Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • 1. Der Rechtsanwalt, der im Insolvenzantragsverfahren einen Schuldner vertritt, muss ihn darüber aufklären, dass der für eine Restschuldbefreiung erforderliche eigene Insolvenzantrag nur bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden kann.

    2. Die Versäumung der vom Insolvenzgericht für einen Eigenantrag gesetzten Frist führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrags. Die in § 287 Abs. 1 S. 2 InsO bestimmte Frist gilt nicht für den Eigenantrag des Schuldners, sondern nur für den - nicht mit einem Eigenantrag verbundenen - Antrag auf Restschuldbefreiung.

    3. Der Schuldner kann im Regressprozess gegen seinen Rechtsanwalt nicht auf die Stellung eines neuen Insolvenz- und Restschuldbefreiungsantrags nach Abschluss des laufenden Insolvenzverfahrens verwiesen werden, da ihm das nicht zuzumuten ist. Das gilt umso mehr, wenn er zuvor noch eine dreijährige Wartefrist zurücklegen müsste, weil sein Restschuldbefreiungsantrag im laufenden Insolvenzverfahren verworfen worden ist.

    OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.08.2012 - I- 24 U 110/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ein Steuerberater ist nicht verpflichtet, seinen als Geschäftsführer der GmbH X tätigen Mandanten auf das Risiko einer persönlichen Haftung aus § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. (jetzt § 64 S. 1 GmbHG n.F.) hinzuweisen, wenn er der GmbH Y einen steuerlichen Ratschlag für eine Zahlung an die GmbH X erteilt, mit deren Hilfe die GmbH X in der Krise ein Darlehen an eine Dritte (hier: die Tochter des Geschäftsführers) zurückzahlt und der Steuerberater von beiden Gesellschaften ebenfalls mandatiert ist.

    OLG Celle, Urt. v. 10.10.2012 - 4 U 36/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • AG Göttingen: Beschluss vom 10.09.2012 - 74 IN 160/12


    1. Ob Anordnungen im Schutzschirmverfahren gem. § 270b InsO gem. § 23 InsO öffentlich bekannt gemacht werden, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Insolvenzgerichtes.

    2. Eine Erledigungserklärung ist ausnahmsweise auch im Eigenantragsverfahren möglich.

    3. Der Gegenstandswert gem. § 58 Abs. 1 GKG kann bei Beendigung des Schutzschirmverfahrens vor Eröffnung nach dem erzielten Einnahmeüberschuss bestimmt werden.

  • Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer für ein Fahrzeug, das als Zubehör bereits vor Insolvenzeröffnung durch Anordnung der Zwangsverwaltung über ein Grundstück beschlagnahmt worden war, ist keine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO und daher nicht gegenüber dem Insolvenzverwalter, sondern gegenüber dem Zwangsverwalter festzusetzen.

    BFH, Urt. v. 01.08.2012 - II R 28/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Führt eine Verwalter-GmbH den Schuldnerbetrieb fort, trägt die GmbH künftig das Unternehmensrisiko. Dem Verwalter ist zum Schutz der Gesamtgläubiger verwehrt, der Insolvenzmasse später das Fortführungsrisiko ganz oder teilweise aufzubürden.

    LG Hamburg, Urt. v. 13.09.2012 - 323 O 601/09

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wird die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob für eine auf § 4 des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes (nunmehr § 1 Abs. 2 des Hamburgischen Transparenzgesetzes) gestützte Klage eines Insolvenzverwalters auf Zugang zu den Informationen, die in den beim Finanzamt vorhandenen Vollstreckungsakten über den Schuldner enthalten sind, der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.

    BVerwG, Beschl. v. 15.10.2012 - 7 B 4.12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Die nach § 300 Abs. 1 InsO erforderliche Anhörung zu dem Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung kann in der Form erfolgen, dass in einem im Internet zu veröffentlichenden Beschluss eine Frist bestimmt wird, innerhalb derer die Gläubiger Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen können. Gläubiger, die innerhalb dieser Frist keinen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt haben, sind nach Fristablauf mit ihren Anträgen auf Restschuldbefreiung präkludiert.

    BGH, Beschl. v. 18.10.2012 - IX ZB 131/10
    (eigene Leitsätze)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Nach §§ 35 Abs. 2 S. 2, 295 Abs. 2 InsO obliegt es dem Schuldner, soweit er eine freigegebene selbstständige Tätigkeit ausübt, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Ein Verstoß gegen diese Obliegenheit kann allenfalls nach § 296 InsO zur Versagung der Restschuldbefreiung führen. Eine einklagbare Zahlungsverpflichtung des Schuldners lässt sich indes - anders als bei einem abhängig Beschäftigten - aus diesen Vorschriften nicht ableiten.

    LG Düsseldorf, Urt. v. 23.10.2012 - 7 O 342/11
    (eigene Leitsätze)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • AG Darmstadt: Beschluss vom 14.11.2012 - 3 UR II 3869/12

    Bevor eine Bewilligung von Beratungshilfe für die Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuches gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO in Betracht kommt, können anerkannte Schuldnerberatungsstellen als eine andere zumutbare Hilfsmöglichkeit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG grundsätzlich auch dann vorrangig in Anspruch zu nehmen sein, wenn bei den in der Nähe des Schuldnerwohnsitzes gelegene, unmittelbar von der öffentlichen Hand unterhaltene anerkannten Schuldnerberatungsstellen für den Regelfall mehrjährige Bearbeitungs-/Wartezeiten für die Schuldnerberatung bestehen.

  • a) Ein Degressionsausgleich kommt ab einer Berechnungsgrundlage von mehr als 250.000 € in Betracht. Abzustellen ist auf den Wert der Insolvenzmasse, auf die sich die Schlussrechnung bezieht.

    b) Ein zum Degressionsausgleich gebotener Zuschlag ist keine gesondert festzuset-zende Vergütung, sondern ein Zuschlag, der in die Gesamtabwägung bei der Bemessung eines angemessenen Gesamtzuschlags einzubeziehen ist.

    BGH, Beschluss vom 8. November 2012 - IX ZB 139/10

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Bezeichnet der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung als Bezugsberechtigten im Todesfall unwiderruflich seinen Ehegatten, ist die Zuwendung der Versicherungsleistung regelmäßig bereits mit der Bezeichnung als Bezugsberechtigter vorgenommen. Dies gilt auch dann, wenn die Versicherungsleistung im Erlebensfall dem Versicherungsnehmer zustehen soll und das Bezugsrecht des Ehegatten daran geknüpft ist, dass die Ehe mit dem Versicherten bei dessen Tod besteht.

    BGH, Urteil vom 27. September 2012 - IX ZR 15/12

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Zahlungsunfähigkeit wird durch eine Zahlung an den Gesellschafter nicht im Sinn des § 64 Satz 3 GmbHG verursacht, wenn die Gesellschaft bereits zahlungsunfähig ist.

    Bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit nach § 64 Satz 3 GmbHG ist eine fällige Forderung des Gesellschafters in der Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen.

    Im Fall des § 64 Satz 3 GmbHG kann die Gesellschaft die Zahlung an den Gesellschafter verweigern.

    BGH, Urteil vom 9. Oktober 2012 - II ZR 298/11 -

  • 1. Für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist entscheidend, wann der materiell-rechtliche Berichtigungstatbestand des § 17 Abs. 2 UStG verwirklicht wird. Nicht entscheidend ist, wann die zu berichtigende Steuerforderung begründet worden ist (Änderung der Rechtsprechung).

    2. Ohne Bedeutung ist - ebenso wie der Zeitpunkt der Abgabe einer Steueranmeldung oder des Erlasses eines Steuerbescheids, in dem der Berichtigungsfall erfasst wird -, ob der Voranmeldungszeitraum oder Besteuerungszeitraum erst während des Insolvenzverfahrens abläuft.

    BFH, Urt. v. 25. 7. 2012 - VII R 29/11

  • Droht Masseunzulänglichkeit ernstlich oder ist diese bereits eingetreten, so ist der Insolvenzverwalter berechtigt und auch verpflichtet, weiterbeschäftigte Mitarbeiter vorrangig gegenüber freigestellten Mitarbeitern zu befriedigen.

    2. Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, den freigestellten Arbeitnehmern die drohende Masseunzulänglichkeit anzuzeigen.

    OLG Düsseldorf, Urt. v. 27. 1. 2012 - I-22 U 49/11

  • 1. Mit der wahrheitswidrigen Behauptung gegenüber dem Insolvenzgericht, ein Schuldner sei zahlungsunfähig, wird der Tatbestand der falschen Verdächtigung gem. § 164 Abs. 2 StGB erfüllt.

    2. Ein anderer im Sinne dieser Vorschrift kann auch eine juristische Person sein.

    3. Eine Verurteilung kann grundsätzlich nicht auf die Feststellungen eines freisprechenden Urteils gestützt werden, da dem Angeklagten mangels Beschwer die Möglichkeit fehlte, das Urteil insoweit im Revisionsverfahren überprüfen zu lassen.

    OLG Koblenz, Urt. v. 15. 10. 2012 - 2 Ss 68/12

  • 1. Sind die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung in einem deutschen Insolvenzverfahren nach deutschem Recht gegeben, so kommt gemäß Art. 13 EuInsVO bei Rechtsgeschäften nach ausländischem Recht (hier: Österreich) ein Rückgewährungsanpruch nur in Betracht, wenn auch nach diesem ausländischem Recht Anfechtbarkeit besteht.

    2. Sind diese Voraussetzungen grundsätzlich gegeben und die Anfechtungsfrist von 3 Jahren nach deutschem Recht eingehalten, die einjährige Frist zur Klageerhebung nach österreichischem Recht jedoch verstrichen, so steht dies dem Rückgewährungsanspruch jedenfalls dann nicht entgegen, wenn vor Ablauf der österreichischen Frist zur Klageerhebung die Anfechtung wenigstens rechtsgeschäftlich erklärt wurde.

    3. Art. 13 EuInsVO bezieht sich nur auf den Anfechtungstatbestand, aber nicht auf die Art und Weise der Geltendmachung des Anfechtungsrechts.

    OLG Stuttgart, Urt. v. 28. 9. 2012 - 5 U 17/12

  • Auch der Insolvenzverwalter hat als Arbeitgeber aufgrund der ihm obliegenden Fürsorgepflicht bei allen seinen Maßnahmen auf das Wohl und die berechtigten Interessen seines Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Deshalb muss er u.U. besondere Maßnahmen treffen, welche die Entstehung eines Schadens, insbesondere eine Beeinträchtigung des Fortkommens seines Arbeitnehmers, verhindern können. Aufklärungs- und Hinweispflichten des Arbeitgebers können dabei allerdings nur in engem Umfang angenommen werden. Der Arbeitgeber ist nicht zur allgemeinen Rechtsberatung des Arbeitnehmers verpflichtet.

    ArbG Weiden, Endurt. v. 3. 7. 2012 - 5 Ca 1344/11

  • 1. Zu den Voraussetzungen der Amtslöschung eines GmbH-Geschäftsführers im Falle einer umfassenden verwaltungsbehördlichen Untersagung der Gewerbeausübung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO bei einer anderen GmbH, bei der der Geschäftsführer vorher tätig war.

    2. Zur teilweisen Deckung des Unternehmensgegenstandes.

    KG, Beschl. v. 19. 4. 2012 - 25 W 34/12

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