Hinterlegung Bürgschaft §108 ZPO

  • Hallo!

    Bei mir wollte letzte Woche ein Beklagter SHL mittels Bankbürgschaft leisten, also die Bürgschaftsurkunde hinterlegen.

    Hab das auch angenommen.

    Nun liegt mir ein Beschluss vom LG (Prozessgericht) vor, dass das nicht ginge, weil die SHL erst mit Übergabe an den Kläger (=Gläubiger) wirksam werde. SHL sei durch die Hinterlegung nicht geleistet worden.

    Kann SHL nie durch Hinterlegung der Bürgschaftsurkunde geleistet werden? Darf ich dann eine Bürgschaftsurkunde nie annehmen, weil ja so gar kein Hinterlegungsgrund besteht?

  • [...] Kann SHL nie durch Hinterlegung der Bürgschaftsurkunde geleistet werden? Darf ich dann eine Bürgschaftsurkunde nie annehmen, weil ja so gar kein Hinterlegungsgrund besteht?



    Hallo "Hallo",

    ich gehe davon aus, dass es sich um eine SL des Schuldners im Zivilprozess.

    Die Art der Sicherheit kann das Gericht angeben, braucht dies aber nicht zwangsläufig, § 108 Abs.1 ZPO.
    Ist über die Art der SL weder vom Gericht etwas bestimmt, noch von den Parteien etwas vereinbart, dann gilt § 108 Abs.1, S.2 ZPO, SL durch qualif. Bürgschaft oder durch HL von Geld oder entspr. Wertpapieren, s. § 234 Abs.1,3 BGB.

  • Ein Hallo an Hallo,

    Eine als Sicherheit zugelassene Bürgschaftsurkunde kann zur Hinterlegung nur angenommen werden, wenn die Hinterlegung der Bürgschaftsurkunde vom Prozessgericht ausdrücklich zugelassen worden ist (Zöller/Herget 24. Auflage, § 108 Rn 10 m.w.N. Hamburg WM 82, 915).

    Die gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO als Sicherheit zugelassene Bürgschaftsurkunde muss zur materiellen Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages grundsätzlich vom Sicherungsverpflichtete an den Sicherungsberechtigten übergeben werden (vgl. Zöller/Herget 24. Auflage, § 108 Rn 11).

    Durch die bloße Hinterlegung der Erklärung wird der erforderliche Bürgschaftsvertrag nicht geschlossen.

    Ohne besondere Anordnung können als Sicherheit nur Geld oder Wertpapiere, die nach § 234 Abs. 1, 3 BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind, hinterlegt werden (§ 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

    Grüße von der Ostseeküste von Gecko :)



  • Jein. ;)

    Hat das Gericht die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft zugelassen, ist hierin ein Annahmezwang zu sehen, so dass wirksam hinterlegt werden kann.
    (Zöller, 26. Auflage, § 108, Rd. Nr. 10)

    Hat das Gericht die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft nicht explizit zugelassen, gibt es diese Annahmeverpflichtung nicht. Dennoch kann die Hinterlegung angenommen werden, denn die Unterlassung der Widerspruchseinlegung wird als Annahmeerklärung gewertet.
    (Zöller, 26. Auflage, § 108, Rd. Nr. 10)

  • Ich habe zu dem Thema auch eine Frage:
    Hinterlegt ist eine Bürgschaft als Sicherheitsleistung im Zivilprozess. Nun ruft der Hinterleger (Bekl.)an und will lieber Geld hinterlegen und dafür die Bürgschaftsurkunde zurück haben. Geht das und falls ja: wie ist zu verfahren ?
    Ich mache Hinterlegung erst seit kurzem; wäre für baldige Antwort dankbar.

  • Das sieht nach einer pragmatischen Lösung aus, ob das rechtlich zulässig ist verneint mein Bauchgefühl.

    Die Herausgabe ist grundsätzlich möglich bei übereinstimmender Willenserklärung oder gerichtlicher Entscheidung. Beides liegt nicht vor, vielmehr soll mit einer weiteren Hinterlegung qausi ein "Surrogat" hinterlegt werden. Dann mag im Zweifelsfall doppelt hinterlegt worden sein, was m.E. aber nicht dazu führt, dass die Bürgschaftsurkunde der ersten Hinterlegung an den hinterleger herausgegeben werden kann. Ich gehe davon aus, dass auf das recht der Rücknahme verzichtet wurde (sonst macht die SL ja keinen Sinn).

  • Danke Grisu, für die schnelle Antwort.
    Auf das Recht zur Rücknahme war damals nicht verzichtet worden.
    Wie auch immer (ob rechtlich einwandfrei oder nicht): ich neige zur pragmatischen Handhabung. Passieren kann ja nichts, wenn ich die Herausgabeanordnung erst nach Buchung des stattdessen gezahlten Geldbetrages erlasse.

  • Danke Grisu, für die schnelle Antwort.
    Auf das Recht zur Rücknahme war damals nicht verzichtet worden.
    Wie auch immer (ob rechtlich einwandfrei oder nicht): ich neige zur pragmatischen Handhabung. Passieren kann ja nichts, wenn ich die Herausgabeanordnung erst nach Buchung des stattdessen gezahlten Geldbetrages erlasse.



    Gut, wenn auf das Recht der Rücknahme nicht verzichtet wurde, kann der Hinterleger sein Ersuchen jederzeit zurücknehmen resp. die Herausgabe verlangen.

    Vollstreckungsrechtlich macht die Hinterlegung ohne den Verzicht keinen Sinn.

  • Die Sache ist zwar schon abgeschlossen, weil sie aber, wenn sie wie oben geschildert, abgewickelt wird, doch einigen Ärger, nach sich ziehen kann, ein par Anmerkungen:
    Gem. § 108 ZPO kann die Sicherheitsleistung, wenn das Gericht nichts angeordnet und die Parteien nichts vereinbart haben, durch Bürgschaft, Geld oder Wertpapiere erbracht werden. Wer in den § 108 ZPO hineinschaut, sieht, dass das Wort Hinterlegung nach der Bürgschaft und vor Geld und Wertpapieren steht, d. h. die ZPO sieht die Hinterlegung der Bürgschaft nicht vor.
    Die Bürgschaftsurkunde muss nämlich, damit sie materiellen wirksam wird, dem Sicherungsberechtigten übergeben werden.
    Lässt das Gericht die Hinterlegung zu, wird durch die Hinterlegung diese Übergabe ersetzt.
    Wird eine Bürgschaftsurkunde trotz fehlender Zulassung der Hinterlegung hinterlegt, entsteht ein öffentlichrechtliches Verwahrungsverhältnis und dem Empfangsberechtigten wachsen Rechte zu, die ohne sein Zutun nicht entfallen können.
    Geht man davon aus, das eine Sicherheitsleistung vorliegt, wenn auch mit untauglichen Mitteln, so ist dem Empfangsberechtigten ein gesetzliches Pfandrecht erwachsen, das ohne seine Mitwirkung nicht vor Eintritt der Pfandreife abgewickelt werden kann.
    Geht man davon aus, dass es sich um eine Hinterlegung ohne Hinterlegungsgrund handelt, kann das Verwahrungsverhältnis nur über § 13 Abs. 2 HintO abgewickelt werden.
    Der Umtausch bei Sicherheitsleistung ist in § 235 BGB geregelt. Danach können Wertpapiere gegen Geld ausgetauscht werden, wie gesagt nur Wertpapieren.
    Die Rücknahme einer Hinterlegung ist in § 376 BGB geregelt. Dort ist die Hinterlegung bei Gläubigerungewissheit und Annahmeverzug geregelt. Der Abschnitt 5 des Hinterlegungsantrags ist nur bei Hinterlegung zur Befreiung des Schuldners von seiner Verbindlichkeit auszufüllen.
    Die Rückgabe der Bankbürgschaft ohne Zustimmung könnte sich somit u. U. auch zum Regressfall entwickeln. Also Vorsicht.
    Einen derartigen Fall hatte ich vor Jahren, Hinterlegerin der Bürgschaft war eine Brauerei, die nach ausführlicher telefonischer Erörterung den Geldbetrag glücklicherweise zusätzlich hinterlegte. Bürgschaft und Geld wurden dann gleichzeitig herausgegeben.




  • Der mir zur Verfügung stehende Text des § 108 ZPO sagt in seinem Absatz 1 Satz 2 etwas anderes. Hiernach ist die Sicherheit durch eine .... Bürgschaft .... zu erbringen oder durch Hinterlegung von Geld ...zu erbringen, wenn das Gericht keine Bestimmung getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht bestimmt haben.

    Von einer Anordnung der Zulassung einer Bürgschaft ist da nicht die Rede.



  • Das ist auch richtig.

    Aber: eine Bürgschaft bedarf zur Wirksamkeit der Annahme. Hat das Gericht die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft explizit zugelassen, liegt ein Annahmezwang vor. Daher ist in diesen Fällen von Anfang an wirksam Sicherheit geleistet. Hat das Gericht die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft nicht explizit zugelassen, kann hinterlegt werden. Zur Wirksamkeit bedarf es dann entweder der expliziten Annahme durch den Sicherheitsgläubiger oder es gilt die Vermutung der Annahme, wenn der Sicherungsgläubiger der Annahme der Bürgschaftshinterlegung nicht widerspricht.

    vgl. insoweit #4

  • Hi Grisu,

    wenn man den § 108 ZPO liest, stellt man fest, dass das Gericht die Art und Höhe der Sicherheitsleistung bestimmen kann, tut es aber in 99 % der Fälle nicht. Nach der Bestimmung durch das Gericht kommt die Bestimmung durch die Parteien, ist aber noch seltener. Danach an 3. Stelle kommt die gesetzliche Regelung. Diese lautet: .... ist die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft ....oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken......
    Es ergibt sich aus dem Text eindeutig, dass die Sicherheitsleistung entweder durch eine Bankbürgschaft oder durch Hinterlegung erbracht werden kann. Es ergibt sich ferner, dass eine Bankbürgschaft immer möglich ist, es sei denn das Gericht hat sie ausgeschlossen. Das Gericht wird die Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft nie explizit zulassen, weil die Zulassung bereits im Gesetz steht, es sei denn, die Bürgschaft weicht von den Einschränkungen des § 108 ab und lässt die Bürgschaft einer z. B. (nur) im Ausland tätigen Bank zu.
    Dann kann das Gericht die Hinterlegung der Bürgschaft zulassen. Damit wird dem Sicherungsverpflichteten gestattet, die Bürgschaftsurkunde zu hinterlegen, anstelle der sonst erforderlichen Übergabe an den Sicherungsberechtigten.
    Einen Annahmezwang kann es schon aus der Überlegung heraus nicht geben, dass Bürgschaft und ggf. Hinterlegungsantrag Fehler aufweisen können, die nicht behoben werden oder nicht behebbar sind.

  • Hallo rusu,

    Das Gericht wird die Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft nie explizit zulassen, weil die Zulassung bereits im Gesetz steht, ...



    Das stimmt nicht. Nur wenn das Gericht die Sicherheitsleistung durch Bürgschaft explizit zulässt, besteht ein Annahmezwang für den Sicherungsgläubiger.

    Dass davon nicht Formfehler der Hinterlegung selbst geheilt sind, ist selbstredend.

    Ansonsten kann ich mich nur wiederholen ...

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