Zwei Vereinsbetreuer?

  • Ich habe eine Akte übernommen, in der zwei Vereinsbetreuer mit Einzelvertretungsmacht für ganz gewöhnliche Wirkungskreise bestellt sind (ursprünglich waren sie Betreuer und Verhinderungsbetreuer). Das klingt wie die wundersame Brotvermehrung, ist nach dem Wortlaut des § 1899 I Satz 2 BGB (Mehrere Betreuer, die eine Vergütung erhalten, ...) zulässig, weil Vereinsbetreuer keine Vergütung erhalten (§ 7 I VBVG), nach dem Sinn dieser am 01.07.2005 wirksam gewordenen Sparvorschrift sicherlich nicht. Absicht des Gesetzgebers oder noch ein joke der Frau Bätzing?

  • Guter Punkt ! Da habe ich mir noch nie Gedanken drüber gemacht... mmmhh :gruebel: Da viel dafür spricht, dass sich der Gesetzgeber über die Folgen des Wortlautes der Vorschrift gar nicht bewußt war, würde ich die Akte dem Richter vorlegen mit der Frage, ob dies künftig (auch unter Hiblick auf den Sinn der Vorschrift) tatsächlich so bleiben soll...

    Daher auch mal wieder an dieser Stelle: Gruß an Frau Bätzing !

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Sachen gibt's.

    Nach meiner Meinung gilt das auch bei Vereinsbetreuern, gut sie erhalten zwar selbst keine Vergütung, aber der Verein erhält für sie eine Vergütung und damit fallen sie für mich auch unter § 1899 Abs.1 S. 2 BGB. Alles andere ist unsinnig. Richtervorlage.

    Hat der Bezirksrevisor eigentlich hier ein Beschwerderecht? Ich glaube nicht, komme aber im Moment nicht zum Nachlesen.

  • Es geht nicht um die Richtervorlage. Ich wollte nur diesen Sachverhalt diskutiert wissen.
    Es darf nicht das ausdrücklich unter Hinweis auf die "Querschnittsaufgaben der Betreuungsvereine gewollte Privileg, die volle Vergütung trotz verminderten MWSt.-Satzes beanspruchen zu können, außer Acht gelassen werden.
    Liegt hier ein weiteres gewolltes Privileg vor, angestoßen von der Lobby der Betreuungsvereine?
    Wenn ja, warum machen die Betreuungsvereine keinen Gebrauch davon? Doppeltes Geld für gleiche Arbeit ist doch nun wirklich attraktiv. Also kann ich ein gewolltes Handeln ausschließen, denn wäre die Lobby der Betreuungsvereine der spiritus rector einer solchen gewollten Lösung, wäre jeder Betreuungsverein längst informiert und hätte längst hiervon Gebrauch gemacht. Mir persönlich ist aber kein sonstiger Fall mit zwei nach dem 01.07.2005 bestellten, einzelvertretungsbefugten Vereinsbetreuern vor die Augen gekommen.
    Deshalb vermute ich kein weiteres, bisher verstecktes Privileg, sondern ein Versehen mit der Folge einer Regelungslücke. Kommt einer an die Gesetzesmaterialien ran? Ich habe mal flüchtig gegoogelt und komme nicht weiter.

  • Ich habe zwei Verfahren, in denen zwei Vereinsbetreuer nebeneinander bestellt sind. Aber auf die Idee, doppelt abzurechnen sind die noch nicht gekommen. Die Arbeit leistet in beiden Verfahren Veinsbetreuer A, während Vereinsbetreuer B wirklich nur als Vertretungsbetreuer fungiert.
    Evtl. mag in beiden Fällen die besondere Eignung der Vereinsbetreuer für die Verfahren zugrunde liegen (beide sind des Russischen mächtig, die Betroffenen verstehen hingegen kaum Deutsch). So lange auch nur einmal abgerechnet wird, mache ich mir keine Gedanken.
    :gruebel:

  • Nochmals: beide Vereinsbetreuer sind einzelvertretungsbefugt (nebeneinander, nicht hintereinander). Für beide kann also abgerechnet werden.
    Die von Aenor #19 genannte Variante ist auch bei uns üblich, sie ist ja auch vom Gesetz gedeckt, wie sich aus § 7 II i. V. m. § 6 VBVG ergibt. Diesen Fall hat der Gesetzgeber also gesehen, mein heute staunend gesehenes Verfahren mit seiner Konstellation aber nicht.

  • Kommt einer an die Gesetzesmaterialien ran? Ich habe mal flüchtig gegoogelt und komme nicht weiter.



    Aus Seite 29 der BT-Drucks 15/2494 ergibt sich Folgendes:

    "Zu Nummer 8

    (§ 1899 BGB)
    Im geltenden Recht hat die Vorschrift des § 1899 Abs.1 BGB
    für den Bereich der Berufsbetreuer keine praktische Bedeutung.
    Abgesehen von den Ausnahmefällen des Sterilisationsbetreuers
    (§ 1899 Abs. 2 BGB), Verhinderungsbetreuers
    (§ 1899 Abs. 4 BGB) und Gegenbetreuers (§ 1908i Abs. 1
    Satz 2 i. V. m. § 1792 BGB) ist daher künftig eine Bestellung
    von zwei Berufsbetreuern ausgeschlossen. Fälle, in denen für
    bestimmte Bereiche besonderer Sachverstand erforderlich ist
    (etwa bei der Verwaltung großer Vermögen), lassen sich
    durch die Beauftragung externer Dritter (z. B. eines Vermögensverwalters)
    lösen.
    Mit der Vorschrift über den sog. Delegationsbetreuer gemäß
    § 1899 Abs. 4 zweiter Fall BGB sollte derWechsel von Vereins-
    und Behördenbetreuern sowie die Einarbeitung eines
    ehrenamtlichen Betreuers durch einen Berufsbetreuer erleichtert
    werden (sog. Tandem-Betreuung). Sie gilt zu Recht
    als überflüssig und missglückt (vgl. etwa Münchener-Kommentar,
    Schwab, 4. Auflage, § 1899 Rn. 25). Die erwünschten
    Ergebnisse lassen sich auch auf andere Weise (§ 1899
    Abs. 1 und 3 BGB) erreichen. Die Worte „oder ihm die Besorgung
    überträgt“ sind daher zu streichen."

    Da dort als einzige Ausnahmen der Verhinderungsbetreuer, der Gegenbetreuer und der Sterilisationsbetreuer genannt sind, gehe ich, wie oben bereits beschrieben, davon aus, dass sich der Gesetzgeber über die Folgen des Wortlautes nicht bewußt war > klare Regelungslücke. Dass den Vereinen die aktuelle Regelung mit allen Konsequenzen bewußt ist, wird man ausschließen können. Ferner stellt sich, s. wwiw, das Problem in der Praxis aoft nicht.


    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

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