Neues zur Anrechnung der Geschäftsgebühr, Änderung RVG

  • Ich hätte statt dessen vorgeschlagen, die Vorbem. 3 (4) VV wie folgt zu ergänzen:

    Im Verhältnis zum Verfahrensgegner bleibt die Anrechnung außer Betracht, soweit nicht der Anspruch wegen des anzurechnenden Betrags vom Gegner bereits erfüllt, durch Aufrechnung erloschen oder gegen ihn tituliert ist.



    Schick das doch bitte mal der Einfachheit halber - verbunden mit den besten Grüßen aller befassten User aus dem Rechtspflegerforum - als Stellungnahme eines direkt betroffenen Gesetzesanwenders ans BMJ.

    Ehrlich gesagt, der Vorschlag zum Gesetzestext ist einfach unglaublich und grenzt an Körperverletzung. Ich hab den Text nach mindestens 10 Mal lesen noch nicht verarbeitet.

    Aber schlussendlich glaube ich auch, dass die Titulierungsvariante am Ende dabei herauskommen soll. Am Besten, man nimmt den Text Satz für Satz auseinander und malt sich ein Schema mit Fall daneben oder was. Ach was werden sich die Kommentatoren und die Verlage wieder freuen. Und gewiss lässt dieser Text auch wieder Auslegungen zu, die wir hier noch gar nicht erahnen.

  • Und gewiss lässt dieser Text auch wieder Auslegungen zu, die wir hier noch gar nicht erahnen.



    Meine Vermutung - siehe #19 ;)


    Dies vor allem dann, wenn, wie von tacovdA vorgeschlagen, nur eine Ergänzung zu Vorbemerkung 3 Abs. 4 vorgenommen werden würde. Schließlich gibt es noch ein paar andere Anrechnungsvorschriften.

    Eine allgemeine Regelung zur Anrechnung im Paragraphenteil, so wie vom BMJ angedacht, halte ich für besser. An der Formulierung kann man aber sicher noch arbeiten.

    Zitat von Jamie

    Ach was werden sich die Kommentatoren und die Verlage wieder freuen.


    :confused:
    Wegen eines einzelnen Paragraphen wird kein Kommentar neu aufgelegt, die entsprechende Kommentierung erfolgt im Zuge der sowieso geplanten Neuauflagen. Ein Kommentar verkauft sich auch nicht nur wegen der Kommentierung einer (für besonders wichtig gehaltenen) Vorschrift. Von der Änderung oder Neueinführung eines Paragraphen hat also unmittelbar niemand etwas - außer der Nutzer, der irgendwann mal im Werk seiner Wahl nachschlagen kann.

  • KoMa hat absolut Recht. Die Regelung im allgemeinen Teil des RVG ist wegen der Fülle der Anrechnungsvorschriften folgerichtig.
    Der teils gescholtene BGH hat das Gesetz angewandt und der Gesetzgeber sieht darob Handlungsbedarf. Der BGH wird das Gesetz in der jeweils gültigen Fassung weiter anwenden.
    GG und VG stehen gleichberechtigt nebeneinander. Beide werden vom Mandanten voll geschuldet - insgesamt jedoch mit keinem höheren Gebührensatz als er nach Anrechnung verbleibt. Da der Mandant die VG dem Anwalt voll schuldet, kann er sie auch ungekürzt erstattet verlangen (das scheint mir schon fast genial gemacht zu sein).
    Die Interessen der Landeskasse stehen dabei hinten an, denn die VG bei den von der Regelung betroffenen Neuverfahren wieder in der Regel ohne die Anrechnung zu zahlen sein.
    Dem Anwalt wird der Druck genommen, den armen Mandanten vorgerichtlich über Beratungshilfe zu vertreten. Auch muss er sich keine Gedanken darüber machen, ob er die Geschäftsgebühr kleinrechnet, um wenigstens die VG über die PKH möglichst ungemindert zu erhalten. Dem minderbemittelte Mandant kann daraus ein Nachteil erwachsen - seine Ausgangsposition verschlechtert sich.
    Die GG wird indirekt über die ungekürzt festgesetzte VG zum Teil erstattet, auch wenn es für sie im Einzelfall keine materiellrechtliche Erstattungsgrundlage gibt. Sie kann weiter ungekürzt eingeklagt werden, um in einen früheren und höheren Verzinsungsgenuss zu gelangen.
    Es eröffnen sich neue Spielräume Prozesse mit Blick auf die Kosten zielgerichtet einer Einigung zuzuführen. Auch hier mag die Landeskasse bei PKH zum Teil das Nachsehen haben.
    Ich bin gespannt, ob die Länder ihre Eigeninteressen bei der PKH hinten anstellen und der Gesetzesänderung so zustimmen.
    Da gibt es dann Kollegen, die nie nicht angerechnet haben und entgegen BGH nicht anrechnen werden und es gibt Kollegen, die angerechnet haben und auch weiterhin anrechnen werden in den Altfällen. Letztere haben sicherlich zur Rechtsfortbildung beigetragen.

    Noch ein kleiner Hinweis für alle Nichtanrechner bei der PKH: Das BMJ geht in seinem Problempapier nebst Entwurf des § 15 a RVG davon aus, dass die BGH-Rechtsprechung zur Anrechnung gegenwärtig sowohl in der Kostenfestsetzung als auch in der PKH-Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen ist.

    Abschließend ein großes Lob an JennyDen und dieses Forum.
    Viel früher als hier dürfte der Inhalt von § 15 a RVG den wenigsten von uns bekannt geworden sein. Das JM und die Kollegen in Niedersachsen sind mal wieder besonders schnell.

  • Kann man das von Dir bezeichnete "Problempapier" irgendwo lesen?

    Abgesehen davon erteilt uns das JuMi ja keine Weisungen bzgl Kosten. Nicht mal das BJM. :D


    _________________________________________________________________________________



    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Kann man das von Dir bezeichnete "Problempapier" irgendwo lesen?

    Abgesehen davon erteilt uns das JuMi ja keine Weisungen bzgl Kosten. Nicht mal das BJM. :D



    JennyDen hat daraus zitiert. Es wird uns wohl über die jeweiligen JM zur Stellungnahme vorgelegt.
    Online, wie erreicht man Dich denn bzw. sendet man Dir die gewünschten Unterlagen?

    In juris steht eine neue Entscheidung des KG (B. v. 24.06.2008 in 1 W 111/08). Es handelt sich um den langersehnten Beschluss des Senats nach der Rückübertragung durch den Einzelrichter vom 31.03.2008.
    Kommentar:
    Die können es nicht lassen. Ich frage mich nur, warum der 1. Zivilsenat in dem entschiedenen Fall von einer GG ausgeht. Die Fallschilderung spricht m.E. für einen unbedingten Klageauftrag und Nr. 3101 VV RVG. Bitte erst sauber subsumieren und dann schauen, ob man sich vom BGH abgrenzt. Überzeugend scheint mir das eh nicht zu sein, denn die GG (so sie denn tatsächlich entstanden ist) könnte ggf. miteingeklagt werden. So gesehen ein weiterer unnötiger Beschluss.

    Einmal editiert, zuletzt von Little Steven (17. Juli 2008 um 08:29)

  • Und gewiss lässt dieser Text auch wieder Auslegungen zu, die wir hier noch gar nicht erahnen.



    Meine Vermutung - siehe #19 ;)


    Dies vor allem dann, wenn, wie von tacovdA vorgeschlagen, nur eine Ergänzung zu Vorbemerkung 3 Abs. 4 vorgenommen werden würde. Schließlich gibt es noch ein paar andere Anrechnungsvorschriften.

    Eine allgemeine Regelung zur Anrechnung im Paragraphenteil, so wie vom BMJ angedacht, halte ich für besser. An der Formulierung kann man aber sicher noch arbeiten.



    Na hoffentlich! :daumenrau

    Okay, ich hab etwas kurzsichtig gedacht bei der Übernahme von tacovdA´s Vorschlag und nur DIE Unennbare im Sinn gehabt. Natürlich muss die Änderung allgemeingültig für das gesamte RVG (und die Erstattungsvorschriften) sein.

    Vielleicht sollte man versuchen, den Text nicht in einen Satz zu quetschen; so wie der § jetzt aussieht, ist er jedenfalls ein Monstrum.

  • Mein Vorschlag wäre:

    Abs. IV Vorbemerkung 3 RVG wird gestrichen.

    Das ist verständlich und praktikabel.

    Und das ganze mit allen anderen Anrechnungsvorschriften auch.

  • „§ 15a Anrechnung einer Gebühr
    Eine in diesem Gesetz vorgesehene Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr berührt das Entstehen der anderen Gebühr nicht.
    Soweit nichts Neues, sondern Klarstellung, da Grundvoraussetzung für die Anrechnung:
    Die Gebühr, auf die angerechnet wird muss als solche entstehen, sonst kann ich nicht auf sie anrechnen.
    Die Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung einer der beiden Gebühren gilt im Umfang der Anrechnung gleichzeitig als Erfüllung des Anspruchs auf Zahlung der anderen Gebühr.
    Die Gebühren stehen gleichberechtigt nebeneinander. Sie überdecken sich in dem anzurechnenden Teil. Wird ein Gebührenanspruch in diesem Anrechnungsbereich erfüllt, erfüllt sich dadurch auch der andere Gebührenanspruch in diesem Bereich.
    Entsteht eine der beiden Gebühren erst nach der Erfüllung, tritt die Erfüllungswirkung mit dem Entstehen dieser Gebühr ein.
    Klarstellung zu Satz 2. - im Grunde eine Selbstverständlichkeit.
    Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungs statt, der Hinterlegung und der Aufrechnung. Klarstellung zu S.2 mit Blick auf denkbare Spezialitäten.“

    Kleines Problem:
    Ändert sich der Steuersatz nach Fälligkeit der GG jedoch vor Fälligkeit der VG stellt sich die Frage, ob die Steuerdifferenz auf den anzurechnenden Gebührenanteil zuzubilligen ist. Erste Tendenz: Ja, weil die VG gleichberechtigt neben der GG steht.

  • Tut mir ja leid für Waldschrat :D - aber ich bin ja gleich konsequent bei der Meinung von meinem OLG geblieben und wie war das: Wer zuletzt lacht, hat´s vorher nicht verstanden.



    Pfft, mein virtuelles Freibier hab ich trotzdem bekommen!!! HA! Außerdem hab ich ja Recht gehabt, weil das Gesetz noch nicht geändert ist....

    Und sind wir mal ehrlich: niemand will die Regelung so, wie sie jetzt ist, weil es einfach viel zu viele Möglichkeiten der Auslegung gibt, zuviele Problemfälle über die man sich streiten kann, zu viele unterschiedliche Meinungen, die man auch noch alle irgendwie begründen kann.

    Den besten Vorschlag hat bis jetzt m.E. jojo gemacht. DAS nenn ich mal eine einfache, klare Lösung! :daumenrau

  • Den Anwälten würd´s mit Sicherheit gefallen ;)

    Ansonsten seh ich es wie Waldschrat:
    Auch wenn die BGH-Entscheidungen in Anbetracht des vorliegenden Gesetzes richtig waren, bringt beides zusammen genommen viele Ungereimtheiten.

  • Kleines Problem:
    Ändert sich der Steuersatz nach Fälligkeit der GG jedoch vor Fälligkeit der VG stellt sich die Frage, ob die Steuerdifferenz auf den anzurechnenden Gebührenanteil zuzubilligen ist. Erste Tendenz: Ja, weil die VG gleichberechtigt neben der GG steht.



    Hierin liegt m.E. nicht nur ein kleines, sondern ein großes Problem. Theoretisch müsste die Umsatzsteuer auf diesen Teil zweimal anfallen, was aber nicht sein. Eine Möglichkeit wäre dann noch einen Abs. 2 einzufügen, dass im Zweifel auf die zuerst entstandene Gebühr gezahlt ist. Damit würde auch der ursprüngliche Umsatzsteuersatz gelten.

    Am Rande: Das Problem mit der PKH wird dadurch nicht gänzlich gelöst. Zum Beispiel fragt es sich, ob der RA trotz § 122 dann weiter die volle GG gegen seinen Mandanten gelten machen kann. Kann er dies, so sind Zahlungen (wie bisher nach der wohl am weitesten verbreiteten Praxis die Entstehung) anzugeben, wofür es im Grund keine wirkliche Rechtsgrundlage gibt, da § 58 RVG so weit eigentlich nicht reicht. Mein Plädoyer daher nach wie vor: Schafft die Anrechnungsbestimmungen ab!



  • Dem widerspreche ich aus folgendem Grund:
    Die Zahlung auf GG ist nach § 15 a RVG in dem anzurechenden Gebührenanteil auch eine Zahlung auf die VG. § 58 RVG fordert die Angabe der auf die gerichtliche Vergütung erhaltenen Zahlungen. Eine Quasizahlung auf die VG ist eine derartige Zahlung - fraglich ist, ob sie über § 58 RVG umgewidmet wird in eine Zahlung auf die gesamte Anwaltsvergütung für das Gerichtsverfahren. Das wäre durchaus von Vorteil für den PKH-Anwalt. Außerdem kann der Anwalt durch die Bemessung der "gezahlten" GG Einfluss auf die anzugebenden Zahlungen nehmen.

  • Wenn ich diesen Vorschlag richtig verstanden haben, dann wollen die ja in Zukunft auf die Zahlung abstellen. Wie blöd kann das eigentlich noch werden? Zum Glück gibt es ja unseren §9 auf den man sich berufen kann. Die Kostenfestsetzung wird so langsam zu einer Wissenschaft. So etwas kann doch nur passieren, wenn sich irgendwelche 'Sesselfurzer' mit den Problemen beschäftigen. Wie schön war es als es noch keine Rechtsprechung oder nur brauchbare zu dem Thema gab. Und wenn das Kostenfestsetzungverfahren nun schon so kompliziert ist, so hoffe ich, dass es in Zukunft wenigstens gerichtskostenpflichtig wird.

  • Es sollen also nach der neuen Regelung zwei Ansprüche nebeneinander existieren. Die Argumentation von JennyDen unter #5 B kann ich dann nicht ganz nachvollziehen. Auch wenn die Partei ein 1,3 Geschäftsgebühr durch Urteil tituliert bekommen hat, muß ich meines Erachtens die angemeldete 1,3 Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsbeschluß berücksichtigen. Zwei Ansprüche, zwei Titel. Nur wenn die Erfüllung der vollen Geschäftsgebühr zugestanden wird, ist die Festsetzung der vollen Verfahrensgebühr abzulehnen, da diese dann teilweise erloschen ist.
    Wie sieht es denn aus, wenn der Anwalt die 1,3 Geschäftsgebühr eingeklagt hat und eine 0,65 Geschäftsgebühr tituliert wird? Auch in diesem Falle muß ich bei entsprechender Anmeldung der 1,3 Verfahrensgebühr diese in vollem Umfang bei der Festsetzung berücksichtigen. Selbst wenn die Gegenseite die ausgeurteilte 0,65 Geschäftsgebühr bereits gezahlt hat. Denn wo steht denn, das der ausgeurteilte Anteil an der Geschäftsgebühr der Anteil ist, dessen Erfüllung den Anspruch auf die 1,3 Verfahrensgebühr teilweise erlöschen läßt.

    Außerdem finde ich die sprachliche Regelung des § 15 a nicht wirklich glücklich. Da steht nämlich: Wenn in diesem Gesetz von der Anrechnung einer Gebühr auf eine andere die Rede ist, dann darf eine Anrechnung der einen entstandenen Gebühr auf die andere nicht erfolgen. :gruebel:
    Wie definiert man denn im Ministerium den Begriff „Anrechnung“???
    Oder habe ich da jetzt etwas nicht verstanden??? Meiner Meinung nach werden die Regelungen durch den Vorstoß nur „verschlimmbessert“.

  • Eine klare Formulierung würde die Sache erleichtern - habe noch ein Problem mit der Formulierung "Erfüllung": Erfüllung ist doch Tilgung einer Verbindlichkeit durch Bewirken der geschuldeten Leistung an den Gläubiger i.S.v. § 362 BGB - wie spielt da die Titulierung rein?

  • Warum läßt man den Anwalt bei seinem KFA nicht einfach versichern, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr entstanden ist/bezahlt wurde - ähnlich der Beratungshilfe.

  • Ich mußte gerade feststellen, daß die eigenartige Argumentation, weshalb eine Titulierung der 1,3 Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren dazu führen soll, daß ich die 1,3 Verfahrensgebühr nicht festsetzen kann, aus dem Problempapier des Bundesministeriums der Justiz stammt. Macht die Sache aber auch nicht besser.
    An die Kollegen, die Stellung nehmen dürfen (mich fragt ja keiner :motz::(
    Wäre nett, wenn die Problematik angesprochen werden könnte.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!