neuer § 833a ZPO (Aufhebung Kontopfändung)

  • Hallo zusammen.

    Ich muss das Thema noch mal aufgreifen.
    Hier bahnen sich nämlich jede Menge Anträge für die FA-Pfändungen an..

    Ein RA hat hier seine Mantantin vorbei geschickt mit folgendem Anliegen:
    Kontopfändung vom Finanzamt, Antrag nach 833 a ZPO.
    Wegen der angeblichen Zuständigkeit wurde telefonisch ein Tipp auf § 309 III Abgabenordnung gegeben.
    Demnach wäre das Vollstreckungsgericht trotz Pfändung durch Finanzamt dran.

    Ist anscheinend völlig an uns vorbei gegangen, kam auch noch nie vor.

    Theoretisch geht uns die AO ja erst mal garnichts an, müsste nicht irgendwo in der ZPO dann ein Verweis auf die AO schlummern?
    Und wie soll das überhaupt praktisch aussehen, wenn hier null Unterlagen vorliegen?

    Hat jemand schon mal was davon gehört oder gelesen?

  • Die Zuständigkeit für Anträge gemäß § 833a Abs. 2 Nr. 2 ZPO (nur für Nr. 2 !!!!, also Ruhendstellung) des Vollstreckungsgerichts , das nach § 828 Abs. ZPO zuständig ist, ergibt sich aus § 309 AO.

  • bei uns kam das schon öfter vor, wir lassen uns dann vom Schuldner eine Kopie der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vorlegen und geben die Daten daraus ins System... Aber wichtig: Wenn Antrag auf Aufhebung gestellt wird, ist das FA selbst zuständig.

  • Ich greif den Thread nochmal auf. Bin gerade auf den "Baumbach/Lauterbach", 69. Auflage, von 2011 gestossen. Dort steht unter Randnr. 3 zu § 833 a ZPO wörtlich:
    "Die Vorschrift gilt nur bei einem Kontoguthaben und nicht bei anderen Vermögenswerten des Schuldners. Sie erfaßt aber auch aus dem Bereich eines Kontoguthabens nur dasjenige Konto, das kein Pfändungsschutzkonto nach § 850 k VII ist." Ähnlich soll es laut Aussage eines Kollegen im Zöller formuliert sein.
    Das ist mir irgendwie unerklärlich, weil es ja ab 01.01.2012 den neuen § 850 l ZPO gibt, der praktisch dem jetzigen § 833 a II 2 ZPO entspricht und der sich explizit auf das P-Konto bezieht. Woher haben die Kommentierungen nur ihre Weisheiten?

  • Ich greif den Thread nochmal auf. Bin gerade auf den "Baumbach/Lauterbach", 69. Auflage, von 2011 gestossen. Dort steht unter Randnr. 3 zu § 833 a ZPO wörtlich:
    "Die Vorschrift gilt nur bei einem Kontoguthaben und nicht bei anderen Vermögenswerten des Schuldners. Sie erfaßt aber auch aus dem Bereich eines Kontoguthabens nur dasjenige Konto, das kein Pfändungsschutzkonto nach § 850 k VII ist." Ähnlich soll es laut Aussage eines Kollegen im Zöller formuliert sein.
    Das ist mir irgendwie unerklärlich, weil es ja ab 01.01.2012 den neuen § 850 l ZPO gibt, der praktisch dem jetzigen § 833 a II 2 ZPO entspricht und der sich explizit auf das P-Konto bezieht. Woher haben die Kommentierungen nur ihre Weisheiten?

    Keinen Schimmer. Erschließt sich mir auch nicht, da der Gesetzgeber bei allen Vorschriften, die auf das P-Konto keine Anwendung finden sollen, dies auch explizit in den Wortlaut mit aufgenommen hat. Warum das nun ausgerechnet bei § 833 a ZPO anders sein sollte?!?

  • Gerade nach der Einführung des P-Kontos wurde doch deutlich, dass die Kommentatoren auch nicht mehr wissen als wir Praktiker. Letztlich waren das jeweils Einzelmeinungen, die nur dadurch "bedeutend" erschienen, weil sie eben an einem Kommentar beteiligt sind. Die wenigsten haben ihre Meinung überhaupt begründet, frei nach dem Motto: Es ist so. Punkt.
    Kommentare sind super, wenn sie ordentlich belegt sind, durch gerichtliche Entscheidungen, Aufsätze, Gesetzesbegründungen etc. Ohne solche Belege bringt einen eine solche bloße Meinungsäußerung nicht weiter. Bei der Einführung des P-Kontos (und des 833a) lagen noch keine Entscheidungen vor, die Aufsätze gingen inhaltlich quer durcheinander und die Gesetzesbegründung war leider nicht immer so ganz eindeutig. Da hatten Kommentatoren es eben schwer...

  • Ich greif den Thread nochmal auf. Bin gerade auf den "Baumbach/Lauterbach", 69. Auflage, von 2011 gestossen. Dort steht unter Randnr. 3 zu § 833 a ZPO wörtlich:
    "Die Vorschrift gilt nur bei einem Kontoguthaben und nicht bei anderen Vermögenswerten des Schuldners. Sie erfaßt aber auch aus dem Bereich eines Kontoguthabens nur dasjenige Konto, das kein Pfändungsschutzkonto nach § 850 k VII ist." Ähnlich soll es laut Aussage eines Kollegen im Zöller formuliert sein.
    Das ist mir irgendwie unerklärlich, weil es ja ab 01.01.2012 den neuen § 850 l ZPO gibt, der praktisch dem jetzigen § 833 a II 2 ZPO entspricht und der sich explizit auf das P-Konto bezieht. Woher haben die Kommentierungen nur ihre Weisheiten?

    Vom § 833a verbleibt ab 1.1.2012 nur noch der 1. Absatz. Die Regelungen des Absatz 2 Nr.2 werden zu § 850 l der sich dann ausdrücklich auf P-Konten bezieht.

  • Hier nochmal ein kleiner, rudimentärer Beitrag von mir, ich hoffe er kann irgendwie helfen:

    B. III. 7. Der neue § 833 a
    a) § 833a Abs. 1
    Im Zuge der Reform des Pfändungsschutzes ist eine Vereinfachung für die Erstellung von PfÜBs eingetreten. Der neue § 833a Abs. 1 regelt nun explizit, welches Guthaben im Rahmen der Pfändung erfasst wird. Ab dem Tag der Zustellung des Pfändungsbeschlusses wird das an diesem Tag vorhandene Guthaben sowie das weitere Tagesguthaben von der Pfändung erfasst.[1] Das gepfändete Guthaben setzt sich somit konkret aus dem sich bei Zustellung des Beschlusses vorhandenen Guthabens sowie dem sich durch Verrechnung der künftigen Zahlungseingänge ergebendem Guthabenstand zusammen.[2] Zu dem bei Zustellung des PfÜBs vorhandenen Guthabens wird strikt auf den Zeitpunkt der Zustellungen und nicht etwa auf den Bestand am Tagesende abgestellt.[3] Zu den Konten i. S. d. § 833 zählen neben Giro- und P-Konten auch Geschäfts- und Sparkonten.[4]
    § 833a Abs. 1 bezieht sich nur auf „Guthaben“ im Allgemeinen und stellt nicht auf bestehende Rechte aus Verträgen ab. Hierdurch wird das Erstellen eines PfÜBs deutlich vereinfacht. Des Weiteren schließt § 833 a I die Pfändung eines bestehenden Dispositionskredits nicht aus; die Auszahlung kann somit vom Gläubiger mitgepfändet werden.[5]

    b) § 833a Abs. 2 Nr. 1
    § 833a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ermöglicht die Aufhebung einer Kontopfändung eines Gläubigers in dem jeweiligen Vollstreckungsverfahren. Die Aufhebung erfolgt auf Antrag des Schuldners, wenn die Befriedigung des Gläubigers nur geringfügig oder ausgeschlossen ist und der Arbeitsaufwand des betroffenen Kreditinstituts nicht gerechtfertigt wäre.[6] Der Antrag des Schuldners ist hingegen zurückzuweisen, wenn das Schutzbedürfnis des vollstreckenden Gläubigers wie z. B. in Fällen der tiefergehenden Vollstreckung wegen Unterhaltsansprüchen gemäß § 850d hoch und der Gläubiger auch auf geringfügige Beträge angewiesen ist.[7]
    Die Anordnung nach § 833a Abs. 2 Nr. 1 gilt allerdings nur bis zum 31.12.2011 und wird danach nicht in den neuen § 850l mit übernommen.
    c) § 833a Abs. 2 S. 1 Nr. 2
    § 833a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 regelt darüber hinaus die Aufhebung einer Guthabenpfändung bei dauerhafter Fruchtlosigkeit mit Wirkung gegen sämtliche[8] das Konto betreffende als auch künftige[9] Pfändungsmaßnahmen für die Dauer von 12 Monaten.
    Zuständig sind ausschließlich die Vollstreckungsgerichte.[10] Auf Antrag des Schuldners hat das Gericht die Pfändung aufzuheben, wenn Befriedigung nicht oder nur geringwertig zu erwarten ist. Grund hierfür ist, dass der Aufwand für das Bestehenbleiben der Pfändung für die Kreditinstitute unzumutbar ist.[11] Dem Schuldner obliegt die Pflicht, die Fruchtlosigkeit in den letzten sechs Monaten vor Antragsstellung nachzuweisen als auch glaubhaft zu machen, dass dies in den nächsten zwölf Monaten weiterhin der Fall sein wird. Lediglich die Prognose des Schuldners, dass in den nächsten 12 Monaten keinerlei pfändbare Bezüge auf dem Konto eingehen werden, genügt diesen Voraussetzungen nicht.[12] Da die gestellten Anforderungen dennoch relativ gering sind, wahrt § 833 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 S. 2 auch hier den Gläubigerschutz: Stehen dessen Belange wie im Falle einer Pfändung nach § 850d entgegen, kann die Aufhebung vom Vollstreckungsgericht versagt werden. Dem Gericht obliegt weiterhin die Abwägung zwischen Interessen des Gläubigers einerseits und dem Schuldnerschutzbedürfnis andererseits.
    Wann hingegen eine Pfändung wegen „geringfügiger“ Befriedigung des Gläubigers aufgehoben wird, ist in § 833 Abs. 2 nicht explizit geregelt. Einzelne Meinungen vertreten, dass die Pfändung ausschließlich bei vollständiger Fruchtlosigkeit aufzuheben ist.[13] Zudem kann angeführt werden, dass bei der Überweisung geringfügiger Beträge kein unzumutbarer Aufwand für die Kreditinstitute entsteht und der Gläubigerschutz hier vorrangig berücksichtigt werden muss; eine Aufhebung bei lediglich geringfügiger Befriedigung ist somit nicht zu begründen und müsste unterbleiben.
    Dem Gläubiger verbleibt nach erfolgter Aufhebung der Pfändung gemäß § 833 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 dennoch die Möglichkeit, eine erneute Pfändung des Kontoguthabens zu beantragen. Eine Zurückweisung durch das Vollstreckungsgericht durch Bezug auf die bekannten Aufhebungsgründe kann nicht erfolgen, da die Aufhebung ausschließlich von einer (erneuten) Antragstellung des Schuldners abhängig ist.


    [1] Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Auflage, § 850k (ab 01.07.2010), Rn. 95 ff.

    [2] Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Auflage, § 850k (ab 01.07.2010), Rn. 16

    [3] Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Auflage, § 850k (ab 01.07.2010), Rn. 12

    [4] Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Auflage, § 850k (ab 01.07.2010), Rn. 18

    [5] Peter Mock, Vollstreckung Effektiv 1|2010 S. XXX; anders: Goebel, ZVI 2007, 294 (298)

    [6] BT-Drucksache 16/7615, S. 14, 17 (Ü + A)

    [7] BT-Drucksache 16/7615, S. 17 (Ü + A)

    [8] Stöber, Forderungspfändung, 15. Auflage, Rn. 160 a (richtige Angabe?????)

    [9] Stöber, Forderungspfändung, 15. Auflage, Rn. 160 a (-----------„------------)

    [10] BT-Drucksache 16/7615, S. 17 (Ü + A)

    [11] BR-Druckssache 663/07, S. 29 (Ü + A)

    [12] Beschluss des AG Hannover v. 01.09.2010, Az.: 705 M 56015/10 (Ü + A)

    [13] Goebel, ZVI 2007, 294 (298); Zimmerrnann/Zipf, ZVI 2006, 275 (283)

    Huch, das war nur eine Vorabversion, verzeiht mir die schlampigen Fußnoten^^

  • Da irritiert mich aber an Nr. 2 das Wort "Aufhebung" mehr oder weniger.

    Während in Nr. 1 von "Aufhebung" die Rede ist, hat das Vollstreckungsgericht nach Nr. 2 anzuordnen, dass das Guthaben ... der Pfändung nicht unterworfen sein soll.
    Das ist doch nicht gleichzusetzen mit einer vollständigen "Aufhebung" der ergangenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse (??, :gruebel:).
    Ich war bislang davon ausgegangen, dass mit dieser Entscheidung nach Abs. 2 Nr. 2 die bisherigen (und künftige) Pfändungen vollständig ruhen für 12 Monate, dann aber wieder aufleben. Leider kann ich allerdings in der mir zur Verfügung stehenden Literatur (Zöller, Stöber, Baumbach-Lauterbach) zu diesen konkreten Folgen nichts finden. Ich meine schon, dass die Nr. 1 und 2 dahingehend einen Unterschied ausmachen, dass in Nr. 1 von "Aufhebung" die Rede ist, in Nr. 2 aber nur von einer befristeten Anordnung.
    Um so mehr erstaunt es mich, dass in den Zitierungen des Vorbeitrages auch bei Nr. 2 plötzlich von "Aufhebung" die Rede ist.

    Leider beschränkt sich auch Stöber unter Rn 160a mehr mit den Voraussetzungen solcher Entscheidungen und kaum mit dem Verfahrensablauf (Anhörung jedes Gläubigers ?, Entscheidung in jedem bisher anhängigen Verfahren ?) und den Folgen (was bewirkt die Anordnung nach Nr. 2, was passiert nach 12 Monaten ......).

  • Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 850k, Anh. § 850k, § 833a Rn 6 dort rechtliches Gehör.
    Rn. 9 = Wirkungen der Aufhebung und der Ruhendstellung

  • Naja, diese Kurzfassung gibt aber auch keine Antwort auf die von mir aufgeworfene Problematik im Falle des 833a Abs. 2 Nr. 2:
    Diese Entscheidung ist doch keine "Aufhebung", sondern nur eine Art Aussetzung für 12 Monate. Was passiert also mit früheren und zwischenzeitlich eingehenden Pfändungen nach 12 Monaten ?

  • Dem schließe auch ich mich an.
    Es wird nicht für die Zukunft "aufgehoben", sondern das Guthaben ist für die Dauer von ... der Pfändung nicht unterworfen....

  • Wir würden den 833a Abs. 2 Nr. 2 wie folgt umsetzen:
    Bestehende Pfändungen werden ausgesetzt (Ruhendstellung der Pfändung per Gerichtsbeschluss). Die Rangfolge der Pfändungen bleibt erhalten. Neue Pfändungen werden dem Rang entsprechend anerkannt, bleiben aber ebenfalls bis zum Anlauf der vorgegebenen Frist ausgesetzt. Nach Ablauf der Frist wirken alle Pfändungen (Rangstellung nach Eingang).

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!