§ 850 f Abs. 2 ZPO

  • Ich hatte so einen Fall noch nie, daher bitte ich um Nachsicht für die vielleicht laienhafte Vorstellung, die ich mir da mache:

    Was muss denn für einen Schuldner alles im Rahmen der Erinnerung gegen einen PfüB, der unter Anwendung der "Deliktsvorschrift" des § 850 f Abs. 2 ZPO die Pfändungsfreigrenze herabgesetzt hat, vorgetragen und belegt werden, wenn in die Sozialrente vollstreckt wird? Wenn, sagen wir, einer nur 850,00 EUR netto einnimmt, kann da irgend ein Betrag überhaupt pfändbar sein oder ist einfach schon auf Grund der entsprechenden Beträge auf den ersten Blick erkennbar, dass trotz § 850 f. Abs. 2 ZPO nichts Vollstreckbares mehr verbleibt?

  • Urteil auf Werklohn. In den Gründen steht, der Werkauftrag sei in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit erteilt worden.

  • Naja, aber ausdrücklich ist die unerlaubte Handlung nicht tituliert. Ob das in den Gründen ausreicht müsste noch etwas überprüft werden. Wenn die vbuH nicht ordnungsgemäss tituliert ist könnte auch noch Verjährung mitspielen.

  • Laut Zöller reicht es aus, dass sich die v.b.u.H. aus den Gründen ergibt. Meine Ausgabe ist zwar schon etwas altertümlich, es steht in meiner in die Kurseinheit gehefteten Kopie unter RdNr. 8 zu § 850 f ZPO.

    In der Regel orientiert man sich ja wohl bei der Berechnung an den Unterhaltsleitlinien des jeweiligen OLG, oder? Jedenfalls kenne ich das so. Kahlpfänden geht nicht und zum Sozialfall darf der Schuldner auch nicht werden. Es ist dem Schuldner soviel zu belassen, wie er für sich und seine Familie zum notwendigen Lebensunterhalt benötigt.

  • Schmidt: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 3. Auflage 2009
    Autor: Herchen


    § http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_19184http://www.insolvenzrecht.de/inhalte/suche/…search_match_21 Abs. 2 InsO gilt nicht, wenn der deliktische Rechtsgrund der Forderung nur in den Gründen einer rechtskräftigen Entscheidung festgestellt oder in einem Titel ohne richterliche Schlüssigkeitsprüfung bezeichnet ist.

    Die Feststellung eines deliktischen Rechtsgrundes in den Entscheidungsgründen bzw. in einem Vollstreckungsbescheid ist für das Gericht des Feststellungsprozesses nicht bindend (für Bindungswirkung OLG Hamm ZInsO 2005, 1329, 1331 [OLG Hamm 02.03.2005 - 13 U 209/04]; dagegen BGH ZInsO 2006, 704, 705 [BGH 18.05.2006 - IX ZR 187/04]; dagegen i.R.d. § 850f Abs. 2 ZPO: BGH ZInsO 2005, 538).

  • Danke schon mal. Mal eine andere Frage zum gleichen Themenkomplex:

    Wenn beim Drittschuldner etliche Vorpfändungen vorhanden sind, die er wegen der Pfändungsfreigrenze nicht bedient hat, geht der § 850 f Abs.2 ZPO dann auch an diesen Vorpfändungen vorbei?

  • @rainermdvZ:
    Okay, daran kann sich Valerianus ja klammern, da er ja den Schuldner vertritt.

    Widerspricht aber völlig meinem Rechtsempfinden. Da gibt´s ja nicht mehr viel zu prüfen, wenn es in den Gründen bereits bestätigt wird.

    Du und deine InsO-Entscheidungen. ;)

  • Danke schon mal. Mal eine andere Frage zum gleichen Themenkomplex:

    Wenn beim Drittschuldner etliche Vorpfändungen vorhanden sind, die er wegen der Pfändungsfreigrenze nicht bedient hat, geht der § 850 f Abs.2 ZPO dann auch an diesen Vorpfändungen vorbei?



    Ja, die haben ja nur nach § 850 c ZPO pfänden dürfen. Da ist nix, dann gibt´s nix.

    Aber was nach § 850 f ZPO pfändbar ist, geht an diesen Gläubiger mit einem solchen Anspruch.

  • Danke schon mal. Mal eine andere Frage zum gleichen Themenkomplex:

    Wenn beim Drittschuldner etliche Vorpfändungen vorhanden sind, die er wegen der Pfändungsfreigrenze nicht bedient hat, geht der § 850 f Abs.2 ZPO dann auch an diesen Vorpfändungen vorbei?



    Das mit dieser Formulierung ist wie bei Unterhalt eine falsche Denkweise, so nach dem Motto, dass Unterhalt "vorrangig" ist.

    Die Pfändung erfasst einen größeren Teil des Einkommens. Das Prioritätsprinzip des § 804 Abs. 3 ZPO wird damit nicht verändert.

    Ich versuche es mal aufzuzeigen:

    Das Einkommen teilt sich dann in drei Teile auf:

    1. den absolut unpfändbaren Teil,

    2. den erweitert pfändbaren Teil für § 850d oder § 850f Abs. 2 ZPO

    3. den normalen pfändbaren Teil nach § 850c ZPO, der für alle Gläubiger pfändbar ist.

    !-------------------1. Teil------------------!------------------2. Teil----------------!-----------------3. Teil----------------!

    Angenommen, der Schuldner hat ein Einkommen von 1.200,00 € und keine unterhaltsberechtigte Personen, dann ist für den dritten Teil ein Betrag von 150,40 € vergriffen und ein Betrag von 1.049,60 € unpfändbar.

    Wird nun der unpfändbare Teil in einer nachfolgenden Pfändung nach § 850d oder § 850f Abs. 2 ZPO auf 750,00 € festgesetzt, ist ein Betrag von 450,00 € pfändbar, von denen jedoch schon 150,40 € vorrangig vergriffen sind, so dass 299,60 € für die bevorrechtigte Pfändung verbleiben. Die Rangverhältnisse ändern sich also dadurch nicht.

    In Deinem Fall mit einem Einkommen von 850,00 € fällt der 3. Teil weg, weil dieser Betrag unter der Pfändungsgrenze der Pfändungstabelle liegt.

    Würde das Gericht den unpfändbaren Teil nach § 850f Abs. 2 ZPO auf 750,00 € festsetzen, würden die vorrangigen Gläubiger weiterhin leer ausgehen, der Deliktsgläubiger hätte aber Zugriff auf die 100,00 € (von 750,00 € unpfändbar bis 850,00 € Nettoeinkommen).

    Leider kann ich das hier nicht so darstellen, wie es optisch besser wäre, weil ich keine Tabellen einfügen kann.

    Wenn Du willst, schicke mir eine PN.



  • Leider kann ich das hier nicht so darstellen, wie es optisch besser wäre, weil ich keine Tabellen einfügen kann.

    Wenn Du willst, schicke mir eine PN.



    Vielen herzlichen Dank.:blumen: Deine Ausführungen incl. Graphik erschließen sich mir aber auch so.

  • Noch eine ergänzende Frage: wenn aus dem Titel Gl. gegen Schuldner in Beträge nach Maßgabe des § 54 SGB I vollstreckt wird, die vom Sozialträger A (Sozialrente) stammen, und die Kahlpfändung nach § 850 f ZPO unterhalb des Existenzminimums dazu führt, dass der Schuldner sich nunmehr an den Sozialträger B wenden muss (Sozialhilfe), muss das nicht nach gesundem Menschenverstand bei der Entscheidung gem. § 850 f ZPO dazu führen, dass diese nicht ergeht? Alles andere wäre doch m E. asozial.

  • Das eribt sich doch schon aus dem Gesetzestext, dass dem Schuldner so viel zu belassen ist, dass er für sich und seine unterhaltsberchtigten Angehörigen genug zum Leben hat.

    Schon alleine daher ergibt sich, dass eine Kahlpfändung nicht zulässig ist. Auf die Sozialhilfe besteht doch nur dann ein Anspruch, wenn keine oder nur unzureichende Einkünfte zur Verfügung stehen.

  • Nichts desto trotz kann die Pfändung nach § 850f Abs. 2 ZPO aufgrund des niedrigen Selbstbehalts zunächst zum Erfolg führen. Allerdings kann der Schuldner im Rahmen der Erinnerung gegen die Festsetzung des Selbstbehalts bzw. im Verfahren nach § 850f I ZPO die Korrektur auf den tatsächlichen individuellen notwendigen Selbstbehalt erwirken.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Und für mich als ZV Gericht bedeutet das ich

    - wenn die Voraussetzungen des § 850f. II ZPO vorliegen zu pfänden habe, da ich die näheren finanziellen Umstände des Schuldners regelmässig nciht kenne

    -meinen eigenen Pfüb auf einen berechtigten Antrag nach § 850f.I ZPO wieder teilweise aufheben bzw. abändern darf.

    Ich gehe im übrigen schon von einer Bindungswirkung des Nachweises der unerlaubten Handlung im gerichtlichen Urteil aus.

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