"Unterhaltsberechtigten zur Hälfte berücksichtigen" ?

  • Ich mache mal mit diesem Fall hier weiter. Mal angenommen, die Schuldnerin erhält eine Überstundenvergütung von 250,00 €. Die ist ja nun nach § 850 a Nr. 1 ZPO zur Hälfte unpfändbar.

    An welcher Stelle berücksichtigst du das, Coverna?

    Nehme ich den Gesamtnettobetrag abzüglich 1/2 Überstundenvergütung und runde dann diesen verbleibenden Restbetrag nach § 850 c Abs. 3 ZPO ab? Runde ich zunächst den Gesamtnettobetrag auf volle 10 € ab, berechne das Unpfändbare nach § 850 c Abs. 1 bis 3 ZPO und packe dann die halbe Überstundenvergütung oben drauf?

    Oder ist es am Ende wurscht, weil bei beiden Wegen möglicherweise dasselbe herauskommt? Ich hab nämlich grad was ausgerechnet und trau mich jetzt nicht, noch mal von vorn anzufangen, weil ich ein anderes Ergebnis fürchte..... Kann aber eigentlich gar nicht sein, oder? :gruebel: Okay, ich mach´s noch mal wegen der Übersichtlichkeit mit Variante 2:

    Nettoeinkommen abrunden, § 850 c ZPO abarbeiten und § 850 a 1 ZPO oben drauf.....

    Ich bin soweit, dass mir diese Rechnerei Spaß macht. Leider gibt´s nicht so viele Schuldner, wo man rechnen darf. :D

  • Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Die Lösung steht in § 850e Nr. 1 ZPO:

    Brutto (gesamt)

    ./. unpfändbare Beträge nach § 850a ZPO

    ./. Steuern und SV (evtl. PKV)

    ./. evtl. vwl

    = pfändungsrechtliches Netto ---> ab in die Tabelle.

    Die Hälfte des Bruttobetrages der Überstundenvergütung wird also vor den Steuern und SV-Beträgen abgezogen.

    Aber es ist egal, ob ich die oben oder unten abziehe, es ergibt das gleiche Ergebnis.

    Probiere es mal....

  • Die Lösung steht in § 850e Nr. 1 ZPO:

    Oh je, was ein Durcheinander... Von a nach e zu c3 zu c1 und c2 :D

    Danke. :)

    Immer wieder gerne!

    Wenn der Gesetzgeber das Vollstreckungsrecht hätte einfach(er) gestalten wollen, hätte er es auch tun können.

    Da er es nicht gemacht hat, hat er es auch nicht gewollt. :strecker

    Wenn wir nicht überzeugen können, verwirren wir, die Hauptsache ist, mitgeredet zu haben. :eek:

  • § 850c Abs. 2 ZPO = 3/10 für den Schuldner und 1/10 für das Kind, das nur zur Hälfte zu berücksichten ist.

    Pfändbar sind in dem Fall 4,50 €!

    Coverna, ich brauch dich noch mal, hab irgendwie noch ein Verständnisproblem. :)

    In Abs. 2 steht: "und zwar in Höhe von drei Zehnteln, wenn der Schuldner keiner der in Absatz 1 genannten Personen Unterhalt gewährt,.."

    Aber das tut meine Schuldnerin ja, sie gewährt einer Person nach Abs. 1 Unterhalt. Wieso rechne ich dem Schuldner dann 3/10 des überschießenden Betrages zu? Oder bin ich grad nur zu blöd, den Wortlaut des Gesetzes richtig zu lesen?

    Verwirre ich mich schon wieder selbst? :confused:


  • Ich glaube, ich verstehe Dein Problem nicht.

    Was im Gesetz steht, sagt ja nur, dass 3/10 des Mehrbetrages unpfändbar sind, wenn der Schuldner keine unterhaltsberechtigen Personen hat. Hat er eine, dann gibt es für diese 2/10 und für jede weitere Person (bis 5) je 1/10.

    Du musst den Satz also weiter lesen.

    Weil das Kind in Deinem Fall zur Hälfte zu berücksichtigen war gibt es für das Kind als erste Person auch nur die Hälfte von 2/10. Das hat nichts mit den 3/10 für den Schuldner selbst zu tun, die bleiben wie in Stein gehauen.

  • Ich glaube, ich verstehe Dein Problem nicht.

    ....

    Das hat nichts mit den 3/10 für den Schuldner selbst zu tun, die bleiben wie in Stein gehauen.

    Ich lese den Text vermutlich falsch, weiß nur noch nicht ganz, woran es hapert.

    Dieser Einschub "wenn er keiner der in Abs 1genannten Personen Unterhalt gewährt" irritiert mich irgendwie. Ich käme damit zu dem Umkehrschluss: Wenn der Schuldner einer der in Abs. 1 genannten Personen Unterhalt gewährt, gibt es die 3/10 nicht.

    Die stehen ihm nur zu, wenn er keiner der in Abs. 1 genannten Personen Unterhalt gewährt.

    Was natürlich total unlogisch wäre, weil er dann allein genauso viel zur Verfügung hätte, wie wenn er zwei Personen Unterhalt gewährt. Aber was macht der Einschub da? Unglücklich formuliert oder Jamie ist zu dusselig zum Lesen? :gruebel:

  • *seufz* Nun hab ich ihn auch verwirrt....

    Ich werd´s einfach mal so hinnehmen, dass vom Mehrbetrag 3/10 beim Schuldner bleiben und werde den Einschub einfach ignorieren. Ich verstehe den nämlich nicht. Warum auch immer. Is halt so, feddisch. :(

  • Jamie, Du musst einfach den ganzen Satz 1 von § 850 c Absatz 2 ZPO lesen. Wenn der Sch. keine UH-Verpflichtung hat, bekommt er zum Grundbetrag nach Absatz 1 3/10 des übersteigenden Betrags pfandfrei, bei einer UH-Pflicht weitere 2/10 und je weitere 1/10 bei 2-5 UH-Pflichten. Die 3/10 bekommt er also immer dazu, weitere Anteile bei einem oder mehreren Unterhaltsberechtigten. Das soll den Anreiz schaffen, mehr als die Pfändungsfreigrenze nachAbs. I zu verdienen.

    Rechenbeispiele:

    a) Sch. verdient. 1.128,89 €. Nach Abs. 1 sind davon 1.028,89 € pfandfrei (ohne UH-Pflicht). Von den restlichen 100,00 bleiben ihm nach Abs. II weitere 3/10, also 30,00 €, pfandfrei (Rundung nach Abs. 4 mal unberücksichtigt gelassen...)

    b) Sch. verdient 1.499,65 € bei UH-Pflicht für eine Person. Nach Abs. I sind 1.399,65 € pfandfrei. Nach Abs. II sind von den restlichen 100,00 € weitere 3/10 für den Sch. und weitere 2/10 für die UH-berechtigte Person frei, also weitere 5/10 = 50,00 €

    und so weiter. Bei 5 unterhaltsberechtigten Personen sind dann insgesamt 9/10 der Differenz zu dem Freibetrag nach § 850 c Abs. I ZPO zusätzlich unpfändbar und nur noch 1/10 pfändbar.

    Macht das die Sache für Dich klarer?

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

    2 Mal editiert, zuletzt von Ecosse (7. März 2013 um 13:12) aus folgendem Grund: Schriebfuhler

  • Die Berechnungsweise ist klar, hat Coverna ja bereits mehrfach freundlichst vorgerechnet.

    Ich habe gerade auch meinen "Lesefehler" bemerkt. Es geht ums Wörtchen "WEITERE".

    Ich wollte mich grad zum Lese-Nachhilfekurs anmelden und meinen Rechtsfachwirt-Urkunde zurückgeben. :daemlich

  • Die Berechnungsweise ist klar, hat Coverna ja bereits mehrfach freundlichst vorgerechnet.

    Ich habe gerade auch meinen "Lesefehler" bemerkt. Es geht ums Wörtchen "WEITERE".

    Ich wollte mich grad zum Lese-Nachhilfekurs anmelden und meinen Rechtsfachwirt-Urkunde zurückgeben. :daemlich

    Na, dann ist doch alles klar, oder?

    Mich hat es nur etwas irritiert, wie das zu der Themenüberschrift mit der Hälfte der Berücksichtigung passt.

  • Mich hat es nur etwas irritiert, wie das zu der Themenüberschrift mit der Hälfte der Berücksichtigung passt.

    Weil ich ja immer wieder neu berechnen muss, wenn die Schuldnerin monatlich unterschiedliches Nettogehalt bekommt (wegen Schichten und Feiertagen etc.).

  • Nun hatte ich ein gleiches Problem, habe das gelesen, lange nachgedacht :confused: und glaube, dass die Berechnungen hier (#5, #12, #13, #15, #16, #19 usw.) zum einen für die Praxis viel zu kompliziert und zum anderen auch inhaltlich zweifelhaft sind. § 850c Abs. 1 u. 2 ZPO beschreibt ja nichts anderes als die Berechnung der Tabellenwerte, die selbst als Anlage zu § 850c ZPO Gesetztescharakter hat, vgl. § 850c Abs. 3 ZPO. Es dürfte sich von daher verbieten, auf einzelne Faktoren der Berechnung zurückzugreifen, zu quoteln und dann wieder hochzurechnen, insbesondere auch dann, wenn im Tenor ausdrücklich auf die Tabelle und die Tabellenstufen und eben nicht auf die Grundfreibeträge und/oder Prozentsätze aus § 850c Abs. 2 ZPO Bezug genommen wird.

    Ich halte daher die Berechnung für vertretbar, wonach eine entsprechende Quote vom Unterschiedsbeträge der Tabellenstufe vom Pfändungsbetrag ohne Unterhaltspflicht abzuziehen ist. Beispiel:

    Arbeitseinkommen = 1.233,50 €
    pfändbar nach Tabelle ohne UP = 140,78 € (Tabelle 2011)
    abzüglich eine "teilweise unberücksichtigte" UP zu bspw. ein Halb = 140,78 / 2 = 70,39 €
    bleibt Pfändungsbetrag = 70,39 €

    Und weil ich das so gut finde ;) habe ich einen Pfändungsrechner gestrickt, der auf diese Weise die Pfändungsbeträge ausrechnet http://www.rae-roemer.de/service/pfaendungsrechner/ und die Berechnung aufschlüsselt und erklärt (siehe auch Einleitung http://www.rae-roemer.de/service/pfaendungstext/) Über Kritik würde ich mich freuen :oops:.

    Natürlich kann man lange diskutieren, ob eine Tenorierung mit Berechnung nach Tabellenstufen angemessen ist (vgl. Stöber, Rn. 1069). Aber hier in Berlin ist das nun mal ständige Praxis der Vollstreckungs- und Insolvenzgerichte und meines Erachtens auch für alle Beteiligten einigermaßen handelbar, zumindest mit meinem Pfändungsrechner ;). Falsch ist es meines Erachtens nicht. § 850c Abs. 4 Satz 2 ZPO verbietet nur für den nur teilweise zu berücksichtigenden UP eine Bezugnahme auf die Tabelle (Stöber, aaO) - klar, der steht da ja so nicht drin :cool:. Der Witz von § 850c Abs. 4 ZPO ist ja gerade, dass es eine individuelle Ermessensentscheidung ist (vgl. bspw. NJW-RR 2005, 795). Jeder Streit über die Berechnung wäre ein Streit über die Quadratur des Kreises. :gruebel: Oder habe ich da was übersehen? :oops:

  • In § 850 c Abs. 4 ZPO steht ausdrücklich drin, dass eine Bezugnahme auf die Tabelle im Falle einer (teilweisen) Nichtberücksichtigung ausgeschlossen ist.

    Allerdings gebe ich in meinem speziellen Fall gern zu, dass ICH das blöderweise genau so beantragt habe und mir dann erst hinterher Gedanken darum gemacht habe, wie das denn nun zu berücksichtigen sei. Ich hab´s zu dem Zeitpunkt schlicht nicht besser gewusst, das Gericht hätte es besser wissen müssen, da ja die Entscheidung ins Ermessen des Gerichts gestellt wird.

    Ich werde derartige Anträge künftig anders formulieren und das bereits im Antrag ausrechnen, was ich dem Schuldner belassen würde und was nicht. Das macht die Entscheidung dann leichter. ;)

  • Wie gesagt, Stöber, Rn. 1069, ein paar Zitate dort und viele Rpfl. in Berlin sehen das Verbot der Bezugnahme auf die Tabelle in § 850c Abs. 4 letzter Halbsatz ZPO nicht so eng, egal wie es beantragt wird.

    Aber wenn man es wörtlich nimmt; ist der Beschluss dann nicht wegen Verstoßes gegen § 850c Abs. 4 letzter Halbsatz ZPO rechtswidrig und zumindest anfechtbar (sofortige Beschwerde, § 793 ZPO)?! Das müsste doch einmal ausgestritten worden sein. Ich konnte aber leider noch keine Entscheidung dazu finden. (Und mein Pfändungsrechner wäre für den Müll, oh je.)


  • Aber wenn man es wörtlich nimmt; ist der Beschluss dann nicht wegen Verstoßes gegen § 850c Abs. 4 letzter Halbsatz ZPO rechtswidrig und zumindest anfechtbar (sofortige Beschwerde, § 793 ZPO)?! Das müsste doch einmal ausgestritten worden sein. Ich konnte aber leider noch keine Entscheidung dazu finden. (Und mein Pfändungsrechner wäre für den Müll, oh je.)

    Tja, das ist eine wirklich gute Frage.

    Im Tenor steht schlicht, dass die Tochter zur Hälfte unberücksichtigt bleibt. Da steht nix von "Bezug auf Tabelle" und "Guckst du Spalte 1 - Null U-Pflichten - teilst du durch 2".

    Die Schuldnerin hat´s so hingenommen und verlässt sich auf mich und das Gericht. Und wenn ich jetzt nach der Coverna´schen Methode rechne, ist mein pfändbarer Betrag immer kleiner, als der nach der halben Stufe "Null U-Pflichten".

    In der Begründung zum Beschluss taucht das auch nicht auf. Da steht nur, dass die Einkünfte der Tochter mit 377,00 € nicht weit unter dem Freibetrag (Sozialhilfesatz + 50 %) liegen, aber eine volle Nichtberücksichtigung unangemessen wäre etc.

    Ich glaube, wir haben hier alle irgendwie gar nicht oder zu spät nachgedacht. Ich weiß jedenfalls, dass ich einen solchen Antrag so nie wieder stellen werde. Ich kam erst ins Grübeln, als ich darüber nachsann, was denn wohl ein Arbeitgeber mit so einem Beschluss anfängt. Weder steht drin, wie viel dem Schuldner zu belassen ist, noch wie viel pfändbar sein soll. Was ja insbesondere dann auch noch schwierig ist, wenn - wie hier - monatlich unterschiedliche Beträge zu Stande kommen.

  • Ich hab im Übrigen bereits im Oktober 2012 im Schlussbericht erwähnt, dass nach den Vorschriften des § 850 c Abs. 1, 2 und 3 ZPO der unpfändbare Freibetrag bei hälftiger Nichtberücksichtigung des Kindes sich auf 1.222,50 € beziffert und deshalb keine pfändbaren Beträge mehr angefallen sind. Das ist bis heute nicht mit einem :confused: oder :gruebel: oder gar :eek: moniert worden. Obwohl ich ja in meinem Antrag auf die Hälfte der ersten Tabellenstufe verwiesen hab.

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