Räumungsschutz § 765a ZPO

  • Danke für die Antworten.

    Eine andere Frage:
    Um der Frage der Suizidgefährdung des Schuldners nachzugehen war das Verfahren bis zum 26.09.2014 einstweilen eingestellt. Die Erstellung des Gutachtens hat mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet. Eine Entscheidung in der Sache konnte vor Ablauf der Einstellungsfrist nicht mehr erfolgen. Der Räumungstermin war am 14.08.2014 angesetzt.
    Ist eine Entscheidung in der Sachen jetzt noch erforderlich?
    Räumungsschutz wurde ja konkret für den Räumungstermin am 14.08.2014 begehrt. Der Termin ist verstrichen. Die Entscheidung über den Räumungsschutzantrag würde sich auf die Vergangenheit beziehen. Ist das vorliegend nicht vergleichbar mit einer verfahrensrechtlichen Überholung? Eine jetzige Entscheidung könnte den Gläubiger nicht mehr besserstellen. Dann wäre vorliegend das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Die Zwangsvollstreckung ist nicht mehr einstweilen eingestellt. Die Gläubigerpartei könnte jederzeit einen neuen Räumungstermin beantragen.

  • Der Gläubiger kann natürlich nun einen neuen Termin beantragen. Du musst Dir also aktuell überlegen, ob eine weitere Verlängerung der einstweiligen Einstellung erforderlich ist, sofern die Sache aus Deiner Sicht noch nicht entscheidungsreif wäre.

    Im übrigen tenoriert man abstrakt, ob die Vollstreckung aus dem Titel im Hinblick auf den Räumungsanspruch (einstweilen) einzustellen ist oder nicht. Die Frage der Durchführung oder Aufhebung des Gerichtsvollzieher-Termins fällt in dessen (vom Richter im Wege der Erinnerung zu prüfende) Kompetenz, das hat mit § 765a ZPO nix zu tun.

  • Hallo,

    bei Gericht wurde rechtzeitig ein Antrag auf Räumungsschutz gem. § 765a ZPO gestellt.

    Der Schuldner trägt vor, dass er aufgrund seiner (100 %) Behinderung nur in Wohnungen leben kann, die im Erdgeschoss oder 1. OG liegen (ein Bein wurde amputiert und der Schuldner bewegt sich seit dem mit Krücken fort). Da er auch Mietschulden hat, ist es für ihn zusätzlich erschwert eine neue Wohnung bei einem neuen Vermieter zu finden. Eine Unterbringung in der Obdachlosenunterkunft kommt nicht in Betracht, da diese nicht behindertengerecht ist. Auch bei Bekannten/Familie kann er nicht unterkommen. Er fühlt sich mit der Wohnungssuche überfordert und hat deshalb (und aus gesundheitlichen Gründen (Amputation, Herzinfarkte, Alkoholprobleme)) einen Antrag auf Betreuung für Gesundheitssorge und Wohnungsangelegenheiten gestellt.

    Das Räumungsurteil ist von November 2014 und lt. Entscheidung betragen die Schulden ca. 3.000,- EUR (6 Monatsmieten). Da er danach wieder Miete gezahlt hat, dachte er, er müsste nun die Wohnung nicht mehr verlassen und hat sich bis zur Antragstellung nach § 765 a ZPO auch nicht auf Wohnungssuche begeben. Entspr. Bemühungen oder gar ein neuer Mietvertrag liegen also nicht vor. Auch wurde kein ärztliches Attest eingereicht. Bis auf den Antrag des Schuldners von Februar 2015 auf Betreuung und der Anforderung einer Stellungnahme von der Betreuungsbehörde liegt dem Betreuungsgericht nichts vor. Der Antrag auf Betreuung wurde vor dem Schreiben des Gerichtsvollziehers auf Räumung gestellt.

    Das Obdochlosenheim kann ihn wirklich nicht unterbringen und der Gläubiger hat sich zum Antrag nicht geäußert, also auch nichts bestritten.

    Wie würdet Ihr (aus dem Bauch heraus) entscheiden? Bzw. habt ihr noch hilfreiche Tipps für mich?

    Ich würde wohl zurückweisen, da grds. die Interessen des Gläubigers überwiegen und der Schuldner zumindest bis zum Antrag auf Betreuung nichts unternommen hat, um das Thema Wohnungsangelegenheiten anzupacken. Dazwischen lagen bereits 3 Monate. Er hatte auch bis zum Antrag auf Räumungsschutz keinerlei Wohnungen besichtigt bzw. anderweitige Bemühungen unternommen. Nachweise darüber hat der Schuldner bis heute nicht eingereicht. Es ist also auch nicht absehbar, dass sich die Situation ändert. Alldies kann nicht zu lasten des Gläubigers gehen.

    Einmal editiert, zuletzt von Küstenkind (20. März 2015 um 12:35) aus folgendem Grund: Wort ergänzt

  • Eine sittenwidrige Härte sehe ich so auch eher nicht, wenn kein Bemühen um Ersatzwohnraum ausgeübt wird. Zur Not muss die Kommune in das Räumungsobjekt wiedereinweisen.
    Wie ist denn der Sachstand im Betreuungsverfahren? Gibt es dort einen konstruktiv mitarbeitenden Betreuer, der sich jetzt um angemessenen Ersatzwohnraum bemüht?

  • Ich bin kein Vollstreckungsexperte stelle aber mal 2 Fragen in den Raum, die ich vor einer Entscheidung noch klären würde:

    Kann irgendwie sichergestellt werden, dass der Mann nicht auf der Strasse landet? Im Ergebnis hat der Gläubiger nichts davon, wenn der Schuldner dann auf Geheiß der Komune doch erstmal in der Wohnung bleibt...

    Wäre es hier nicht geboten, das Betreuungsverfahren zu beschneunigen?

  • Ich bin kein Vollstreckungsexperte stelle aber mal 2 Fragen in den Raum, die ich vor einer Entscheidung noch klären würde:

    Kann irgendwie sichergestellt werden, dass der Mann nicht auf der Strasse landet? Im Ergebnis hat der Gläubiger nichts davon, wenn der Schuldner dann auf Geheiß der Komune doch erstmal in der Wohnung bleibt...

    Wäre es hier nicht geboten, das Betreuungsverfahren zu beschneunigen?

    Zu 1. Das kann von meiner Seite aus nicht beurteilt werden. Dies ist aber ein mögliches Szenario jeder Räumung. Meistens kommen die Schuldner dann doch irgendwo unter.

    Zu 2. Der Richter sieht hier anscheinend keinen Bedarf einer Beschleunigung.


  • Zu 1. Das kann von meiner Seite aus nicht beurteilt werden. Dies ist aber ein mögliches Szenario jeder Räumung. Meistens kommen die Schuldner dann doch irgendwo unter.

    Zu 2. Der Richter sieht hier anscheinend keinen Bedarf einer Beschleunigung.

    Zu. 1: Dito.
    Letztlich ist es auch weder Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, noch des Gläubigers, für eine Unterkunft des Schuldners zu sorgen.
    Darum könnte sich notfalls das Ordnungsamt kümmern.

    Zu 2:
    Die Anordnung einer vorläufigen Betreuung könnte hier wohl nicht schaden (wenn die sonstigen Voraussetzungen an sich vorliegen).
    Falls der Betreuungsrichter vom anstehenden Räumungstermin noch gar keine Kenntnis hat könnte eine kurze Mitteilung dahingehend zumindest nicht schaden - wenn er trotz Räumungstermin keine Veranlassung dazu sieht, dann ist das nicht zu ändern.

  • Zu 1. Das kann von meiner Seite aus nicht beurteilt werden. Dies ist aber ein mögliches Szenario jeder Räumung. Meistens kommen die Schuldner dann doch irgendwo unter.

    Zumindest eine echte Obdachlosigkeit würde ich für sittenwidrig halten! Das wäre m.E. mit der Komune VORHER zu besprechen!

    Zu 2. Der Richter sieht hier anscheinend keinen Bedarf einer Beschleunigung.


    Ist denn sicher, dass der Schuldner das Verfahren jetzt ausreichend versteht? Das war nach dem SV jawohl im Räumungsrechtsstreit nicht wirklich so...

    Und: als Betroffener würde ich Beschwerde einlegen wenn im Betreuungsverfahren trotz ansstehender Räumung nicht zumindest vorläuig ein Betreuer bestellt wird!

    Sonst könnte hier m. E. evtl. eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu besorgen sein!

  • Zu 1. Das kann von meiner Seite aus nicht beurteilt werden. Dies ist aber ein mögliches Szenario jeder Räumung. Meistens kommen die Schuldner dann doch irgendwo unter.

    Zumindest eine echte Obdachlosigkeit würde ich für sittenwidrig halten! Das wäre m.E. mit der Komune VORHER zu besprechen!

    Warum schreist Du denn so?
    Der Schuldner kann ja jederzeit an die Stadt wenden. Das ist ihm seit Räumungsterminierung auch bestimmt bekannt. Das Vollstreckungsgericht hat diese Gespräche nicht zu führen.
    (Eine Wohnform an sich scheint mir übrigens auch nicht sittenwidrig sein zu können, mag diese nun in einer Gründervilla, im Reihenhaus, in einer Kommune oder unter dem Sternenhimmel stattfinden.)


  • Dass die Ablehnung eines entsprechenden Antrages und die damit einhergehende Obdachlosigkeit "sittenwidrig" sein soll, ist, mal ganz vorsichtig ausgedrückt, wenig juristisch. Darüber hinaus wäre (wenn überhaupt) die Ursache hier beim Zivilgericht zu suchen, welches der Räumungsklage stattgegeben hat.

    Willkommen in der Wirklichkeit.

  • Darüber hinaus wäre (wenn überhaupt) die Ursache hier beim Zivilgericht zu suchen, welches der Räumungsklage stattgegeben hat.


    Ich würde eher meinen beim Verwaltungsgericht bzw. der Kommune, die zur Vermeidung von Obdachlosigkeit berufen sind.

  • Darüber hinaus wäre (wenn überhaupt) die Ursache hier beim Zivilgericht zu suchen, welches der Räumungsklage stattgegeben hat.


    Ich würde eher meinen beim Verwaltungsgericht bzw. der Kommune, die zur Vermeidung von Obdachlosigkeit berufen sind.


    Grundlage für die Räumung ist aber primär der Titel. Darauf wollte ich hinaus.

  • Warum schreist Du denn so?
    Der Schuldner kann ja jederzeit an die Stadt wenden. Das ist ihm seit Räumungsterminierung auch bestimmt bekannt. Das Vollstreckungsgericht hat diese Gespräche nicht zu führen.
    (Eine Wohnform an sich scheint mir übrigens auch nicht sittenwidrig sein zu können, mag diese nun in einer Gründervilla, im Reihenhaus, in einer Kommune oder unter dem Sternenhimmel stattfinden.)


    1. Schrie ich nicht!
    2. Habe ich den SV so verstanden, dass die Komune den Schuldner nicht unterbringen kann!
    3. Bleibe ich dabei: Ich halte eine Räumung durch der Schuldner in die Obdachlosigkeit (ungleich Wohnungslosigkeit) gezwungen wird für stittenwidrig!

    Oder anders ausgedrückt: M.E. darf das Vollstreckungsgricht (ungleich Prozessgericht) nicht sagen: Es ist uns egal ob sie auf der Strasse leben müssen!

  • Die Zwangsräumung setzt den Schuldner aus dem Besitz des Räumungsobjekts und weist einen anderen in den Besitz ein. Das ist alles, so unangenehm das im Einzelfall auch sein kann.

    Ob der Schuldner im Anschluss daran sich privat selbst neuen Wohnraum anmietet, oder der Staat (nicht ein anderer Bürger) ihm ein Obdach verschafft, ist nicht Gegenstand des zivilprozessualen Verfahrens. Hat die Kommune keinen angemessenen Ersatzwohnraum zur Verfügung, kann sie den Schuldner zur Not in die Wohnung wieder einweisen.

  • Jedem sei seine Meinung belassen, ich hab damit kein Problem. Darum ist es ja auch eine Ermessensentscheidung :)
    Und ja, dass selbst das Obdachlosenheim "ihn wirklich nicht unterbringen kann" kann man durchaus in die Beurteilung der Gesamtumstände einfließen lassen - das würde selbst ich nicht als "blanken Populismus" abtun.


  • 3. Bleibe ich dabei: Ich halte eine Räumung durch der Schuldner in die Obdachlosigkeit (ungleich Wohnungslosigkeit) gezwungen wird für stittenwidrig


    Was genau soll daran "sittenwidrig" sein? Das ist, mit Verlaub, blanker Populismus. Das Vollstreckungsgericht ist nicht die CARITAS. Ein Räumungsschuldner, der sich nicht oder nicht ausreichend um Ersatzwohnraum bemüht, muss mit den Folgen seines Verhaltens leben. Das nennt sich Rechtssicherheit und auf diese hat auch ein Räumungsgläubiger Anspruch. Der Räumungstitel ist doch kein Micky Maus-Heft.

  • Die Zwangsräumung setzt den Schuldner aus dem Besitz des Räumungsobjekts und weist einen anderen in den Besitz ein. Das ist alles, so unangenehm das im Einzelfall auch sein kann.

    Das ist der Sinn der Zwangsvollstreckung und dagegen sage ich auch nichts!

    Ob der Schuldner im Anschluss daran sich privat selbst neuen Wohnraum anmietet, oder der Staat (nicht ein anderer Bürger) ihm ein Obdach verschafft, ist nicht Gegenstand des zivilprozessualen Verfahrens. Hat die Kommune keinen angemessenen Ersatzwohnraum zur Verfügung, kann sie den Schuldner zur Not in die Wohnung wieder einweisen.

    Solange die Wiedereinweisung tatsächlich möglich ist, wäre der Schuldner nicht genötigt obdachlos zu werden!

    Damit wäre meine Forderung erfüllt!

    Hinsichtlich der vorläufigen Betreuung bleibe ich bei meiner obigen Aussage! So ich den Schuldner hier zumindest auf die Möglichkeit der Wiedereinweisung hinweisen würde!

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