Vertriebene

  • Hallo liebe Kollegen.

    Bin mir etwas unsicher beim maßgeblichen Güterrecht.
    Folgender Fall: Ehefrau ist gestorben. Ehemann und Ehefrau sind aufgrund Einbürgerung 1988 deutsche Staatsangehörige geworden. Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren sie jedoch in Polen und vermutlich polnische Staatsangehörige.
    Auf Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass die Ehefrau gemäß § 1 Abs. 3 BVFG einen Vertriebenenausweis erhalten hat; ebenso der Ehemann, wobei in dessen Ausweis nicht auf § 1 Abs. 3 BVFG Bezug genommen wurde, sondern nur auf § 10 Abs. 2 Nr. 2 BVFG.

    Gilt damit nun deutsches Güterrecht aufgrund der erfolgten Vertriebenenstellung?

    Vielen Dank für Eure Mithilfe.

  • Art. 15,14 EGBGB sagen dazu:

    Art 15 Abs 1 verweist auf das Ehewirkungsstatut, das nach Art 14 Abs 1 primär durch die gemeinsame (effektive oder deutsche) Staatsangehörigkeit (Nr 1)

    Wenn also beiden polnische Staatsangehörige waren, gilt polnisches Güterrecht.


    Äh... Art. 15 Abs. 4 EGBGB iVm dem Gesetze über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen?

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Art. 15,14 EGBGB sagen dazu:

    Art 15 Abs 1 verweist auf das Ehewirkungsstatut, das nach Art 14 Abs 1 primär durch die gemeinsame (effektive oder deutsche) Staatsangehörigkeit (Nr 1)

    Wenn also beiden polnische Staatsangehörige waren, gilt polnisches Güterrecht.


    Äh... Art. 15 Abs. 4 EGBGB iVm dem Gesetze über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen?

    :daumenrau Es gilt zu klären, ob die beiden Vertriebenen- bzw. Flüchtlingsstatus hatten. Wenn ja, dann wäre der deutsche Güterstand maßgeblich, es sei denn sie hätten eine entsprechende Erklärung zur Beibehaltung des ausländischen Güterstands abgegeben.

    Hinweis:
    Fast alle Vertriebenen, Flüchtlinge und Spätaussiedler waren zum Zeitpunkt der Übersiedlung und damit auch davor nicht mehr deutsche Staatsangehörige. Die deutsche Staatsangehörigkeit hat dieser Personenkreis 1945 verloren, sofern sie die deutsche Staatsangehörigkeit zu diesem Zeitpunkt überhaupt besessen hatten. Viele Vertriebene, Flüchtlinge und Spätaussiedler waren 1945 keine deutschen Staatsangehörigen mehr.

  • Danke.

    Hinsichtlich des Vertriebenenstatus beider Eheleute siehe oben meine Eingangserläuterungen.

    Wären diese ausreichend? Bei der Ehefrau habe ich keine Bedenken, beim Ehemann wurde im Vertriebenenausweis nur auf § 10 BVFG hingewiesen.

    Nochmals danke.

  • Die Einbürgerung würde bedeuten, dass die Leute ausnahmsweise die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt nicht erworben haben bzw. nach 1945 nicht beibehalten haben. Ausnahmsweise, weil die Reichsdeutschen, d.h. Deutsche, die in der Zwischenkriegszeit im Gebiets des Deutschen Reichs in Grenzen von 1937 wohnten, haben in Polen aus westdeutscher Sicht in der Regel die deutsche Staatsangehörigkeit nach 1945 beibehalten und an ihre Abkömmlinge weitergegeben. Das gleiche gilt für Volksdeutsche, die währen des 2. WK durch Eintragung in die sogenannte Deutsche Volksliste erworben hatten.

    Wenn sich die Anwendbarkeit des deutschen Ehegüterrechts aus Art. 15 Abs. 4 EGBGB nicht ergibt, bedeutet die gemeinsame polnische Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Eheschließung noch nicht, dass polnisches Ehegüterrecht anwendbar ist. Denn man muss noch nach Art. 4 Abs. 1 EGBGB das polnische Kollisionsrecht prüfen und die Rück- bzw. Weiterverweisung ausschliessen. Das polnische Kollisionsrecht, sowohl das IPRG 1965, als auch das IPRG 2011, stellt auf die jeweilige gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten bzw. den gemeinsamen Wohnsitz bei unterschiedlichem Heimatrecht. Das Recht ist also wandelbar. Durch Änderung der Staatsangehörigkeitsverhältnisse während der Ehe kann es zu einer Rückverweisung und zur Anwendbarkeit des deutschen Ehegüterrechts kommen.

  • Hinweis:
    Fast alle Vertriebenen, Flüchtlinge und Spätaussiedler waren zum Zeitpunkt der Übersiedlung und damit auch davor nicht mehr deutsche Staatsangehörige. Die deutsche Staatsangehörigkeit hat dieser Personenkreis 1945 verloren, sofern sie die deutsche Staatsangehörigkeit zu diesem Zeitpunkt überhaupt besessen hatten. Viele Vertriebene, Flüchtlinge und Spätaussiedler waren 1945 keine deutschen Staatsangehörigen mehr.

    Das mag für Russland- und Ungarndeutsche zutreffend sein, die 1945 keine deutschen Staatsbürger waren, und für Sudetendeutsche, die zum großen Teil tschechoslowakische Staatsangehörige waren, aber die ganz große Masse der Flüchtlinge und Vertriebenen aus Pommern, Schlesien und Ostpreußen waren und blieben deutsche Staatsangehörige.

    Durch welchen Rechtsakt sollte meine Schwiegermutter, die 1946 aus Schlesien vertrieben wurde, ihre mit Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben?

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