Sprungauflassung

  • Anlehnend an die Kettenauflassung wollte ich mal folgenden Fall schildern und eure Meinung hören:

    Der Eigentümer A verkauft ein Grundstück an B. In dem Kaufvertrag wird die Reno-Angestellte X umfassend bevollmächtigt. Die Auflassung wurde nicht erklärt.
    Nun verkauft B das Grundstück an C vor Umschreibung auf ihn weiter. Wieder wird die Reno-Angestellte X umfassend bevollmächtigt.
    Zum Grundbuchamt wird nun eingereicht, die Kaufverträge (UBs usw) und eine Urkunde, in der die Reno-Angestellte X die Auflassung von A auf C erklärt.

    Bei der Vollmacht für die Reno-Angestellte X ist von einer "normalen" Durchführungs/Änderungsvollmacht auszugehen (ist aber nach Außen unbeschränkt).

    Was soll man davon halten ? Wofür soll das gut sein ? Wo ist der Sinn ?

    Bisher habe ich solche Sachen (wenn die Vollmachten ausreichten) vollzogen.

  • In der Tat merkwürdig.

    Dennoch:
    Wenn die Vollmacht im 1. Vertrag ausreicht, um die Auflassung von A auf B zu erklären und die Vollmacht im 2. Vertrag genügt, um von B auf C aufzulassen, ist das wohl so in Ordnung. Was wäre die Alternative?? Die Angestellte erklärt in 2 getrennten Urkunden jeweils eine Auflassung?! Macht das denn dann Sinn?!

    Also ich würde das wohl so vollziehen (sofern die Vollmachten inhaltlich zur Auflassung berechtigen).

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich habe Bedenken.

    X wurde von A und B zur Erklärung der Auflassung A/B und von B und C zur Erklärung der Auflassung B/C bevollmächtigt. Dagegen liegt keine Vollmacht seitens A und C vor, in Vollmacht für A an C aufzulassen. Anders könnte es sich allenfalls verhalten, wenn B seine Eigentumsverschaffungsansprüche gegen A mit dessen Kenntnis und Zustimmung an C abgetreten hätte (wozu der Sachverhalt schweigt). In diesem Fall könnte evtl. im Wege der Auslegung von einer stillschweigenden Erweiterung der ursprünglichen Vollmacht ausgegangen werden. Aber auch dies erscheint im Ergebnis fraglich, weil eine Abtretung im Verhältnis B/C in der Regel ohne Mitwirkung des A erfolgt und es auch in diesem Fall somit zumindest an der Vollmacht des A fehlen würde.

    Betrachten wir es schuldrechtlich: Mangels Abtretung der Eigentumsverschaffungsansprüche im Verhältnis B/C ist A schuldrechtlich zur Auflassung an B (nicht an C) verpflichtet. Diese Verpflichtung kann durch eine Auflassung an C nicht erfüllt werden. Eine Vollmacht zu einer Rechtshandlung, die für den Veräußerer A nicht zur Erfüllung seines schuldrechtlichen Eigentumsverschaffungsanspruchs führt, kann somit nicht angegenommen werden.

  • Ich denke, das siehst Du hier zu "wörtlich".
    Die Auflassung der Angestellten von A an C aufgrund beider Vollmachten ist m.E. so zu verstehen, dass zunächst von A an B und dann weiter von B an C aufgelassen wurde. Insofern also Auslegung der Erklärung der Angestellten.

    Es kann doch keinen Unterschied machen, ob nun die Angestellte in Urkunde 1 erklärt "Auflassung von A an B aufgrund Vollmacht" und dann in Urkunde 2 "Auflassung von B an C aufgrund Vollmacht" oder ob sie nun gleich in einer Urkunde sagt "Auflassung von A an C aufgrund der beiden Vollmachten".

    Ulf

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  • Diese Auslegung halte ich für sehr gewagt.

    Der Wortlaut der Erklärung ist eindeutig. Aufgelassen wird direkt von A an C. Da gibt es nichts auszulegen.

  • Na ja, ich kenne ja nun den genauen Wortlaut der Urkunden nicht. Hier wird meist bei Auflassungserklärungen aufgrund von Vollmachten aber in aller Regel "in Bezug auf den Kaufvertrag vom .... (URNr. ...) und die darin enthaltene Vollmacht zur Auflassung" das Grundstück aufgelassen.
    Wenn in diesem Fall hier nun die Urkunde entsprechend lauten würde "in Bezug auf den Kaufvertrag 1 vom .... (URNr. ....) und Kaufvertrag 2 vom ... (URNr. ...) und die darin enthaltenen Vollmachten zur Auflassung" (oder ähnlich), hätte ich keine Probleme damit, diese Erklärung wie oben von mir geschildert auszulegen und den Eigentumswechsel von A auf C einzutragen.

    Zur Auslegung muss man ja den gesamten Inhalt der Erklärung heran ziehen und nicht nur die eigentliche Auflassung. Und durch Bezugnahme auf beide Vollmachten wird m.E. ausreichend deutlich, dass eigentlich 2 Auflassungen (von A an B und von B an C) gemeint sind.

    Sofern die Auflassungserklärung also in ausreichendem Maße erkennen lässt, dass beide Vollmachten der Erklärung zugrunde liegen, halte ich die Auslegung keinesfalls für zu gewagt sondern einfach nur für lebensnah.

    Ulf

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  • Dann sind wir uns zumindest darin einig, dass eine Direktauflassung von A an C von den Vollmachten nicht gedeckt wäre und dass sich das rechtswirksame Handeln der Bevollmächtigten nur aus einer Auslegung der vorliegenden Auflassungserklärung ergeben kann.

    Wenn man die genannte Auslegung bejaht, ergibt sich aber ein Folgeproblem, das wir erst gestern in einem anderen Thread diskutiert haben: Was ist als Eintragungsgrundlage in Spalte 4 der Abt.I anzugeben:

    "Auflassung vom ..." oder "Auflassungen vom ..."?

    In jedem Fall müssten wir über die fragwürdige notarielle Handhabung der Angelegenheit großzügig den Mantel des Schweigens breiten.

  • Ich hätte auch meine Bedenken und schließe mich den Ausführungen von juris2112 an. Eine Kettenauflassung kann m.E. nur stattfinden, wenn jeweils eine Auflassung vorliegt (A an B und B an C). Fraglich ist doch bei Kettenauflassungen nur, ob eine Zwischeneintragung des B erforderlich ist oder gleich C eingetragen werden kann.

  • Zitat von juris2112

    Dann sind wir uns zumindest darin einig, dass eine Direktauflassung von A an C von den Vollmachten nicht gedeckt wäre und dass sich das rechtswirksame Handeln der Bevollmächtigten nur aus einer Auslegung der vorliegenden Auflassungserklärung ergeben kann.


    :zustimm: :einermein

    Zitat von juris2112


    Wenn man die genannte Auslegung bejaht, ergibt sich aber ein Folgeproblem, das wir erst gestern in einem anderen Thread diskutiert haben: Was ist als Eintragungsgrundlage in Spalte 4 der Abt.I anzugeben:

    "Auflassung vom ..." oder "Auflassungen vom ..."?


    Ich würde "aufgrund Auflassungen vom..." eintragen, da ich - wie beschrieben - die Auflassungsurkunde ja dahingehend auslege, dass sie 2 Auflassungen enthält.

    Zitat von juris2112


    In jedem Fall müssten wir über die fragwürdige notarielle Handhabung der Angelegenheit großzügig den Mantel des Schweigens breiten.


    Ja, aber das tut man in der Praxis dauernd, da man sonst kaum eine Akte ohne ZwVfg. vom Tisch bekäme und das kann man sich bei den heutigen Pensen nicht (mehr) leisten. Aber das wäre wieder ein anderes Thema, welches schon häufig diskutiert wurde.

    Ulf

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  • Zitat von raton7

    Ich hätte auch meine Bedenken und schließe mich den Ausführungen von juris2112 an. Eine Kettenauflassung kann m.E. nur stattfinden, wenn jeweils eine Auflassung vorliegt (A an B und B an C).


    Genau das ist der Punkt. Aber m.E. liegen ja diese beiden Auflassungen vor. Es ist halt nur "schlecht formuliert" und daher ist die Erklärung auslegungsbedürftig und m.E. auch auslegungsfähig.

    Ulf

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  • Um die Urkunden auszulegen ist allerdings der Inhalt der Urkunden notwendig.... ohne die Kaufverträge mit den angesprochenen Vollmachten und der Auflassungserklärung der RENO-Angestellten kann man hier nur spekulieren. Normalerweise lautet doch die Vollmacht, dass die Angestellte sämtliche zum Vollzug dieser Urkunde erforderlichen Erklärungen abgeben kann (sorry bin schon länger nicht mehr im Grundbuch -leider - hat nämlich Spaß gemacht). A bevollmächtigt X doch damit dazu, die Auflassung an B zu erklären. Auszulegen ist dann, ob er auch mit einer Auflassung an C einverstanden ist und eine entsprechende Vollmacht erteilt hätte.

  • Ich möchte nur eins klarstellen:

    A verkauft an B. Keine Auflassung. Dort heißt es nur "B wird erlaubt das Grundstück weiter zu veräßern."

    B verkauft an C. Keine Auflassung und keine Abtretung.
    Es heißt im Vorwort nur: "B erwirbt von jetztigen Eigentümer A das Grundstück gemäß Urkunde vom ..."

    Die Vollmacht für die Reno-Angestellte X ist recht umfassend (nach Außen unbeschränkt), aber von der Auflassung A auf einen Dritten ist nichts enthalten.

    Ich habe aus den vorgenannten schon meine Bedenken, kann das aber nicht genau fassen.
    Und diese Verträge/Art wird immer beliebter.

    Gruß

    Jens

  • Ich glaube, wir reden ein wenig aneinander vorbei.

    M.E. ist es nicht einer Frage der Auslegung der Vollmacht sondern eine Frage der Auslegung der Auflassungserklärung der Angestellten X.

    Bevollmächtigt ist X ja von allen Beteiligten, die jeweiligen Auflassungen zu erklären. Nun geht X hin und erklärt in einer Urkunde die "Auflassung von A an C". Ich habe ausgeführt, dass in dieser "Auflassung von A an C" eigentlich 2 Auflassungen zu sehen sind und dass ich - unter den genennten Voraussetzungen - die Erklärungen der X auch so auslegen würde. "Auflassung von A an C" wäre dann also gleichbedeutend mit "Auflassung vom A an B" und "Auflassung von B an C" - jeweils aufgrund Vollmacht.

    Ulf

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  • Sorry, aber das sieht alles sehr nach Anwaltsnotar und nicht nach Nur-Notar aus. Ich hätte mit einem solchen Käse ehrlich gesagt auch meine Bauchschmerzen und die diesbezüglichen Bedenken habe ich ja schon formuliert.

    Aber was ist denn das schon für eine laienhafte Ausdrucksweise:

    "Dem Erwerber wird erlaubt, das Grundstück weiter zu veräußern."

    Anstelle dessen wäre (mangels Auflassung) klipp und klar eine ausdrückliche Einwilligung i.S. des § 185 Abs.1 BGB zu weiteren Verfügungen zu formulieren gewesen.

    Wenn es um die Auflassung eines Grundstücks geht, dann sollte man keinesfalls auf eine Auslegung der Beteiligtenerklärungen und der erteilten Vollmachten angewiesen sein. Wenn der Notar sein Handwerk nicht versteht, dann soll er es in Gottes Namen lassen.

    Die Großzügigkeit der Rechtspfleger bei der Auslegung von Erklärungen befördert nur den Dilettantismus der Notariate. Denn wenn man einmal Nachsicht geübt hat, dann wird sie später auch in Fällen erwartet, bei denen sie nicht angebracht ist.

  • :zustimm: zu juris2112

    Man sollte tatsächlich nicht zu viel auslegen. Der Notar soll ordentliche Urkunden mit ordentlichen Vollmachten beurkunden. Schon gerade deshalb sollte auch die Auflassung von A an B noch nachgefordert werden (zählt im Übrigen auch als Urkunde in der Liste10!!)

  • Mittlerweile läuft ein Großteil der Grundbuch-Threads doch darauf hinaus, dass die Mitglieder des Forums die Notariatsurkunden aus ganz Deutschland auslegen.

    Ich würde vorschlagen: Keine Beschwerde mehr zum LG, sondern Beschwerde zum Forum. Dieses entscheidet mit Mehrheit.

  • Hallo,
    vielen Dank für euer Interesse.

    Einmal habe ich eine Zwischenverfgung erlassen, mit dem Inhalt, dass die Vollmachten nicht ausreichten. Dann bekam ich die Genehmigung der Auflassungsurkunde durch A,B und C eingereicht.

    Und es wird immer vom Notar (auch Hamburger sind dabei) wie folgt beantragt. "... aufgrund der eingereichten Urkunden (bla, bla bla) beantrage ich gemäß § 15 GBO im Wege der Sprungauflassung C als Eigentümer einzutragen."

    Aber eigentlich hat weder A den Kaufvertrag zugunsten B erfüllt, noch hat B den Kaufvertrag zugunsten C erfüllt. Zur Kaufvertragserfüllung wären doch die Verfügungsgeschäfte (die Auflassungen) notwendig. Nun hat doch weder A an B, noch B an C aufgelassen, sondern A hat den Anspruch des C an B erfüllt, und C hat den Kaufpreisanspruch von A an B erfüllt.

    Warum erklärt die Reno-Angestellte X nicht in einer Urkunde zwei Auflassungen (Kettenauflassung). Gibt es bei dieser Handhabung einen Trick ?

    Gruß

    Jens

  • Zitat von FOLIA-Jens

    Warum erklärt die Reno-Angestellte X nicht in einer Urkunde zwei Auflassungen (Kettenauflassung).


    Also Du willst wirklich verlangen, dass der Notar in der Urkunde schreibt "... von A an B aufgelassen und sodann von B an C aufgelassen" anstatt "aufgelassen von A an C aufgrund der beiden Grundstückskaufverträge"?!
    Macht das wirklich DEN Unterschied aus??! Klar wäre die erste Formulierung schöner und besser aber so wirklich einen Unterschied kann es m.E. nicht machen. Hätte hier kein Problem mit der besagten Auslegung.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ich hätte keine Bedenken, die Vollmachten für die RENO-Gehilfin so auszulegen, dass sie berechtigt ist, von A auf C aufzulassen.

    Also nur 1 Auflassung. Alles andere wäre durch Formalismus.

    mfg

    AlterMann

  • Ich muss FOLIA-Jens darin zustimmen, dass so etwas keinesfalls zur Regel werden darf. Sachenrechtliche Rechtsänderungen erfordern im Hinblick auf die Vermutungs- und Gutglaubenswirkung von Grundbucheintragungen klare und eindeutige Erklärungen. Wo kommen wir hin, wenn wir schon eine aus einem einfachen Satz bestehende Auflassungserklärung auslegen müssen?

    "A und C sind sich über den Eigentumsübergang auf den Erwerber einig."

    als

    "A und B sind sich über den Eigentumsübergang an B und B und C sind sich über den Eigentumsübergang an C einig."

    Man sollte die Kirche nach meinem Dafürhalten (auch bei der Auslegung) schon im Dorf lassen.

    Dass die genannte Konstruktion und die hieraus folgenden ungenügenden Formulierungen kaum auf tieferes (rechtliches) Nachdenken zurückzuführen sind, steht für mich außer Zweifel.

    Und wie verhält es sich eigentlich mit der zugunsten von B eingetragenen Vormerkung? Diese müsste bei einem Eigentumserwerb von C m.E. in jedem Fall ausdrücklich von B zur Löschung bewilligt werden, weil der Eigentumsverschaffungsanspruch des B von A offensichtlich nicht erfüllt wurde und damit (samt Vormerkung) auch nicht erloschen ist.

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