Angebot und Annahme mit Mangel

  • Hallo !

    Mir liegt ein Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung vor mit folgenden Urkunden:

    Die Käuferin, eine GmbH, hat dem Verkäufer = Eigentümer, eine natürliche Person, ein Angebot unterbreitet, das Grundstück des Verkäufers zu kaufen. Annahmefrist war ca. 6 Wochen. Nach Ablauf von vier Wochen und drei Tagen hat der Verkäufer das Angebot angenommen.

    Ich gehe davon aus, dass die Rechtsprechung des BGH bezüglich der Bindungsfrist von vier Wochen (z. Bsp. Urteil vom 27. 9. 2013 - V ZR 52/12) hier nicht greift, da sich die GmbH gebunden hat, so dass die Angebotsfrist kein Problem darstellen dürfte.

    Zwar ist der Geschäftsführer, der für die GmbH handelte, auch einzelvertretungsberechtigt, allerdings wurde er erst knapp zwei Wochen nach Beurkundung seiner Erklärung im Handelsregister eingetragen. Aus einer späteren Eintragung im Handelsregister ergibt sich (jedoch) nicht, dass die eingetragene Rechtsänderung zu dem in den Eintragungsunterlagen genannten Zeitpunkt eingetreten ist (vgl. OLG Köln in NJW-RR 1991, 425).

    Wie gehe ich jetzt weiter vor ? Genügt es, wenn die GmbH ihr eigenes Angebot genehmigt ?

  • Die Genehmigung der GmbH zu den von ihrem Geschäftsführer vor der Eintragung im HR abgegebenen Grundbucherklärung dürfte auf jeden Fall genügen (Rückwirkung).

    Ich bin jedoch der Ansicht, dass keine Genehmigung erforderlich ist, weil sich die Vertretungsberechtigung des Geschäftsführers der GmbH zum Zeitpunkt der GB-erklärung auch anderweitig nachweisen lässt, denn neben dem Vertretungsnachweis nach § 32 GBO bleibt die allgemeine Nachweisführung gemäß § 29 GBO möglich (OLG München, Beschluss vom 16. 9. 2011 - 34 Wx 376/11 unter Zitat: Hügel/Otto, GBO, 2. Aufl., § 29 Rdn. 2; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 32 Rdn. 16).

    Der Geschäftsführer erlangt seine Vertretungsmacht nicht erst mit der Eintragung im Handelsregister; diese Eintragung ist lediglich deklaratorisch. Wer zum Geschäftsführer bestellt ist, wird mit der Annahme Geschäftsführer und nicht erst zum Zeitpunkt der Eintragung (s. Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012-2015, § 39 RN 1A unter Zitat BGH v. 6.11.1995 - II ZR 181/94, DStR 1995, 1967 = NJW 1996, 257 = GmbHR 1996, 49; OLG Hamburg v. 18.1.2000 - 4 U 114/92, NZG 2000, 698; Lücke/Simon, in: Saenger/Inhester, Rdnr. 2; Goette, Die GmbH, S. 234).

    Wie in der ERVGBG-Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/12319, S. 20, r. Sp.) zum Ausdruck kommt, handelt es sich beim Nachweis der organschaftlichen Vertretung um eine „sonstige Voraussetzung der Eintragung”, sodass § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO anwendbar ist. Daher muss nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO die Vertretungsberechtigung als Voraussetzung für die Vornahme einer Grundbucheintragung grundsätzlich durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden, wenn sie nicht offenkundig ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2016 - I-3 Wx 21/15). Das BezG Dresden, MittBayNot 1993, 401 und das LG Erfurt, NotBZ 2001, 393, zitiert bei Schöner/Stöber, RN 3638 Fußnote 5, halten daher auch den Nachweis der Vertretungsmacht durch Vorlage des notariell beurkundeten Beschlusses über die Geschäftsführerbestellung für möglich. Ebenso das KG im B. vom 04.11.2014, 1 W 247-248/14, das ausführt: „Die Vertretungsverhältnisse könnten sich, da die Erwerberin am selben Tag gegründet worden sein soll, aus einem entsprechenden Gesellschaftsvertrag ergeben (vgl. BayObLG, Beschl. v. 26.2.1993 – 2Z BR 6/93 , juris), der zur Verwendung gegenüber dem Grundbuchamt allerdings der notariellen Form bedürfte, § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO (DNotI-Report 24/2002, 185, 187).“

    Es könnte vorliegend also auch der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag, aus dem sich die Vertretungsberechtigung des Geschäftsführers ergibt, oder aber der notariell beurkundete Bestellungsbeschluss darüber vorgelegt werden. Das LG Erfurt, aaO, führt dazu aus: „Damit ist nachgewiesen, dass der Geschäftsführer N seit dem 13. 3. 1998 ordnungsgemäß bestellter und einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Bet. zu 2 ist. Einer Genehmigung der notariellen Urkunden durch die Bet. zu 2 bedarf es nicht. Die bislang unterbliebene Eintragung in das Handelsregister berührt die ordnungsgemäße Bestellung des Geschäftsführers nicht. Die Eintragung hat lediglich deklaratorischen Charakter“.

    § 32 GBO schafft für das GB-Verfahren insofern eine Erleichterung, als nach erfolgter HR-eintragung die sich aus dem Register ergebenden rechtserheblichen Tatsachen dem Grundbuchamt gegenüber durch eine Notarbescheinigung nach § 21 Abs 1 S 1 BNotO oder durch einen amtlichen Registerausdruck oder eine beglaubigte Registerabschrift nachgewiesen werden können. Beim elektronisch geführten Handelsregister* bedarf es dieser Nachweise nicht. Kral führt dazu im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.02.2016, Sonderbereiche Gesellschaftsrecht, RN 5 aus: „Angesichts der deutschlandweiten Einführung des Gemeinsamen Registerportals der Länder kann das Grundbuchamt unabhängig davon, wo das Register geführt wird, mittels Online-Abfrage die in § 32 Abs 1 S 1 GBO genannten Tatsachen stets aktuell überprüfen, so dass insoweit eine Bezugnahme auf die Register uneingeschränkt möglich ist, § 32 Abs 2 GBO (OLG Frankfurt a. M. DNotZ 2012, 141; s auch BeckOK Hügel/Otto GBO § 32 Rn 47 ff). Bezugnahme kann auch auf die im elektronischen Registerordner gem § 9 HRV einsehbaren Tatsachen erfolgen (Jurksch Rpfleger 2014, 405).“

    Wenn Du also schon weißt, dass der Geschäftsführer erst zwei Wochen nach Beurkundung im Handelsregister eingetragen wurde, dann sind Dir Registergericht und HRB-Nr. ja bekannt. Vermutlich wurde auch auf das Register Bezug genommen. Dann meine ich allerdings, dass der Nachweis darüber, dass der Geschäftsführer bereits zum Zeitpunkt der Abgabe der GB-erklärung bestellt war, auch durch die zum HR gereichten Unterlagen geführt werden kann. Das OLG Köln sieht dies im Beschluss vom 30.03.1990, 2 Wx 11/90 = NJW-RR 1991, 425, anders. Mir erscheint diese Sichtweise jedoch aus folgenden Gründen nicht einleuchtend:

    Auch andere für den Rechtsverkehr relevante Sachverhalte, die sich aus der Eintragung im HR nicht ergeben, lassen sich durch die Anmeldung zum HR nachweisen. So wird im Falle der Abschichtung und Anwachsung nach § 143 Absatz 1 HGB, § 31 Absatz 2 S 1, § 157 Absatz 1 HGB im HR lediglich eingetragen, dass die Gesellschaft aufgelöst und die Firma erloschen ist (OLG Köln DNotZ 1970, 747). Auch beim Formwechsel einer GmbH in eine GbR soll nach Ansicht des OLG Bremen, Urteil vom 01.10.2015, 5 U 21/14 im Handelsregister der GmbH nur der Erlöschenstatbestand der GmbH eintragungspflichtig sein, nicht jedoch die neue Rechtsform des Rechtsträgers (GbR) oder ihre Gesellschafter.

    Die Rechtsfolgen, die diese Eintragungen zur Folge haben, lassen sich mithin nur aus der entsprechenden Anmeldung zum HR erschließen (s. Otto im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.02.2016, § 32 RN 38; B. des OLG Dresden 17. Zivilsenat, vom 27.09.2010, 17 W 956/10, = BeckRS 2011, 17863).

    Warum sollte dies für die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Geschäftsführer bestellt wurde, anders sein ?

    Auch bei der Gründungsgesellschaft wird vertreten, dass sich Existenz und Vertretungsverhältnisse bei der Vorgesellschaft durch die später erfolgte Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister nachweisen lassen; s. hier

    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post974087

    Das OLG Hamm führt dazu im Beschluss vom 14.10.2010, I-15 W 201-202/10, aus: „Mag auch die Komplementär-GmbH ihrerseits erst mit ihrer Eintragung in das Handelsregister entstanden sein (§ 11 Abs. 1 GmbHG), so ist nach anerkannter Auffassung auch die GmbH-Vorgesellschaft mit der später durch Eintragung entstandenen GmbH rechtlich identisch mit der Maßgabe, dass auch hier die Vertretungsregelung bereits für die Vorgesellschaft gilt…“.

    Diese Ansicht wird von Wilsch, ZfIR 2015, 62/66, Anmerkung zum B. des KG vom 04.11.2014, 1 W 247-248/14, und offenbar auch von den von ihm zitierten Kommentatoren (BeckOK-GBO/Krahl, Stand 1.10.2014, Sonderbereich Gesellschaftsrecht Rz. 44; Demharter, a. a. O., § 19 Rz. 104) geteilt.

    Ihr liegt zugrunde, dass sich die Vertretungsregelung für den Geschäftsführer der GmbH aus der entsprechenden Anmeldung zum Handelsregister ergibt. Daher erschließt sich mir nicht, weshalb der Nachweis darüber, dass der Eintragung im HR eben jene Bestellung des Geschäftsführers, die zur Eintragung im HR geführt hat, zugrunde liegt, nicht mit den zum HR gereichten Unterlagen geführt werden kann (so OLG Köln im Beschluss vom 30.03.1990, 2 Wx 11/90 = NJW-RR 1991, 425).

    War er zum Zeitpunkt der Abgabe der GB-erklärung zum Geschäftsführer bestellt und hatte er dieses Amt angenommen, dann bestand Vertretungsmacht, so dass es keiner Genehmigung bedarf.

    Das Thema wurde im Übrigen hier auch schon einmal behandelt:
    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post821206

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (16. März 2016 um 18:42) aus folgendem Grund: *Schreibversehen (HR statt GB) korrigiert

  • Deine ausführlichen Darstellungen bringen wirklich weiter !!

    Bezüglich des von Dir verlinkten Threads am Ende muss ich sagen, dass ich eher konzentriert war auf die Frage mit der Wirksamkeit von Angebot und Annahme, so dass ich nicht wegen des Punktes mit dem Geschäftsführerhandeln tiefer recherchiert und den verlinkten Thread gefunden hatte. Sorry !

    Aus den aus dem elektronischen Register einsehbaren und zwischenzeitlich von mir eingesehenen Dokumenten ergibt sich, dass der (nicht notariell beurkundete) Gesellschaftsbeschluss, durch den der handelnde Geschäftsführer bestellt worden ist, am gleichen Tag gefasst wurde, an dem der neu bestellte Geschäftsführer das Angebot abgegeben hat und die Geschäftsführerbestellung vier Tage nach Angebotsabgabe durch die neuen Geschäftsführer angemeldet wurde.

    Damit fehlt mir aber schon der Nachweis der Annahme des Amtes in der Form des § 29 GBO. Es wäre aber theoretisch möglich, dass dieser Nachweis noch erbracht werden könnte. Das kann aber dahingestellt bleiben, weil der Gesellschaftsbeschluss offenbar ohnehin nicht in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO eingereicht werden kann (OLG Düsseldorf a. von Dir a.O.), oder ?

    Wie von Dir zutreffend vermutet, war die Registerstelle der Käuferin bereits bekannt. Von dort hatte ich die Information, dass der Geschäftsführer vierzehn Tage später – nach Angebotsabgabe – im HR eingetragen worden war.

    An die genannten Entscheidungen des BezG Dresden und des LG Erfurt komme ich leider zur Zeit nicht dran.

    Was ich noch nicht nachvollziehen konnte: Nach OLG München (34 Wx 376/11)(am Anfang in #2 zitiert) reicht zum Nachweis einer Ermächtigung der Geschäftsführer der entsprechende (formgerechte) Gesellschafterbeschluss aus. Das OLG hat im Sachverhalt festgestellt, dass die handelnde Gesellschafterin die einzige ist. Woher wissen die das genau ?

    Meinst Du im 6. Absatz, beginnend mit § 32 eventuell statt „Beim elektronisch geführten Grundbuch“ das elektronisch „HR“ ? Dann wäre es mir klar.

    Ich würde jetzt eine Hinweisverfügung (keine Zwischenverfügung) absenden, dass eine Genehmigung des Angebots durch die Käuferin erforderlich ist. Richtig ?

  • Richtig. Ich hatte das elektronisch geführte Handelsregister gemeint und habe dies soeben korrigiert. Zu der weiteren Frage habe ich meine Sicht der Dinge bereits dargelegt. Die Entscheidung des LG Erfurt findest Du auch in der NJW-RR 2002, 824 oder in der NZG 2002, 389 oder unter BeckRS 9998, 78965.

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