Höhe der titulierten GG?

  • Eigentlich nicht. Es ist der Schaden zu ersetzen der tatsächlich entstanden ist.

    Es ist aber - entweder richterlich ausgeurteilt oder anerkannt - kein Schaden von 10.000 € entstanden, sondern nur von 6.000 € in der Hauptforderung.

    § 92 ZPO gibt eindeutig die Quote vor, weil eben nur ein 60%iger Schaden entstanden ist in den prozessualen Nebenkosten.

    § 823 BGB schweigt sich zu Quoten aus, weil davon ausgegangen wird, dass eben nur ein Schaden in Höhe von 6.000 € entstanden ist, der zu ersetzen ist.

    Keine Ahnung, wie wir aus der Nummer rauskommen. "Is halt so." (?) :cool:

  • Abstrakt lässt sich das Problem zwar diskutieren, richtig nachvollziehbar und verständlich wird es für mich wegen seiner Komplexität jedoch erst, wenn es sich in Zahlen ausdrückt. Aus diesem Grund bringe ich noch einmal ein Rechenbeispiel für die teilweise zugesprochene GG, hoffe es ermüdet nicht und ggf. wäre der Beitrag als neues Thema zu verschieben.

    Klage wegen 10.000 € zugesprochen werden 5.000 €


    Betrachtung nur der GG und der VG:
    1,3 GG aus 10.000 €= 631,80 €
    1,3 VG aus 10.000 €= 631,80 €
    - insgesamt:1.263,60 €

    jedoch nicht mehr als
    1,95 Gebühren: 947,70 €


    A)
    Lösung bei Einklagen der 1,3 GG aus 10.000 € (vom VIII. Zivilsenat "geschaffene" und durch den Gesetzgeber mit § 15a Abs. 1 RVG bestätigte Möglichkeit):

    1,3 GG aus 5.000 € wird zugesprochen= 391,30 €

    Mutmaßliche Kostenquotelung je ½ weil wegen ½ der Hauptforderung obsiegt.

    Auszugleichende VG: 631,80 € - ½ von 391,30 €= 436,15 €

    Hiervon ½: 218,08 €

    391,30 € + 218,08 €= 609,38 €

    B)
    Lösung bei Einklagen von 0,65 GG aus 10.000 € (bei konsequenter Fortführung der Rechtsprechung zur Nichteinklagbarkeit der anzurechnenden GG früher allein bestehende Klagemöglichkeit):

    0,65 GG aus 5.000 € wird zugesprochen= 195,65 €

    Mutmaßliche Kostenquotelung je ½ weil wegen ½ der Hauptforderung obsiegt.

    Auszugleichende VG: 631,80 €

    Hiervon ½: 315,90 €

    195,65 € + 315,90 €= 511,55 €

    C)
    Anmerkung zu B) und Schlussfolgerungen:

    Von dem Betrag 315,90 € entfällt die Hälfte auf den anzurechnenden Gebührenanteil= 157,95 €.

    Der tatsächliche Schaden hinsichtlich dieses Anteils ausgedrückt als 0,65 GG
    beträgt demgegenüber 195,65 €.

    Differenz zum Ausgleich des Schadens: 37,70 €

    511,55 € + 37,70 € Schadensausgleich= 549,25 €.

    Das ist nichts anders als die Berechnung 1,3 GG aus 5.000 €+ ½ der 0,65 VG aus 10.000 €.

    Die Anrechnung aus dem Teilbetrag führt bei unveränderter Quote zu Zerrergebnissen und benachteiligt den Gegner, wenn die GG voll eingeklagt wird bzw. begünstigt diesen, wenn die GG anrechnungsgemindert eingeklagt wird.
    Beides ist m.E. nicht nachvollziehbar bzw. steht nicht im Einklang mit einem „gerechten“ Ergebnis.

    Handelte es sich bei § 15a Abs. 2 RVG lediglich um eine Klarstellung (was immer auch schon zu BRAGO-Zeiten galt), dann müsste doch wohl die Version B) das zutreffende Ergebnis liefern, weil nur der nicht anzurechnende Teil der GG eingeklagt werden könnte/konnte. Wohl aus diesem Grund hatte sich Valerianus vor einiger Zeit nach meiner Erinnerung in einem Beitrag dafür ausgesprochen, dass nach Einführung des § 15a RVG künftig nur noch der nicht anzurechnende Teil der GG eingeklagt werden könne. Nach meinem Eindruck folgt die aktuelle Rechtsprechung jedoch nicht Valerianus Ansicht. Demnach haben wir es mit einer Klarstellung zu tun, die gegenüber der angeblich wiederhergestellten Rechtslage zu abweichenden Ergebnissen führt. Überzeugen tut mich dies und wohl auch jüngst den I. Zivilsenat des BGH immer noch nicht.

    4 Mal editiert, zuletzt von Little Steven (6. Mai 2011 um 15:33)

  • Mein Mandant erkennt 60 % der Hauptforderung an, dann wären auch 60 % der geforderten Kosten zu erstatten und nicht 1,3 GG aus 6.000,00 € - wegen der Degression der Tabelle.


    Gedanklich mußt Du trennen: Der Schadensersatzanspruch (SEA) selbst, den Du quoteln willst, beinhaltet nicht den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der aus dem SEA heraus erwächst. Deshalb muß sich der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch (z. B. im Falle meines Verkehrsunfallbeispiels) auf einen vom Schädiger zu ersetzenden Schaden beziehen, da er andernfalls nicht vom Schädiger zu ersetzen ist (vgl. MüKo/Oetker, § 249 Rn. 174). Weil der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch nicht der gequotelte SAE ist, sondern daneben besteht, ist es auch nicht per se unlogisch, auf ihn nicht die Quote, sondern die Höhe des zurecht geforderten Schadens anzuwenden.

    Und zu der Frage, wieso § 92 ZPO (bzw. grds. die §§ 91 ff. ZPO) nicht auch auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch anzuwenden ist, nachfolgend aus der Entscheidung des BGH (NJW 2007, 1458) - Fettdruck durch mich:

    Zitat


    Die Revisionserwiderung verweist darauf, es sei unbefriedigend, wenn die Kostenerstattung nach materiellem Recht im Gegensatz zu der nach Prozessrecht lückenhaft bleibe; denn so ziehe der Beklagte daraus Nutzen, dass die Klägerin - anstatt sich außergerichtlich zu verteidigen - nicht sofort eine negative Feststellungsklage (§ 256 ZPO) erhoben habe (so auch LG Zweibrücken, NJW-RR 1998, 1105; zustimmend Wedel, JurBüro 2000, 35), die aussichtsreich gewesen wäre, solange der Beklagte auch dort nicht seinen behaupteten Anspruch hätte beweisen können (zur Beweislast vgl. Senatsurteil vom 2. März 1993 - VI ZR 74/92 - NJW 1993, 1716, 1717).

    Dies rechtfertigt indes keine entsprechende Anwendung der zivilprozessualen Kostenvorschriften. Diese stellen gegenüber den materiellrechtlichen Anspruchsgrundlagen Ausnahmevorschriften dar, da sie an ein bestehendes Prozessrechtsverhältnis anknüpfen und die Kostentragungspflicht unabhängig vom Verschulden nach dem Maß des Unterliegens regeln. Eine daran orientierte Entscheidung über die Kostentragungspflicht kann nicht gewährleisten, dass sie der materiellen Rechtslage im Einzelfall entspricht (vgl. BGHZ 83, 12, 16). Ein auf die entsprechende Anwendung der §§ 91 ff. ZPO gestützter allgemeiner Kostenerstattungsanspruch würde zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten und auch nicht hinnehmbaren Erweiterung der Kostenerstattungspflicht in Richtung auf eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung führen. Dabei ist auch zu bedenken, dass es beim Fehlen einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache an einem eindeutigen Anknüpfungspunkt für das Unterliegen fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 1987 - IVb ZR 83/86 - aaO, 2034).

    Eine planwidrige Lücke des materiellen Haftungsrechts besteht - entgegen der in der Revisionserwiderung vertretenen Ansicht - nicht (vgl. BGH, Urteile vom 30. April 1986 - VIII ZR 112/85 - aaO und vom 4. November 1987 - IVb ZR 83/86 - aaO). Die materiellen Haftungsnormen regeln, unter welchen Umständen eine Verpflichtung zur Kostenerstattung bestehen kann. Dass einzelne Fallgestaltungen nicht erfasst werden, begründet keine Regelungslücke, weil das Haftungsrecht eben nicht an jeden Vermögensnachteil die Ersatzpflicht eines Dritten knüpft.

    Soweit auf die Möglichkeit einer negativen Feststellungsklage abgestellt wird, überzeugt auch dies nicht. Es steht dem Betroffenen frei, eine solche Klage zu erheben, wenn er eine Klärung der Rechtslage und eine gerichtliche Kostenentscheidung herbeiführen will. Nimmt er diese Möglichkeit nicht wahr, kann das Vorliegen eines materiellrechtlichen Anspruchs nicht dadurch ersetzt werden, dass an die Voraussetzungen einer hypothetischen Feststellungsklage, also an eine Norm des Prozessrechts (§ 256 ZPO), angeknüpft wird.

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  • :daumenrau Wie Bolleff - genau daraus resultieren hier allerdings auch die angesprochenen Probleme und (vermeintlichen oder tatsächlichen?) Ungereimtheiten.

  • Ich bin bei der ganzen Sache ganz Jamies Meinung.

    Es wird erst sauber, wenn man die GG bei einer Quote anteilig erstatten würde (1/2 der GG aus 10000,-) und aus der vollen Geschäftsgebühr anrechnet. Nur dann erhält man das einzig mathematisch korrekte Ergebnis.

    Leider stimmt dies nicht mit der aktuellen Rechtssprechung überein weil

    a) die Geschäftsgebühr nach dem zugesprochen Wert, entsprechend dem Schadensersatzanspruch, tituliert wird und nicht anteilig

    Der BGH greift hier in die Trickkiste. Er sagt, dir steht das zu was du bekommen hättest, wenn du gleich alles richtig eingeklagt hättest. Man könnte jetzt sagen: "das ist logisch...", allerdings wird dabei nicht berücksichtigt, dass es im Leben nicht so läuft. Insbesondere bei Haftpflichtprozessen aus Verkehrsunfällen kann es Haftungsquoten geben welche den Schadensersatz bestimmen. Es ist also nicht zwingend unlogisch dem Kläger nur eine quotale GG zuzusprechen, wenn dieser mehr einklagt als ihm zusteht. Es ist eben nur nicht die vom BGH vertretene Auffassung.

    b) weil sich in § 15a II RVG keine Alternative findet, welche die wohl herrschende Meinung dafür akzeptiert

    Das von Jamie dargestellte Rechenbeispiel ist genau das, was zu einer Ungleichbehandlung des Beklagten führt. Aber was will man machen? Man kann sich ja schlecht hinstellen und sagen, der Richter hat's falsch tituliert und der Rest weiß nicht, was "dasselbe Verfahren" sein soll. Muss man wohl zu dem Schluss kommen: Is so!

    Zum Ausgangsfall:
    Ich verstehe die Diskussion um den Vollstreckungstitel nur bedingt. Diese kommt doch erst zum Tragen, wenn nicht gezahlt wird. Und Erfüllung ist die erste Alternative in § 15a II RVG...

    Ich würde P. gern bitten uns mitzuteilen, was die Parteien aus der ganzen Sache machen!

  • So, das muss ich jetzt erstmal alles verarbeiten. Also doch: Is halt so, hat der BGH so gesagt. Zumindest, was die GG aus dem zugesprochenen Wert betrifft. Werd´s mir in Ruhe zu Gemüte führen. Offenbar war ich ja nicht die erste, die auf § 92 ZPO aus war. :cool:

    Und wenn wir dann noch die GG nach dem zugesprochenen Wert wegen des schönen Wortes "soweit" anrechnen, ist das Chaos perfekt und wir stehen ganz schön blöd da. Aber bei einer Anrechnung aus dem in den Streit gegangenen Betrag würden wir ja zumindest für die Prozesskosten 60 % hinkriegen. Bei einer Anrechnung aus dem zugesprochenen Wert passt die Quote auch nicht mehr. Aber sicherlich gibt´s auch dafür irgendwelche gute Gründe. :)

    Ich pack dann mal ein. Überzeugend finde ich das alles nicht, aber wenn´s die hohen Herren so sagen..... Die müssen ja auch nicht anrechnen. :D

  • Der BGH greift hier in die Trickkiste. Er sagt, dir steht das zu was du bekommen hättest, wenn du gleich alles richtig eingeklagt hättest. Man könnte jetzt sagen: "das ist logisch...", allerdings wird dabei nicht berücksichtigt, dass es im Leben nicht so läuft. Insbesondere bei Haftpflichtprozessen aus Verkehrsunfällen kann es Haftungsquoten geben welche den Schadensersatz bestimmen. Es ist also nicht zwingend unlogisch dem Kläger nur eine quotale GG zuzusprechen, wenn dieser mehr einklagt als ihm zusteht. Es ist eben nur nicht die vom BGH vertretene Auffassung.


    Ich denke, hier wird dem BGH Unrecht getan, wenn ihm unterstellt wird, er greife in die Trickkiste. Er argumentiert (auch unter Verweis auf seine Entscheidung in NJW 1986, 2243, und die dortigen weiteren Quellen) vielmehr, daß es an der Vorraussetzung fehlt, mit der Anwendung von §§ 91 ff. ZPO eine Analogie vornehmen zu dürfen. Die Analogie setze eine Gesetzeslücke voraus. Soweit aber die Erstattungspflicht aufgrund eines z. B. Schadensersatzanspruches bestehe, fehle es genau an einer solchen Voraussetzung. Mag man ggf., weil das Ergebnis nicht paßt, als "zu juristisch" abtun, ist aber letztlich Anwendung allgemeiner Rechtslehre und Folge eines fehlenden Gesetzes und nicht der Rechtsprechung.

    b) weil sich in § 15a II RVG keine Alternative findet, welche die wohl herrschende Meinung dafür akzeptiert


    Auch da muß man auf den Gesetzgeber verweisen, der für den Erstattungsanspruch die Anrechnung nicht auf den entstandenen Anspruch angewandt wissen will, sondern auf den erfüllten, zv-titulierten oder gleichzeitig geltend gemachten - was man auch immer unter dem letzten Fall verstehen will.

    Mir scheint, daß Little Steven anhand seiner Berechnung zumindest aufzeigt, daß so, wie § 15a formuliert wurde, der BGH den Gesetzesgeber versteht (ich mittlerweile glaube, dieser sich auch so verstanden wissen wollte), willkürliche Ergebnisse liefert und damit (ganz nach Lappe) gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen würde ("Der Staat darf nicht willkürlich wesentlich Gleiches ungleich bzw. wesentlich Ungleiches gleich behandeln.").

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  • Zitat Bolleff:
    "Mir scheint, daß Little Steven anhand seiner Berechnung zumindest aufzeigt, daß so, wie § 15a formuliert wurde, der BGH den Gesetzesgeber versteht (ich mittlerweile glaube, dieser sich auch so verstanden wissen wollte), willkürliche Ergebnisse liefert und damit (ganz nach Lappe) gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen würde ("Der Staat darf nicht willkürlich wesentlich Gleiches ungleich bzw. wesentlich Ungleiches gleich behandeln.")."

    Ist dem so, wenn die Parteien die freie Wahl haben, welche der Varianten sie wählen? Ich denke nein.

    Bei mir sind allerdings Zweifel geblieben, dass es sich bei § 15a RVG um eine Klarstellung handelt, weil hiergegen m.E. auch das von mir dargestellte Ergebnis der vollen Einklagbarkeit der GG spricht. Die Rechtslage RVG zu BRAGO hat sich dadurch bereits deutlich geändert, weil nun erstmals die aus dem zugebilligten Schaden berechneten vorgerichtlichen Anwaltskosten realisiert werden können und nicht wie zu BRAGO-Zeiten die in der Prozessgebühr "aufgehende" Geschäftsgebühr lediglich über § 92 ZPO (im Grunde dem Schadensersatzgedanken zuwiderlaufend) quotiert zugebilligt wird.


    In der Verwaltungsgerichtsbarkeit stellt sich dieses Problem nicht, weil diesem die Schadensersatzproblematik grds. fremd ist. Hier werden vorgerichtliche Anwaltskosten, sofern sie nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für erstattungsfähig erklärt werden, entsprechend der Kostenentscheidung gequotelt.
    Insoweit Hinweis an 13 wegen der beck-blog Zitate an anderer Stelle:
    Darin mag auch der grundsätzliche (zu rechtfertigende) Unterschied bei der aktuellen Behandlung der Altfälle gesehen werden.


  • Insoweit Hinweis an 13 wegen der beck-blog Zitate an anderer Stelle:
    Darin mag auch der grundsätzliche (zu rechtfertigende) Unterschied bei der aktuellen Behandlung der Altfälle gesehen werden.

    Das lasse ich nach Kenntnisnahme jetzt einfach mal so stehen. Der Blog-Experte Dr. Mayer scheint diese Ansicht allerdings nicht zu teilen...

  • Zitat Bolleff:
    "Mir scheint, daß Little Steven anhand seiner Berechnung zumindest aufzeigt, daß so, wie § 15a formuliert wurde, der BGH den Gesetzesgeber versteht (ich mittlerweile glaube, dieser sich auch so verstanden wissen wollte), willkürliche Ergebnisse liefert und damit (ganz nach Lappe) gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen würde ("Der Staat darf nicht willkürlich wesentlich Gleiches ungleich bzw. wesentlich Ungleiches gleich behandeln.")."

    Ist dem so, wenn die Parteien die freie Wahl haben, welche der Varianten sie wählen? Ich denke nein.


    M. E. doch, da es gebührenrechtlich nach § 15a RVG für die Summe meines Gesamt-Erstattungsanspruches keinen Unterschied machen dürfte, für welche der Alternativen (ob ich nun 1,3 oder 0,65 einklage) ich mich entscheide. In beiden Fällen müßte ich in der Summe denselben Betrag erstattet erhalten. Wieso nicht? Da der RA des Erstattungsberechtigten grds. beide Gebühren - gekappt auf die Summe nach Anrechnung - verlangen kann, mithin sein Mandant auch erstattet verlangen kann, darf ihm dieses Wahlrecht m. E. nicht willkürlich (= verschiedene Erstattungssummen) genommen werden.

    Der materielle Erstattungsanspruch (mal den Zinsverlust außen vor) ist und bleibt doch derselbe. Wenn der materielle und der prozessuale Erstattungsanspruch divergieren, wie wir ja nun bei der Diskussion um eine Quotelung festgestellt haben, dann hätte das doch im 15a RVG oder irgendwie gesondert im Gesetz sich niederschlagen müssen, wollte man eine "gerechte" Lösung haben. Denn die Divergenz zwischen beiden Ansprüchen stand doch schon immer fest, war auch vom Gesetzgeber schon immer so gewollt. Oder müßte er die bisherige Rechtslage noch einmal "klarstellen"?

    Ich gebe zu, diese Diskussion ist jetzt rein akademisch und sollte evtl. an dieser Stelle nicht mehr fortgeführt werden.

    Zitat

    In der Verwaltungsgerichtsbarkeit stellt sich dieses Problem nicht, weil diesem die Schadensersatzproblematik grds. fremd ist. Hier werden vorgerichtliche Anwaltskosten, sofern sie nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für erstattungsfähig erklärt werden, entsprechend der Kostenentscheidung gequotelt.

    :daumenrau

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  • M. E. doch, da es gebührenrechtlich nach § 15a RVG für die Summe meines Gesamt-Erstattungsanspruches keinen Unterschied machen dürfte, für welche der Alternativen (ob ich nun 1,3 oder 0,65 einklage) ich mich entscheide. In beiden Fällen müßte ich in der Summe denselben Betrag erstattet erhalten. Wieso nicht? Da der RA des Erstattungsberechtigten grds. beide Gebühren - gekappt auf die Summe nach Anrechnung - verlangen kann, mithin sein Mandant auch erstattet verlangen kann, darf ihm dieses Wahlrecht m. E. nicht willkürlich (= verschiedene Erstattungssummen) genommen werden.

    :daumenrau



    Ich gebe zu, diese Diskussion ist jetzt rein akademisch und sollte evtl. an dieser Stelle nicht mehr fortgeführt werden.

    Na immerhin wurde sie mal weitergeführt, an anderer Stelle haben wir sie irgendwann immer ratlos abgebrochen bzw. war man nicht mehr bereit, weiter nachzudenken, weil meine - zugebenermaßen laienhaften - Rechnereien ja eindeutig nicht zu widerlegen waren, aber auch niemand den Irrsinn (bis auf Doppelte Halbtagskraft) eingestehen mochte. Schließlich haben die Häuptlinge des BGH gesprochen. Hugh! :D

    Zitat von Little Steven

    In der Verwaltungsgerichtsbarkeit stellt sich dieses Problem nicht, weil diesem die Schadensersatzproblematik grds. fremd ist. Hier werden vorgerichtliche Anwaltskosten, sofern sie nach § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für erstattungsfähig erklärt werden, entsprechend der Kostenentscheidung gequotelt.

    Sehr begrüßenswert. :)

  • Schließlich haben die Häuptlinge des BGH gesprochen.


    Wie gesagt, ich bin gegen ein pauschales BGH-Bashing, weil ich meine, daß - wie vorstehend - dieser nur konsequent die Rechtslehre auf die vom Gesetzgeber gebastelten Gesetze anwendet. Diesem stünde es doch frei, eine ähnliche Regelung wie in der Verwaltungsgerichtsbarkeit z. B. in die ZPO einzubauen? Er fummelt stattdessen aber weiterhin am RVG herum, obgleich dieses vermeintlich nicht die Baustelle zur Lösung der Divergenz darstellt. Denn gebührenrechtlich ist schon immer alles i. O. gewesen. Lediglich erstattungsrechtlich ergeben sich die Probleme. Wenn man BGH-Bashing betreiben will, dann gegenüber dem VIII. ZS, weil dieser zum Wohle des Rechtsfriedens eingeknickt ist, zumindest nicht den Weg über § 132 GVG gegangen ist. Sein Verhalten mag pragmatisch gewesen und von vielen begrüßt worden sein, hatte aber zum einen den Beigeschmack: "Was nicht paßt, wird passend gemacht.", zum anderen werden die weiterhin bestehenden Probleme nun offenbar.

    Also kann man den Thread vielleicht hier so zusammenfassen:

    Wir sind uns allesamt einig, daß die Frage nach der Höhe der Anrechnung für § 15a II Fall 2 RVG nur dann eine Rolle spielt, wenn der Anspruch als Vollstreckungstitel und nicht nur als Titel besteht. Besteht ein Fall des Sich-auf-die-Anrechnung-berufen-könnens, vertritt der BGH die Auffassung, daß für die Höhe der Anrechnung das Worauf ("soweit") entscheidend ist. Daß dann je nach Höhe der eingeklagten GG (1,3 oder 0,65) Divergenzen in der Erstattungssumme bestehen, spricht eigentlich gegen eine solche Anwendung. Also wäre die erste Lösung, das "soweit" als "wenn" zu lesen nun doch der richtigere Weg? Ick bin verwirrt...

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  • Noch ein kurzes Beispiel dafür, was passiert, wenn soweit nicht wenn sein sollte:

    Und zwar zurück zum Ausgangsbeispiel - nur mit groberen Zahlen.

    Mal angenommen, die Parteien vergleichen sich dahingehend, dass der Beklagte zur Abgeltung der HF + der GG (hier ungefähr 5.000 €) insgesamt 2.000 € zahlt.

    Vergleich 1:
    Auf die GG sollen genau 2 € entfallen.
    Anrechnung auf die VerfG 1 € bei "soweit" = Anrechnung aus dem zugestandenen Betrag ????

    Vergleich 2
    Auf die GG soll genau der Betrag entfallen, in deren Höhe die GG eingeklagt wurde.
    Anrechnung auf die VerfG 0,65 aus der vorgerichtlich enstandenen GG ????

    Das gleiche widersinnige Ergebnis hätten wir, wenn der Richter so entscheiden würde (2 € auf die GG oder Erstattung der vollen GG).

    Gebührenrechtlich in Bezug auf die vorzunehmende Anrechnung darf es da gar keinen Unterschied geben. Im Beispiel 1 würde der Beklagte dann fast die volle VerfG zu erstatten haben. Der Kläger bekommt die GG zu 2 €, aber fast die volle VerfG (so rund 98 % dürften das wohl sein)

    Im Beispiel 2 dagegen erhält der Kläger nun die volle GG, aber nur die Hälfte der VerfG.

    Je nach Abhänigkeit davon, wie schlau der Anwalt des Beklagten taktiert und mit einem Taschenrechner umzugehen weiß? Je höher der Betrag, der auf die GG entfallen soll, umso geringer die Verfahrenskosten?

    Es gibt im übrigen immer öfter Fälle, in denen der Richter die GG analog § 92 ZPO quotelt. Ein Beispiel ist mir aus renos-mv bekannt und mindestens zwei gab es bei foreno. Und ich gehe davon aus, dass der Richter wollte, dass insgesamt die Kostenquote erstattet wird und die Anrechnung der hälftigen tatsächlich vorgerichtlich entstandenen GG erfolgen soll. Und nicht dann nur die Hälfte der zugesprochenen Quote. Auch das wäre wieder widersinnig bzw. willkürlich.

  • Ich bin immer noch nicht glücklich mit der Auslegung "Vollstreckungstitel" oder ich denke einfach zu viel über den ganzen Kram nach:

    Mal angenommen, der Vergleich lautet:

    "B zahlt zur Abgeltung der HF von 5.000 € und der GG von 330 € einen Gesamtbetrag in Höhe von 3.500 € an K."

    K könnte dann selbst entscheiden, wie er die (mögliche) Zahlung verteilt.

    B zahlt auch (sofort oder auf Grund der ZV) die 3.500 €. Hat er dann nicht den Anspruch auf die GG erfüllt, ohne dass ein tatsächlicher Betrag, der auf die GG entfällt, ausgewiesen war?

    Über die GG ist ein Titel ergangen - sie kann nicht mehr eingeklagt werden.

    Und A hat auch einen (unbestimmten) Betrag auf die GG von 330 € gezahlt.

    Muss da nicht im Festsetzungsverfahren angerechnet werden? Kann da das Kriterium, dass die GG nicht ausdrücklich durch einen vollstreckungsfähig bestimmten Betrag ausgewiesen ist, überhaupt noch greifen? Müsste der Beklagte sich nicht dennoch auf die Anrechnung berufen können, weil ja in den 3.500 € ein Betrag für die GG (egal in welcher Höhe) enthalten ist? Wie der Kläger dann die Zahlung verteilt, kann doch dem Beklagten am Ende auch wurscht sein. :gruebel:

    Der Betrag in Höhe von 3.500 € ist ja schließlich auch vollstreckungsfähig tituliert.

    Mannoh, wieso ist das alles so doof? :mad:

  • In Deinem Fall liegen ja sämtliche Voraussetzungen für den Vollstreckungstitel über die GG vor: Der Anspruch ("der Abgeltung der GG" = die Geschäftsgebühr), die Art ("zahlt" = Zahlung) und die Höhe des Anspruches ("von 330 €" = Höhe des Anspruches). Demnach liegt sowohl Var. 1 (mit Zahlung des Vergleichsbetrages) als auch ggf. Var. 2 des § 15a II RVG vor.

    Noch als Ergänzung: Wegen der Rechtsprechung, daß der vorgerichtlichen RA-Vergütung der Gegenstandswert der berechtigten Forderung und nicht eine Quote zugrundezulegen ist: BGH in st. Rspr., zuletzt: Urteil v. 09.03.2011 - VIII ZR 132/10 mit Verweis (Rn. 20) auf Senatsurteil v. 07.11.2007 - VIII ZR 341/06, NJW 2008, 1888 Rn. 13 mwN.)

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  • In Deinem Fall liegen ja sämtliche Voraussetzungen für den Vollstreckungstitel über die GG vor: Der Anspruch ("der Abgeltung der GG" = die Geschäftsgebühr), die Art ("zahlt" = Zahlung) und die Höhe des Anspruches ("von 330 €" = Höhe des Anspruches). Demnach liegt sowohl Var. 1 (mit Zahlung des Vergleichsbetrages) als auch ggf. Var. 2 des § 15a II RVG vor.

    :gruebel: Ich dachte bislang, dass "richtig" tenoriert wäre, wenn der Betrag der zu zahlenden GG zahlenmäßig bestimmt wäre. Hier ist doch aber nur der zahlenmäßige Anspruch der GG benannt (330 €), auf den gezahlt werden soll.

    Und dann weitergedacht:
    Es wird ja nun offenbar die Ansicht vertreten, dass der hälftige Teil der zugesprochenen GG anzurechnen sei. Und gerade der ist ja nun zahlenmäßig nicht bestimmt. Also doch die Hälfte der geltend gemachten GG anrechnen (auf die ein unbestimmter Betrag zu zahlen ist)?

    Ich würde es ja so sehen wie du, Bolleff. Keine Frage. Aber widerspricht das nicht den bisherigen Ausführungen in diesem Thread, dass der Betrag, der auf die GG gezahlt wird, zahlenmäßig - also vollstreckungsfähig - bestimmt sein muss, wenn angerechnet werden soll?

  • Ich dachte bislang, dass "richtig" tenoriert wäre, wenn der Betrag der zu zahlenden GG zahlenmäßig bestimmt wäre. Hier ist doch aber nur der zahlenmäßige Anspruch der GG benannt (330 €), auf den gezahlt werden soll.


    Ich glaube nicht, daß das so gemeint war. Auch der BGH führt zum Erfordernis des Bestimmtheitsgebotes in seiner Entscheidung zu § 15a Abs. 2 RVG aus:

    "Dies folgt schon daraus, dass nur dann, wenn der Vergleich die Geschäftsgebühr als eigenen bezifferten Gegenstand ausweist, konkret festgestellt werden kann, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr auf die entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen ist."

    Das bedeutet nicht, daß z. B. tenoniert werden müßte: "... zahlt der Beklagte auf die GG einen Betrag von 100 €". Vielmehr ist es ausreichend, daß der Gegenstand (die Geschäftsgebühr) beziffert sei, bei Dir also (in Höhe) "von 330 €".

    In seiner Entscheidung führt er bei Rn. 12 aus, daß er diesen Fall nicht entscheiden müsse:

    "Es kann dahinstehen, ob von einer Titulierung durch den Vergleich dann ausgegangen werden könnte, wenn der Vergleich eine unmissverständliche Regelung enthielte, wonach die entsprechende Gebühr in einer bestimmten Höhe abgegolten werde. Jedenfalls für den Fall, dass der Vergleich eine solche ausdrückliche Regelung nicht enthält, stellt er keinen Vollstreckungstitel für die Geschäftsgebühr gegen den Dritten dar."

    Bei Rn. 11 wiederum sagt er:

    "Die Abgeltung der klageweise geltend gemachten Forderungen durch eine vergleichsweise vereinbarte Teilleistung kann nicht mit der Titulierung der Gesamtforderung gleichgesetzt werden."

    Damit wäre m. E. aber nur der Fall gemeint:

    Fall 1:
    "B zahlt zur Abgeltung der Klageforderung einen Gesamtbetrag in Höhe von 3.500 € an K." Hier wäre nicht eindeutig, in welcher Höhe welcher Anspruch durch die Zahlung abgegolten wird. Soweit mit der Klage auch die GG geltend gemacht worden wäre, wäre lt. BGH keine Titulierung der GG gegeben.

    Anders wäre der Fall, wenn es hieße:

    Fall 2:
    "B zahlt zur Abgeltung der HF von 5.000 € einen Betrag von 3.200 € und der GG von 330 € einen Betrag von 300 €." Hier wäre eindeutig, in welcher Höhe welcher Anspruch durch die Zahlung abgegolten wird.

    Dein Fall lautet:

    Fall 3:
    "B zahlt zur Abgeltung der HF von 5.000 € und der GG von 330 € einen Gesamtbetrag in Höhe von 3.500 € an K." Hier wäre ebenfalls eindeutig, in welcher Höhe welcher Anspruch durch die Zahlung abgegolten wird. Es ist nur nicht erkennbar, welcher konkrete Betrag auf die GG entfällt. Das spielt aber m. E. keine Rolle für die Höhe der Anrechnung, da der BGH insoweit doch auf das "soweit" ("im Umfang wie") abstellt. In Höhe von 330 € ist die GG tituliert. Daher kann sich der Dritte in diesem Umfang auf die Anrechnung berufen, also in Höhe von 150 € (max. 0,75 aus welchem Wert das auch immer wäre).

    Zitat von Jamie

    Aber widerspricht das nicht den bisherigen Ausführungen in diesem Thread, dass der Betrag, der auf die GG gezahlt wird, zahlenmäßig - also vollstreckungsfähig - bestimmt sein muss, wenn angerechnet werden soll?


    M. E. widerspricht das nicht. Nicht der Betrag, mit dem auf den Anspruch auf die GG gezahlt wird, muß vollstreckungsfähig sein, sondern der Anspruch auf die GG selbst muß es sein, indem er und seine Höhe eindeutig bestimmbar ist, da nur dann die Anrechnung auch ermittelt werden könne.

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