Voraussetzungen für den lebzeitigen Vollzug einer Schenkung von Todes wegen
1. Eine nicht vollzogene Schenkung von Todes wegen kann ebenso wenig wie eine formnichtige Verfügung von Todes wegen nach dem Erbfall durch Handlungen einer vom Erblasser bevollmächtigten Person in Kraft gesetzt werden. Die Erteilung einer (widerruflichen oder unwiderruflichen) Vollmacht an einen Dritten oder, unter Befreiung von § 181 BGB, an den Beschenkten selbst, das Rechtsgeschäft zur Erfüllung der Schenkung vorzunehmen, ist kein Vollzug iSv § 2301 Abs. 2 BGB. (n. amtl. Ls.)
2. Zwar behandeln § 130 Abs. 2, § 153 BGB das zu Lebzeiten abgegebene Schenkungsangebot, als ob es noch zu Lebzeiten des Zuwendenden durch Zugang wirksam geworden und angenommen worden wäre, wenn ein lebzeitiges Zustandekommen nur zufällig durch den Tod des Zuwendenden scheitert. Dies gilt aber nicht, wenn der Erklärende den Zugang der Willenserklärung bewusst auf einen postmortalen Zeitpunkt verzögert. Sein rechtsgeschäftlicher Wille richtet sich dann auf eine Nachlassregelung, nicht auf eine lebzeitige Willenserklärung. (n. amtl. Ls.)
3. Eine überlebensbedingte Schenkung kann zwar grds. durch eine aufschiebend oder auflösend bedingte Abtretung gem. § 398 BGB vollzogen werden. Eine Abtretung liegt aber nicht in der Erteilung einer (unwiderruflichen, postmortalen) Vollmacht, sondern erfordert weitere Umstände wie etwa die Einrichtung eines Oder-Kontos. (n. amtl. Ls.)
4. Hat der Erblasser nicht bestimmt, wer für die Kosten seiner Beerdigung aufkommen soll, verbleibt es bei der Kostentragungspflicht der Erben gem. § 1968 BGB grds. auch dann, wenn er gleichzeitig einen Bezugsberechtigten für die Sterbegeldversicherung eingesetzt hat. Dem Bezugsrecht als solchem lässt sich idR nicht entnehmen, dass der Bezugsberechtigte die Beerdigungskosten tragen soll. (n. amtl. Ls.)
OLG Brandenburg, Urteil vom 21.3.2023, 3 U 34/22 = ZEV 2023, 596 ff.
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Voraussetzungen für die Pflicht zur Vorlage eines Erbscheins für die Grundbuchberichtigung bei Vorliegen eines Erbvertrags und eines Erb-, Zuwendungs- und Pflichtteilsverzichtsvertrags
1. Ein notarieller (Erb-, Zuwendungs- und Pflichtteils-)Verzichtvertrag ist unmittelbar zwar keine Verfügung von Todes wegen iSd § 35 GBO, kann aber, zusammen mit einem Erbvertrag, als Unrichtigkeitsnachweis gem. § 22 GBO wie bei Erbteilsübertragungs- oder Abschichtungsvereinbarungen ausreichen. (n. amtl. Ls.)
2. In diesem Fall bedarf es keiner analogen Anwendung des § 35 Abs. 1 S. 2 GBO, indem erbfolgerelevante Urkunden, zu denen gem. § 78d Abs. 1 BNotO nicht nur Testamente und Erbverträge, sondern alle Urkunden mit Erklärungen, welche die Erbfolge beeinflussen können (ua Erb- und Zuwendungsverzichtsverträge), gehören, im Einzelfall einer Verfügung von Todes gleichgesetzt werden. (n. amtl. Ls.)
3. Abweichend davon sind aber Verzichtsverträge denkbar, bei denen die Erbenstellung bzw. der Umfang des Verzichts nicht im Wege der Auslegung zu ermitteln ist, sondern außerhalb des Grundbuchverfahrens zu klären und ein Erbschein erforderlich ist. Denkbar ist auch, dass sich der Verzicht nicht auf die Abkömmlinge des Verzichtenden erstreckt, mithin deren Erbenstellung gerade nicht in der Form des § 29 GBO bzw. anhand des Testaments gesichert ist, sondern eines Erbscheins bedarf. (n. amtl. Ls.)
OLG Celle, Beschluss vom 10.5.2023, 18 W 17/23 = ZEV 2023, 596 ff.
Siehe die zust. Anm. von Böhringer zum Beschluss des OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.6.2023 – 19 W 79/21 (Wx) („Keine Gebührenprivilegierung bei der Grundbucheintragung einer aus Erben bestehenden GbR“) in der ZEV 2023, 613/615 ff.
Zschieschack/Dötsch: „Balkonstrom“ und virtuelle Eigentümerversammlung- Eine kritische Annäherung an den Referentenentwurf für eine weitere Modernisierung des WEG“, NZM 2023, 617 ff.
Kroiß, „Die Feststellung der Testierfähigkeit im nachlassgerichtlichen Verfahren“, ZEV 2023, 575 ff.