Löschungszustimmung trotz Pfändung?

  • Mir liegt folgender Sachverhalt vor:
    Der Gläubiger einer Sicherungshypothek lässt durch seinen Prozessbevollmächtigten die Löschung eines vorrangigen Grundpfandrechtes unter Vorlage des betreffenden gepfändeten Grundschuldbriefs und einer Löschungsbewilligung des Gläubigers beantragen.
    Er hat sowohl die eventuell vorhandene Eigentümergrundschuld wie auch die Rückgewährsansprüche bezüglich der vorrangigen Grundschuld gepfändet und vertritt die Auffassung, dass die Zustimmung des Eigentümers zur Löschung dieser vorrangigen Grundschuld nicht erforderlich sei, da der Eigentümer aufgrund der speziellen Verfügungsbeschränkung durch Erlass der PfÜBe nicht mehr zustimmungsbefugt sei.

    Ich bin mir hier völlig unsicher; die Verfügungsbefugnis des Eigentümers fehlt meiner Meinung nach doch nur dann, wenn die Pfändungen wirksam sind, was mir (in der Form des § 29 GBO???) nachgewiesen werden müsste, oder? Da dies ja nahezu unmöglich ist, würde ich momentan nicht auf die Eigentümerzustimmung verzichten wollen.

    Hat irgendjemand soetwas oder etwas Ähnliches schon einmal gehabt? Irgendeine Idee? Hab schon alles mögliche abgesucht, aber diesen konkreten Fall scheint es noch nicht gegeben zu haben :( Kann mir jemand helfen?

    Darüber hinaus hab ich auch noch ein Problem mit der Antragsberechtigung, da doch wohl nur eine mittelbare Betroffenheit gegeben ist, oder?

  • Durch Pfändung -wie hier geschildert- verliert der Eigentümer seine Verfügungsbefugnis nicht, seine Verfügungsmacht ist gegenüber dem Pfandgläubiger beschränkt.
    § 27 GBO gilt nach wie vor.

  • Die Zustimmung des Eigentümers ist nach meiner Auffassung nicht entbehrlich, da sich das Zustimmungserfordernis des § 1183 BGB aus dem Grundstückseigentum ableitet, an welchem der Pfändungsgläubiger keine Rechte hat.

    Nach § 891 BGB wird vermutet, dass eine im Grundbuch eingetragene Briefgrundschuld dem eingetragenen Gläubiger zusteht, sofern er sich im Besitz des Briefes befindet. Diese Voraussetzung ist erfüllt, sofern -wovon ich ausgehe- feststeht, dass der Sicherungshypothekengläubiger den Brief (nebst Löschungsbewilligung) vom eingetragenen Briefgrundschuldgläubiger erhalten hat. Spricht die Vermutung des § 891 BGB demzufolge für die Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Gläubigers, so ist es ausgeschlossen, gleichzeitig annehmen zu wollen, die Grundschuld hätte sich bereits in ein (gepfändetes) Eigentümerrecht verwandelt (in diesem Fall könnte der eingetragene Gläubiger die Löschung überhaupt nicht mehr bewilligen).

    Das Problem ist nach meiner Auffassung somit aufgrund der Vermutung des § 891 BGB zu lösen. Spricht sie für die Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Briefgrundschuldgläubigers, so sind die nachgewiesenen oder nicht nachgewiesenen Pfändungen angeblicher Eigentümeransprüche durch den Sicherungshypothekengläubiger im Rechtssinne völlig ohne Belang.

    Der Eigentümer muss also zustimmen und der Sicherungshypothekengläubiger ist als mittelbar Begünstigter nicht antragsberechtigt.

  • Ja, zu solch einer Problematik kommt es ab und an.

    Nun ist aber nicht die vorrangige GS mit Brief gepfändet, sondern die angeblich (und hier wohl tatsächlich) entstandene Eigentümergrundschuld. Daher sollte es möglich sein die Veränderung der vorrangigen Fremdgrundschuld in eine Eigentümergrundschuld und anschließend deren Pfändung ins GB eintragen zu lassen.

    Dazu braucht es aber noch der not. begl. Abtretungserklärung des bisherigen GS-Gläubiger an den Schuldner. Da er den Brief ja schon herausgegeben hat sollte er diese Erklärung aber dann auch noch abgeben.

    Dadurch sichert man sich als Gläubiger auf jeden Fall den Rang der vorrangigen GS. Allerdings habe ich meine Zweifel, ob nunmehr auch sofort die Zwangsversteigerung aus dieser gepfändeten Eigentümergrundschuld betrieben werden kann. Ich meine, dass erst Duldungsklage erhoben werden muss, da §800 ZPO hinsichtlich einer Eigentümergrundschuld (die sie ja dem Grunde nach noch ist) keine Anwendung findet. Oder weiß jemand dazu genaueres?

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • So funktioniert das nicht.

    Gepfändet wurde die angebliche Eigentümergrundschuld. Also muss in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden, dass eine solche Eigentümergrundschuld bereits im Zeitpunkt der Pfändung materiell entstanden war. Dieser Nachweis kann nicht geführt werden.

    Selbst wenn der vorrangige Gläubiger noch an den Eigentümer abtreten sollte (was im übrigen die dingliche Einigung von Zedent und Zessionar voraussetzt und wofür auch der nicht mehr im Besitz des Gläubigers befindliche Brief an den Eigentümer übergeben werden müsste), ginge die Pfändung durch den nachrangigen Sicherungshypothekengläubiger ins Leere, weil die Eigentümergrundschuld aufgrund der Abtretung ja erst zeitlich nach der erfolgten Pfändung entstehen kann. Es müsste somit neu gepfändet werden.

  • So funktioniert das nicht.

    Gepfändet wurde die angebliche Eigentümergrundschuld. Also muss in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden, dass eine solche Eigentümergrundschuld bereits im Zeitpunkt der Pfändung materiell entstanden war. Dieser Nachweis kann nicht geführt werden.

    Selbst wenn der vorrangige Gläubiger noch an den Eigentümer abtreten sollte (was im übrigen die dingliche Einigung von Zedent und Zessionar voraussetzt und wofür auch der nicht mehr im Besitz des Gläubigers befindliche Brief an den Eigentümer übergeben werden müsste), ginge die Pfändung durch den nachrangigen Sicherungshypothekengläubiger ins Leere, weil die Eigentümergrundschuld aufgrund der Abtretung ja erst zeitlich nach der erfolgten Pfändung entstehen kann. Es müsste somit neu gepfändet werden.



    Also das deckt sich nicht mit meinen Erfahrungen.

    Der Pfändungsbeschluss enthält (jedenfalls bei uns) immer die Bezeichnung

    ".. die angebliche derzeitige oder künftige Eigentümergrundschuld, die aus dem Recht, Abt. III, lfd. Nr. ... entstanden ist... gepfändet".

    Ergo war es bisher auch kein Problem, auch erst bei nach erfolgter Pfändung entstehende Eigentümergrundschulden die Pfändung ins Grundbuch einzutragen.

    Natürlich muss das Entstehen der Eigentümergrundschuld in grundbuchmässiger Form nachgewiesen werden, das ist klar. Vorher kann die Pfändung auch nicht eingetragen werden, siehe z.B. http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4192&ident==

    Ich darf aus dieser Entscheidung zitieren:

    Zitat

    Deshalb ist ungeachtet der weiteren - zu bejahenden - Frage, ob der Rückabwicklungsanspruch oder auch eine künftige Eigentümergrundschuld überhaupt pfändbar sind

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Leitsatz der verlinkten Entscheidung des OLG Celle:

    Im Grundbuch eintragungsfähig ist nur die Pfändung einer tatsächlich entstandenen Eigentümergrundschuld, was in der Form des § 29 GBO zu belegen ist. Die Eintragung der Pfändung einer künftigen Eigentümergrundschuld ist unzulässig.

    Das ist der springende Punkt. Es kann nämlich nur eine im Zeitpunkt der Pfändung existente Eigentümergrundschuld gepfändet werden. Wenn die rechtsgeschäftliche Abtretung der Grundschuld an den Eigentümer aber erst nach der Pfändung erfolgt, kann sich die vorherige Pfändung begrifflich nicht auf das erst durch die spätere Abtretung entstandene Eigentümerrecht erstrecken. Wenn das Grundbuchamt gleichwohl eine solche Pfändung bei einem erst nachträglich entstandenen Eigentümerrecht vermerkt, handelt es demzufolge gesetzwidrig. Das Pfändungspfandrecht ist daher in einem solchen Fall trotz erfolgter (unrichtiger) Verlautbarung der Pfändung im Grundbuch materiellrechtlich nicht enstanden. Soweit aus der Entscheidung des OLG Celle das Gegenteil abgeleitet wird, ist dem aus den genannten Gründen jedenfalls für ein durch spätere rechtsgeschäftliche Abtretung entstehendes Eigentümerrecht nicht zu folgen.

  • Leitsatz der verlinkten Entscheidung des OLG Celle:

    Im Grundbuch eintragungsfähig ist nur die Pfändung einer tatsächlich entstandenen Eigentümergrundschuld, was in der Form des § 29 GBO zu belegen ist. Die Eintragung der Pfändung einer künftigen Eigentümergrundschuld ist unzulässig.

    Das ist der springende Punkt. Es kann nämlich nur eine im Zeitpunkt der Pfändung existente Eigentümergrundschuld gepfändet werden. Wenn die rechtsgeschäftliche Abtretung der Grundschuld an den Eigentümer aber erst nach der Pfändung erfolgt, kann sich die vorherige Pfändung begrifflich nicht auf das erst durch die spätere Abtretung entstandene Eigentümerrecht erstrecken. Wenn das Grundbuchamt gleichwohl eine solche Pfändung bei einem erst nachträglich entstandenen Eigentümerrecht vermerkt, handelt es demzufolge gesetzwidrig. Das Pfändungspfandrecht ist daher in einem solchen Fall trotz erfolgter (unrichtiger) Verlautbarung der Pfändung im Grundbuch materiellrechtlich nicht enstanden. Soweit aus der Entscheidung des OLG Celle das Gegenteil abgeleitet wird, ist dem aus den genannten Gründen jedenfalls für ein durch spätere rechtsgeschäftliche Abtretung entstehendes Eigentümerrecht nicht zu folgen.



    Das ist -mit Verlaub- falsch.

    Eine künftige Eigentümergrundschuld kann problemlos gepfändet werden, darauf ist aber im Pfändungsbeschluss explizit hinzuweisen. (Stöber, FoPfä., 14. Aufl., Rdnr. 1932 i.V.m. 500).

    Die von Dir/Ihnen (?) beschriebene Rechtsfolge (nämlich dass neu gepfändet werden müßte, wenn die EGS erst nach der ersten Pfändung entsteht) entsteht dann, wenn im Pfändungsbeschluss die Einbeziehung von künftigen EGS nicht erfolgt.

    Die zitierte Entscheidung bestätigt das. Sie besagt, dass eine Pfändung der EGS nicht ins GB eingetragen werden kann, SOLANGE die EGS noch nicht entstanden und in der Form des §29 GBO belegt werden kann. Dies bedeutet im Umkerhschluss, dass sehr wohl eingetragen werden kann, wenn der Nachweis für das Entstehen der EGS in grundbuchmässiger Form geführt werden kann.

    In diesem Fall greift die bereits vorher ausgesprochene Pfändung gleichzeitig mit dem Entstehen der EGS.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Ich glaube, wir reden aneinander vorbei.

    Im Ausgangssachverhalt ist ausdrücklich davon die Rede, dass lediglich die evtl. entstandene (also nicht auch die künftige) Eigentümergrundschuld gepfändet wurde. Nur in diesem Kontext sind meine Ausführungen zu verstehen. Und wenn sich die Pfändung nur auf die evtl. bereits entstandene Eigentümergrundschuld bezieht, dann muss selbstverständlich neu gepfändet werden, wenn das Eigentümerrecht erst nach erfolgter Pfändung entsteht.

    Der Fall des OLG Celle ist einfach nicht "unser" Fall. Ist von mir aber vielleicht etwas missverständlich herübergekommen.

    Alle Klarheiten beseitigt?



  • Absolut d'accord. Ich hatte meine Beiträge auf die bei uns übliche Praxis bezogen und den Eingangsbeitrag dabei außer Acht gelassen.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Ich lass diesen Thread mal wieder aufleben, weil ich einen ganz ähnlichen Fall auf dem Tisch habe.
    Ein Gläubiger (Sparkasse) hat die Ansprüche auf Rückgewähr etc. von (3 konkret bezeichneten) Buchgrundschulden pfänden und zur Einziehung überweisen lassen, mitgepfändet und überwiesen ist u. a. auch der Anspruch des Schuldners auf Grundbuchberichtigung.
    Kann der Pfändungsgläubiger jetzt unter Vorlage der Löschungsbewilligungen die Löschung der Grundschulden beantragen und und wird die Löschungszustimmung des Eigentümers ersetzt?
    (Zustimmung des Eigentümers=evtl. drittschuldnerloses Recht?)

  • Das Zustimmungsrecht des Eigentümers aus § 1183 BGB muß ausdrücklich gepfändet sein (s. LG Saarbrücken, 5 T 90/09).

    Das ist eine interessante Entscheidung, denn nach meiner Kenntnis wurde eine explizite Pfändbarkeit dieses Anspruchs bisher noch nicht obergerichtlich entschieden. Ich habe Stöber/Forderungspfändung leider derzeit nicht zur Hand, schreibt er denn etwas zur Pfändbarkeit des Zustimmungsrechts aus § 1183 BGB?

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Ich habe Stöber/Forderungspfändung leider derzeit nicht zur Hand, schreibt er denn etwas zur Pfändbarkeit des Zustimmungsrechts aus § 1183 BGB?



    In meinem Stöber steht nichts dazu. Der ist aber auch von 1984:). Soweit ich das überblicke, wird auch in den anderen Kommentierungen weder auf die Pfändbarkeit, noch auf das grds. Erfordernis der Eigentümerzustimmung eingegangen.

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