Anfechung IK und § 160 InsO

  • Wie ist das eigentlich, wenn der Gläubiger anficht aus eigenem Recht, der Anfechtungsgegner dann sofort an die Masse bezahlt. Kann der Anfechtende aus dem "Erlös" seine Kosten vorab verlangen, auch wenn die Masse nicht ausreicht (weil Massekosten zuerst zu decken sind)?

  • Grundsätzlich siehe § 313 Abs. 2 Satz 2 InsO ("...vorab zu erstatten."). Aber welche Kosten und welche Fallkonstellation meinst Du überhaupt? Kosten eines nicht veranlassten gerichtlichen Vorgehens, die der Gläubiger bei sofortigem Anerkenntnis selbst zu tragen hat, wird er m.E. ebensowenig erstattet bekommen können wie die Kosten einer anwaltlichen Beratung über die Anfechtbarkeit, wenn der Gegner auf erste (außergerichtliche) Aufforderung sofort zahlt.

  • Beauftragt der anfechtende Gläubiger einen Advokaten mit der Anfechtung, so kann er doch berechtigterweise die dafür aufgebrachten Kosten aus dem "Erlangten" entnehmen bzw. eine Rechnung an die Masse stellen. Ist ja auch mehr wie billig. Eine andere Frage ist freilich, ob der Anfechtungsgegner die Kosten zu erstatten hat als Verzugsschaden, wenn er aufs erste Anfordern zahlt. Ich glaube, wir haben soeben aneinander vorbei geredet :D

  • Ich glaube, wir haben soeben aneinander vorbei geredet :D



    Nur bedingt: Genausowenig wie m.E. ein Insolvenzverwalter eine Anwaltsgebühr (§ 5 InsVV) für die bloße Feststellung und Geltendmachung eines Anfechtungsanspruchs abrechnen kann, wenn der Gegner auf ersten Hinweis gleich zahlt, kann ein Gläubiger im IK-Verfahren für die gleiche Tätigkeit Kostenerstattung aus dem Erlangten/der Masse verlangen - unabhängig davon, ob der Gegner diese Kosten erstatten muss oder nicht. Zumindest wenn es um simple Anfechtungstatbestände geht, fällt die Prüfung, Feststellung und (außergerichtliche) Geltendmachung m.E. in den Bereich der ureigensten (noch nicht einmal zuschlagsfähigen) Aufgaben des IV und nicht unter § 5 InsVV. Eine Masseverbindlichkeiten auslösende Abweichung hiervon dürfte durch § 313 Abs. 2 InsO weder beabsichtigt sein, noch wäre dies angemessen. Denn auch bei der Gläubigeranfechtung nach AnfG ausserhalb eines Insolvenzverfahrens bekommt der Anfechtende bei sofortiger Zahlung des Gegners die nicht durch Verzug bedingten Kosten nicht erstattet, die er zur Feststellung und außergerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs hatte.

    Im übrigen noch ein Beispiel ad absurdum: Der TH führt in einem Bericht oder auch in einem Rundschreiben an die Gläubiger aus, dass ein Gläubiger durch Kontopfändung nach Insolvenzantragstellung einen Lottogewinn der Schuldners iHv. 50 T€ einkassiert hat, und dass dieser Vorgang ohne jeden Zweifel anfechtbar ist. Die 18 anderen Insolvenzgläubiger lesen das, jeder geht zum Anwalt, erhält eine Bestätigung der Ansicht des TH, fordert den Anfechtungsgegner zur Erstattung auf und der zahlt auch sofort. Bekommt jetzt jeder der 18 Gläubiger seine Anwaltskosten aus der Masse? Lass es 100 Gläubiger sein bei einem fleissigen IK-Schuldner, der noch nie selbständig tätig war.

  • OK Chick, du hast mich überzeugt. Wann gilt aber dann § 313 II Satz 2? Erst wenn der Anfechtungsgegner in Verzug ist?

    Im Übrigen höre ich zuweilen die mir auch nicht ganz einleuchtende Methode, die manche Gerichte anwenden. Wurde der Treuhänder durch die Gläubigerversammlung mit der Anfechtung beauftragt, dann ist sein Tätigwerden "genehmigt" und er ist befugt, die Kosten nach dem RVG aus der Masse zu entnehmen. Argumentiert wird damit, dass es bei der Anfechtung im vereinfachten Verfahren nicht um die Aufgaben des Treuhänders handelt und er durch die GLV den "Befehl" dazu erhält, der ihm gesondert zu vergüten ist. Der Beschluss, der oftmals nur bei Zustimmung eines einzigen Gläubigers ergeht, gilt dann als Legitimation, dass eine Masseverbindlichkeit entsteht. Ist das so richtig? Heißt die Beauftragung automatisch die Entstehung einer Masseverbindlichkeit? Auf der anderen Seite auch nicht ganz abzulehnen......:gruebel:

  • Hab noch ne Entscheidung hierzu gefunden

    BGH 19. 7. 2007 - IX ZR 77/06


    Rainer, nochmals: da steht nix von 160 InsO. Wenn ich eine GlV abhalte, dann besteht doch die Möglichkeit, dass mündliche Stellungnahmen abgegeben werden können. Ob einer kommt oder nicht, ist doch sein eigenes Problem. Aus der Entscheidung leite ich nur ab, dass die Versammlung nicht im schriftlichen Verfahren abgehalten werden darf.

  • Wenn ich eine GLV mit dem TO-Punkt "Beauftragung des TH mit der Anfechtung von Rechtshandlungen" habe und wende § 160 an, dann ist die Beauftragung dann ja gerade durch die (nicht vorhandenen fingierten) Zustimmungen gegeben. M.E. ist § 160 nach wie vor anwendbar.

  • Habt Ihr denn nirgnendwo ne Kommentarstelle, die eindeutig belegt, was nun Sache ist ????? :oops: :oops: :oops:



    Mit Verlaub, man(n) kann sich auch ohne Kommentarstellen und ellenlange Rechtsprechungszitate eine eigene Meinung bilden. Wir sind doch alle viel zu "rechtsprechungsg***".

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Leicht gereizt heute Ernst? :D

    Schmidt: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2. Auflage 2007
    Autor: Nies

    In der Praxis wird häufiger von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Treuhänder – der in den meisten Fällen über den besten Informationsstand verfügt – mit der Anfechtung zu beauftragen (Abs. 2 Satz 3 Alt. 1). Hierzu ist es zweckmäßig, dass der Rechtspfleger eine Gläubigerversammlung einberuft, damit die Chancen einer Anfechtung abgewogen und eine Beauftragung des Treuhänders (oder eines Gläubigers) erfolgen können. Gewöhnlich hat zuvor der Treuhänder Verbindung mit mindestens einem der Gläubiger aufgenommen, um zu vermeiden, dass kein Gläubiger zur Versammlung erscheint und diese beschlussunfähig ist. Möglich ist auch die Vollmacht eines Gläubigers an den Treuhänder, das ihm zustehende Anfechtungsrecht in seinem Namen auszuüben (vgl. Fuchs ZInsO 2002, 358).


    Münchener Kommentar Insolvenzordnung,
    2. Auflage 2008

    Um einen Funktionsverlust der Anfechtung zu verhindern, ist durch das InsOÄndG 2001 der Gläubigerversammlung die Möglichkeit eröffnet worden, den Treuhänder oder einen Gläubiger mit der Anfechtung zu beauftragen (s. o. RdNr. 3). Über die Beauftragung des Treuhänders muss eine vom Insolvenzgericht einberufene und geleitete Gläubigerversammlung durch Beschluss entscheiden, und zwar auch dann, wenn an dem Verfahren nur ein Gläubiger beteiligt ist; eine gewillkürte Prozessstandschaft des Gläubigers kommt daneben nicht in Betracht. Dem Insolvenzgericht steht im Falle der Beschlussunfähigkeit der Gläubigerversammlung nicht die Befugnis zu, den Treuhänder mit der Anfechtung zu beauftragen. Denn die Entscheidung über die Geltendmachung von Anfechtungsrechten obliegt nach der klaren Entscheidung des Gesetzgebers den Gläubigern; treffen diese keine Entscheidung, kann sich das Gericht nicht hierüber hinwegsetzen.

  • Ich muss das Thema nochmals aufgreifen.

    Sieht hier jemand eine Chance, der formellen Gläubigerversammlung zu entgehen?

    Meine Gläubiger sagen: Beauftragung mit Anfechtung im IK-Verfahren gern. Fahrt nach "Hinterbuxtehude" zu einer Gläubigerversammlung niemals.

    Gibt es andere Methoden, z.B. dass die Gläubiger einen Mitarbeiter des Insolvenzverwalter bevollmächtigen?

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • wenn es nicht gerade der TH ist, den der Gläubiger mit einer Vollmacht ausstattet, dürfte es doch ziemlich egal sein, wer als Gläubigervertreter im Termin sitzt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich bin ja der Ansicht, dass der einzelne Gläubiger bei Geltendmachung der Anfechtung nach § 313 Abs. 2 Satz 1 InsO den TH als Prozessvertreter beauftragen kann (wenn dieser RA ist). Da kann man dann natürlich laut "Unabhängigkeit" und "Interessenkonflikt" schreien und wahrscheinlich würde ein Verwalter, der so etwas Schreckliches macht auch gleich de-listet, eingesperrt und durch die entrüstete Presse geschleift werden. Ich meine mich erinnern zu können, dass es hierzu auch schon eine (ablehnende) Entscheidung gibt. Wo hier allerdings der Interessenkonflikt sein soll, erschließt sich mir nicht.

    Eine andere, allerdings wirtschaftlich für den TH wenig verlockende Vorgehensweise wäre, dass wiederum ein Gläubiger die Anfechtung übernimmt, der TH ihm aber (heimlich :psst:) die Schriftsätze etc. vorbereitet. Für eine derartige Tätigkeit gibt's dann natürlich vergütungstechnisch nur über die ggf. durch den Anfechtungserlös erhöhte Masse einen Ausgleich.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!