PKH-Vergütung - Geschäftsgebühr-Anrechnung



  • Der Gedanke mit dem Gegner, dem etwas zum Soll gestellt wird, hat was für sich, gebe ich zu.

  • Habe jetzt hier auf dem Tisch folgenden Fall:

    1,5 GG ist tituliert, Anwalt beantragt Kostenfestsetzung gegen den Beklagten in Höhe einer 0,55 VG (hier hat er also angerechnet) und die PKH-Vergütung in Höhe einer 1,3 VG festzusetzen.

    Ich hab mir eure Beiträge mal durchgelesen und bin mir nicht recht sicher.
    Ich würde wie Giraffenfreundin sagen, dass ich auf die Pkh-Verg. nicht anrechnen muss. Ich würde also PKh-Verg. mit 1,3 VG ausbezahlen und dann vom Erstattungsanspruch voll abziehen.
    Dann dürfte doch keiner zu viel bekommen und keiner zu viel bezahlen oder??

    Ich komm grad nicht vom Schlauch runter...

  • Prompt habe ich das Thema auch auf dem Tisch und hänge mich mit dran. Kennt jemand inzwischen Rechtsprechung zu dem Thema? Ich bin in JURIS nicht richtig fündig geworden.

  • Bzgl. PKH ist eine aktuelle Entscheidung in JURIS. Einfach nur Geschäftsgebühr in die Suchmaske eingeben.



    Hab ich versucht, nach Deinem Tipp sogar in Kombi mit Prozesskostenhilfe, aber es kam nur Müll. Oder ich habe im Müll den Diamanten übersehen. Welche Entscheidung meinst Du denn?

  • Der BGH hatte am 07.03,2007 (VIII ZR 86/06) ja nur gesagt, dass nicht die GG zu 1/2 bei einem Prozess in derselben Sache wegfällt, sondern die GG auf die VG anzurechnen ist. Ist nix von GG im Titel drin, kommt auch nix ins Festsetzungsverfahren. Ist die GG tituliert, wird´s mit der Hälfte, max. 0,75, angerechnet. Steht in AGS ("Anwaltsgebühren Spezial", Bonn- Special des DAV, guckst Du:Homepage DAV,"Leistungen", dort Anwaltsblatt 8/9 aus 2007 und findest Anmerkung 3 zum Urteil von Guru Norbert Schneider). Steht - leider - nichts davon, dass es Ausnahmen gibt, wenn der RA das außergerichtliche Geld gar nicht bekommen hatte (warum dann als RA dem Mandanten einen Schadensersatzanspruch titulieren lassen, wenn der nicht bezahlt hat; ich bin doch keine Bank?:gruebel:).

    Bei PKH ist Bad Iburg tatsächlich innovativ: hier wird neuerdings immer ein 0,75- Gebührenteil nach RVG abgezogen, selbst, wenn es vorher nur BeratH gab oder gar nichts. Familienrechtler berichteten mir aus dem Buch der sieben Siegel, dass in einigen Prozessen es ja nicht einmal eine Kostenerstattungsentscheidung gibt und eine Forderung zur Erstattung an den Gegner unzulässig sei (weiß schon, warum ich das Gebiet meide ;)). Vom Beratungshilfemandanten darf der RA ja nichts nehmen. Damit ist Bad Iburg für mich etwas unlogisch. Und: wenn ich vorher BeratH hatte, ließe ich mir zwar gern die Hälfte davon anrechnen, aber doch bitte nicht einfach die Hälfte einer RVG-Gebühr, die ich nie hätte bekommen können. Der Weg des AG Bad Iburg scheint mir auf diesen Blick nur dazu zu führen, dass bei PKH letztlich die Sätze nochmals halbiert werden :eek:. Ich frag bei Gelegenheit mal da einen Rechtspfleger- da ist seit einigen Monaten ein ganz Netter in der RAST dazu gekommen.

  • AG Bad Iburg, 04.01.2008, 5 F 382/07 ( finde ich sehe überzeugend)

    Ist das noch wo anders als in juris zu finden? Den Zugang habe ich nicht. Ohne den Text habe ich bei dem, was Ziggy played guitar schreibt, Verständnisprobleme.

    Es macht mir nichts aus, ein Vorurteil aufzugeben. Ich habe noch genügend andere.
    Fraue machet au Fähler, abber firs richtige Kaos braucha mer scho no d'Menner..

  • Dazu auch:
    OLG Frankfurt 6. Senat für Familiensachen, 27.04.2006, 6 WF 32/06
    Der anzurechnende Teil der Geschäftsgebühr ist von der aus der Staatskasse im Rahmen der Beiordnung zu zahlenden Vergütung nur dann abzusetzen, wenn sich keine Differenz zwischen Wahlanwaltsvergütung und Prozesskostenhilfevergütung ergibt und auch keine Auslagen entstanden sind, die nicht aus der Staatskasse erstattet werden.


    JurBüro 2007, 149-150 (red. Leitsatz und Gründe)
    AGS 2007, 313-314 (red. Leitsatz und Gründe)
    RVG-Letter 2006, 118-119 (red. Leitsatz)
    FamRB 2007, 174 (red. Leitsatz)

  • Ist das noch wo anders als in juris zu finden? Den Zugang habe ich nicht. Ohne den Text habe ich bei dem, was Ziggy played guitar schreibt, Verständnisprobleme.

    Die Entscheidung ist leider nur in juris veröffentlicht. Nachfolgend der komplette Entscheidungstext:

    Zur Frage, ob im Rahmen der Festsetzung der PKH-Vergütung eine Kürzung der Verfahrensgebühr durch Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr vorzunehmen ist



    [Blockierte Grafik: http://jportal.bybn.de/jportal/jp_js1…/lay/1px_tr.gif]Leitsatz

    [Blockierte Grafik: http://jportal.bybn.de/jportal/jp_js1…/lay/1px_tr.gif]Auch nach den Entscheidungen des BGH vom 07. und 14.03.2007 (NJW 2007, 2049 und 2050) kommt eine Kürzung der im Rahmen der PKH-Vergütung festzusetzenden Verfahrensgebühr nur in Betracht, wenn der Anwalt seine Geschäftsgebühr anderweitig bereits erhalten hat oder diese zumindest tituliert ist.

    [Blockierte Grafik: http://jportal.bybn.de/jportal/jp_js1…/lay/1px_tr.gif]Tenor

    [Blockierte Grafik: http://jportal.bybn.de/jportal/jp_js1…/lay/1px_tr.gif]Auf die Erinnerung vom 12.11.2007 wird der Kostenbeamte angewiesen, über den Vergütungsanspruch der Rechtsanwältin H. ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr neu zu entscheiden.
    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

    [Blockierte Grafik: http://jportal.bybn.de/jportal/jp_js1…/lay/1px_tr.gif]Gründe

    [Blockierte Grafik: http://jportal.bybn.de/jportal/jp_js1…/lay/1px_tr.gif]
    gelöscht by Kai 
    Aufsätze und Entscheidungen einstellen grds. nicht erlaubt

  • Zum AG Bad Iburg: sorry, sollte nicht 0,75 sondern 0,65 Anrechnung heißen.
    @ da Silva: Danke für den Entscheidungsbericht.



  • Ich komme hierauf noch einmal zurück, das ist ja ein wichtiger Grund, warum wir überlegen, die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vorzunehmen.

    Mir kommt jetzt anlässlich meiner Akte ein Gedanke, der etwas systemwidrig erscheint, aber vielleicht praktikabel:

    Ich überlege mir
    1. den RA darauf hinzuweisen, dass die Geschäftsgebühr tituliert ist und ihn noch mal ausdrücklich erklären zu lassen, ob er auf die Geschäftsgebühr Zahlungen erhalten hat (auch wenn er hierzu schon eine Erklärung im Vergütungsantrag abgegeben hat, er soll sich das Problem ruhig noch mal ausdrücklich bewusst machen) --> wenn ja, Anrechnung, ganz normal.
    2. dem RA vorzuschlagen, sofern er erklärt, dass er auf die GG noch keine Zahlung erhalten hat (bzw auf den anrechenbaren Teil der GG), mir die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils vorzulegen, damit dort - statt wie sonst üblich auf dem KFB - ein Übergang auf die Staatskasse vermerkt werden kann und dann
    3. die PKH-Vergütung einschließlich voller Verfahrensgebühr festgesetzt wird,
    4. die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils mit dem Vermerk über den Übergang zurückzugeben, dem Kostenschuldner den Übergang auf die Staatskasse mitzuteilen und die Sollstellung veranlassen zu lassen.

    Was haltet Ihr davon?

  • Punkt 1. und 2. kannst du gleich in Einem erledigen. Das spart Zeit. Dem Schuldner würde ich einen Abdruck der geänderten Klausel mit Erklärung schicken, damit er genau weiß, was er noch an den Gläubiger zu zahlen hat (falls nicht vollstreckt sondern freiwillig gezahlt wird).

  • Ich habe es nur der Übersichtlichkeit halber nummeriert, natürlich kann man 1. und 2. zusammenfassen. Ich wollte nur wissen, was Ihr in der Sache davon haltet.

    Die Entscheidung von Bad Iburg betrifft übrigens einen Fall, in dem die vorgerichtliche Geschäftsgebühr gerade nicht tituliert ist und daher bei der PKH-Vergütung keine Anrechnung erfolgt. Hat also mit unserem Fall nicht so viel zu tun.

  • @giraffenfreundin

    zu 1) Hinweis ist nett, solange es sich noch nicht ganz herumgesprochen hat. Andererseits steht im Antragsbogen (oh ha!, ich hab hier jetzt nur einen aus BRAGO-Zeiten zur Hand), dass "sonstige Zahlungen" (auch des Mandanten/Dritten) anzugeben sind, wenn sie "erhalten" sind. Auch Zahlungen, die er später in der Sache erhält, hat er anzuzeigen. Da steht nichts von erhalten könnte/sollte/müsste. Einen RA nochmals hinzuweisen, könnte allerdings bei geneigten Seelen gern als Unterstellung unwahrer Angaben gesehen werden.

    zu 2)
    Wie sich nun die GG, die der Kläger (und eben gerade nicht der RA!) für sich hat titulieren lassen, rechtlich sicher in Höhe der entgangegen Anrechnung auf die Staatskasse übertragen lässt, ist mir noch ein Rätsel. Einfach zur Herausgabe des Titels zwecks Übertragungsvermerk auffordern, erscheint mir schwierig. Was machst Du, wenn er dem nicht nachkommt? Wo ist die Anspruchsgrundlage (gegen die Partei, nicht gegen den RA)? Mach nicht Druck, wenn Du nicht auch ein Druckmittel hast. Das ist für Dich nur Energieverschwendung.
    Andererseits will ein Kläger, der für sich eine Beiordnung eines Rechtsanwaltes beim Gericht beantragt (der Anwalt übermittelt dieses Anliegen lediglich), dass er seine Kostenbelastung durch den Anwalt so weit wie möglich von der Staatskasse erledigt haben will. Kann man das nicht als Abtretungserklärung (des ASt.) hinsichtlich seiner zukünftigen Erstattungsansprüche aus seinem Titel gegen den Beklagten zu gunsten der Staatskasse auslegen? Einen automatischen Übergang der materiell-rechtlichen Forderung des Mandanten aus dem Titel im Wege des PKH-Festsetzungsverfahrens sehe ich derzeit einfach nicht als durch das Gesetz fundiert an.
    Kommt da etwa eine zusätzliche Textzeile ("Vorausabtretung außergerichtlicher GG-Erstattungsansprüche bei Titulierung im Obsiegensfall") in den PKH-Antragsformularen auf uns zu?

    zu 3) ja. festsetzen, weil:
    Unterstellt, jemand hat außergerichtlich weder BeratH bekommen noch etwas bezahlt und im Urteil wird aber der (fiktive) Schaden des Mdt aus RA-Gebühren tituliert, ist nur der Mdt. Inhaber dieser materiell-rechtlich Schadenseorderung. Der RA hat weiterhin nur den (offenen) Anspruch gg. den Mdt und gegen die Staatskasse nur wegen der im Prozess entstandenen Gebühren. Die Anrechnung einer halben GG wäre dort wegen des Auseinanderfallens der Anspruchsverhältnisse nicht richtig.

    zu 4) eigentlich keine schechte Idee und parallel eine Kostenrechnung mit "Teilübergang aus Titel xy" an den Beklagten. Selbst, wenn dieser auch PKH-berechtigt wäre, wären das ja originär "Kosten des Gegners", die von der PKH ja nicht gesperrt wären. Ich sehe aber, wie gesagt immer noch keine Grundlage für den materiell-rechtlichen Forderungsübergang aus dem Titel.

  • Ich habe jetzt d. RA mal angeschrieben und ihm die von ihm die von mir dargestellte Verfahrensweise vorgeschlagen. Alternativ habe ich vorgeschlagen, die hälftige GG anzurechnen, weil tituliert, um eine Doppelzahlung durch die Gegenseite zu vermeiden. Mal schauen, was d. RA dazu meint.

    Ich weiß, dass RA sich von sich aus zu erhaltenen Zahlungen erklären muss (§ 55 RVG), vorliegend wurde aber, wie so oft, nur in einem Formular angekreuzt, keine Vorschüsse erhalten zu haben, keine Vergütung aus der Staatskasse und keine Beratungshilfevergütung. Da die Erklärung allumfassend sein sollte (Erklärung über sämtliche erhaltene Zahlungen) und im Hinblick auf die Rechtslage erschien es mir richtig, ausdrücklich noch mal zu fragen, ob eine Zahlung auf die GG erfolgt ist. Viele RAe erklären inzwischen schon von sich aus, ob sie eine Zahlung auf die GG erhalten haben.

    Mit dem Übergang auf die Staatskasse bin ich auch nicht so ganz glücklich, weil der Titel natürlich auf die Partei lautet. Das mit der Abtretungserklärung könnte vielleicht helfen. Ich warte aber jetzt erstmal die Reaktion des RA's ab.

    Zur Abwechslung scheine ich hier als Pionierin unterwegs zu sein. :D

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