Geschäftsgebühr mit Vergleich tituliert?

  • @ Jamie: Das mag alles theoretisch schön und gut sein. In der Praxis habe ich mich nun aber mit den obergerichtlichen Entscheidungen rumzuschlagen - oder zumindest zu arrangieren. Und da ist es, s. o., ja wohl nicht zu viel verlangt, zur Abwechslung auch mal einen Vergleich zu schließen, der sich von dem unsäglichen Schluderkram, den ich schon in den Fingern hatte, abhebt.

    Wenn ich weiß, dass mir ansonsten der Vergleich auf die Füße fällt, halte ich ein Vorgehen nach dem Motto "rechtstheoretisch hab ich aber doch recht" für ganz, ganz hart an der Grenze zum Haftpflichtfall. Und als Mandant wäre ich da, milde ausgedrückt, ähnlich ungehalten, wie wenn mein RA vergisst, die GG mit einzuklagen oder Zinsen geltend zu machen.

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • skugga:
    Dass die Praxis so absurd handelt, ist mir bewusst. Aber müssen wir nicht zusammen darauf hinwirken, dass da wieder Logik und Nachvollziehbarkeit reinkommt?

    Sicher muss man erstmal in der Praxis sich mit den Gegebenheiten abfinden. Heißt doch aber nicht, dass wir als "User" uns nicht mal laut Gedanken machen müssen (und zwar so laut, dass auch die "ganz oben" etwas davon hören), wie man das Problem einfach und unkompliziert zum Händeln bekommt.

    So ist es jedenfalls Mist. Unlogisch, nicht nachvollziehbar und auf keinen Fall gerecht. Und m.E. eben auch nicht richtig. Und ich verstehe auch nicht, dass sich BGH-Richter nicht dieselben Gedanken machen, wie wir. Sondern einfach flugs irgendwelche Entscheidungen hinballern, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. Das ist an Tragik wirklich nicht mehr zu überbieten.

    Und ich hoffe wirklich für alle Beteiligten (egal auf welcher Seite des Schreibtischs und auf welcher Seite des Rechtsstreit), dass doch noch Vernunft einzieht.

  • Ich frage mich trotzdem immer wieder, weshalb das dann eine immense Zahl von Richtern (BGH, OLG etc.) gleichwohl anders sehen... wahrscheinlich sind die allesamt zu dumm... :gruebel:
    Oder sollte es etwa doch an der unterschiedlichen Interpretation des Begriffs "tituliert" liegen? :flucht:

  • Nein, das liegt einfach daran, dass sich niemand über das Wörtchen Gedanken macht . Und weil alle nur die finanziellen Interessen eines Obsiegenden / Teilobsiegenden sehen: Ach der Arme muss schon so viel wieder kriegen, wie irgendwie geht. Und dann werden irgendwelche Theorien zusammengebastelt, auf die man bei konsequenter Anwendung der üblichen Vorgehensweisen gar nicht kommen würde.

    Sag mir doch mal ein einziges Argument dagegen, die Vorschrift § 92 ZPO auch auf die GG anzuwenden?

    Oder nenne mir ein Gegenargument dafür, weshalb es nicht möglich sein sollte, die Geschäftsgebühr nach dem im Streit stehenden Betrag zu berechnen, wie dies bei der Verfahrensgebühr ohne Weiteres getan wird. Sowohl im Erstattungsverhältnis als auch im Festsetzungsverfahren bei der Anrechnung.

    Im Verhältnis Anwalt - Auftraggeber verlangt auch niemand, dass der Anwalt nun seine GG nach dem seinem Mandanten zugesprochenen Wert zu reduzieren hat. Warum sollte das nun im Verhältnis Kläger - Beklagter anders sein? Dann darf der Anwalt auch nur die GG verdienen nach dem Wert, der seinem Auftraggeber zugesprochen wurde. Und wenn im Vergleich gar nichts geregelt ist, verdient der Anwalt eben keine GG bei seinem Mandanten. Die Höhe des Streitwertes ist ja völlig unklar.

    Es gibt einfach keine vernünftigen Argumente für das Vorgehen, die GG nach dem zugesprochenen Wert zu berechnen oder aber zu sagen, wenn im Vergleich kein fester Betrag für die GG bestimmt ist, dann ist sie auch nicht anzurechnen, weil angeblich nicht tituliert und die Höhe nicht bekannt ist. Doch, die GG ist nach dem geltend gemachten Betrag enstanden. Punkt.

    Das einzige Argument ist: Die Richter sagen das so. Die bedauerliche nur teilobsiegende Partei muss soviel wie möglich erstattet bekommen vom bösen Teilunterliegenden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

    Ja, tun sie. Aber wirklich begründet hat´s keiner. Und meine Argumente wirklich widerlegt hat bislang auch keiner. Ich warte immer noch gespannt drauf.

  • Ich frage mich trotzdem immer wieder, weshalb das dann eine immense Zahl von Richtern (BGH, OLG etc.) gleichwohl anders sehen... wahrscheinlich sind die allesamt zu dumm... :gruebel:
    Oder sollte es etwa doch an der unterschiedlichen Interpretation des Begriffs "tituliert" liegen? :flucht:



    Der Hase liegt hier m.E. weniger in dem Begriff "tituliert" als in dem Begriff "erfüllt" begraben.
    Die große Kunst und Mühsal besteht darin, eine brauchbare Übereinkunft und Kostenregelung zu finden, die sowohl dem Anspruch auf die GG in der tatsächlich zu erstattenden Höhe als auch § 92 ZPO gerecht wird.

  • Na gut, dann nehmen wir das mal einfach so hin: Alles das, was dieser Gast2 angeführt hat, ist sämtlichen BGH-Richtern nicht bekannt oder sie haben´s nicht verstanden. Die qualitative Besetzung des BGH kann einem dann schon Angst bereiten... :gruebel:

  • 13:
    Die Begründung im BGH-Beschluss ist jedenfalls ziemlich lau und setzt sich nicht mit den von dem Gast2 angegebenen Paragrafen auseinander. Ich finde die Entscheidung zu kurz gesprungen, schnell abgehakt und durchgewunken. Es liest sich, wie: "Oh boah ey, dat tut aber mal langsam nerven."

    Im Übrigen darf ich daran erinnern, dass hier die erste unsägliche Entscheidung des BGH auch nicht gerade zu Freudensprüngen geführt hat. Da wurden die BGH-Herren auch für "dämlich" und "unfähig" erklärt.

    Und nur weil dir, lieber 13, diese letzte Entscheidung nun gerade in den Kram passt, muss sie nicht jeder klasse und supi finden. So war es mit der damaligen Anrechnungsentscheidung auch nicht. Einige haben den Kopf geschüttelt, andere sagten, er habe recht, der BGH. Hast du damals nicht auch ein wenig die qualitative Besetzung des Gerichts angezweifelt, wie viele andere auch?

    Ich fand die damalige Entscheidung durchaus nachvollziehbar. Die jetzige eben nicht. Und manch ein anderer auch nicht. Was nichts mit einer Bewertung der juristischen Fähigkeiten der Herren in Rot zu tun hat, sondern einfach mit den nicht besonders einfallsreichen Ausführungen zur Entscheidung und der für mich offenbaren Unlust am Thema. Ich kann nicht so toll ausführen, Gast2 hat´s aber auf den Punkt gebracht - sogar mit Paragrafen.

    Du darfst gern dagegen argumentieren, wenn dir was Kluges dazu einfällt. Statt dessen unterstellst du denjenigen, die nicht deiner Meinung sind, Dummheit oder was auch immer.

    Die Begründung jedenfalls ist qualitativ unter aller Kanone, nach meinem persönlichen Empfinden. Und ob all die Ausführungen von Gast2 den Herren Richtern bekannt ist oder nicht, weiß ich nicht. Jedenfalls haben sie es offensichtlich nicht für erforderlich gehalten, sich mit diesen Punkten in diesem Zusammenhang auseinanderzusetzen. Oder wollten nicht oder es war ihnen einfach zu öde. Ich hab keine Ahnung. Jedenfalls bestärkt mich Gast2 in meiner Auffassung.

  • Ich wiederhole mich noch einmal: Ich unterstelle hier niemandem etwas. Es möge jeder sich selbst beurteilen, wie schlau er samt seinem Taschenrechner ist.

    Es kann auch jeder seine eigene Ansicht über bestimmte Themen vertreten. Auch dagegen sage ich nichts.

    Mich nervt aber zusehends, wenn man - aus welchen eigenen Gründen auch immer - laufend meint, sich immer wieder mit den gleichen Ergüssen hier einzubringen und keine Gelegenheit auslässt zu sagen, dass man in seiner (Minder-)Meinung bestätigt wird. Nochmals: Alle hier Beteiligten kennen beide Meinungsrichtungen - auch Deine. Es ist also überflüssig, jedesmal darauf hinzuweisen, dass man angeblich wieder einmal bestärkt wurde. Das mag zwar schön sein, ändert an der Rechtsprechung und auch an der Ansicht des anderen "Lagers" rein gar nichts. Mir passt die BGH-Ansicht so lange in den Kram, wie sie vertreten wird. Überzeuge also das hohe Gericht und wenn die ihre Rechtsprechung korrigieren, dann werde ich meine Auffassung auch überdenken. Bis dahin bleibt aber alles beim Alten, egal durch wen Du Dich bestätigt fühlst. Mehr habe ich nicht gesagt und zu diesem Thema kommt nun auch nichts mehr von mir. Die Fronten sind geklärt und weitere Zeit ist mir zu schade hierfür.

  • Eine grad veröffentlichte Entscheidung meines lokalen AG Charlottenburg, das sich für eine Titulierung bzw. Anrechnung der GG ausspricht, wenn mit dem Vergleich die Klageforderung (und damit auch die Nebenforderung) abgegolten werde, wobei es sich gegen die diversen OLG stellt, die bezüglich § 15a von dem Erfordernis ausgehen, daß eine ausdrückliche Regelung über die GG im Vergleich enthalten sein müsse. Interessant dabei die Ausführung bei Rn. 6:

    Zitat


    Im Übrigen hat das Gesetz mit § 367 Abs.1 BGB selbst eine Regelung für den Fall getroffen, dass eine Zahlung ohne Zahlungsbestimmung erfolgt. Danach ist die Leistung zunächst auf die Kosten zu verrechnen. Auch wenn § 367 BGB nicht direkt anzuwenden ist, weil auf den Vergleich die Ausgleichszahlung erfolgt, so ist doch zumindest der Rechtsgedanke des § 367 Abs.1 BGB hier anzuwenden. Im Ergebnis erfolgte die Ausgleichszahlung daher zunächst auf die Kosten, mithin auf die Geschäftsgebühr und erst dann auf die Hauptforderung, sodass es zu einer vollen Titulierung der Geschäftsgebühr gekommen ist.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Eine grad veröffentlichte Entscheidung meines lokalen AG Charlottenburg, das sich für eine Titulierung bzw. Anrechnung der GG ausspricht, wenn mit dem Vergleich die Klageforderung (und damit auch die Nebenforderung) abgegolten werde, wobei es sich gegen die diversen OLG stellt, die bezüglich § 15a von dem Erfordernis ausgehen, daß eine ausdrückliche Regelung über die GG im Vergleich enthalten sein müsse. Interessant dabei die Ausführung bei Rn. 6:

    Zitat


    Im Übrigen hat das Gesetz mit § 367 Abs.1 BGB selbst eine Regelung für den Fall getroffen, dass eine Zahlung ohne Zahlungsbestimmung erfolgt. Danach ist die Leistung zunächst auf die Kosten zu verrechnen. Auch wenn § 367 BGB nicht direkt anzuwenden ist, weil auf den Vergleich die Ausgleichszahlung erfolgt, so ist doch zumindest der Rechtsgedanke des § 367 Abs.1 BGB hier anzuwenden. Im Ergebnis erfolgte die Ausgleichszahlung daher zunächst auf die Kosten, mithin auf die Geschäftsgebühr und erst dann auf die Hauptforderung, sodass es zu einer vollen Titulierung der Geschäftsgebühr gekommen ist.

    Mh. Gewagt.

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Wenn das so wie unter Ziffer 6 gesagt gewollt ist, muss man das auch im Vergleich sagen. Eine (analoge) Anwendung der genannten Vorschrift ist ein Schritt auf recht dünnes Eis.

    Eine Vergleichszahlung fällt zumeist geringer aus als die Ursprungsforderung, was mithin einen Verzicht beinhaltet. Nach der obigen Rn. 6 würde zunächst die volle GG abgegolten (also ohne Verzichtsteil) mit der logischen Folge, dass entsprechend auf einen größeren Teil der HF verzichtet wird. Ob das wirklich so gewollt ist, dass die HF stärker gekürzt wird, die GG jedoch gar nicht, halte ich für eine recht abenteuerliche Idee. Ich würde auf jeden Fall Wert darauf legen, dass eine "volle" Abgeltung der GG explizit im Vergleich verlautbart wird, um anrechnen zu können. Der Ausnahmefall, dass bei einer geringeren Vergleichszahlung ausgerechnet die GG uneingeschränkt beglichen sein soll, statt dass sich der Verzicht auf alle Positionen auswirkt, ist m.E. ausdrücklich zu benennen!

    @ skugga: :abklatsch

  • Wenn das so wie unter Ziffer 6 gesagt gewollt ist, muss man das auch im Vergleich sagen. Eine (analoge) Anwendung der genannten Vorschrift ist ein Schritt auf recht dünnes Eis.

    Eine Vergleichszahlung fällt zumeist geringer aus als die Ursprungsforderung, was mithin einen Verzicht beinhaltet. Nach der obigen Rn. 6 würde zunächst die volle GG abgegolten (also ohne Verzichtsteil) mit der logischen Folge, dass entsprechend auf einen größeren Teil der HF verzichtet wird. Ob das wirklich so gewollt ist, dass die HF stärker gekürzt wird, die GG jedoch gar nicht, halte ich für eine recht abenteuerliche Idee. Ich würde auf jeden Fall Wert darauf legen, dass eine "volle" Abgeltung der GG explizit im Vergleich verlautbart wird, um anrechnen zu können. Der Ausnahmefall, dass bei einer geringeren Vergleichszahlung ausgerechnet die GG uneingeschränkt beglichen sein soll, statt dass sich der Verzicht auf alle Positionen auswirkt, ist m.E. ausdrücklich zu benennen!

    @ skugga: :abklatsch



    Ich auch: :einermein
    Wir befinden uns diesbezüglich im großen Reich der Spekkulationen. Und aufgrund von irgendwelchen Spekulationen kann ich keine Kostenfestsetzung machen. Daher stimme ich meinem OLG (Ffm) zu, das ganz klar sagt, dass eine Anrechnung nicht erfolgen kann, wenn keine Aufschlüsselung des titulierten Betrages hinsichtlich Hauptforderung und GG erfolgt. Und ein Verzicht stellt auch keine Titulierung dar.
    Für mich ist das Thema durch. :D

  • Ich möchte gern einfach noch mal auf die Argumentation des Bloggers von weiter oben hinweisen.

    http://blog.beck.de/2010/12/30/bgh…h#comment-28902

    Zitat

    In jedem Vergleich liegt ein potentieller Teilverzicht bzw. ein Vertrag über einen Teilerlass (siehe nur § 779 BGB: "gegenseitiges Nachgeben"). Wenn aber der Kläger dem Beklagten vergleichsweise einen Teil seiner Schuld nach § 397 BGB erlässt, so steht dies der Erfüllung gleich. Immerhin steht der Erlass mit der Erfüllung zusammen im 4. Abschnitt des 2. Buchs des BGB, der die Überschrift trägt: "Erlöschen der Schuldverhältnisse". Mit anderen Worten. Entweder ist also der Erstattungsanspruch tituliert oder er ist durch Erlass erloschen und gilt damit als "erfüllt" i.S.d. § 15a II RVG). In welchem Umfang das eine oder das andere der Fall ist, ist unerheblich für die Frage der Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren.

    Habt ihr euch damit mal auseinandergesetzt? Genau das trifft doch den Kern der Sache, der eigentlich zu diskutieren wäre: Was ist unter Titulierung im juristischen Sinne zu verstehen.

  • Eine grad veröffentlichte Entscheidung meines lokalen AG Charlottenburg, das sich für eine Titulierung bzw. Anrechnung der GG ausspricht, wenn mit dem Vergleich die Klageforderung (und damit auch die Nebenforderung) abgegolten werde, wobei es sich gegen die diversen OLG stellt, die bezüglich § 15a von dem Erfordernis ausgehen, daß eine ausdrückliche Regelung über die GG im Vergleich enthalten sein müsse. Interessant dabei die Ausführung bei Rn. 6:

    Zitat


    Im Übrigen hat das Gesetz mit § 367 Abs.1 BGB selbst eine Regelung für den Fall getroffen, dass eine Zahlung ohne Zahlungsbestimmung erfolgt. Danach ist die Leistung zunächst auf die Kosten zu verrechnen. Auch wenn § 367 BGB nicht direkt anzuwenden ist, weil auf den Vergleich die Ausgleichszahlung erfolgt, so ist doch zumindest der Rechtsgedanke des § 367 Abs.1 BGB hier anzuwenden. Im Ergebnis erfolgte die Ausgleichszahlung daher zunächst auf die Kosten, mithin auf die Geschäftsgebühr und erst dann auf die Hauptforderung, sodass es zu einer vollen Titulierung der Geschäftsgebühr gekommen ist.



    Nette Argumentation im KFB. Wurde Erinnerung eingelegt? Ggf. wäre es nett zu erfahren, ob die Richterin/der Richter die Argumentation des Kollegen/der Kollegin stützt oder nur das Ergebnis?
    Nach der Argumentation im KFB bedürfte es eines Einwandes des Erstattungspflichtigen nicht, die Anrechnung wäre bereits von Amts wegen zu berücksichtigen.

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