zwei Beklagte, nur einer hat PKH, Höhe der PKH-Vergütung?

  • Hallo ans Forum,

    ich habe zwei Beklagte vertreten, einer mit PKH, der andere ohne.

    nun habe ich zunächst eine Abrechnung auf der Basis von 49 RVG vorgelegt.

    Darauf kam der HInweis, dass die Vergütung ais der Staatskasse nur in Höhe des Anteils der Beteiligung des PKH-Beklagten am Gesamtstreitwert festgesetzt werden, im vorliegenden Fall die Hälfte.
    Ich habe dann die Abrechnung auf Wahlanwaltsbasis beantragt und hiervon die Hälfte angefordert.

    Jetzt kommt der Hinweis, dass ich für die Berechnung des Anteils lediglich die Abrechnung nach 49 RVG zugrundelegen darf.

    Ist das so? Dann ist aber doch der nicht-PKH-Berechtigte benachteiligt, oder?

    Gibt es zu dieser Frage eine aktuelle Entscheidung? Das Verfahren lief vor dem LG München II.

    Herzlichen Dank für Infos!

    Schachterlteufel

  • Natürlich kann hier nur der hälftige Betrag nach § 49 RVG erstattet werden, da sich die PKH-Bewilligung darauf beschränkt. Die Differenz zwischen der anteiligen Wahlanwaltsvergütung und der anteiligen Vergütung nach § 49 RVG ist dann die weitere Vergütung. Die gibt es nur dann, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei verbessern und im Wege der Einmal- oder Ratenzahlung eingezogen werden können.

  • das widerspricht aber der Ansicht des OLG München... (vgl. FamRZ 2011, 836):

    1. Ist einem Streitgenossen ohne Einschränkung Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden, der auch weitere Streitgenossen vertritt, dann hat der beigeordnete Rechtsanwalt gegen die Staatskasse einen Vergütungsanspruch in Höhe der vollen Gebühren nach § 49 RVG, jedoch ohne den Zuschlag nach Nr. 1008 RVG-VV für die Vertretung der weiteren Streitgenossen (Bestätigung OLG München, 22. April 1996, 11 W 2958/95, NJW-RR 1997, 191).

  • Nach der Entscheidung des BGH vom 01.03.1993, AZ: II ZR 179/91 und des OLG Naumburg vom 19.08.2003, AZ: 12 W 64/03 beschränkt sich die PKH auf die Erhöhungsgebühr, wenn nur einem von zwei Streitgenossen PKH bewilligt wurde. Also nicht die Hälfte der Gebühren und Auslagen, sondern nur die Erhöhung.

  • Vertretbar sind nach den dargestellten Rechtssprechungen also sämtliche Varianten.

    Auch wenn Juristerei und Logik wenig miteinander zutun haben müssen, halte ich die von mir dargestellte Variante für die mathematisch sauberste. Deswegen würde ich hier die hälftige Vergütung nach § 49 RVG erstatten.
    Das scheint ja der zuständige Sachbearbeiter auch so zu sehen.

    Denn ich will hier weder die volle Vergütung nach § 49 RVG noch ausschließlich die Erhöhungsgebühr auskehren müssen.

  • da scheint tatsächlich so ziemlich alles möglich zu sein.

    die sauberste Lösung - und auch die gerechteste - scheint mir zu sein, wenn zunächst die Gebühren nach 49 RVG (ohne Erhöhung) berechnet werden und diese dann mit der Hälfte der Abrechnung nach 13 RVG (mit ERhöhung) verglichen werden.

    Ausgekehrt werden sollte max. die Hälfte der sich aus 13 ergebenden Gebühren.

    WEnn weniger als diese ausgeglichen werden, ist der Beklagte benachteiligt, der keine PKH hat. Diesen kostet das Verfahren dann mehr als es ihn kosten würde, wenn der andere Beklagte keine PKH bekäme.

    SChachterlteufel

  • da scheint tatsächlich so ziemlich alles möglich zu sein.

    die sauberste Lösung - und auch die gerechteste - scheint mir zu sein, wenn zunächst die Gebühren nach 49 RVG (ohne Erhöhung) berechnet werden und diese dann mit der Hälfte der Abrechnung nach 13 RVG (mit ERhöhung) verglichen werden.

    Ausgekehrt werden sollte max. die Hälfte der sich aus 13 ergebenden Gebühren.

    WEnn weniger als diese ausgeglichen werden, ist der Beklagte benachteiligt, der keine PKH hat. Diesen kostet das Verfahren dann mehr als es ihn kosten würde, wenn der andere Beklagte keine PKH bekäme.

    SChachterlteufel

    Ich sehe keine Benachteiligung des anderen Beklagten.

    Wenn dieser nur zur Hälfte haftet, kann man auch nur die hälftige Vergütung nach § 13 RVG von diesem einziehen. Für die andere Hälfte des PKH-Beklagten gilt § 122 I Nr. 3 ZPO. Der RA bleibt danach auf der weiteren Vergütung für die PKH-Partei sitzen, sofern sich dessen Verhältnisse nicht verbessern.

    Aber das ist schließlich in jedem PKH-Verfahren so...

  • :daumenrau Nur weil 2 Beklagte vorhanden ist, heißt es ja nicht, dass § 122 I Nr. 3 ZPO wegfällt.

  • ... wenn zunächst die Gebühren nach 49 RVG (ohne Erhöhung) berechnet werden und diese dann mit der Hälfte der Abrechnung nach 13 RVG (mit ERhöhung) verglichen werden.

    Ausgekehrt werden sollte max. die Hälfte der sich aus 13 ergebenden Gebühren.

    ...


    :daumenrau so wird's wohl gemacht:

    PKH- Anwalt erhält PKH- Vergütung ohne Erhöhungsgebühr, maximal aber die Hälfte der Wahlsanwaltsgebühren (wirkt sich aber nur bei niedrigen Streiwerten knapp über 3000 EUR aus, da in höheren Gefilden die halbe Wahlanwaltsvergütung eh höher ist als die einfache PKH- Vergütung).

  • Nach der Entscheidung des BGH vom 01.03.1993, AZ: II ZR 179/91 und des OLG Naumburg vom 19.08.2003, AZ: 12 W 64/03 beschränkt sich die PKH auf die Erhöhungsgebühr, wenn nur einem von zwei Streitgenossen PKH bewilligt wurde. Also nicht die Hälfte der Gebühren und Auslagen, sondern nur die Erhöhung.

    Ich schließe mich dem an und hätte als weitere Fundstelle zur Unterstützung dieser Ansicht noch

    OLG Koblenz, Beschl. 07.06.2001, 8 W 386/01, FamRZ 2002, 473 f., 27.04.2004, 14 W 300/04, Rpfleger 2004, 503

    OLG München, Beschl. 13.03.1992, 14 U 970/91, OLGR München 1993, 76

    AG Andernach, Beschl. 22.04.2002, 6 C 577/01, FamRZ 2002, 1711 f.

    OLG Celle, Beschl. 02.02.1984, 3 W 87/83, JurBüro 1984, 1248 f.

    LG Frankfurt, Beschl. 11.01.1983, 2/11 S 341/82, JurBüro 1983, 1106 f.

    im Angebot.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • ...wobei die Entscheidung vom OLG Celle mittlerweile "out" ist (so auch OLG Hamm in 2003):

    Zitat

    LS

    Der Vergütungsanspruch des beigeordneten RA, der neben der mittellosen Partei auch einen leistungsstarken Streitgenossen in derselben Angelegenheit vertritt, ist nicht auf den Mehrvertretungszuschlag beschränkt, sondern umfasst die vollen, durch die Vertretung der bedürftigen Partei nach § 123 BRAGO ausgelösten Anwaltsgebühren.


    OLG Celle, Beschl. v. 22.11.2006 – 23 W 13/06

    Rpfleger 2007, 151 = BeckRS 2007 00339 = juris (KORE 216792007)

  • Entscheidungen neuer Datums des gleichen Gerichts überzeugen mich nur, wenn das Gericht für mich überzeugend herleitet, warum es seine Meinung geändert hat. :D Und überzeugend heißt nicht "Der BGH sieht das ja bekanntermaßen anders als wir. Wir schließen uns dem unkritisch an."

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (31. März 2012 um 11:47)

  • Sicherlich ist das richtig, aber hier handelt es sich um mein OLG, und ich betrachte es dann doch irgendwo als sinnfrei, von der hier herrschenden Meinung von OLG und LG abzuweichen mit der Gefahr, fortdauernd aufgehoben zu werden. Da nun mal beide Meinungen im Raum stehen, wird jeder sehen müssen, was in seinem Beritt gilt.

  • Zum Abschluss das Ergebnis hier im OLG-Bezirk München:

    Die Rechtspflegerin hat sich nach entsprechendem schriftlichen Hinweis der Rechtsprechung des OLG, niedergelegt im Beschluss vom 30.11.2010, AZ.: 11 W 835/09, veröffentlicht im FamRZ 2011, 836):

    1. Ist einem Streitgenossen ohne Einschränkung Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden, der auch weitere Streitgenossen vertritt, dann hat der beigeordnete Rechtsanwalt gegen die Staatskasse einen Vergütungsanspruch in Höhe der vollen Gebühren nach § 49 RVG, jedoch ohne den Zuschlag nach Nr. 1008 RVG-VV für die Vertretung der weiteren Streitgenossen (Bestätigung OLG München, 22. April 1996, 11 W 2958/95, NJW-RR 1997, 191).

    dort hatte das OLG wie folgt weiter entschieden:
    2. Ist mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe für einen Streitgenossen auch Ratenzahlung gemäß § 115 Abs. 2 ZPO angeordnet worden, dann ist der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts, der auch weitere Streitgenossen vertritt, gegenüber der Staatskasse der Höhe nach begrenzt auf denjenigen Anteil der Regelvergütung (§ 13 RVG) einschließlich Mehrvertretungszuschlag, welcher der Beteiligung des bedürftigen Streitgenossen am Rechtsstreit entspricht.


    Herzlichen Dank für eure Beiträge!

    Schachterlteufel

  • Mein OLG lässt grüßen... :D

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