Freigabeantrag des Schuldnervertreters an den Treuhänder (IK Verfahren)

  • Hallo!

    Folgenden Fall habe ich hier vorliegen:

    IK Verfahren, Schlusstermin noch nicht anberaumt.

    Der TH übersendet mir einen Antrag des Schuldnervertreters an ihn auf Freigabe eines Betrages aus der Insolvenzmasse.

    Die Schuldnerin erhält als Bezugsberechtigte aus der Lebensversicherung ihres verstorbenen, geschiedenen Ehegatten einen Betrag ausgezahlt. Die Schuldnerin ist nicht Erbin nach ihrem verst. ehem. Ehegatten.
    Die Schuldnerin hielt sich wohl moralisch dazu verpflichtet, die Beerdigungskosten zu tragen. Die Erstattung der Beerdigungskosten (insgesamt ca. 6000,00 Euro) sowie die Erstattung einer Spezialmatratze (die S ist Schwerbehindert) wurde nunmehr beantragt.

    Die TH hat mir das Schreiben des SchV eingereicht mit der Bemerkung, dass sie der Erstattung der o.a. Kosten zustimmen würde.

    Da in diesem Fall die Schuldnerin nicht zur Zahlung der Beerdigungskosten verpflichtet gewesen wäre, habe ich vor einer Entscheidung die InsO Gläubiger direkt angehört. Nunmehr habe ich die Antwort eines InsO Gl., der der Freigabe widerspricht.

    Z.zt. tendiere ich auch generell zu einer Zurückweisung. Jedoch stellt sich mir bereits vorab die Frage, ob überhaupt ein zielgerichteter Antrag vorliegt, da dieser sich lediglich an die TH wendet und diese ihn an das InsO-Gericht weitergeleitet hat.

    Für Eure Meinung hierzu wäre ich dankbar!

    Grüße!

  • Wenn man sich darauf einigt, dass ein Antrag bei Gericht vorliegt, dann würde ich den Antrag auf Freigabe der 6.000,-- Euro zurückweisen, aber bezüglich der Spezialmatratze, bei entsprechender Begründung, stattgeben.

    Ich würde aber mal den Treuhänder anhauen, ob man die 6000,-- Euro, die die Schuldnerin an Beerdigungskosten bezahlt hat, nicht irgendwie wieder zur Masse bekommt.

  • bezahlt hat sie diese noch nicht... Sie hat sich nur verpflichtet.

    Ich fordere jetzt erstmal weitere Unterlagen an. Aber für weitere Äußerungen bin ich dankbar!

  • ich befürchte nicht mal das...

    Die Forderung ist erst EÖ entstanden in Masseverbindlichkeiten sind es auch nicht...

    Meine Kollegin meinte, dass Sie den § 765a ZPO analog für anwendbar hält, da die Beerdigungskosten eine unzumutbare Härte darstellen, wenn die Nachlassmasse im Übrigen nicht ausreicht. Grds. gebe ich ihr da recht. Aber irgendetwas stört mich noch daran...

    Es wird wohl noch ein bisschen reifen müssen. Ich habe erstmal eine ganze Menge Unterlagen ergänzend angefordert. Wenn die nicht beikommen, erübrigen sich die weiteren Überlegungen.

  • Die Forderung ist erst EÖ entstanden in Masseverbindlichkeiten sind es auch nicht...

    Meine Kollegin meinte, dass Sie den § 765a ZPO analog für anwendbar hält, da die Beerdigungskosten eine unzumutbare Härte darstellen, wenn die Nachlassmasse im Übrigen nicht ausreicht. Grds. gebe ich ihr da recht. Aber irgendetwas stört mich noch daran...



    Das Störgefühl kann ich durchaus nachvollziehen und bekräftigen.

    Das dem Insolvenzbeschlag unterliegende Vermögen - und dazu gehört auch das Geld aus der LV - ist haftungsrechtlich den Gläubigerin zugewiesen. Auch wenn es moralisch noch so nachvollziehbar ist, dass die Schuldnerin hier die Beerdigungskosten übernehmen möchte: Unterstellt, dass die Beerdigungskosten weder Masseverbindlichkeiten darstellen, noch eine unfreiwillige (!) Neuverbindlichkeit der Schuldnerin, ist die Zahlung der Beerdigungskosten mit dem Geld der Gläubiger ebensowenig zu rechtfertigen wie z.B. eine Spende an irgendeine - objektiv unterstützenswerte - Hilfsorganisation. Wenn die Schuldnerin sich (!) verpflichtet fühlt zur freiwilligen Übernahme der Beerdigungskosten, dann muss sie diese auch selbst bezahlen, d.h. aus insolvenzfreiem Vermögen.

  • Schließe mich den Störgefühlern an.
    § 765a ZPO greift hier wegen den Beerdigungskosten m.E. keinesfalls ein, da die Schuldnerin ja nicht zur Übernahme der Beerdigungskosten verpflichtet wäre.
    Ist ja auch eine komische Moral, wenn man aus moralischen Gründen Kosten übernimmt, diese aber gleich wieder anderen (hier den Gläubigern) aufs Auge drücken möchte...

    Mit der Matratze hätte ich auch so meine Bedenken. § 850 f kann es ja nicht sein, da es kein Arbeitseinkommen ist. Mit § 765 a ZPO ist es auch so eine Sache. Nach BGH steht ja einer Pfändung von Mieten oder Forderungen auch nichts entgegen, wenn der Schuldner dann auf Sozialhilfe angewiesen ist. Wenn tatsächlich eine medizinische Notwendigkeit für die Spezialmatratze besteht, müsste diese doch wohl von der Krankenkasse und nicht von den Gläubigern bezahlt werden.

  • ich schließe mich grundsätzlich Chick an.

    Prüfenswert wäre allenfalls, ob es sich um eine Kapitallebensversicherung handelt (was wahrscheinlich ist) oder eine, die dazu diente, dem Begünstigten die Kosten der Beerdigung zu ersparen, analog der Entscheidung IX ZA 2/09.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ist ja auch eine komische Moral, wenn man aus moralischen Gründen Kosten übernimmt, diese aber gleich wieder anderen (hier den Gläubigern) aufs Auge drücken möchte...


    Das trifft es wirklich gut!

    Bezüglich der Matratze ist m.E. auch BGH IX ZB 35/08 zu berücksichtigen.

  • Da habt Ihr mir schon sehr geholfen. Mein Instinkt hat dann doch ganz gut funktioniert. Ichwerde dies bei meiner Entscheidung berücksichtigen, wenn die S nicht schon nach meiner Zwischenverfügung den Antrag zurücknimmt.


    :2danke

  • was mir anlässlich dieses Falles zu denken gibt: die "Anhörerritis"...
    Der Vorteil kontratiktorischer Verfahren ist ja, dass man jeweils anhört, ggfls. Hinweisbeschlüsse macht sofern dies für die Entscheidung relevant ist und so weiter. Man wertet Sach- und Rechtsvortrag und trifft eine Entscheidung. In der Einzelzwangsvollstreckung geht das ähnlich.....
    In Insolvenzverfahren stellt sich dies m.E. jedoch leider nicht so einfach dar.
    Ich bin da aber auch unsicher drin. Wenn es z.B. um die ganzen Fragen um 850 etc. geht, hab ich nie den Verwalter angehört, sofern es nicht auf Tatsachenvortrag ankam (bei rechtlichen Dingen könnte er ja eh nur zurückschreiben, mach was, aber mach es richtig) und die Gläubiger hab ich auch nicht angehört (anders halt als in der Einzelzwangsvollstreckung). Stell ich mir auch seltsam vor, 80 Gläubiger zu einem Antrag nach § 850f anzuhören und anschließend 60 Stellungnahmen der Gläubiger in einer 200-seitigen Entscheidung (allein das Rubrum bräuchte ja 10 Seiten) zu verwursten.... oki, das wäre kein Argument gegen eine Anhörung... .

    Ich hab bisher einfach nur entschieden und die Entscheidung nur dem Schulder und dem Verwalter zugestellt....
    hm.... vielleicht bin ich da auch völlig falsch unterwegs

    mfg
    def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • in diesem Fall habe ich die Gläubiger direkt angehört, da m.E. keine Zahlungsverbindlichkeit für die Bestattungskosten von der Schuldnerin bestanden hat.

    I.Ü höre ich meist nur den IV - als Vertreter der Masse und damit im weitesten Sinne auch der Gläubiger - oder per Internet an...

  • Ist ja auch eine komische Moral, wenn man aus moralischen Gründen Kosten übernimmt, diese aber gleich wieder anderen (hier den Gläubigern) aufs Auge drücken möchte...


    Das trifft es wirklich gut!

    Bezüglich der Matratze ist m.E. auch BGH IX ZB 35/08 zu berücksichtigen.



    Die Entscheidung kannte ich noch nicht - Danke!

    Bezüglich Anhörung denke ich schon, dass der Treuhänder bei einem Schuldnerantrag - und umgekehrt - zu hören ist, da hier ja die ZPO-Vorschriften gelten und dort eine Anhörung vorgeschrieben ist. Die Gläubiger höre ich allerdings in so einem Fall nicht an.

  • Folgender Fall: Der Treuhänder hat im Rahmen der Anhörung sein Einverständnis zum schuldnerischen § 850f-Antrag erklärt. Ich selbst hätte den Antrag zurückgewiesen. Was mach ich nun? Soll ich das ganze als eine Freigabe ansehen?

  • Folgender Fall: Der Treuhänder hat im Rahmen der Anhörung sein Einverständnis zum schuldnerischen § 850f-Antrag erklärt. Ich selbst hätte den Antrag zurückgewiesen. Was mach ich nun? Soll ich das ganze als eine Freigabe ansehen?



    Du musst nach der Gesetzeslage entscheiden, egal was der TH von sich gibt.

  • Hallo!

    Ich wollte mal von dem "vorübergehenden" Ausgang berichten.

    Die Schuldnerin war zwischenzeitlich bei mir und hat ihr Leid geklagt. Dabei habe ich sie dazu geführt, dass sie die Freigabeanträge für die Matratze und für den Freigabe der Geldbeträge an die Töchter und an sie zurücknimmt. Den Antrag im Ganzen hat sie aber nicht zurückgenommen, nachdem ich ihr meine Rechtsauffassung hierzu geschildert habe.

    Heute hatte ich dann - nach einiger Zeit - die Vorlage der Nachlassakte. Hierbei konnte ich entnehmen, dass der Nachlass die Beerdigungskosten deckt. Daher habe ich - genau mit dieser Begründung - den Antrag zurückgewiesen.

    Sofortige Beschwerde kommt bestimmt. Da bin ich mal gespannt, was das LG dazu sagt.

    :cool:

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