Nachfestsetzung aufgrund falschem Streitwert

  • Hallo,

    folgende Konstellation fliegt vor:

    Für die I. Instanz wurde ein Streitwert 11.000 € festgelegt. Nach der Kostengrundentscheidung tragen der Kläger 1/3 und der Beklagte 2/3 der Kosten.

    Für die II. Instanz beträgt der SW 8.000 €. Kostengrundentscheidung ist die selbe.

    Kläger reicht einen KFA für die erste und zweite Instanz mit den jeweils richtigen Streitwerten ein. Der Beklagte reicht eine Vergütung für die I. Instanz mit einem SW von 8.000 € und für die II. Instanz auch mit 8.000 €. Es liegt eine Minderanmeldung vor. Es werden jeweils Stellungnahmen ausgeschickt. Der KfB wird antragsgemäß erlassen und ist bereits rechtskräftig. In dem KfB wurden die Kosten der I und II. Instanz festgesetzt.


    Beklagter merkt den falschen Streitwert im Nachhinein und beantragt eine Nachfestsetzung mit dem richtigen Streitwert. Nachfestsetzungsantrag wurde an die Gegenseite rausgeschickt. Es kam nichts zurück.

    Ich stehe auf dem Schlauch wie ich weiter vorgehen soll ?

    Den KfB aufheben und einen neuen erlassen ? Oder berichtigen ?Oder was würdet ihr machen.

  • Also der erste KFB wurde doch antragsgemäß erlassen und ist nicht zu beanstanden. Natürlich kann der Bekl. einen Nachfestsetzungsantrag stellen bzgl. der "weiteren" Kosten, sofern noch nicht beantragt. Du erlässt nun einen weiteren KFB und setzt 1/3 des Differenzbetrages zugunsten des Beklagten gegen den Kläger fest.

    Für eine Aufhebung oder Berichtigung des ersten KFB fehlen die Voraussetzungen.

    "Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe." - Pippi Langstrumpf

  • ... Natürlich kann der Bekl. einen Nachfestsetzungsantrag stellen bzgl. der "weiteren" Kosten, sofern noch nicht beantragt. ..."

    Ich werfe da mal die entgegenstehende Rspr. des BGH (AGS 2011, 566 - Rn. 7 und 8, auch mit Hinweisen auf die übrige Rspr. und Lit.) in den Raum. ;)

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  • Ich werfe da mal die entgegenstehende Rspr. des BGH (AGS 2011, 566 - Rn. 7 und 8, auch mit Hinweisen auf die übrige Rspr. und Lit.) in den Raum.

    Dabei ist erstmal anzumerken, dass der Fall der Entscheidung nicht direkt vergleichbar gelagert ist. Denn hier haben wir eine SW-Festsetzung auch für die außergerichtlichen Kosten. Vielleicht hätte man in dem Fall der Entscheidung auch erstmal eine SW-Festsetzung für die außergerichtlichen Kosten (notfalls über § 33 RVG) anregen sollen.

    Im vorliegenden Fall steht außerdem fest, dass die Vergütung des Klä.-Vertr. für die 1. Instanz nach einem SW von 11.000 EUR entstanden ist. Nun hat er jedoch zunächst nur die Vergütung nach einem geringerem SW geltend gemacht. Das darf er natürlich machen und wir dürfen auch nur das betragsmäßig festsetzen, was beantragt wurde (§ 308 ZPO). Wenn er danach auch noch die Differenz zum SW von 11.000 EUR geltend macht, dann sehe ich da kein Problem darin auch den weiter geltend gemachten Differenzbetrag festzusetzen.

    In diesem Fall weiche ich dann halt mal von der Rspr. des BGH ab. Man muss da auch nicht immer mitmachen. ;)

    Bei vergessenen oder zu niedrig geltend gemachten Positionen ist Nachliquidation ungeachtet der Rechtskraft eines früheren KFB zulässig

    (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 104 ZPO, Rn. 21.61; m.wN. unter anderem auch: BVerfG 15.2.1995 - 2 BvR 512/92).

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  • In diesem Fall weiche ich dann halt mal von der Rspr. des BGH ab. Man muss da auch nicht immer mitmachen. ;)

    Ich persönlich symphatisiere auch nicht mit dieser Entscheidung, wollte sie "nur in den Ring werfen" für den Fall, dass aufgrund des im Wege der Nachfestsetzung weiteren KFB der so Beschwerte gegen diesen vorgehen sollte. Denn der BGH geht ja mit nur einem Satz über den m. E. kritischen Punkt der Irrtümlichkeit hinweg und verweist dann nur auf die insoweit a. A. in Rspr. u. Lit.

    Und Du hast natürlich recht, dass der entschiedene Fall nicht ganz deckungsgleich ist, weil im hiesigen Fall die Bindung an den Wert für die Gerichtsgebühren auch für den RA besteht (§ 23 I S. 1, § 32 I RVG), so dass er oder das entscheidende Gericht davon schon gar nicht - natürlich unter Berücksichtigung von § 308 ZPO - abweichen kann und den Irrtum auch offensichtlich macht.

    Insoweit greift auch nicht die Begründung des BGH, dass mit dem ersten KFA die Partei "erkennbar ihren gesamten Anspruch auf Erstattung der Verfahrensgebühr geltend gemacht" und auch nicht: "Indem sie die volle Verfahrensgebühr auf der Grundlage des von ihr für richtig gehaltenen Gegenstandswerts zur Festsetzung beantragt hat, gab sie zu erkennen, dass sie ihren ganzen Anspruch und nicht nur einen Teil davon festgesetzt haben wollte. Es sollte kein Rest zurückgestellt werden, der einer Nachforderung zugänglich wäre."

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