Wann endet eine Hinterlegung?

  • Guten Morgen.

    Ich habe am 29.05.2012 die Herausgabeanordnung unterschrieben, der Ab-Vermerk stammt vom 31.05.2012. Am 05.06.2012 geht ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bei Gericht ein. Die Auszahlung wurde noch nicht vorgenommen. Ist der hinterlegte Betrag wirksam gepfändet worden oder wurde die Hinterlegung durch die Herausgabeanordnung bereits beendet?

  • Die Hinterlegungsstelle kann die Herausgabeanordnung zurücknehmen, solange sie nicht ausgeführt ist. Die Herausgabeanordnung ist noch nicht ausgeführt, daher ist sie zurückzunehmen.

  • Hm. Zwei Antworten zwei Möglichkeiten. Aus meiner Sicht habe ich alles für die Auszahlung getan. Eine Verpflichtung, die Herausgabeanordnung nunmehr zurückzunehmen kann ich daher nicht erkennen. Die Möglichkeit mag gegeben sein, aber die Pflicht?

  • Hmm, ich denke, Erfüllung ist noch nicht eingetreten, da die Überweisung noch nicht raus ist. Damit ist auch der Anspruch des Pfändungsschildners noch nicht erloschen und die Pfändung daher wirksam.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Hm. Zwei Antworten zwei Möglichkeiten. Aus meiner Sicht habe ich alles für die Auszahlung getan. Eine Verpflichtung, die Herausgabeanordnung nunmehr zurückzunehmen kann ich daher nicht erkennen. Die Möglichkeit mag gegeben sein, aber die Pflicht?

    Stöber hat immer die Auffassung vertreten, dass (z.B. wie bei mir) die Lohnzahlung bis zur Gutschrift auf dem Schuldnerkonto von der Pfändung erfasst ist. Die gegenteilige Meinung des BGH ist logischer, wenn man die Anordnung in der Pfändung genau betrachtet und darauf abstellt, dass die Zahlung an den Schuldner verboten wird und sich daraus nicht ableiten lässt, dass eine bereits in die Wege geleitete Zahlung wieder rückgängig zu machen ist.

    Ob nun die interne Anordnung der Überweisung an die Kasse oder die Anweisung der Kasse ausschlaggebend ist, wird man sich wohl streiten können.

    Schwegmann/ Summer sagen in Rn. 29 zu § 11 BBesG, dass der Zug abgefahren ist, wenn der Zahlungslauf (also das maschinelle Abrechnungsverfahren) vorbei ist. Dieses Argument hat bisher noch immer gezogen. Aber bei mir ist es ja auch keine einmalige Anweisung. Der Gläubiger bekommt dann nur einen Monat länger die pfändbaren Beträge.

  • In diesem Falle hielte ich einen Blick in den Kommentar zur Hinterlegungsordnung von Bülow/Schmidt immer noch für sachnäher: zu § 13 Rn 38 in V. m § 12 Rn 3, auch wenn die Hinterlegungsordnung nicht mehr gilt. Es gelten die gleichen Grundsätze.

  • Nach bayerischem Recht lässt sich die Frage klar beantworten: Gemäß Art. 18 Abs. 1 BayHintG endet das Hinterlegungsverhältnis mit dem Abschluss des Hinterlegungsverfahrens, also mit der Vollziehung der Herausgabeanordnung (Wiedemann/Armbruster, BayHintG, Art. 18 Rn. 35, 36). Der Herausgabeanspruch des Empfangsberechtigten (Art. 13 BayHintG) entsteht mit Erlass der Herausgabeanordnung und kann bis zu deren Vollziehung gepfändet werden. Eine nach diesem Zeitpunkt wirksam werdende Pfändung ginge allerdings ins Leere (näher Wiedemann/Armbruster, Art. 18 Rn. 31 - 34).

  • Ab wann gilt denn die Vollziehung? Mit der Anweisung an die Kasse, der Auszahlungsanweisung durch die Kasse oder die tatsächliche Überweisung?

  • „Der Herausgabeanspruch des Empfangsberechtigten (Art. 13 BayHintG) entsteht mit Erlass der Herausgabeanordnung und kann bis zu deren Vollziehung gepfändet werden.“

    Das ist entweder eine Abschreibeversehen oder Unsinn. Hier wurde der Herausgabeanspruch gegen das Land aus dem öffentlichen Verwahrungsverhältnis mit dem Auszahlungsanspruch oder Buchungsanspruch gegen die Hinterlegungskasse gleichgesetzt. Letzterer ist natürlich nicht selbständig pfändbar.

    Die Auszahlung ist vollzogen, wenn der Betrag auf dem Empfängerkonto gutgeschrieben ist.


  • Die Auszahlung ist vollzogen, wenn der Betrag auf dem Empfängerkonto gutgeschrieben ist.

    Das widerspricht meiner Meinung nach aber dem Wortlaut der Pfändung, weil dort die Zahlung an den Schuldner verboten ist und die Zahlung, also die aktive Handlung ist spätestens mit der Auszahlungsanordnung der Kasse vollzogen (s. die oben von mir angegebene BGH Entscheidung).

    Aber das geht mich als Arbeitgeber ja nichts an, was die Hinterlegungsstelle macht. Wollte die Entscheidung nur wegen der Frage einstellen.

  • Den Volltext des Urteils habe ich nicht gefunden, nur einen Leitsatz.
    Hier gilt, dass die zur Erfüllung notwendige Leistungshandlung die Buchung durch die Hinterlegungskasse ist und nicht die Herausgabeanordnung. Es handelt sich hier um eine mehrgliedrige Leistungshandlung. Vor der Buchung ist die Leistungshandlung nicht abgeschlossen.

  • 3. Bei der entsprechenden Anwendung des § 407 BGB auf die Forderungspfändung wird allerdings in der Literatur, insbesondere für die Pfändung von Arbeitseinkommen, die Auffassung vertreten, daß der Drittschuldner sich nicht auf eine guten Glaubens vorgenommene Geldüberweisung berufen könne, die er nach Kenntnis der Pfändung noch rechtzeitig vor der Abbuchung hätte widerrufen können (Stein/Jonas/Münzberg, ZPO 20. Aufl. § 829 Rdnr. 101; Stöber, Forderungspfändung 8. Aufl. Rdnr. 566 Fußn. 20, Rdnr. 936; Rothe BB 1966, 291; Seibert WM 1984, 521, 523f). Dem vermag der erkennende Senat jedoch für den Fall einer lediglich einmal vorzunehmenden Überweisung nicht zu folgen. Das Gesetz kennt eine solche Verpflichtung des Drittschuldners zum Tätigwerden nicht. Ihm wird gemäß § 829 Abs. 1 ZPO lediglich verboten, "an den Schuldner zu zahlen". Damit wird er zu einem Unterlassen, nämlich zum Unterlassen einer Zahlung an den Schuldner verpflichtet. Der Pfändungsbeschluß erlegt dem Drittschuldner keine Handlungspflichten auf. Nach § 840 ZPO hat er lediglich auf Verlangen des Gläubigers bestimmte Erklärungen abzugeben. Eine weitere Tätigkeit wird vom Drittschuldner nicht verlangt. Wie der Senat in anderem Zusammenhang dargelegt hat (BGHZ 91, 126, 131) (17.04.1984), wollte der Gesetzgeber den Drittschuldner, dem durch die Pfändung ein anderer Gläubiger aufgezwungen wird, möglichst wenig belasten. Dem würde es widersprechen, wenn man dem Drittschuldner über die klare gesetzliche Regelung hinaus die Verpflichtung auferlegen wollte, nicht nur jede Zahlung an den Schuldner zu unterlassen, sondern eine bereits in die Wege geleitete Zahlung nach Möglichkeit wieder rückgängig zu machen. Ob dies auch für Daueraufträge gilt, kann hier offen bleiben.

  • Die Begründung ist nicht überzeugend. Wenn es dem Drittschuldner lediglich verboten ist an den Schuldner zu bezahlen, woraus leitet der Gläubiger dann ab, dass an ihn bezahlt werden soll? Er macht die Überweisung geltend, nichts anderes macht der andere.
    Die Begründung, man wolle den Drittschuldner nicht belasten, ist ebenfalls nicht überzeugend. Von allen Dingen, die ein Drittschuldner nach einer Pfändung zu erledigen hat, ist die Stornierung einer Buchung die einfachste.

    Die Entscheidung stammt aus einer Zeit vor dem Online-banking. D. h. die Überweisungen wurden von Dritten erledigt. Heute werden die Buchungen direkt ausgeführt. Es geht um eine andere Ausgangslage, um andere zeiträume. Alles in allem zählt dieses Urteil nicht zu den Sternstunden der Rechtsentwicklung.

    In manchen Ländern sind Hinterlegungsstellen sind eine der wenigen Einrichtungen, in denen zuerst eine Herausgabeanordnung erlassen wird und die Buchung Tage später durch die Hinterlegungskasse erledigt wird. Hier haben wir eine Situation, wie zur Zeit des BGH-Urteils. Hier hat aber der Gesetzgeber geregelt, dass die Herausgabeanordnung zurückzunehmen ist.

    Das ist auch der Unterschied: Im Urteil ist von der Rücknahme Überweisung, das Thema hier ist aber die Rücknahme der Herausgabeanordnung. Sobald die Hinterlegungskasse die Überweisung getätigt hat, kann die Buchung nicht mehr zurückgenommen werden.

  • Sobald die Hinterlegungskasse die Überweisung getätigt hat, kann die Buchung nicht mehr zurückgenommen werden.

    So sehe ich das auch. Mir ging es aber darum, dass die Pfändung nicht bis zur Gutschrift auf dem Konto greift.

    Ob die Entscheidung heute noch zeitgemäß ist, ist mir egal. Eine anderslautende Entscheidung gibt es nicht und weil mir die Entscheidung für meine Funktion als Drittschuldner sehr passt, habe ich auch kein Problem damit, sie immer und immer wieder anzuführen. Bisher ohne Probleme....

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!