Zulässigkeit der Aufrechnung nach §§52 ff. SGB mit Insoforderung während d.Verfahrens

  • Hattet Ihr sicher schon alle. Bundesagentur rechnet nach IE mit Ansprüchen aus einem dem Schuldner gewährten vorinsolvenzlichen Darlehen gegen die monatlichen Regelleistungen nach dem SGB II auf, §§ 52 ff SGB.

    Ich erachte dies als unzulässig. Es gibt scheinbar ein Urteil des AG Dortmund, soweit ich weiß, welches besagt, dass dies entgegen insolvenzrechtlichen Prinzipien zulässig sein soll.

    Ich sehe hier die neu entstehenden Auszahlungsansprüche auf Sozialgeld jeden Monat neu entstehen, wie das Arbeitsentgelt eines AN. Somit steht § 96 InsO der Aufrechnung entgegen, insbesondere dessen Nummer 1:

    Die Aufrechnung ist unzulässig,

    1.
    wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,

    2. wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,3. wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,4. wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

    Mich würden Eure Meinungen interessieren. Hatte sicherlich jeder schon mal!

  • Die "Aufrechnung" geht doch sicher aus dem unpfändbaren Teil, oder?




    Klar, aber das ist ebenso unzulässig. Denke ich. Ist in meinen Augen ne Gläubigerbegünstigung, welche ohne Einverständniserklärung des Schuldners erfolgt.

  • Die Aufrechnung ist unzulässig,

    1.
    wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,



    Ich halte das zwar ebenfalls für eine Schweinerei, jedoch außerhalb meines Zuständigkeitsbereichs (als IV/TH), weil sich das alles im unpfändbaren Bereich abspielt und daher insolvenzmasseneutral ist. § 96 InsO erfasst den Fall jedenfalls nicht (siehe Markierung), § 89 InsO auch nicht und § 91 InsO ebenfalls nicht.

  • Ernst:

    Zitat

    Ich erachte dies als unzulässig. Es gibt scheinbar ein Urteil des AG Dortmund, soweit ich weiß, welches besagt, dass dies entgegen insolvenzrechtlichen Prinzipien zulässig sein soll

    :daumenrunAnbei das Urteil des Sozialgerichts Dortmund. Den Konflikt zwischen getroffener Entscheidung und dem Ziel der Entschuldung des Verbrauchers sieht das Gericht auch. Ob das das letzte Wort bleibt ?

  • M.E. ist das Thema seit BSG, Urteil vom 10.12.2003, B 5 RJ 18/03 R, durch. Verrechnung ist zulässig, auch wenn das wohl keiner so gewollt hat. Das Bayerische Oberste hat 2000 auch in die Richtung orakelt, wobei es allerdings nur die Verrechnung mit eigenen Ansprüchen des Sozialleistungsträgers zulassen wollte, während das BSG auch die Verrechnung im Auftrag für andere Behörden für zulässig hält (BayObLG, Beschluß vom 10.4.2001 4 Z BR 23/00).

  • @Filosof: wobei das Dortmunder Urteil nochmals eine Verschärfung darstellt. Begrenzt das BSG die Verrechnung auf 2 Jahre. Sagt das Dortmunder Urteil ,dass diese zeitliche Befristung der Verrechnung nach §114 Inso für den unpfändbaren Teil des Einkommens nicht gelte. In der Konsequenz könnte damit im unpfändbaren Bereich unbefristet verrechnet werden.


  • Ich halte das zwar ebenfalls für eine Schweinerei, jedoch außerhalb meines Zuständigkeitsbereichs (als IV/TH), weil sich das alles im unpfändbaren Bereich abspielt und daher insolvenzmasseneutral ist. § 96 InsO erfasst den Fall jedenfalls nicht (siehe Markierung), § 89 InsO auch nicht und § 91 InsO ebenfalls nicht.



    Klar, aber was nicht zum Insolvenzbeschlag gehört, muss dennoch nicht rechtsfreier Raum sein! Rechnet die Sozialbehörde unzulässigerweise auf, könnte man durchaus sich als Verwalter "bereit erklären", ein "saftiges Schreiben" an die ArgE abzufassen und vom Schuldner ne "Beteiligung" für die Masse zu verlangen. Haben wir hier schon praktiziert. Dann stichst du deine Kollegen aus, Chick, indem du aus dem Nichts doch noch Masse zauberst! Und der Richter wird es möglicherweise honorieren. :strecker

    Auch ist mir nach der Lektüre des Urteils unbegreiflich, warum die Behörde gegen Ansprüche aus dem Unpfändbarem aufrechnen darf. Ist ja ne krasse Umgehung des § 89 InsO. Sonst dürfte doch auch jeder Insolvenzgläubiger, dessen Forderung nachweislich auf einer vbUH beruht, gnadenlos in den privilegierten Bereich auch nach der Eröffnung vollstrecken. Iss aber nich nach den einschlägigen Kommentaren.

    Ich stell mich nach wie vor auf den Standpunkt, diese Aufrechnung ist nicht möglich. Der Krug geht sicherlich nur so lange zum Brunnen, bis er bricht........ :D

  • @Filosof: wobei das Dortmunder Urteil nochmals eine Verschärfung darstellt. Begrenzt das BSG die Verrechnung auf 2 Jahre. Sagt das Dortmunder Urteil ,dass diese zeitliche Befristung der Verrechnung nach §114 Inso für den unpfändbaren Teil des Einkommens nicht gelte. In der Konsequenz könnte damit im unpfändbaren Bereich unbefristet verrechnet werden.



    Das FA darf doch auch (zumindest in der WVP) mit Steuererstattungsansprüchen aufrechnen weil die nicht zu den laufenden Bezügen gehört.

    Unbefristet sicherlich nicht, weil die Restschuldbefreiung auch diese Forderungen erfassen dürfte.


  • Klar, aber was nicht zum Insolvenzbeschlag gehört, muss dennoch nicht rechtsfreier Raum sein! Rechnet die Sozialbehörde unzulässigerweise auf, könnte man durchaus sich als Verwalter "bereit erklären", ein "saftiges Schreiben" an die ArgE abzufassen und vom Schuldner ne "Beteiligung" für die Masse zu verlangen. Haben wir hier schon praktiziert. Dann stichst du deine Kollegen aus, Chick, indem du aus dem Nichts doch noch Masse zauberst! Und der Richter wird es möglicherweise honorieren. :strecker

    Auch ist mir nach der Lektüre des Urteils unbegreiflich, warum die Behörde gegen Ansprüche aus dem Unpfändbarem aufrechnen darf. Ist ja ne krasse Umgehung des § 89 InsO. Sonst dürfte doch auch jeder Insolvenzgläubiger, dessen Forderung nachweislich auf einer vbUH beruht, gnadenlos in den privilegierten Bereich auch nach der Eröffnung vollstrecken. Iss aber nich nach den einschlägigen Kommentaren.

    Ich stell mich nach wie vor auf den Standpunkt, diese Aufrechnung ist nicht möglich. Der Krug geht sicherlich nur so lange zum Brunnen, bis er bricht........ :D



    Ich verstehe nicht was das soll. Du willst eine "Beteiligung" daran, wenn die Sozialbehörde (Deiner Meinung nach unzulässigerweise) mit unpfändbaren Teilen aufrechnet. Wenn die Sozialbehörde, berechtigt oder unberechtigt auf die unpfändbaren Teile zugreift willst Du dem Schuldner noch mehr aus der Tasche ziehen??? Du willst Dich also sozusagen an dem unrechtmäßigen Handeln beteiligen.

    Man muss hier meiner Meinung nach unterscheiden, ob bei Darlehensgewährung schon keine pfändbaren Beträge vorhanden waren oder doch. Vermutlich gab es auch damals schon keine pfändbaren Beträge und somit war dem Schuldner klar, dass die Darlehensrückzahlung aus den Leistungen zu erfolgen hat, die (unpfändbar) zu diesem Zeitpunkt bestanden haben.

    Grundsätzlich sehe ich es auch so, dass eine Rückzahlung von gewährten Darlehen nicht aus dem unpfändbaren Teil des Einkommens zu erfolgen hat. Darlehenszweck und die Verwendung des unpfändbaren Einkommens haben in der Regel nicht das gleiche Ziel.

    Während die unpfändbaren Teile die laufenden Lebenshaltungskosten des Schuldners und seiner unterhaltsberechtigten Personen sichern sollen hat die Gewährung eines Darlehens den Zweck, die (zusätzlichen) Ausgaben zu bestreiten, die mit den laufenen unpfändbaren Beträgen nicht bewältigt werden können. Also dient das Darlehen nicht der Sicherung der laufenden Lebenhaltungskosten (wie z.B. ein Abschlag oder Vorschuss) sondern der Bestreitung zusätzlicher Ausgaben, die über die laufenden Lebenshaltungskosten hinausgehen.

    Ich bin aber ebenso der Auffassung wie Du, dass eine Gläubigerbenachteiligung auch dann vorliegen kann, wenn ich einen Gläubiger, nämlich den Darlehensgeber, den anderen Gläubigern gegenüber besser stelle indem ich seine Forderung bezahle. Den anderen Gläubigern bleibt dann nur die Masse und das was aus der Abtretung fließt - meist nix! Das war jedenfalls seinerzeit mein Ausgangsfall, den ich in # 4 verlinkt hatte.

    Das hätte dann aber nicht zur Folge, dass die anderen Gläubiger ebenfalls eine Befriedigung verlangen könnten.



  • Ich verstehe nicht was das soll. Du willst eine "Beteiligung" daran, wenn die Sozialbehörde (Deiner Meinung nach unzulässigerweise) mit unpfändbaren Teilen aufrechnet. Wenn die Sozialbehörde, berechtigt oder unberechtigt auf die unpfändbaren Teile zugreift willst Du dem Schuldner noch mehr aus der Tasche ziehen??? Du willst Dich also sozusagen an dem unrechtmäßigen Handeln beteiligen.



    Nein, aber wenn ich ihm Gutes tue, dann soll zumindest die Masse ein wenig davon haben. Nen Anwalt kann er sich nicht leisten, nimmt er sich Beratungshilfe, zahlt der Staat im Endeffekt mehr drauf als wenn für uns n Hunny abfällt. Und wenn die Behörde für die Zukunft nicht mehr aufrechnet, kann der Schuldner alles verjubeln.

    Ich finde, allzu altruistisch sollte kein Verwalter sein! :)

  • Die Verrechnung ist i.d.R. nur zulässig in den ersten zwei Jahren nach IE, analog § 114 InsO, da gibt es eine Entscheidung des BSG




    Wobei ich jetzt aber nicht den Zusammenhang zwischen einer Abtretung, die nach § 114 geschützt ist, sehe und der hier diskutierten Aufrechnung!

    Und auch im Düsseldorfer Urteil ging es nur um die pändbaren Beträge !



  • Nein, aber wenn ich ihm Gutes tue, dann soll zumindest die Masse ein wenig davon haben. Nen Anwalt kann er sich nicht leisten, nimmt er sich Beratungshilfe, zahlt der Staat im Endeffekt mehr drauf als wenn für uns n Hunny abfällt. Und wenn die Behörde für die Zukunft nicht mehr aufrechnet, kann der Schuldner alles verjubeln.

    Ich finde, allzu altruistisch sollte kein Verwalter sein! :)



    Dann hatte ich das falsch verstanden. Also andere "bedienen" sich, dann kann ich das auch.

    Aber wie ich das jetzt verstanden habe willst Du ihm dabei helfen, dass die Sozialkasse nicht mehr bedienen kann und verlangst dafür etwas von dem Schuldner. Durch die "Vereinbarung" mit dem Schuldner hast Du dann eine Forderung gegen ihn, die er auch aus dem unpfändbaren Teil bedienen soll.

    Das ist doch dann eine Neuforderung, oder nicht??? :D

  • Ernst

    Zitat

    Und auch im Düsseldorfer Urteil ging es nur um die pändbaren Beträge



    Da irrt Ernst. Die Entscheidung der Dortmunder behandelt explizit den unpfändbaren Bereich. Die Dortmunder Entscheidung "hebelt" auch das BSG-Urteil dahingehend aus, dass die im BSG-Urteil getroffenen Leitsätze nur für den pfändbaren Bereich gelten sollen nicht aber für den unpfändbaren Bereich (Urteil Zeilen 39 - 45 ).

  • Die Aufregung kann ich nicht ganz nachvollziehen. Im Grunde benachteiligt die im Dortmunder
    Urteil getroffene Entscheidung doch den in der Insolvenz befindlichen Schuldner gegenüber den anderen "herkömmlichen" Schuldnern, bei denen ebenfalls Ansprüche aufgerechnet werden, nicht. Der "herkömmliche" Schuldner müßte in den sauren Apfel beißen und der andere würde belohnt werden.

    Warum sollte ein Schuldner, bei dem eine Inso läuft, besser gestellt werden als jeder andere Schuldner einer (nach § 51 SGB I Abs. 2 aufrechenbaren) Forderung? Es wird doch keinem anderen Gläubiger etwas weggenommen.

  • Das ist doch schon bei einer ganz normalen Unterhaltspfändung so, wenn das IV eröffnet wird und Unterhaltsrückstände bestehen. Wegen der Rückstände wird die Pfändung nach § 114 Abs. 3 InsO i.V. mit § 89 Abs. 1 InsO unwirksam. Ist der erweiterte Pfandbereich größer als der laufende Unterhalt, wird dieser erweiterte Betrag nicht mehr voll ausgeschöft. Der Schuldner wird dadurch besser gestellt, dass der Rückstand in die Masse fällt, der sonst zusätzlich mit dem Rest des erweiterten Pfandbereich getilgt würde.


  • Aber wie ich das jetzt verstanden habe willst Du ihm dabei helfen, dass die Sozialkasse nicht mehr bedienen kann und verlangst dafür etwas von dem Schuldner. Durch die "Vereinbarung" mit dem Schuldner hast Du dann eine Forderung gegen ihn, die er auch aus dem unpfändbaren Teil bedienen soll.

    Nicht ich, sondern die Masse kriegt die Kohle.Und der Staat, der sich freut, wenn die gestundeten Kosten zurückfließen.

    Gell, Rainer 1965.......? :D

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