Verwirkungsklausel, Verzicht auf Anfechtung durch alle Beteiligten, Vollerbschein

  • Hallo,

    ich habe ein gemeinschaftliches Testament vorliegen, in welchem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und als Schlusserben die Kinder nebst Teilungsanordnungen. Das Testament enthält weiter folgenden Passus: " Sollte jemand der Erben unsere Verfügung anfechten wollen, soll derjenige nur den Pflichtteil erhalten". Beide Ehegatten sind nunmehr verstorben, so dass der Schlusserbfall eingetreten ist. Es wird von einer "Verwirkungsklausel " ausgegangen mit der Folge, dass die Kinder auflösend bedingte Vollerben und zugleich aufschiebend bedingte Vorerben geworden sind. Die Kinder benötigen einen Erbschein. Mir wurde nun ein Auslegungsvertrag vorgelegt sowie notariell beurkundete Verzichtserklärungen aller Kinder, dass diese unwiderruflich auf sämtliche in Betracht kommende Anfechtungsrechte verzichten. Beantragt wird daraufhin ein Erbschein für die Kinder zu gleichen Teilen ohne die Angabe der Vor- und Nacherbschaft. Hättet ihr Bedenken gegen die Erteilung eines solchen Erbscheins?

  • Den (hoffentlich notariellen) Auslegungsvertrag hätte es dafür nach meiner Ansicht gar nicht gebraucht, sodass es auch nicht auf die Erwägung ankommt, dass die Erbfolge nicht zur Disposition der Beteiligten steht. Für die Rechtsverhältnisse untereinander mag der Auslegungsvertrag aber natürlich seinen Zweck erfüllen.

    Nach meiner Ansicht ist der allseitige Verzicht auf jedwede Anfechtungsrechte der entscheidende Gesichtspunkt.

    Ich hatte einmal einen Fall, bei dem der Erblasser doch tatsächlich angeordnet hat, dass die als Erben bedachten Personen enterbt sind, sofern sie nicht spätestens zwei Wochen nach Testamentseröffnung zu Protokoll des Nachlassgerichts erklären, dass sie das Testament vollumfänglich akzeptieren. Das haben die Erben - ich glaube, es waren fast zehn - dann auch brav gemacht.

  • Vielen Dank für die Einschätzung. Über den notariellen Auslegungsvertrag habe ich mich auch gewundert, wenn alle Beteiligten auf jegliche Anfechtungsmöglichkeiten verzichten. Vielleicht wurde dieser aufgrund meines vorab mitgeteilten Hinweises geschlossen, wie eine solche Klausel auszulegen sein könnte. Der Verzicht wurde ebenfalls in der notariellen Urkunde erklärt. Hätte hier auch eine schriftliche Erklärung aller Beteiligten genügt?

  • Ich denke, dass es hierfür kein Formerfordernis gibt. In privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testamenten wird die Anfechtung (z. B. wegen § 2079 BGB) ja auch oft ausgeschlossen. Aber da in Deinem Fall die "stärkste" der in Betracht kommenden Formen eingehalten ist, kommt es darauf im Ergebnis nicht an.

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