Konkurrenz Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG und § 15 Abs.3 RVG



  • Der BGH hat einen vergleichbaren Sachverhalt bisher nicht entschieden. Die rechnerischen Ungereimheiten ergeben sich deshalb m.E. nicht aus der Anrechnungsrechtsprechung des BGH sondern aus einer unzutreffenden Rechtsauslegung in dem von mir kritisierten Bechluss des OLG Stuttgart.
    Nach meiner Auffassung wird der aus Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG herrührende Anrechnungsvorteil von der Deckelung des § 15 Abs. 3 RVG nicht berührt. Nach der Entscheidung des OLG Stuttgart hingegen ist dieser Anrechnungsvorteil über § 15 Abs. 3 RVG veränderlich und kann damit im Einzelfall sogar vollständig entfallen. Die Begründung für diese Annahme halte ich für wenig überzeugend.

  • Punkt 12 der Entscheidungsgründe ist für mich nachvollziehbar. Es kommt auf den Zeitpunkt an. Die Anrechnungsvorschrift greift sofort in dem Zeitpunkt, als die Klage mit dem bereits außergerichtlich geltend gemachten Gegenstand anhängig wird. Das OLG Stuttgart hat das m.E. völlig zutreffend ausgelegt.

    Wenn du erst die Angleichung vornimmst und dann anrechnest, vermischst du zwei gebührenrechtliche Sachverhalte miteinander, die nichts miteinander zu tun haben. Die Anrechnung würde dann auch auf einen Teil der Verfahrensgebühr erfolgen, die nicht gegenstandsgleich ist mit der vorgerichtlichen Tätigkeit des Anwalts.

  • Punkt 12 der Entscheidungsgründe ist für mich nachvollziehbar. Es kommt auf den Zeitpunkt an. Die Anrechnungsvorschrift greift sofort in dem Zeitpunkt, als die Klage mit dem bereits außergerichtlich geltend gemachten Gegenstand anhängig wird. Das OLG Stuttgart hat das m.E. völlig zutreffend ausgelegt.

    Wenn du erst die Angleichung vornimmst und dann anrechnest, vermischst du zwei gebührenrechtliche Sachverhalte miteinander, die nichts miteinander zu tun haben. Die Anrechnung würde dann auch auf einen Teil der Verfahrensgebühr erfolgen, die nicht gegenstandsgleich ist mit der vorgerichtlichen Tätigkeit des Anwalts.



    Letzters sieht Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG bereits nach seinem Wortlaut vor, wenn der Gegenstandswert der Klage höher ist als der der vorgerichtlichen Tätigkeit.
    Die Anrechnung wird von dem Gesetzgeber damit begründet, dass der in der Sache vorbefasste Anwalt gegenüber dem erst im gerichtlichen Verfahren beauf-tragten Anwalt einen Einarbeitungsvorteil hat. Ein Zeitpunkt für die Anrechnung finde ich demgegenüber nicht im Gesetz. Schlicht gesagt: Von der in dem gerichtlichen Verfahren entstandenen Verfahrensgebühr ggf. nach Deckelung über § 15 Abs. 3 RVG wird unter dem Strich der Anrechnungsvorteil abgezogen. Die gegenteilige Ansicht läuft darauf hinaus, die Anrechnungsbestimmung auszuhöhlen und den Anrechnungsvorteil im Einzelfall komplett zu beseitigen. Beide Ansichten beruhen wegen einer fehlenden eindeutigen Regelung der Konkurenz von § 15 Abs. 3 RVG und Vorbemerkung Abs. 4 RVG auf einer Gesetzesauslegung. Die Ansicht des OLG Stuttgart entspricht dabei wie oben dargelegt nach meiner Auffassung nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen.

  • Frage an die "Ordentlichen":
    Ist gegen die Entscheidung der Einzelrichterin des OLG Stuttgart noch ein Rechtsmittel zum BGH möglich?



    Die bisher unbeantwortet gebliebene Frage ist vielleicht in den Folgebeiträgen untergegangen. Kann sie jemand beantworten?

  • Ich plaziere meine bisher unbeantwortet gebliebene nachstehende Frage als gesondetes Thema. Wer kann/mag sie mir beantworten?
    Gibt es noch ein Rechtsmittel gegen einen Beschluss des OLG über eine sofortige Beschwerde gegen einen KFB des LG und wenn ja welches?

  • Das sehe ich auch so.

  • Da sich die Frage aus diesem Thread ergeben hat, bleibt zu hoffen, daß sich kein Beschwerdeführer finden wird. :hoffebete



    Weil die Erfolgsaussichten von Dir so hoch eingeschätzt werden?:teufel:


    Ich fürchte, der BGH würde in seiner unendlichen und unverständlichen Weisheit weitere Grundsätze des Kosten- und Gebührenrechts über Bord werfen.

  • Da sich die Frage aus diesem Thread ergeben hat, bleibt zu hoffen, daß sich kein Beschwerdeführer finden wird. :hoffebete



    Weil die Erfolgsaussichten von Dir so hoch eingeschätzt werden?:teufel:



    Ich denke eine Rechtsbeschwerde gegen eine Einzelrichterentscheidung ist gar nicht zulässig und wenn doch, eine Erfolgsaussicht mag ich mal in Frage stellen. :D

  • Ich denke eine Rechtsbeschwerde gegen eine Einzelrichterentscheidung ist gar nicht zulässig und wenn doch, eine Erfolgsaussicht mag ich mal in Frage stellen. :D


    Dein Wort in Gottes und potentieller Beschwerdeführer Gehörgang!* :huldigen:

    *Allein schon bei dem Gedanken schwillt mein Hals und der Blutdruck steigt in bedrohliche Höhen. Ganz ehrlich.

  • § 15 Abs. 3 RVG bestimmt, dass, wenn für Teile des Gegenstandes verschiedene Gebührenansätze anzuwenden sind, für die jeweiligen Teile gesondert berechnete Gebühren entstehen.

    Die Verfahrensgebühr unterliegt verschiedenen Gebührensätzen, so dass § 15 Abs. 3 RVG zur Anwendung kommt. Hier gilt, dass die Gebühr für jeden Teilwert gesondert zu berechnen ist, die Summe der so errechneten Gebühren aber die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechneten Gebühren nicht übersteigen darf.

    Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermindert sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen anwaltlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Teil 3 Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG anfallende Verfahrensgebühr.

    Wenn die Verfahrensgebühr somit nur „vermindert" entsteht ist die Anrechnung selbstverständlich gleich vorzunehmen und die Diskussion – in meinen Augen – nicht ausbaufähig. Es gibt zu diesem Thema auch nur die Entscheidung des OLG Stuttgart. Allerdings lediglich eine Einzelrichterentscheidung. das OLG hat da wohl keinen Sinn gesehen, dieses der Kammer zu übertragen. M.E. zu recht.

    Ich stelle mir den MdB vor, der bei Abstimmung über das RVG, diesen Punkt gerade durchdacht hat, bevor er seine Hand gehoben hat. :wechlach:

  • Selbst wenn man dem OLG Stuttgart folgt, stellt sich die Frage, warum nicht trotzdem eine 2. Kontrollrechnung stattfinden muss !, § 15 Abs. 6 RVG. Das OLG hat die Frage nicht ansatzweise erörtert. Der RA, der nicht zum Prozessbevollmächtigten bestellt ist, kann nicht mehr erhalten, als der Prozessbevollmächtigte für die gleiche Tätigkeit, vgl. Gerold/Schm. 18.A., § 15 Rdn. 111.

    Hierauf müssen in jeden Fall die Gebühren beschränkt sein.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Warum wirfst Du hier § 15 Abs. 6 in den Ring? Einen Anwalt, der lediglich mit Einzeltätigkeiten beauftragt war, haben wir hier nicht.

  • Und ich dachte bei den "Ordentlichen" gibt es keine Rechtsmittelbelehrungen, weil die ohne weiteres dem Gesetz zu entnehmen sind.

    @ Himmel:
    M.E. liegt hier ein (bewußtes?) Mißverständnis der BGH-Auffassung zur Anrechnung vor. Auch aus BGH-Sicht entsteht die VG - sie ist jedoch anrechnungsbehaftet.
    Lasse ich mich allerdings einmal auf Dein vermindert ein, dann verstehe ich nicht warum hier nach § 15 Abs. 3 RVG maximal 1,6 Gebühren aus dem Gesamtstreitwert errechnet worden sind und nicht maximal 1,1, weil die "vermindert entstandene VG" doch nur den Satz 0,85 hatte.

    Bitte an den Moderator:
    Vielleicht lassen sich die beiden "threads" zusammenführen, nachdem die Rechtsmittelfrage geklärt (?) ist.

  • Zitat von Little Steven

    Lasse ich mich allerdings einmal auf Dein vermindert ein, dann verstehe ich nicht warum hier nach § 15 Abs. 3 RVG maximal 1,6 Gebühren aus dem Gesamtstreitwert errechnet worden sind und nicht maximal 1,1, weil die "vermindert entstandene VG" doch nur den Satz 0,85 hatte.


    :daumenrau Interessanter Ansatz.

    Allerdings wird die Verfahrensgebühr nicht aus einem Gebührensatz von 1,1 errechnet, sondern sie wird um einen Gebührensatz von 0,85 gekürzt. Errechnet wird sie nach wie vor aus dem Satz von 1,6. Dies ist in meinen Augen ein entscheidender Unterschied und hat m. E. auch nichts mit Wortklauberei zu tun. Etwas anderes gibt die Systematik des RVG nicht her.

  • Warum wirfst Du hier § 15 Abs. 6 in den Ring? Einen Anwalt, der lediglich mit Einzeltätigkeiten beauftragt war, haben wir hier nicht.



    deswegen: Abs. 6 gilt nicht nur betreff. Einzeltätigkeiten, sondern auch Vergleich RA gerichtl. - außergerichtlich

    Der RA, der nicht zum Prozessbevollmächtigten bestellt ist, kann nicht mehr erhalten, als der Prozessbevollmächtigte für die gleiche Tätigkeit, vgl. Gerold/Schm. 18.A., § 15 Rdn. 111.




    Das ist genau der Streitfall der OLG Stuttgart.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover


  • Lasse ich mich allerdings einmal auf Dein vermindert ein, dann verstehe ich nicht warum hier nach § 15 Abs. 3 RVG maximal 1,6 Gebühren aus dem Gesamtstreitwert errechnet worden sind und nicht maximal 1,1, weil die "vermindert entstandene VG" doch nur den Satz 0,85 hatte.



    Ich zitiere mich mal selbst: :D

    Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermindert sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen anwaltlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens gemäß Teil 3 Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG anfallende Verfahrensgebühr.



    Die anrechnungsbehaftete VG entsteht in Höhe von mindestens 1,3. Etwas anderes gibt das Gesetz nicht her.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!