Vollzeitpflegegeld § 33 SGB VIII

  • Hallo zusammen,

    ich habe eine bestehende Kontopfändung.

    Auf dem Konto sind jetzt nachgezahltes Vollzeitpflegegeld nach § 33 SGB VIII in Höhe von über 1000 Euro monatlich eingegangen.
    Zudem gehen jetzt monatliche Zahlungen ein.

    Grundsätzlich würde ich sagen, dass Vollzeitpflegegeld unpfändbar ist (LG Essen, Beschl. v. 25.05.2016, Az. 10 T 110/16; BGH vom 4.10.2005 – VII ZB 13/05)

    Für die nachgezahlten Leistungen muss ich die Freigabe erteilen nach § 904 Abs. 2 ZPO (natürlich nach Anhörung usw.).

    Die Bank hat aber der Schuldnerin schon mitgeteilt, dass sie auch für die laufenden Leistungen eine Bescheinigung des Vollstreckungsgerichts benötigen.

    Ich bin irgendwie davon ausgegangen, dass die laufenden Leistungen unter § 902 Nr. 6 (nicht unter Nr. 1b, da es SGB VIII-Leistungen sind). Allerdings finde ich keine Vorschrift, die die Unpfändbarkeit festlegt.

    Muss ich dann tatsächlich auch die laufenden Leistungen freigeben?

  • Der BGH verneint, dass Pflegegeld eine den Pfändungsschutzvorschriften des § 54 SGB I unterfallende Sozialleistung darstellt (BGH, Beschl. v. 20.10.2022 – IX ZB 12/22, NZI 2023, 221) sondern gem. § 851 I ZPO, § 399 Var. 1 BGB unpfändbar ist. Daher läuft das bei mir nicht nach § 904 ZPO.

    Nach dem zitierten BGH-Beschluss gehe ich von einer grundsätzlichen Unpfändbarkeit von Pflegegeld aus und gebe auch Nachzahlungen in voller Höhe frei.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • Der BGH verneint, dass Pflegegeld eine den Pfändungsschutzvorschriften des § 54 SGB I unterfallende Sozialleistung darstellt (BGH, Beschl. v. 20.10.2022 – IX ZB 12/22, NZI 2023, 221) sondern gem. § 851 I ZPO, § 399 Var. 1 BGB unpfändbar ist. Daher läuft das bei mir nicht nach § 904 ZPO.

    Nach dem zitierten BGH-Beschluss gehe ich von einer grundsätzlichen Unpfändbarkeit von Pflegegeld aus und gebe auch Nachzahlungen in voller Höhe frei.

    Ok. Wenn du nicht nach § 904 freigibst, nach welcher Vorschrift gibst du den dann frei?

    Und wie machst du das mit den laufenden Zahlungen?
    Die gibst du gar nicht frei, sondern verweist auf § 902 Nr. 6 i. V. m. §§ 851 Abs. 1, 399 ZPO? Das machen deine Kreditinstitute mit?

  • bitte differenzieren:

    die benannte BGH Entscheidung betrifft den Fall, dass das Pflegegeld an die pflegende Person und nicht an den Anspruchsberechtigten gezahlt oder weitergeleitet wird. Hier ist von einer Unpfändbarkeit aufgrund der Zweckbindung auszugehen.


    Soweit das Pflegegeld dem Konto der Pflegeperson gutgeschrieben wird, ist über die Nachzahlung nach § 904 ZPO zu entscheiden und hinsichtlich des laufenden Pflegegeldes der Schuldner auf eine Bescheinigung nach § 903 ZPO zu verweisen, da das Pflegegeld für die Pflegeperson unter § 902 Nr. 2 ZPO fällt.


    Ach stelle gerade fest: ist ja "anderes" Pfleggeld....

    Wenn die Unpfändbarkeit der Leistung nicht aus dem SGB selbst folgt, ist § 902 Nr. 6 ZPO nicht anwendbar und im Zweifelsfall durch das Gericht zu bescheiden.

  • Also in meinem Fall wurde das Pflegegeld an die Pflegeperson geleistet.

    Dann also Nachzahlungen freizugeben nach § 904 Abs. 2 und laufende Leistungen nach § 906 Abs. 2 i.V.m. 902 Nr. 6 ZPO?
    Weil es sich in meinem Fall um Vollzeitpflegegeld handelt.

    Sorry, mit dem Pflegegeld stehe ich echt auf dem Kriegsfuss...
    Dachte, so langsam hab ich es und dann kommt plötzlich Vollzeitpflegegeld nach SGB VIII ins Spiel...

  • Hm. Wenn das Pflegegeld bei der Pflegeperson unpfändbar ist, da es zweckgebunden der zu pflegenden Person zusteht, ist es bei der zu pflegenden Person erst recht unpfändbar damit die Zweckbindung gewährleistet bleibt. Hierzu führt der BGH (IX ZB 12/22) explizit aus: "Die genannten Ziele des Pflegegeldes, die Autonomie des Pflegebedürftigen zu stärken und einen Anreiz für die Aufnahme und Fortsetzung einer häuslichen Pflege zu schaffen, würden nicht erreicht, wenn das Pflegegeld zwar beim Pflegebedürftigen unpfändbar bliebe, bei der Pflegeperson aber als nach den allgemeinen Vorschriften pfändbares Arbeitseinkommen behandelt würde."

    Dabei spielt es m.E. keine Rolle, ob es sich um Pflegegeld nach SGB IX oder wie hier nach SGB VIII handelt.


    Und nochn Zitat: "Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen stellt das Pflegegeld ... keine den Pfändungsschutzvorschriften des § 54 SGB I unterfallende Sozialleistung dar." (BGH, a.a.O.) Deswegen komme ich bei meiner Denkweise nicht in die Anwendung von § 902 ZPO.

    Bei Nachzahlungen beziehe ich die in § 902 Abs. 2 und 3 ZPO genannten "laufenden Sozialleistungen" nicht auf alle denkbaren Sozialleistungen (z.B. auch Pflegegeld), sondern wegen des Zusammenhangs mit § 904 Abs. 1 ZPO ("... wenn es sich um Geldleistungen gemäß § 902 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b oder c oder Nummer 4 bis 6...") nur auf die anderen in § 902 ZPO aufgezählten Sozialleistungen. Da habe ich aber bislang keine Ausführungen zu gefunden...

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • ....


    Und nochn Zitat: "Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen stellt das Pflegegeld ... keine den Pfändungsschutzvorschriften des § 54 SGB I unterfallende Sozialleistung dar." (BGH, a.a.O.) Deswegen komme ich bei meiner Denkweise nicht in die Anwendung von § 902 ZPO.

    Bei Nachzahlungen beziehe ich die in § 902 Abs. 2 und 3 ZPO genannten "laufenden Sozialleistungen" nicht auf alle denkbaren Sozialleistungen (z.B. auch Pflegegeld), sondern wegen des Zusammenhangs mit § 904 Abs. 1 ZPO ("... wenn es sich um Geldleistungen gemäß § 902 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b oder c oder Nummer 4 bis 6...") nur auf die anderen in § 902 ZPO aufgezählten Sozialleistungen. Da habe ich aber bislang keine Ausführungen zu gefunden...


    das für die Entscheidung relevante steckt in deinen "....", nämlich "welches die selbst nicht pflegebedürftige (aus dem folgenden Absatz ergänzt) Schuldnerin bezieht", so dass für die pflegende Person, an die das Pflegegeld weitergeleitet wird, der für den Anspruchsberechtigten gesetzliche geregelte Schutz des § 54 SGB I nicht anwendbar ist und man die Unpfändbarkeit in diesem Fall über § 851 ZPO herleitet.


    Im Ergebnis dürften wir uns aber alle einig sein, dass ein Zugriff auf Maras Pflegegeld nicht möglich ist.

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