Umschreibungsantrag nach Inso-Eröffnung

  • Wenn ich als Threadstarter mir das mal erlauben darf, fasse ich mal zusammen:

    In unserem Sachverhalt kann die Eigentumsumschreibung vollzogen werden, da der Erwerber durch die schon vor Eröffnung eingetragene Vormerkung geschützt ist.
    Auf die Streitfrage der Mithilfe des GBA beim Erwerb nach § 892 BGB kommt es dabei nicht an.

    Die Streitfrage in Bezug auf § 892 BGB wird in der Rechtsprechung relativ eindeutig so entschieden, dass dem GBA eine Mitwirkung bei einem gutgl. Erwerb nach § 892 BGB untersagt ist.
    Dieses resultiert wohl vor allem aus der Überlegung heraus, dass die Verfügungsbefugnis bereits mit Inso-Eröffnung nicht mehr vorliegt, da § 878 BGB hier nicht greift.

    In der Literatur wird dieser Meinung entgegen gehalten, dass ein materiell möglicher Erwerb nach § 892 BGB hier nicht durch das GBA vereitelt werden darf, so lange der Inso-Vermerk noch nicht eingetragen ist und wobei für die Eintragungsreihenfolge § 17 GBO anzuwenden ist.

    Die Praktiker sollten jedenfalls aber wohl insoweit einer Meinung sein, als dass eine Beanstandung mit Zwischenverfügung unter Aufgabe der Vorlegung der Zustimmung des Inso-Verwalters (wenn keine wirksame AV eingetragen steht) zum einen unproblematisch zumutbar und zum anderen für das GBA auch sicherer sind dürfte.

    Die Diskussion war jedenfalls spannend und lustig. ;)

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich stimme Ulf zu aus folgenden Gründen: Es kann nicht vom Zufall der Bearbeitungszeiten im GBA abhängen, ob gutgläubiger Erwerb vollendet wird oder nicht; der Gesetzgeber ging bei der Codifizierung der GBO davon aus, dass Anträge sofort erledigt werden und hatte deshalb keinen Anlass, unser heutiges Problem zu klären. Außerdem: Es kommt niemals auf den guten Glauben des GBA, sondern immer den des Erwerbers an.
    In einem von mir bearbeiteten Fall ist die Sache bis zum BGH gegangen, der das Vorliegen gutgl.Erwerbs bestätigt hat; nach dieser Erfahrung meine ich zu der ach so einheitlichen Rechtsprechung sagen zu können: Solange der Erwerb nicht vollendet ist schreien alle "wehe wehe!!", ist er aber vollendet, muss es natürlich dabei bleiben!
    Letztlich ist es also eine Glaubensfrage, wie GBRpfl verfährt; ich würde immer wieder eintragen, weil es aus verfassungsrechtlichen Gründen dem Bürger nicht zum Nachteil gereichen darf, dass das GBA nur so "lahm" (aus sattsam bekannten Gründen) arbeiten kann.

  • Das Herumreiten auf den langen Bearbeitungszeiten in den Grundbuchämtern geht ein wenig daneben. Wenn mehrere Wochen zwischen dem Eingang des (vollständigen!) Antrages auf Eintragung einer Rechtsänderung oder -begründung und dem Eingang des Ersuchens des Insolvenzgerichts liegen und der erste Eingang noch unerledigt ist, dürften in der Regel die Voraussetzungen des § 878 BGB gegeben sein. Über die Frage, ob ich als Grundbuchrechtspfleger einen gutgläubigen Erwerb vollenden will, muss ich mir nur Gedanken machen, wenn das Insolvenzverfahren vor dem Antrag auf Eintragung einer Rechtsänderung oder -begründung eröffnet worden ist.

    Und bisher haben mir die ganzen Herren, die immer davon schreiben, dass das formelle Grundbuchrecht dem materiellen Recht (§ 892 BGB) nicht im Wege stehen dürfe und das Grundbuchamt einen gutgläubigen Erwerb nicht verhindern solle, noch nicht erklärt, warum ich hier plötzlich das formelle Konsensprinzip durchbrechen soll und wie ich mit den Mitteln der GBO prüfen soll, ob der Erwerber wirklich redlich ist und nichts von der Insolvenz wusste. Und warum soll ich Partei ergreifen und zugunsten des Erwerbers entscheiden. M.E. spricht auch nichts dagegen, die Insolvenzmasse und die Massegläubiger zu schützen solange der Erwerb noch nicht vollendet ist. Ich trage den redlichen Erwerber gerne ein, wenn er im Zivilprozess gegen den Insolvenzverwalter seinen Anspruch auf Vollendung des gutgläubigen Erwerbs durchgesetzt oder der Insolvenzverwalter die Bewilligung des Eigentümers genehmigt hat.

  • Soweit hier interessierend, gibt es drei grundbuchverfahrensrechtliche Prinzipien:

    a) Das formelle Konsensprinzip, wonach eine Eintragung im Regelfall bereits dann vorzunehmen ist, wenn die hierfür erforderlichen verfahrensrechtlichen Erklärungen vorliegen (§ 19 GBO).

    b) Das materielle Konsensprinzip, wonach in bestimmten Fällen ausnahmsweise neben den verfahrensrechtlichen Erklärungen auch die materiellrechtliche Erklärung vorzulegen und zu prüfen ist (§ 20 GBO).

    c) Das Legalitätsprinzip, wonach das GBA eine Eintragung trotz vorliegender Verfahrensvoraussetzungen nicht vornehmen darf, weil das Grundbuch durch die besagte Eintragung unrichtig würde.

    Um diese Prinzipien näher zu betrachten, gehen wir von dem Fall aus, dass ein Eigentümer eine Grundschuld bestellt, über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird und die Voraussetzungen des § 878 BGB nicht vorliegen. In diesem Fall gilt folgendes:

    Das materielle Konsensprinzip gemäß lit.b) ist nicht anwendbar, weil es sich um kein Verfahren nach § 20 GBO, sondern um ein solches nach § 19 GBO handelt, für welches das formelle Konsensprinzip gemäß lit.a) Anwendung findet. Die Befürworter einer "Vollendung" gutgläubigen Erwerbs durch das GBA legen stets Wert auf die Feststellung, dass das Legalitätsprinzip gemäß lit.c) der beantragten Eintragung nicht entgegenstehe, weil das Grundbuch bei einem gutgläubigen Erwerb ja nicht unrichtig, sondern richtig wird. Das ist jedoch richtig und falsch zugleich, weil die Nichtanwendbarkeit des Legalitätsprinzips nichts darüber besagt, ob die Voraussetzungen des formellen Konsensprinzips gemäß lit.a) erfüllt sind.

    Das ist zu verneinen, weil es eine Selbstverständlichkeit darstellt, dass nur aufgrund wirksamer Verfahrenserklärungen eingetragen werden kann. Wenn die Voraussetzungen des § 878 BGB nicht vorliegen, ist die Bewilligung (und ggf. auch der Antrag) des Verfügenden aber unwirksam, weil er seine Verfügungs- und Bewilligungsbefugnis mit Insolvenzeröffnung verloren hat und der hieraus folgende Mangel in der Wirksamkeit der Erklärung nicht durch § 878 BGB überbrückt wird. Es hilft also nichts, beschwörend darauf hinzuweisen, dass das Grundbuch durch einen vollzogenen gutgläubigen Erwerb nicht unrichtig würde, weil es im Fall der Nichtanwendbarkeit des § 878 BGB stets dabei verbleibt, dass die Verfahrenserklärung, die zur Eintragung führen soll, erkanntermaßen unwirksam ist. Aufgrund unwirksamer Verfahrenserklärungen darf aber natürlich nicht eingetragen werden. Das ist so selbstverständlich, dass es im Gesetz überhaupt nicht hervorgehoben werden musste.

    Auf die Frage, ob der Erwerber gut- oder bösgläubig ist und ob und ggf. wie das GBA diese subjektive Voraussetzungen prüfen soll, kommt es somit gar nicht an. Zur Verweigerung der Eintragung genügt die Feststellung, dass die entsprechende Verfahrenserklärung unwirksam ist.

  • Ich möchte dieses Thema nochmal aufgreifen:

    Ich habe im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung für B, Eigentümer ist A.

    Am 13.07.2007 geht der Antrag auf Eigentumsumschreibung unter gleichzeitiger Löschung der Vormerkung und diverser Abt. III Rechte ein. Es erging Zwischenverfügung, da eine Löschungsbewilligung für ein Abt. III Recht nicht stimmte. Dieses Hindernis ist bis heute nicht behoben.

    Am 05.11.2007 ging ein Ersuchen des Insogerichtes auf Eintragung einer Verfügungsbeschränkung nach §21 Abs. II InsO ein. Das Verfahren wurde am 02.11.2007 angeordnet.

    In diesem Fall greift ja § 878 BGB. Somit würde ich die Auflassung vorher vollziehen. Aber was mache ich denn solange bis das Hindernis behoben ist? Das Insoersuchen einfach liegen lassen??? Oder das Ersuchen zurückweisen (zumindest teilweise, da auch noch diverse andere Blätter betroffen sind, in denen kein vorrangiger Antrag vorliegt)???


  • Am 13.07.2007 geht der Antrag auf Eigentumsumschreibung unter gleichzeitiger Löschung der Vormerkung und diverser Abt. III Rechte ein. Es erging Zwischenverfügung, da eine Löschungsbewilligung für ein Abt. III Recht nicht stimmte. Dieses Hindernis ist bis heute nicht behoben.


    Setzt Du immer so lange Fristen. Nach Ablauf der Monatsfrist in der ZwVfg. würde ich den Antrag zurückweisen.
    Ansonsten würde ich den Insovermerk eintragen und bei Eigentumsumschreibung löschen.

  • Nein, normal nicht, aber er hat jetzt schon mehrmals Fristverlängerung beantragt, die ich ihm auch gewährt habe da es bei dem Gläubiger um eine Gesellschaft geht die in der Nachtragsliquidation steckt.

    Den Insovermerk kann ich dann doch aber von Amts wegen ohne Anhörung des vorl. Insoverwalters löschen, oder?

  • Ich würde meinen, dass die Auflassung ja vorliegend voll wirksam ist und der Schutz des § 878 BGB daher insoweit greift (vgl. HorstK #3). Das Fehlen der ordnungsgemäßen Löschungsbewilligung ändert an der Wirksamkeit der Auflassung nichts. Fraglich ist aber, wieweit der § 878 BGB bezüglich der Lastenfreistellung greift, da ja der nun insolvente Eigentümer auch dieser Löschung zustimmen muss, die aber vollzugsbehindert ist. Da wäre die Frage, ob
    a) die Auflassung nur vollzogen werden kann, wenn die Lastenfreistellung vollzogen werden kann (BayObLG Rpfleger 1994, 58), oder ob die Lastenfreistellungsverpflichtung nur schuldrechtlich ist;
    b) ob das Vollzugshindernis bei der Lastenfreistellung ein Hindernis ist, das die Anwendung des § 878 BGB ausschließt.

    Wenn das geklärt ist, sehen wir weiter.

    Keinesfalls machst Du mit dem Insolvenzvermerk irgendwas, außer ihn zur Kenntnis zu nehmen, solange der 1. Antrag nicht vollständig - in welcher Weise auch immer - erledigt ist.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Fraglich ist aber, wieweit der § 878 BGB bezüglich der Lastenfreistellung greift, da ja der nun insolvente Eigentümer auch dieser Löschung zustimmen muss, die aber vollzugsbehindert ist.



    Der Eigentümer hat der Löschung ja bereits in der Urkunde vom Notar zugestimmt. Es hängt ja jetzt nur am Gläubiger und nicht am Eigentümer, also denk ich kann das dem § 878 BGB ja nicht im Wege stehen.

    Nach der vorliegenden UrKunde würde ich auch sagen, dass die Lastenfreistellung rein schuldrechtlich vereinbart wurde und nicht Vollzugsvorraussetzung für die Eigentumsumschreibung ist.

    Aber den Insovermerk kann ich doch in die andren betroffenen Blätter (in denen kein vorrangiger Antrag vorliegt) erstmal eintragen lassen oder?

  • Ich plädiere für folgende "einfache" Lösung:

    So es der Inhalt der Kaufvertragsurkunde in der erforderlichen Weise Teilvollzug gestattet, nimmt der Notar den Antrag auf Löschung der Erwerbervormerkung zurück und beantragt nur die Eintragung der Auflassung, womit der Erwerber ungeachtet der Veräußererinsolvenz wegen § 878 BGB das Eigentum erwirbt. Was die Löschung des Altgrundpfandrechts angeht, so gehe ich davon aus, dass die hierfür erforderliche Eigentümerzustimmung -wie üblich- bereits im Kaufvertrag erklärt wurde. Da diese Zustimmung unwiderruflich ist (§ 1183 S.2 HS.2 BGB) und das Insolvenzverfahren im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Zustimmung noch nicht eröffnet war, bleibt sie ungeachtet der Veräußererinsolvenz wirksam, ohne dass es insoweit der Anwendung des § 878 BGB bedarf (MünchKomm/Wacke § 878 RdNr.12). Außerdem wird die Veräußererzustimmung i.S. des § 1183 BGB mit dem Eigentumswechsel durch diejenige des Erwerbers ersetzt, weil der späteren Löschung dann natürlich der neue Eigentümer zuzustimmen hat und diese Zustimmung üblicherweise ebenfalls im Kaufvertrag enthalten ist, weil die gängige Formulierung dahingehend lautet, dass "die Beteiligten" (also Veräußerer und Erwerber) allen anstehenden Löschungen zustimmen.

    Zur grundbuchverfahrensrechtlichen Verfahrensweise hat Andreas im übrigen bereits das Erforderliche gesagt. Ergänzend möchte ich allerdings noch darauf hinweisen, dass der Käufer das Eigentum natürlich auch dann wirksam erwerben würde, wenn die Auflassung aufgrund des derzeit gestellten Antrags erst zeitlich nach dem Insolvenzvermerk im Grundbuch vollzogen würde. Denn der Insolvenzvermerk verhindert nur einen gutgläubigen Erwerb und bei § 878 BGB kommt es auf den guten Glauben nicht an.

  • Ich muss dieses Thema nochmal aufgreifen:

    Seit 06/2008 ist eine Vormerkung für den Käufer im Grundbuch eingetragen.
    Im Februar 2009 wurde nun ein Insolvenzvermerk eingetragen.
    Jetzt liegt der Antrag auf Eigentumsumschreibung und Löschung diverser Grundpfandrechte auf meinem Tisch.

    Da es sich ja um eine insolvenzfeste Vormerkung handelt (§§91,106 InsO) muss der Insoverwalter erfüllen. Ich frag mich nur, ob ich jetzt zur Umschreibung trotzdem die Zustimmung des Verwalters brauche oder ob ich ihn wenigstens anhören sollte!? Was meint ihr?

  • Da hier - anders als in meinem damaligen Fall - der Inso-Vermerk im GB eingetragen ist, würde ich wohl die Zustimmung des Verwalters verlangen. Diese dürfte man aufgrund der insolvenzfesten AV ja vermutlich schnell bekommen können.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Das ergibt sich daraus, dass die Verfügungsbefugnis des Veräußerers bis zum endgültigen Rechtserwerb fortbestehen muss. Hier ist sie auf den IV übergegangen, weswegen der zustimmen muss. Woher will ich als Grundbuchamt wissen, was insolvenzfest ist oder nicht?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

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