteten Klauselerteilungsverfahren nach der Wertung des § 726 ZPO typischerweise geboten."

    Ich denke aber nicht, dass das im Grundbuchverfahren eine Rolle spielen kann. Ich stimme zu, dass die Erklärungen des Bevollmächtigten wirksam sind, da das Gericht in der Regel vor Eintritt der Erledigungsreife eines Antrags nicht dazu kommt, den Bevollmächtigten durch Beschluss zurückzuweisen. Ein erledigungsreifer Antrag kann nicht zu Regress führen, wenn die Erklärungen tatsächlich wirksam sind, oder?

  • Auch wenn ich gegenüber einer wenig problembehafteten Auslegung von § 79 ZPO aufgeschlossen bin, so lässt sich die diskutable Anwendung dieser Norm auf die ZVU gemäß §§ 794 I Nr. 5, 800 ZPO doch nicht mit dem Argument abbügeln, es handele sich nicht um einen Prozess. Denn es ist wohl herrschende Meinung, dass die Vorschriften der §§ 78 ff ZPO auf § 794 ZPO anwendbar sind, obwohl dort ständig von Prozessvollmacht die Rede ist (siehe den im vielzitierten BGH-Urteil referierten Meinungsstand).
    Ob es sich um eine analoge Anwendung handelt oder ob die §§ 78 ff ZPO einen allgemeinen Rechtsgedanken verkörpern, kann dahinstehen. Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass unbedingt alle Vorschriften des §§ 78 ff ZPO auf die ZVU Anwendung finden müssen; hier sollte die dogmatische Argumentation mE ansetzen.

    Problematisch ist vor allem folgender Aspekt: Verfahrenshandlung ist zunächst die Unterwerfungserklärung vor dem Notar gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (oder zunächst erster Teilakt des "Verfahrens", § 800 I 2 ZPO). Denkt man diesen Ansatz konsequent weiter, so müsste der Notar den Käufer eines Grundstücks, der die Finanzierungsvollmacht ausnutzen will, "zurückweisen", also seine Amtstätigkeit versagen, wenn er das "Gericht" nach § 79 Abs. 3 ZPO wäre; würde er fleißig weiterbeurkunden, so könnte dies eine Amtspflichtverletzung darstellen. Denkt man dann noch weiter, dann hätte der Notar die Finanzierungsvollmacht womöglich gar nicht beurkunden dürfen (§ 14 BNotO, 4 BeurkG).
    Bislang hat die Argumentation vor allem aus gerichtlicher Perspektive stattgefunden; aus notarieller Sicht kann sie sich durchaus in gleicher Weise stellen.

    Hier muss man gegen eine analoge Anwendung argumentieren: Der Notar ist kein Gericht, kann nicht beschließen, der Normzweck der neuen Norm passt nicht, die Interessenlage ist nicht vergleichbar etc (siehe oben). Ich hoffe, dass die Gerichte pragmatisch entscheiden werden.

    Gruß
    Michael

  • Nach der in #103 verlinkten BGH-Entscheidung halte ich es auch für denkbar, dass man für die Unterwerfung evtl. eine Anwendbarkeit des § 79 ZPO vertreten könnte. Ich schließe das aber aus den von micha7981 genannten Gründen aus. Das überzeugt mich.

    Für den § 13 FGG und das Grundbuchverfahren habe ich an meiner bisherigen Meinung nichts zu ändern. Das betrifft einen anderen Problemkreis - die Differenzierung zwischen im und außerhalb des Verfahrens abgegebenen Erklärungen.

    @HorstSergio: Auch wenn § 79 ZPO für die Unterwerfung gelten würde, wäre das für das Grundbuchamt nach meiner Meinung uninteressant. Dann hätte nämlich der Notar die Aufgabe, die Vollmacht zurückzuweisen. Wenn er es nicht tut und beurkundet, ist die Unterwerfung wirksam. Für das Grundbuchverfahren gilt dann wieder meine Ansicht, dass § 13 FGG nicht anwendbar ist, weil die Unterwerfung außerhalb des Grundbuchverfahrens erklärt wird. Die "Zurückweisungsphase" beim Notar ist dann außerdem schon vorbei - auch das spräche für meine Ansicht zu § 13 FGG, es kann nicht zwei solche Phasen geben.

    Wird eingetragen, ist die Unterwerfung also in diesen Fällen wirksam.

  • Die BNotK vertritt allerdings in dem Rundschreiben, dass § 13 FGG für solche Fälle allerdings "einschränkend auszulegen" sei. Auch wenn das der Sache nach mE zutrifft, ist zweifelhaft, ob die Gerichte mitspielen (was nachvollziehbar ist, weil niemand der erste sein möchte, der mit teleologischen Reduktionen agiert). Immerhin schlägt die BNotK zur Sicherheit alternative Lösungen vor. Sollte der Gesetzgeber allerdings nicht tätig werden, werden wir voraussichtlich bald einige Gerichtsentscheidungen vorliegen haben - was allerdings dem reibungslosen Rechtsverkehr wohl nicht dient.
    Haltet Ihr die Alternativlösungen in dem Rundschreiben für praktikabel?

  • Ich halte den Weg der theleoligischen Reduktion durchaus für gangbar und werde ihn beschreiten.

    Alles andere ist m.E. irrwitzig und dient weder dem Verfahren, noch den Beteiligten noch dem Sinn und Zweck der neu gefassten Vorschrift(en).

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Hinsichtlich der von der BNotK vorgeschlagenen einschränkenden Auslegung gebe ich folgendes zu bedenken:

    :gruebel: Eine Auslegung muss sich immer am Wortlaut des Gesetzes orientieren. Gemäß § 13 FGG ist ein genau bezeichneter Personenkreis "vertretungsbefugt". Notarangestellte werden in dieser abschließenden Aufzählung nicht genannt. Der Wortlaut ist demnach zumindest insoweit klar und eindeutig. In diesem Fall ist der Rückgriff auf andere Auslegungsmethoden (also auch die teleologische Reduktion) eigentlich nicht mehr gestattet. Wenn man - wie die BNotK - im Wege der Auslegung - wie auch immer - zu dem Ergebnis kommt, dass "... Durchführungsvollmachten nicht von der Beschränkung des Kreises der Vertretungsberechtigten betroffen sind ...", muss sich das Ergebnis im Wortlaut der Vorschrift wiederfinden lassen, d.h. man muss den Wortlaut des Gesetzes in diesem Sinne interpretieren können. Dies will mir aber nicht gelingen. :gruebel:

  • Die methodische Argumentation von Tommi halte ich nicht für völlig zutreffend und im Widerspruch mit dem Methodenkanon. Mit diesem Argument ließen sich alle Analogien ablehnen, da sie sich ja gerade dadurch auszeichnen, im Wortlaut keine Stütze zu finden.
    Eine derart strenge Wortlautbindung ist aber nur im Strafrecht verfassungsrechtlich vorgeschrieben.
    Wenn sich eine Regelungslücke nachweisen lässt, ist eine Analogie nicht nur möglich, sondern wegen des Rechtsstaatsprinzips zwingend geboten. Der Nachweis einer Regelungslücke (für zu weite und zu enge Normfassungen) erfolgt über die Ermittlung des Normzwecks. Der Normzweck ermittelt sich bei jüngeren Vorschriften vor allem aus den Gesetzesmaterialien, soweit diese Aufschluss bieten. Mir ist bewusst, dass manche nach dem Schema "planwidrige Regelungslücke/vergleichbare Interessenlage" prüfen, aber das ist letztlich nur eine Umetikettierung.

    Ob man das alles nun "Analogie" oder "erweiternde Auslegung" bzw. "teleologische Reduktion" oder "einschränkende Auslegung" nennt, hängt von der methodischen Grundhaltung ab, hilft aber für die Praxis nicht weiter. Meines Erachtens sollte man alles unter dem Stichwort der Rechtsfortbildung fassen.

    In der Praxis gilt natürlich: Solange sich niemand vorher traut, ist eine Rechtsfortbildung dann verbindlich, wenn die ständige Rechtsprechung (vielleicht auch schon etwas weniger als ständig) sie gebilligt und angeordnet hat. Hier würde ich allerdings bereits an die Grundbuchämter appellieren, sich einer Rechtsfortbildung nicht zu verschließen.

  • Nach meinem Verständnis sind "Gesetzesauslegung" und "Analoge Gesetzesanwendung" verschiedene Dinge. Erst wenn ich nach Wortlaut und Auslegung einer Vorschrift zu dem Ergebnis komme, dass ein vom Gesetz nicht umfasster Tatbestand vorliegt, kann mit Hilfe der analogen Anwendung einer Norm eine Regelungslücke geschlossen werden. Also kommt es schon darauf an, wie man "das Kind" nennt.

    Eine wie auch immer geartete Auslegung muss sich am Wortlaut der Vorschrift orientieren. Komme ich dabei zu dem Ergebnis, dass eine Regelungslücke besteht und sind Normzweck und Interessenlage vergleichbar, kommt eine analoge Anwendung in Betracht.

    Ich erkenne vorliegend schon keine Regelungslücke, allenfalls eine vielleicht unerwünschte Konsequenz der Neuregelung (die der Gesetzgeber so wohlmöglich auch gar nicht wollte). Darüber hinaus besteht ein Analogieverbot bei Rechtssätzen, die erkennbar Ausnahmecharakter haben oder für die vom Gesetzgeber absichtlich eine enge Fassung gewählt wurde (z.B. Zubilligung von Rechten nur für einen eindeutig abgegrenzten Personenkreis). Dies könnte bei § 13 FGG m.E. aber sehr wohl der Fall sein.

  • Die systematische Vorgehensweise ist bei "Analogie" oder "erweiternder Auslegung" identisch; es handelt sich nur um Etiketten, insbesondere wenn man Auslegung schreibt, um eine größere Gesetzestreue anzudeuten.

    Wir sind uns aber einig, dass der Wortlaut hier eindeutig ist (in anderen Fällen ist die Berufung auf einen vermeintlich eindeutigen Wortlaut eine Pseudoargumentation, aber hier ist es klar).

    Man kommt also nur mit einer teleologischen Reduktion weiter (manche nennen es auch einschränkende Auslegung; das ist aber wirklich Begriffsjurisprudenz, weil die Herleitung identisch ist).

    Das Argument, dass etwas eine Ausnahmevorschrift sei, ist für sich allein nicht aussagekräftig. Denn es kann sein, dass der von der Norm zu Unrecht erfasste Fall ein weiterer Ausnahmefall ist. Die Tatsache, dass eine Norm eine Ausnahmevorschrift sei (oft sind auch das unbewiesene Behauptungen), entbindet keineswegs von einer Prüfung, ob nicht eine weitere Ausnahme gerechtfertigt ist.

    Die von Dir angesprochene unerwünschte Folge ist gerade Ausdruck einer Regelungslücke. Der Normzweck des § 13 FGG besteht in einer erhöhten Seriositätsgewähr, die mit der Ausdehnung der Rechtsberatung korrespondiert. Der Gesetzgeber hatte in erster Linie Verfahren vor Auge, die vorher unter das RBerG fielen und jetzt von anderen wahrgenommen werden konnten. An die Auswirkungen auf Fälle, die vorher keine Rechtsberatung waren (und daher auch gar nicht neu geregelt werden sollten), ist nicht gedacht worden.
    Die Vollzugsvollmachten für Notariatsmitarbeiter sind übersehen worden. Der Normzweck einer Seriositätsgewähr ist hier nicht betroffen; im Übrigen sollten nach dem gesetzgeberischen Willen alle bislang zulässig Bevollmächtigten auch bevollmächtigt bleiben (siehe Gesetzesbegründung).

    Meines Erachtens liegen die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion vor (deren Anwendung infolge dessen nicht fakulativ, sondern zwingend ist). Freilich würde ich mir eine gesetzgeberische Klarstellung wünschen; die notariellen Standesvertretungen hätten das im Gesetzgebungsverfahren vielleicht eher erkennen sollen.

    Gruß
    Michael

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!