Löschung Nacherbenvermerk?

  • A ist befreite Vorerbin.
    Nacherben sind B und C, Ersatznacherben jedes Nacherben seine Abkömmlinge.
    Für die Nacherben ist Testamentsvollstreckung angeordnet.

    Jetzt überträgt A den Grundbesitz auf B. Der Notar beantragt die Löschung des Nacherbenvermerks und des TV-Vermerks im Wege der Grundbuchberichtigung unter Hinweis auf das Testament.

    Im Testament steht:
    Die Vorerbin ist berechtigt, vor Eintritt des Nacherbfalls den zur Vorerbschaft gehörenden Grundbesitz an einen oder beide Nacherben zu übertragen.
    Macht die Vorerbin von dieser Befugnis Gebrauch, so gilt der ihr überlassene Grundbesitz als durch Vorausvermächtnis auf Ableben des Erstversterbenden, also von mir, Erblasserin, zugewendet.

    Kann der Nacherbenvermerk (und damit natürlich auch der TV-Vermerk) im Wege der Grundbuchberichtigung ohne Bewilligung von C gelöscht werden?

    Life is short... eat dessert first!

  • Wurde die Erbfolge samt Nacherbenvermerk aufgrund Erbscheins oder aufgrund notariellen Testaments samt Eröffnungsniederschrift eingetragen?

    Welchen genauen Wortlaut hat der Nacherbenvermerk?

  • Sorry, hatte die ganze Zeit Bürger da.

    Die Eintragung ist aufgrund notariellen Testaments erfolgt.
    Der NE-Vermerk lautet:
    A ist befreite Vorerbin und für den Fall ihrer Wiederheirat teilweise befreite Vorerbin. Die Nacherbfolge tritt bei Tod der Vorerbin ein.
    Nacherben:
    B
    C
    Ersatznacherben sind die leiblichen Abkömmlinge eines jedes Nacherben.

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  • So, ich habe mir noch mal Gedanken zu meiner Akte gemacht.

    Eigentlich müsste ich doch hier genau den Fall von § 2110 Abs. 2 BGB haben. Durch Gebrauchmachung von der Überlassungsbefugnis ist das Grundstück direkt und unbeschwert von der Nacherbschaft der Vorerbin als Vorausvermächtnis zugefallen. Der NE-Vermerk ist hierdurch unzulässig geworden. Ich könnte also NE-Vermerk und TV-Vermerk im Wege der Grundbuchberichtigung (nach vorheriger Anhörung von C) löschen.

    Hat vielleicht noch jemand einen anderen Lösungsvorschlag?

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  • Ich sitze gerade über einem noch heute fertigzustellenden Gutachten und komme daher spätestens morgen auf die Sache zurück.

  • Darf ich mich hier mal anschließen:

    Ich habe den umgekehrten Fall:

    A ist nicht befreiter Vorerbe. Nacherben sind b,c und d. Nur für den Vorberben ist TV angeordnet.
    Der TV will nun das Grundstück veräußern (tlw. unentgeltlich -zinslose Stundung des Kaufpreies bis 2017-) ohne Mitwirkung der Nacherben.
    Nach meiner Ansicht ist das nicht möglich, da der TV den gleichen Verfügungsbeschränkungen wie der Vorerbe unterlegen ist.
    Sehe ich das richtig ?

    Jens

  • Ich sehe es auch so.
    Der TV kann nur das verwalten, was dem Vorerben überhaupt zusteht.
    Daher braucht auch der TV hier die Zustimmung der Nacherben.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ob der Vorerben-Testamentsvollstrecker den gleichen Verfügungsbeschränkungen wie der Vorerbe unterliegt, ist streitig, aber mit der hM zu bejahen, weil der TV nicht mehr Rechte haben kann als der Vorerbe selbst (vgl. Palandt/Edenhofer § 2205 RdNr.23 m.w.N.). Gleichwohl ist eine Zustimmung der Nacherben natürlich nicht erforderlich, sofern der Nacherbenvermerk bestehen bleiben soll. Ist dagegen -wovon ich ausgehe- die Löschung des NE-Vermerks beantragt, führt an der Zustimmung der Nacherben (nicht auch der Ersatz-nacherben) kein Weg vorbei, ohne dass es darauf ankäme, ob eine entgeltliche oder unentgeltliche Verfügung des TV in Frage steht. Es handelt sich ja um eine nicht befreite Vorerbschaft, sodass auch bei entgeltlicher Verfügung § 2113 Abs.1 BGB eingreift.

    Des weiteren ist zu beachten, dass der TV nach § 2205 S.3 BGB natürlich auch selbst dem Verbot der unentgeltlichen Verfügung unterliegt. Liegt eine teilunentgeltliche Verfügung (was bei zinsloser Stundung des Kaufpreises zu bejahen sein dürfte), muss demzufolge auch der Vorerbe selbst zustimmen.

    Zur Frage von Mola später, aber noch heute.

  • @juris:
    Danke, dass Du Dich so um uns alle kümmerst.
    Lass Dir mit meinem Problem ruhig Zeit, ich habe ja "nur" einen Übertragungsvertrag ohne Bestellung von Rechten, da sehe ich wirklich keine Eilbedürftigkeit. Ich bin schon froh zu wissen, dass Hilfe naht :cool:.

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  • Mittlerweile bin ich dem Rätsel auf der Spur, benötige zur Lösung aber noch eine Dissertation, die ich heute erst per Internet bestellen konnte. Ich hoffe, es hat noch ein paar Tage Zeit.

    Vorab folgende Frage:

    Gehe ich recht in der Annahme, dass es sich um ein notarielles Testament handelt und dass dieses Testament im Jahr 2001 oder später errichtet wurde?

  • juris, Du bist wirklich ein Schatz! :daumenrau

    Es handelt sich um ein notarielles Testament. Über das Jahr der Errichtung bin ich mir jetzt allerdings nicht ganz sicher, da die Akte im Büro liegt, so ein Mist :mad:.
    Entweder ich fahre gleich noch hin und hole sie (was wahrscheinlich ist), oder Du musst Deine Überlegungen zu der Sache noch bis Montag ruhen lassen, damit Du Dir nicht unnötige Gedanken über einen vielleicht nicht zutreffenden Sachverhalt machst.
    Ich melde mich auf jeden Fall, sobald ich es genau weiß!

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  • Meine Annahme, dass es sich (a) um ein notarielles Testament handelt und (b) dass dieses Testament vermutlich frühestens im Jahr 2001 errichtet wurde, gründet sich darauf, dass in diesem Jahr eine Dissertation vorgelegt wurde, in welcher die dem vorliegenden Sachverhalt zugrunde liegende rechtliche Konstruktion befürwortet und für zulässig erachtet wurde:

    Julia Nolting: Die Befreiung des Vorerben über die Grenzen des § 2136 BGB hinaus. Das bedingte oder befristete Vorausvermächtnis als Rechtsinstitut zur umfassenden Befreiung des Vorerben (196 S.).

    Da ich nicht davon ausgehe, dass diese Dissertation einem rechtlichen Laien bekannt sein kann, liegt die Annahme nahe, dass es sich um ein notarielles Testament handelt (insoweit bereits bestätigt) und dass der Inhalt dieses Testaments auf der in der genannten Dissertation vertretenen Rechtsauffassung fußt. Sofern auch die letztgenannte Annahme zutrifft, kann das Testament frühestens im Jahr 2001 errichtet worden sein.

    Ich habe mir die Dissertation inzwischen antiquarisch bestellt und gehe davon aus, dass sie im Lauf der nächsten Woche bei mir eintrifft. Zum jetzigen Zeitpunkt will ich mich daher zur Zulässigkeit der im Ausgangssachverhalt genannten testamentarischen Bestimmungen nicht abschließend äußern. Ich habe jedenfalls gewisse rechtliche Bedenken, von denen ich gerne wüsste, ob sie in der Dissertation angesprochen und ggf. überzeugend ausgeräumt wurden.

  • So, ich habe die Akte da :cool:.

    Das Testament datiert vom 23.08.2001. Falls noch weitere Einzelheiten im Wortlaut benötigt werden, stelle ich sie gerne ein.

    Edit:
    Hat sich mit #14 überschnitten.
    Der Notar, der dieses Testament verfaßt hat, ist für seine "Gründlichkeit" bekannt. Das Testament umfaßt 10 Seiten...

    Life is short... eat dessert first!

  • Bingo!

    Entspricht der Wortlaut des Testaments der im Ausgangssachverhalt genannten Formulierung? Letztere deutet nämlich auf ein aufschiebend bedingtes Vorausvermächtnis für den Fall der künftigen Verfügung hin, während die zutreffende rechtliche Konstruktion wohl wäre, ein auflösend bedingtes Vorausvermächtnis für den Fall anzuordnen, dass künftig nicht verfügt wird.

    Die genannte Dissertation stammt übrigens aus Bielefeld.


  • Die genannte Dissertation stammt übrigens aus Bielefeld.


    Da wäre es in der Tat nicht undenkbar, dass sie dem Notar bekannt war ;).

    Ja, ich habe das Testament genau zitiert. Aber es ist natürlich insgesamt noch viel länger...

    Am Ende (unter "Ergänzend ordne ich noch folgendes an") habe ich hierzu noch folgende Passage gefunden:

    Soweit meine Schwester A als Vorerbin das Hausgrundstück vorzeitig auf Nacherben überträgt, ist gleichzeitig sicherzustellen, dass meine Schwester A in ihrer bisherigen Wohnung im Hause mietfrei auf Lebenszeit weiter leben kann wie bisher. Notfalls ist zugunsten meiner Schwester A an ihrer bisherigen Wohnung ein lebenslängliches Wohnrecht einzutragen im Grundbuch zu bestellen.

    Life is short... eat dessert first!

  • Die besagte Dissertation ist heute eingetroffen. Ich gehe davon aus, dass ich im Lauf der Woche dazu komme, sie zu studieren (196 Seiten).

  • 1. Die Notwendigkeit der Bedingtheit des Vorausvermächtnisses

    Die vorliegende erbrechtliche Konstruktion, wonach es die Zuwendung eines aufschiebend bedingten Vorausvermächtnisses dem Vorerben ermöglichen soll, zugunsten einer bestimmten Person oder zugunsten einer von mehreren bestimmten Personen ohne Beschränkung durch die Vorerbschaft zu Lebzeiten unentgeltlich zu verfügen, wurde bereits vor dem Erscheinen der besagten Dissertation in der erbrechtlichen Literatur erörtert (Frank MittBayNot 1987, 231; Langenfeld NJW 1987, 1577,1579; Müller ZEV 1996, 179, 180; Wübben ZEV 2000, 30; Mayer ZEV 2000, 1, 5). Der Grundgedanke dabei ist, dass ein dem Alleinvorerben zugewendetes Vorausvermächtnis nach § 2110 Abs.2 BGB bewirkt, dass der vom Vorerben im Wege der Erbfolge erworbene Vermächtnisgegenstand in das Eigenvermögen des Vorerben fällt und daher nicht den Beschränkungen der Vorerbschaft (und damit auch nicht derjenigen des § 2113 Abs.2 BGB) unterliegt. Will der Erblasser dem Vorerben aber nur eine bestimmte unentgeltliche Verfügung (meist: die vorzeitige lebzeitige Verteilung des Grundbesitzes unter den gemeinsamen Abkömmlingen) gestatten, so verbietet sich allerdings die Zuwendung eines unbedingten Vorausvermächtnisses an den alleinigen Vorerben, weil dies dazu führen würde, dass der Vorerbe entgegen dem Erblasserwillen völlig frei über den Vermächtnisgegenstand verfügen kann und dieser selbst für den Fall der Nichtverfügung des Vorerben beim Eintritt des Nacherbfalls nicht den Nacherben, sondern den Erben des Vorerben zugute kommt. Dieses unerwünschte Ergebnis lässt sich durch die aufschiebende Bedingung vermeiden, wonach das Vorausvermächtnis für den alleinigen Vorerben nur angeordnet ist, wenn er in der vom Erblasser gestatteten bestimmten Weise über den betreffenden Nachlassgegenstand verfügt. Diese aufschiebende Bedingung bewirkt zum einen, dass der Vorerbe in der Zeit vom Erbfall bis zur Vornahme der besagten gestatteten Verfügung ganz normal den Beschränkungen der Vorerbschaft unterliegt und sie führt des weiteren dazu, dass der betreffende Nachlassgegenstand beim Nacherbfall auf die Nacherben übergeht, falls der Vorerbe nicht entsprechend lebzeitig verfügt hat, weil die für die Anordnung des Vorausvermächtnisses gesetzte aufschiebende Bedingung in diesem Fall endgültig ausgefallen ist.

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