Hallo zusammen,
Erblasser A ist 2023 als Letztsterbender Ehegatte verstorben. Seine Ehefrau B ist 2022 verstorben.
Aus der gemeinsamen Ehe von A und B ist eine Tochter S hervorgangen. Aus erster Ehe der Ehefrau B sind die Söhne R und H ( Stiefsöhne des Erblassers ) hervorgegangen.
Der Stiefsohn/Sohn R ist 2021 vor beiden Erblassern vorverstorben und hinterließ zwei Kinder ( aus Sicht des Erblassers A "Stiefenkel" ).
Beide Ehegatten haben am selben Tag in 1994 - jedoch jeweils als Einzeltestament - letztwillig verfügt , dass
a.) der überlebende Ehegatte für den Fall der Wiederheirat als alleiniger befreiter Vorerbe eingesetzt wird
b.) als Nacherben für den Fall der Wiederverheiratung "unsere" drei Kinder eingesetzt sind ( Anm. : ohne diese namentlich zu benennen )
c.) für den Fall , dass beide Ehegatten zur gleichen Zeit ableben , "unsere" drei Kinder zu gleichen Teilen erbberechtigt sind ( Anm : dieses mal mit namentlicher Nennung von S, R und H )
Nach der erstverstorbenen B ist auch entsprechender Erbschein erteilt worden mit dem Erblasser A als befreiten Vorerben und den Kindern S und H sowie den beiden Enkeln der Erblasserin
( anstelle von R ) als Nacherben für den Fall der Wiederverheiratung von A.
In dem nun eingeleiteten Erbscheinsverfahren ist das einzige leibliche Kind des Erblassers - die Tochter S - der Auffassung , dass das Testament des Erblassers nicht zutrifft , sondern gesetzliche Erbfolge zu ihren Gunsten greift , weil die Testamentserbin B vorverstorben ist und keine Ersatzerben bestimmt wurden und außerdem der Fall des gleichzeitigen Ablebens s.o. Ziff. c.) nicht vorliegt.
Ich kann dem derzeit nicht folgen , weil m.E. ein Ersatzerbe nicht zwingend namentlich bestimmt sein muss , sondern auch durch ergänzende Auslegung festgestellt werden kann. In der Einsetzung der Ehefrau als Alleinerbin als besonders nahestehende Person könnte der Erblasser zum Ausdruck gebracht haben , dass bei dem Wegfall von B deren ( sämtliche ) Abkömmlinge als Ersatzerben eingesetzt sind ( vgl. Palandt Anm. 1 zu § 2096 BGB) . Damit wären dies - neben der S - auch der Stiefsohn H und die beiden oben erwähnten "Stiefenkel" des A.
Die landläufig geforderte Andeutung des Erblasserwillens könnte sich aus der Zusammenschau beider - am selben Tag von A und B- errichteten Testamente ergeben , wonach jeweils "unsere" Kinder erwähnt sind sowie die namentliche Nennung aller "vorhandenen" Kinder für den Fall von c.)
Ich gehe dabei davon aus , dass es sich bei einem eingesetzten überlebenden Ehegatten als Erbe immer um eine nahestehende Person ( im Sinne von Palandt Anm. 8 zu § 2069 ) eines Erblassers handelt
Wie seht Ihr das ?