Klage auf herausgabe einer vollstr.baren Ausfertigung

  • Hier liegt ein Antrag des Jugendamtes auf Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung vor, danach sollte eine vollstreckbare Teilausfertigung erteilt werden (Übergang nach § 7UVG). Ich hatte dem Jugendamt mitgeteilt, dass die 2. vollstr.bare Ausfertigung nicht erteilt werden kann, da die erste nicht abhanden gekommen ist. Sie müssten auf Herausgabe gegen die Kindesmutter klagen. Das Jugendamt hat daraufhin einen Antrag nach § 731 ZPO auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel gestellt. Der Richter hat dem stattgegeben und per VU festgestellt, dass der Klägerin die Klausel für das ursprüngliche Urteil zu erteilen ist. Meiner Meinung nach umfasst § 731 ZPO einen ganz anderen Fall. Ich weiß jetzt nicht wie ich hier weiter verfahren soll und danke schon mal für Eure Hilfe.:daumenrau

  • Ist das eine verwickelte Geschichte!

    Eigentlich wollte doch das Jugendamt eine weitere vollstreckbare Ausfertigung wegen Übergangs nach § 7 UVG.

    Du hast ihnen dann erklärt, das sei nicht möglich, weil die ursprüngliche vollstreckbare Ausfertigung nicht verloren gegangen sei.

    Daraufhin haben sie auf Erteilung der Klausel (wohl nach § 727 ZPO) geklagt und ein entsprechendes Urteil erhalten. Nun sagst Du, das sei doch ein ganz anderer Fall (womit Du m. E. recht hast) und willst ihnen jetzt eine weitere vollstreckbare Ausfertigung erteilen - warum hast Du das denn vorher nicht gemacht?

    Ablauf normalerweise:
    Jugendamt reicht die der Kindesmutter erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Urteils ein, beantragt eine weitere vollstreckbare Ausfertigung bzgl. des Teils des Unterhaltsanspruchs, der gemäß § 7 UVG übergegangen ist. Die Rechtsnachfolgeklausel wird auf eine weiteren vollstreckbaren TEILausfertigung erteilt, auf der ursprünglichen vollstreckbaren Ausfertigung wird die Erteilung der vollstreckbaren Teilausfertigung vermerkt und die Tatsache, dass insoweit aus der ursprünglichen vollstreckbaren Ausfertigung nicht mehr vollstreckt werden darf.

    Warum ist das bei Euch so viel anders abgelaufen?


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Ich bin immer davon ausgegangen, dass das Jugendamt die erste vollstreckbare Ausfertigung herreichen muss, damit dort vermerkt werden kann, dass für einen Teilbetrag nicht mehr vollstreckt werden kann. Und da das Jugendamt die erste vollstr.bare Ausfert. nicht von der Kindesmutter bekam, sollten sie auf herausgabe klagen. JA hat aber den Antrag nach § 731 ZPO gestellt, was für mich abwegig ist. Der Richter hat dem Antrag dann stattgegeben und jetzt will das JA die vollstr.bare TEILausfertigung.

  • Die Tatsache, dass der Richter festgestellt hat, dass Rechtsnachfolge vorliegt ändert am Sachverhalt mE nicht das geringste. (die Rechtsnachfolge war bereits nachgewiesen (gehe ich einfach mal von aus) Klage gem § 731 unzulässig)
    Mit anderen Worten: Du bist immer noch da wo Du angefangen hast.
    Mit anderen Worten: wenn am Anfang eine Herausgabeklage geboten war (und wenn Du der Meinung nicht wärst, hättest Du das ja nicht gefordert) ist sie immer noch geboten.

  • Hmm, ein echtes Problem.

    Ich gehe mal davon aus, dass die RNF-Klausel für die UVG-Kasse wegen Nichtvorlage abgelehnt wurde. Eigentlich hätten sie dagegen sof. Beschwerde einlegen müssen, wenn sie meinen dass trotz Nichtvorlage die Klausel nach §§ 727, 733 ZPO zu erteilen wäre.

    Da ich weiter davon ausgehe, dass es somit nicht am fehlen des Nachweises der Rechtsnachfolge scheiterte, hätte die Klage nach § 731 ZPO wegen Unschlüssigkeit, zumindest wegen fehl. RS-bedürfnis abgewiesen werden müssen.

    Tja, nun ist das urteil trotzdem da und es fragt sich, ob man sich angesichts des Wortlautes: "Der Richter hat dem stattgegeben und per VU festgestellt, dass der Klägerin die Klausel für das ursprüngliche Urteil zu erteilen ist." wirklich noch ablehnen kann.

    Nach Zöller ist es sogar so, dass in dem Fall nicht mehr der Rpfl., sondern der UdG zuständig ist.

    Die Erteilung des RNF-Klausel für das JA ist sicher nach dem Urteil vertretbar.

    Wenn man trotzdem ablehnt, lässt sich das wohl nur mit der Reichweite des Urteils begründen, indem man sagt, dass das Urteil nur die Rechtsnachfolge als solches nachweist, aber nicht die Erfüllung der Vorraussetzungen des § 733 ZPO, da diese gesondert geprüft werden müssen, also Gefahr der Doppelvollstreckung.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Ich habe in einem ähnlich gelagerten Fall eine vollstreckbare Teilausfertigung für das Jugendamt wegen übergegangener Ansprüche auch ohne Vorlage der 1. Vollstreckbaren Ausfertigung erteilt.

    In meinem Fall hatte mir das Jugendamt mitgeteilt, dass die Mutter die 1. vollstreckbare Ausfertigung nicht herausgibt; auch auf meine Aufforderung hat sie nicht geantwortet. Sie hat nicht ausdrücklich die Herausgabe verweigert, sondern offenbar nur aufgrund "normaler Schlampigkeit" auf die Behördenschreiben nicht reagiert.

    Ich habe das Jugendamt damals nicht auf eine Herausgabeklage verwiesen, um die Gerichte nicht unnötig zu beschäftigen, da ich davon ausgegangen bin, dass die Mutter den Titel ohnehin nicht mehr hat bzw. nicht findet (die meisten Leute sind deutlich weniger ordentlich als wir Rechtspfleger :D). Das Schlimmste, was meiner Ansicht nach hätte passieren können, ist die Doppelvollstreckung durch Mutter und Jugendamt aufgrund des fehlenden einschränkenden Vermerks auf der 1. vollstreckbaren Ausfertigung. Dagegen kann der Schuldner sich jedoch leicht wehren. Außerdem ist in der "üblichen" Konstellation (Unterhaltsvorschuss, Sozialhilfe o. ä.) sowieso kaum davon auszugehen, dass irgendetwas vollstreckt werden kann.

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


  • :oops:

    Ich hatte den Zöller nur quergelesen und prompt das wichtigste übersehen.
    Ich muss daher meine Meinung revidieren. Sorry.

    Ich denke Du wirst die Klausel erteilen müssen.

  • Man kann (mann muss gar nichts !) sich auch der Meinung anschließen, dass vor Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung für den Rechtsnachfolger, dieser den Ursprungstitel nicht einreichen muss:

    1. OLG Düsseldorf Beschl. 10.11.1993, 1 WF 216/93, FamRZ 1994, 1271
    Beantragt der Vollstreckungsgläubiger die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Urteilsausfertigung, weil die erste vollstreckbare Ausfertigung weder bei ihm selbst noch bei seinem Prozeßbevollmächtigten aufzufinden sei, reicht diese Erklärung (nebst der entsprechenden anwaltlichen Versicherung) für die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung aus.

    Von dem Gläubiger kann bei Verlust des Titels nicht der - praktisch kaum zu führende - Nachweis verlangt werden. Er muß auch nicht darlegen, wie ihm der Titel abhanden gekommen ist, denn eine solche Erklärung kann bei Unauffindbarkeit der Urkunde typischerweise nicht gegeben werden.

    2. OLG Hamm Beschl. 22.10.1990, 10 WF 424/90, FamRZ 1991, 965
    Vor der Erteilung einer weiteren auf den Rechtsnachfolger umgeschriebenen vollstreckbaren Ausfertigung an diesen bedarf es nicht der Rückgabe der dem ursprünglichen Gläubiger bereits erteilten vollstreckbaren Ausfertigung

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    2 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (27. August 2008 um 08:38)

  • Da bin ich ja froh, dass ich nicht gesetzeswidrig gehandelt habe ;)!

    (Ich hatte ohnehin schon überlegt, wo denn genau im Gesetz geregelt ist, dass die Erteilung einer Teilausfertigung auf der 1. vollstreckbaren Ausfertigung zu vermerken ist - offenbar also gar nicht.)

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


  • (Ich hatte ohnehin schon überlegt, wo denn genau im Gesetz geregelt ist, dass die Erteilung einer Teilausfertigung auf der 1. vollstreckbaren Ausfertigung zu vermerken ist - offenbar also gar nicht.)



    Das ist auf den Formularen so vorgesehen und hat damit quasi Gesetzeskraft. ;)

  • Dass der Vermerk auf der derzeit gültigen vollstreckbaren Ausfertigung enorm praktisch ist, sehe ich ein und werde auch zukünftig die Vorlage verlangen. Jedenfalls dürfen aber auch Ausnahmen davon gemacht werden.

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


  • Hier nochmal das alte Thema.

    Aber darum ging es gar nicht, die Koll. in #1 hatte eben die Gegenauffassung. Daher wäre es sicher hilfreicher, diese als Grundlage für Tips zu nehmen.

    Hab mir das nochmal überlegt. Wie in meinem letzten Abs. geschrieben, halte ich die Zurückweisung trotz des Urteils für möglich und richtiger.

    Falls da die Beschwerde kommt, würd mich das Ergebnis brennend interessieren.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Aber darum ging es gar nicht, die Koll. in #1 hatte eben die Gegenauffassung. Daher wäre es sicher hilfreicher, diese als Grundlage für Tips zu nehmen.



    Vielleicht hat sie die aber inzwischen aufgrund der Beiträge geändert.

    Sag mal was dazu, Lena235.

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


  • Sorry, konnte gestern nicht mehr antworten, da ich schon Feierabend hatte (bin Teilzeit). Habe mich über Eure Antworten ganz doll gefreut. Danke!!! Irgenwie kriegt man hier alles geklärt. Ich werde mich der Meinung von Christina1 und Ernst P. anschließen und die die Teilausfertigung nun erteilen. Das ganze Verfahren nach § 731 ZPO hätte man sich sparen können. Naja, hinterher ist man immer schlauer. Das nächste Mal werde ich auch nicht auf die Vorlage der 1. vollstreckbaren Ausfertigung bestehen, wenn mir das Jugendamt nachweist, dass es die Mutter zur Rückgabe aufgefordert hat. Hier war es auch so ein Fall wie von Christina1 unter #7 beschrieben. Also danke nochmal!

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