Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Der Anspruch des Insolvenzschuldners aus einem Darlehensvertrag mit der Zweckbindung, den Kreditbetrag einem bestimmten Gläubiger zuzuwenden, gehört grundsätzlich zur Insolvenzmasse. Das gilt auch dann, wenn der Kredit nicht unmittelbar an den Begünstigten ausgezahlt wird, sondern die Valuta zunächst auf das Fremdgeldkonto eines von Schuldner und Darlehensgeber gemeinsam beauftragten Rechtsanwalts überwiesen und von dort an den Begünstigten weitergeleitet wird (Fortführung von BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - IX ZR 195/00, NZI 2001, 539).

    BGH, Urteil vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08 -

  • AG Duisburg: Beschluss vom 23.02.2011 - 64 IK 248/10

    Geschäftsanteile des Schuldners an einer Wohnungsgenossenschaft, die nicht zur Kapitalanlage, sondern lediglich zur Absicherung des Nutzungsverhältnisses über die von dem Schuldner und seiner Familie genutzte Erstwohnung bestimmt sind, gehören zum insolvenzfreien Vermögen.

  • Werden fortlaufende Bezüge des Schuldners vor Eröffnung des Verfahrens gepfändet, ist das Pfändungspfandrecht danach nur so weit und so lange unwirksam, als die Zwecke des Insolvenzverfahrens und der möglichen Restschuldbefreiung dies rechtfertigen.

    BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - IX ZB 217/08 -

  • OLG Köln: Urteil vom 31.03.2011 - 18 U 171/10

    1. Die vereinbarungsmäßige Verwendung einer Kapitaleinlage zur Erfüllung einer Darlehensverbindlichkeit stellt keine verdeckte Sacheinlage dar.

    2. Die Haftung des Erwerbers gem. § 16 Abs. 2 GmbHG erstreckt sich auch auf Ansprüche der Gesellschaft aus § 31 GmbHG.

    3. Werden in einem Vergleich über eine Mehrheit von Forderungen auch solche Forderungen einbezogen, für die eine gesamtschuldnerische Haftung Dritter besteht, so kommen Leistungen auf den Vergleich anteilig gemäß § 366 BGB auch dem nicht am Vergleich beteiligten Gesamtschuldner zugute.

  • a) Werden mit dem durch einen Kredit finanzierten Erwerb von Genossenschaftsanteilen vorrangig Kapitalanlage- und/oder Steuerzwecke verfolgt, ist der Beitrittsvertrag mit Rücksicht auf den mit der Beteiligung verfolgten wirtschaftlichen Zweck und die Schutzbedürftigkeit des Anlegers einem Vertrag im Sinn von § 358 Abs. 3 BGB gleichzustellen.
    b) Liegen auch die weiteren Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts vor, ist der Verbraucher nach dem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrags nicht mehr an den Beitritt zu der Genossenschaft gebunden. Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft sind seine Rechte gegenüber der Genossenschaft jedoch auf das Auseinandersetzungsguthaben beschränkt.
    c) Ist der Darlehensbetrag im Zeitpunkt des Widerrufs des Darlehensvertrags der Genossenschaft bereits zugeflossen, findet die Rückabwicklung beider Verträge gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB im Verhältnis zum Verbraucher ausschließlich zwischen ihm und der Darlehensgeberin statt. Dies gilt auch dann, wenn über das Vermögen der Darlehensgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
    d) In der Insolvenz der Darlehensgeberin kann der Verbraucher seine vor Insolvenzeröffnung entstandenen Rückabwicklungsansprüche nur noch nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften durchsetzen.

    BGH, Urteil vom 1. März 2011 - II ZR 297/08 -


  • InsO §§ 335 ff.; EuInsVO Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe c


    Die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl. EG 2000 Nr. L 160 S. 1) gehen in ihrem Anwendungs-bereich den Vorschriften des in §§ 335 ff. InsO geregelten deutschen Internationalen Insolvenzrechts vor; deshalb richten sich die Befugnisse des Insolvenzverwalters nach dem Recht des Staates, in welchem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
    Insolvency Act 1986 (England) sec. 306 (2); EuInsVO Art. 5 Abs. 1
    Nach der Eröffnung des englischen Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines deutschen Schuldners darf die Zwangsversteigerung eines zur Masse gehörenden, in Deutschland belegenen Grundstücks grundsätzlich nur angeordnet werden, wenn zuvor die vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungstitels auf den englischen Insolvenzverwalter umgeschrieben und diesem zugestellt worden ist.

    BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 - V ZB 54/10 - LG Leipzig


    AG Leipzig

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • BGH, IX ZB 254/09 vom 7.04.2011, ohne Leitsatz:

    Das Insolvenzgericht überspannt im Rahmen seiner Prüfung über die Voraussetzungen der Stundung seine Kompetenz, wenn es den Schuldner zur Erklärung über die Verwendung von genommenen Darlehen auffordert, verbunden mit dem Hinweis, dass ansonsten, wegen fehlender Mitwirkung, die Stundung unterbleibt und der Antrag nach § 26 InsO abgewiesen wird.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BUNDESFINANZHOF Urteil vom 24.2.2011, VI R 21/10
    Einkommensteuer für Lohneinkünfte nach Insolvenzeröffnung keine (vorrangig zu befriedigende)
    Masseverbindlichkeit - Auslegung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO - Begleichung der auf Neuerwerb anfallenden
    Einkommensteuer aus insolvenzfreiem Vermögen
    Leitsätze
    Gelangt pfändbarer Arbeitslohn des Insolvenzschuldners als Neuerwerb zur Insolvenzmasse, liegt allein darin keine
    Verwaltung der Insolvenzmasse in anderer Weise i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, so dass die auf die Lohneinkünfte


    zu zahlende Einkommensteuer keine vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeit ist.

  • BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - IX ZB 80/11 -



    Der Grundsatz, dass ein Schuldner auch dann unter die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens fällt, wenn er neben einer abhängigen Beschäftigung einer wirtschaftlich selbständigen Nebentätigkeit nachgeht, gilt nur dann, wenn die Nebentätigkeit einen nennenswerten Umfang erreicht und sich organisatorisch verfestigt hat; eine nur gelegentlich ausgeübte Tätigkeit, die sich nicht zu einer einheitlichen Organisation verdichtet hat, ist keine selbständige Erwerbstätigkeit.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Urteil vom 7. April 2011 - IX ZR 118/10



    Die Zahlung der Arbeitnehmeranteile zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen ist als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstelle anfechtbar (Bestätigung von BGHZ 183, 86; ständige Rechtsprechung).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 7. April 2011 - IX ZB 170/10



    a) Der Insolvenzverwalter kann die sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes, mit dem er zur Vornahme einer bestimmten Handlung angehalten werden soll, nicht mit Einwendungen gegen die Zulässigkeit der vom Insolvenzgericht getroffenen Aufsichtsanordnung bekämpfen.
    b) Die sofortige Beschwerde gegen die Androhung eines (weiteren) Zwangsgeldes gegen den Insolvenzverwalter ist unstatthaft.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (9. Mai 2011 um 11:24)

  • BGH, Beschluss vom 7. April 2011 - IX ZB 40/10



    Sieht der Treuhänder im Fall eines abhängig beschäftigten Schuldners von der gesetzlich gebotenen Offenlegung der Abtretungsanzeige gegenüber dessen Arbeitgeber ab, hat er die vom Schuldner abzuführenden Beträge eigenverantwortlich zu berechnen und monatlich einzuziehen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (9. Mai 2011 um 11:24)

  • BGH, Beschluss vom 7. April 2011 - V ZB 11/10

    Die Kündigungssperre des § 112 InsO hindert nicht das Erlöschen einer Dienstbarkeit, welche das aus einem Mietvertrag folgende Nutzungsrecht an dem belasteten Grundstück sichert und unter der auflösenden Bedingung steht, dass über das Vermögen des Berechtigten ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, wenn diese Bedingung vor dem Sicherungsfall eintritt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ist eine ggf. mit dem Attribut der unerlaubten Handlung verknüpfte Forderung rechtskräftig tituliert, kann der Schuldner während des anhängigen Insolvenzverfahrens seinen Widerspruch nicht mit der negativen Feststellungsklage verfolgen, sondern nur mit der Wiederaufnahme, der Vollstreckungsabwehrklage oder der rechtskraftdurchbrechenden Klage nach § 826 BGB.

    KG, Beschl. v. 6. 4. 2011 - 23 W 7/11

  • 1.
    Zu den Voraussetzungen und Indikatoren einer Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit einer Schuldnerin.
    2.
    Für den Vorsatz reicht es aus, wenn der Schuldner die Benachteiligung seiner Gläubiger im wirtschaftlichen Sinne erkennt und sie in Kauf nimmt.
    3.
    Der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit steht im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen.
    4.
    Erstreckt sich der Stundungszeitraum auf mehr als 3 Wochen, so kann die die Stundungsbitte dahin zu verstehen sein, dass die Schuldnerin selbst der Auffassung gewesen ist, zahlungsunfähig zu sein.
    OLG Hamburg, Urt. v. 10. 12. 2010 - 1 U 19/07

  • 1.
    Sind zugunsten des Gläubigers einer GmbH Sicherungsrechte an Vermögensgegenständen der Gesellschaft und wegen derselben Forderung Sicherheiten durch einen Gesellschafter bestellt worden, kann der Insolvenzverwalter über das Vermögen dieser Gesellschaft nach Verwertung der dem Absonderungsrecht unterliegenden Gegenstände und Auskehr des Erlöses an den Gläubiger nicht mit Erfolg die Insolvenzanfechtung gegenüber dem Gesellschafter mit der Begründung geltend machen, durch die Tilgung der Gesellschaftsschuld sei die Sicherheit entsprechend frei geworden.
    2.
    Insbesondere ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO in der seit dem 1. 11. 2008 geltenden Fassung nicht möglich, da die maßgebliche Rechtshandlung entgegen § 129 Abs. 1 InsO nicht vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde.
    3.
    § 135 Abs. 2 InsO n. F. ist auf die vorstehend dargestellte Situation auch nicht über den Wortlaut des § 129 Abs. 1 InsO hinaus entsprechend anzuwenden.

    OLG Hamm, Urt. v. 29. 12. 2010 - I-8 U 85/10

  • Vereinnahmt der Insolvenzverwalter eines Unternehmers das Entgelt für eine vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführte Leistung, begründet die Entgeltvereinnahmung nicht nur bei der Ist-, sondern auch bei der Sollbesteuerung eine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (Fortführung des BFH-Urteils vom 29. Januar 2009 V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682, [BFH 29.01.2009 - V R 64/07] zur Istbesteuerung).

    BFH, Urt. v. 9. 12. 2010 - V R 22/10

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