Zweifel des Nachlassgerichts an der Verwandtschaft

  • Hallo, ich brüte an meinem ältesten unerledigten Nachlassfall (noch nach FGG). Wer hat eine zündende Idee? Ich schildere Euch den ganzen Roman:

    Alleinstehender Erblasser E, geboren 1934 in Westpreußen. Da keine Erben bekannt waren, wurde Nachlasspflegschaft angeordnet. Nachlasspfleger erfuhr von den langjährigen Vermietern, dass Erblasser nichtehelich geboren sei und keine Angehörigen mehr gehabt habe. Es lebe an der polnischen Grenze noch eine Frau S. Über diese habe er immer wieder gesagt, dass er sie zwar Schwester nenne, sie aber nicht seine richtige Schwester sei. Zu S habe der Erblasser lose Kontakt gehabt. S wurde schnell ermittelt und erklärte sofort, dass sie doch die leibliche Schwester sei und zwar habe sie und der Erblasser die selbe Mutter. Sie könne das aber nicht mit Urkunden beweisen. S (geb. 1939) ging sofort (ohne die Ergebnisse der Ermittlungen des Nachlasspflegers abzuwarten) zum dortigen Nachlassgericht und ließ einen Erbscheinsantrag aufnehmen, wonach sie Alleinerbin sei. Sie legte eine deutsche Geburtsurkunde (aus dem Jahr 1939, Ort in Westpreußen) von sich vor, als Mutter ist Charlotte geb. P....äwas angegeben (nur ein Vorname). Der Erblassername ist P....evas. Im Erbscheinsantrag heißt es, der Erblasser habe seinen Namen eingedeutscht. Die Mutter des Erblassers sei mit ihrem Vater verheiratet gewesen und etwa 1940 verstorben, Näheres (weder zu Heirat noch zum Tod) sei nicht bekannt. Es gäbe keinerlei Dokumente diesbezüglich, auch vom Erblasser sei keine Geburtsurkunde zu beschaffen. Es gibt noch einen Halbbruder von S, geb. 1930, (gleicher Vater wie S, Vater war insgesamt 3 mal verheiratet, davon 2 x mit einer Charlotte), von diesem Halbbruder der S wurde gleichzeitig eine Eid. Versicherung dem Nachlassgericht vorgelegt. Auch hier wurde angegeben, dass die Mutter von S und dem Erblasser Charlotte geb. P....äwas gewesen sei und der Erblasser sich später P....evas genannt habe. Er, der Halbbruder der S, wisse das, weil er ab ca. 1939/1940 zusammen mit dem Erblasser "in der Familie" gelebt habe, der Erblasser sei auch nach dem Tod seiner Mutter noch einige Jahre in der Familie gewesen und dann in ein Kinderheim gekommen.
    "Leider" erhielt zur selben Zeit der Nachlasspfleger nach langer Wartezeit doch die beantragte Geburtsurkunde des Erblassers aus Polen. In dieser ist die Mutter des Erblassers eine "Charlothe Christal Erika P....evas". Vor Ort wurde es nochmals überprüft, die Schreibweise sei im Register tatsächlich so merkwürdig und nicht etwa polnisiert. Als S darauf hingewiesen wurde, kam eine schriftliche Erklärung des Bruders, dass alles ein Fehler des Standesamt (am Geburtsort der S) gewesen sei (dieses Standesamt ist nicht identisch mit dem des Erblassers). Der Familie sei immer bekannt gewesen, dass die 2. Frau seines Vaters richtig Charlothe Christal Erika geb. P....evas geheißen habe. Erst als er in der Geburtsurkunde der S gelesen hätte, dass dort als Geburtsname der Mutter der S "P....äwas" steht, habe er den Namen so in der Eid. Versicherung angegeben ... :confused: Versuche, weitere Urkunden (Heirats- Sterbeurkunde bzw. "neue" Geburtsurkunde der S) aus Polen zu erhalten (um festzustellen, ob tatsächlich das Standesamt bei der Ausstellung der Geburtsurkunde 1939 einen Fehler gemacht hat), sind gescheitert. Immer nur die Mitteilung, "nie posiada" (nicht vorhanden). Anhörung der Vermieter durch das Nachlassgericht brachte nur die Bestätigung, dass der Erblasser davon ausgegangen ist, dass er keine Verwandten habe und die S nur Schwester genannt habe.

    Ich bin weder richtig davon überzeugt, dass S die Schwester ist, noch dass sie es nicht ist. Es gibt viele Ungereimtheiten, einiges was passt und eine eid. Versicherung, die nichts wert ist. Was kann/muss ich noch tun? Ich habe schon an Gentest gedacht (finde das zwar makaber und weiß nicht, ob man für Erbenermittlung die Todenruhe stören darf) aber es würde wohl eine eindeutige Klärung bringen. Könnte das vom Nachlassgericht im Rahmen der Erbenermittlungen angeordnet werden? Oder einfach Erbscheinsantrag zurückweisen und die nächste Instanz entscheiden lassen?

    Einmal editiert, zuletzt von uschi (4. Februar 2011 um 20:04)

  • Liegt eine Sterbeurkunde der Mutter vor (dürfte ja zum Nachweis des Vorversterbens vorgelegt worden sein)? Wann und wo ist sie gestorben? ;Mit Glück nach 1945 im Gebiet der heutigen Bundesrepublik? Falls ein Nachlassverfahren nach der Mutter durchgeführt wurde, müssten darin alle Angaben zu Kindern enthalten sein. Evtl. Angaben beim Sterbestandesamt zu früheren Eheschließungen, Kindern?
    Mögliche Alternative, aber vermutlich sehr zeitaufwendig: Randvermerke beim Geburtseintrag (Daten ergeben sich aus Sterbeurkunde) oder Heiratseintrag der Mutter betr. Kinder, sofern die Register noch erhalten sind.
    Mehr fällt mir auch nicht ein.

  • Liegt eine Sterbeurkunde der Mutter vor?



    Nein, nur die "neue" Geburtsurkunde des Erblassers, ausgestellt 2008, und die "alte", ausgestellt 1939, der angeblichen Schwester, weitere Urkunden waren nicht erhältlich. Von der Mutter weiß man nur "ca. 1940" gestorben.

  • Ein Aufhänger wäre vielleicht noch die Heimatortkartei des Kirchlichen Suchdienstes

    Das Justizminsterium von NRW hat dazu mitgeteilt (bezieht sich zwar auf Todeserklärungen, gilt aber sicher entsprechend für schwierige Nachlassfälle):
    "Der Kirchliche Suchdienst der kirchlichen Wohlfahrtsverbände hat sich bereit erklärt, die Amtsgerichte in Verschollenheits- und Todeserklärungsverfahren bei den Nachforschungen nach dem Aufenthalt Verschollener zu unterstützen. Die Heimatortskarteien (HOK) des Kirchlichen Suchdienstes befinden sich infolge laufender Einarbeitung der ordnungsbehördlichen Umzugsmeldungen Heimatvertriebener auf dem neuesten Stand. Die Volksgruppen der deutschen Räumungsgebiete werden von den HOK so erfasst, dass eine gemeindeweise Zuordnung in Städten und großen Ortschaften, unterteilt nach Stadtvierteln und Straßen möglich ist und so die deutschen Austreibungsgebiete praktisch nach Ländern, Regierungsbezirken und politischen Gemeinden rekonstruiert sind. Die HOK können aufgrund der bei ihnen vorhandenen umfassenden Daten oft darüber Auskunft geben, ob ein Verschollener noch lebt oder bereits verstorben ist oder sonstige wichtige Hinweise zur Beschleunigung des Todeserklärungsverfahrens vorliegen.

    Für welche Bezirke und Personengruppen die Heimatortskarteien Informationen bereit halten, kann der Webseite des Kirchlichen Suchdienstes http://kirchlicher-suchdienst.de/ entnommen werden.

    Anfragen können unmittelbar an folgende Anschrift gerichtet werden:

    Kirchlicher Suchdienst, Geschäftsstelle
    Lessingstraße 3, 80336 München.

    Tel.: 089/54497-201, Telefax: 089/54497-207

    Email: ksd@kirchlicher-suchdienst.de "

    Der Name der Mutter scheint mit eher litauisch als polnisch zu sein.

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