Verzicht auf Pflichtteil

  • Hallo,

    ich habe hier eine Betreuung hinsichtlich Vermögenssorge (mit Einwilligungsvorbehalt) sowie Erbangelegenheiten.

    Der Betreute ist neben seiner Schwester zum Einen Erbe nach der Mutter geworden. Auszahlungen hinsichtlich des Erbteils sind bisher nicht erfolgt. Zum Anderen ist die Schwester nach dem Tode des Vaters als Alleinerbin eingesetzt worden, so dass sich zugunsten des Betreuten Pflichtteilsansprüche ergeben.

    Der Betreute ist in seiner Wahrnehmung gestört und gibt beim Anhörungstermin der Richterin an, dass er sein Geld gerne seiner Familie zukommen lassen will. Insoweit gibt der Betreuer auch an, dass die Schwester ihm immer wieder Geld entlocken will. Hinweise auf eine Geschäftsunfähigkeit möchte ich daraus aber nicht lesen.

    Ein gerichtliches Vorgehen gegen die Schwester lehnt der Betroffene vehement ab.

    Da der Einwilligungsvorbehalt nur die Vermögenssorge betrifft, dürfte ein Vorgehen des Betreuuers gegen den Willen des Betroffenen ausgeschlossen sein. Da auch kein "Verzicht" im rechtlichen Sinne vorliegt, scheidet m.E. auch das Genehmigungserfordernis nach § 1822 Nr. 2 aus.

    Ich würde mir nun vom Betreuten eine Bestätigung geben lassen, dass die Ansprüch nicht eingefordert werden sollen.

    Oder was meint Ihr? Übersehe ich da etwas?

  • Wenn d. Betreute Erbe nach der Mutter ist, dann würde ich mir diesbezüglich nicht vom Betr. bestätigen lassen, dass "Ansprüche nicht eingefordert werden sollen".
    Ich meine, der Betreuer müsste mindestens etwas zur Höhe/Zusammensetzung des Nachlasses der Mutter mitteilen dann (Schulden? Vermögen?).
    Beim dem Pflichtteilsanspruch hätte ich nichts dagegen, wenn im Einzelfall ein geschäftsfähiger Betreuter von der Geltendmachung absehen möchte, wenn das angemessen erscheint.

  • Hallo!!!

    Ich habe eine ähnlichen Fall. Die Betroffene wird von einer Berufsbetreuerin betreut und hat einen Einwilligungsvorbehalt im Bereich der Vermögenssorge (bzgl. Erbangelegenheiten ist kein gesonderter Aufgabenkreis eingerichtet). Der Vater der Betroffenen ist verstorben. Gem. Testament ist die Ehefrau (Mutter d. Betr.) Alleinerbin (bzg. einer Schlusserbeneinsetzung ist im Testament nichts enthalten).

    Die Betreuerin teilt mir nun mit, dass die Betroffene keine Pflichtteilsansprüche geltend machen will. Habe in die (bereits einige Jahre alte) Gutachten geschaut, wo festgestellt wurde, dass die Geschäftsfähigkeit der Betroffenen im Einzelfall gefprüft werden muss.

    Nun komme ich aber nicht weiter. Werde die Betroffene nunmehr laden, um sie persönlich anzuhören. Sofern sie auch bei mir erklärt, auf die Geltendmachung zu verzichten und auch die Geschäftsfähigkeit soweit festgestellt werden kann, besteht ja trotz allem noch der EV. Genehmigungsfähig ist, wenn ich das alles so richtig verstanden habe, ein Verzicht auf ein (bereits bestehenden) Pflichtteil nicht und es dürfte eine Schenkung vorliegen. Oder ist hier der Willen der Betroffenen trotz EV maßgebend?
    Die Erklärung des Verzichts bedarf ja auch keiner Form (§ 397 BGB), oder?

    Kurz zu den Vermögensverhältnissen: Die Betroffene wohnt in einer eigenen Wohnung; Vermögen von ca. 2.600,00 EUR ist vorhanden.
    Ausgeschlossen ist nicht, da die Betroffene sich bis vor einiger Zeit in einer Einrichtung aufgehalten hat, dass sie in Zukunft wieder in ein Heim ziehen wird.

    Vielen Dank schonmal!!!!

  • Warum hier ausdrücklich einen Verzicht konstruieren und sich Arbeit machen?

    Der Betreuer soll sich kurz erklären warum er derzeit von einer Geltenmachung des Pflichtteils absieht und gut iss.

    Wovon lebt der Betreute, sind die ca. 2600,-- € Vermögen Zufall oder handelt es sich um die ominösen 2600,--€, die und durchaus öfter begegnen? Dann steht evtl. eine Überleitung durch Sozialhilfeträger im Raum, das wäre dann u.U. übel da der bereits entstandene Pflichtteilsanspruch zu Gunsten des Sozialhilfeträgers dem Vermögen des Berechtigten zugerechnet wird, mit dem Erlass würde er seine Hilfebedürftigkeit schuldhaft herbeiführen, was zu einem Wegfall bzw. zu einer Kürzung der Leistungen führt.

  • § 79 ZVG analog: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern :D

    Einschlägig ist die Vorschrift wohl schon noch, in meinem Lösungsvorschlag ist nicht umsonst das Wörtchen "derzeit" enthalten ;)

    Es handelt sich also letztlich nur um eine vorläufige Lösung.

  • Seit wann gehörst Du denn zu den Vorsichtigen im Forum ( die haben hier zur Zeit sowieso einen schweren Stand :teufel:) , dass Du Dich mit vorläufigen Lösungen begnügen musst ?:D

  • Habe mich wohl von den 2600,-- € Vermögen und der Heimrückkehraussicht blenden lassen, es besteht die Aussicht, dass das Problem jemand anders (z.B. der Bezirk) in Arbeit nimmt ;)


    Wenn' s wirklich genehmigt werden soll (Antrag vorhanden?) wäre die Frage nach dem Lebensunterhalt wohl zu klären und die Betreute anzuhören, ggf. könnte dabei auch der Gedanke des § 2331a BGB eine Rolle spielen oder das Verhältnis der Betreuten zum Erblasser, etc. p.p. ...

    Der Wille d. Betreuten ist mit oder ohne EV maßgeblich, solange nicht vollkommen absurd.
    Die Geschäftsfähigkeit des Betreuten wird vom Gericht jedenfalls so oder anders in keinem Fall geprüft!

    Handelt die Betreute selbst greift der EV und die Genehmigung des Betreuers muss genehmigt werden.

  • Ich danke Euch schonmal sehr! Die Akte wurde mir gestern leider kurzfristig weggenommen aber sobald sie wieder bei mir ist, werde ich die aufgeworfenen Fragen noch beantworten.

  • Ich danke Euch schonmal sehr! Die Akte wurde mir gestern leider kurzfristig weggenommen aber sobald sie wieder bei mir ist, werde ich die aufgeworfenen Fragen noch beantworten.

    :D:D Das kenn ich auch. Wahrscheinlich hätte es genügt das dünne rote Unterheft dem Richter vorzulegen :confused:

  • So, ich habe die Akte "endlich" wieder

    Die Betroffene erhält keine Leistungen vom Sozialamt, lediglich Wohngeld. Die Arbeit wird mir wohl nicht abgenommen....schade :(

    Zu der Frage, ob ein Antrag der Betreuerin vorhanden ist: Jein... Die Betreuerin hat mir das Schreiben, in welchem sie der Erteilung des Erbscheins (Mutter d. Betroffenen Alleinerbin) zustimmt, zugeschickt mit der Bitte um Genehmigung. Ich weiß zwar, dass es dazu keiner Genehmigung bedarf, aber man kann ja darin ein Antrag auf Genehmigung des Verzichts auf den Pflichtteil sehen?!?

    Grundsätzlich habe ich keine Bedenken dagegen, dass die Betroffene auf den Pflichtteil verzichtet, da es ja vermutlich (was die Anhörung noch zeigen wird) ihr Wille ist und sie Erbin nach der Mutter sein wird.

    Aber was ist, wenn sie doch wieder in ein Heim zurückkehrt und das Sozialamt wieder ins Spiel kommt?

    § 2331a BGB klingt aber auf jeden Fall erstmal gut.


  • Der förmliche Verzicht auf den Pflichtteil stellt quasi eine Schenkung dar. Die Betroffene benötigt wegen des EV der Einwilligung des Betreuers, die dem Genehmigungserfordernis unterliegt.

    Wegen des Schenkungsverbotes scheint mir die Erteilung der Genehmigung zum Verzicht durch das Betreuungsgericht nahezu ausgeschlossen.

  • MH ich würde sogar sagen, dass die Erklärung des Betreuers durch den Verstoß gegen das Schenkungsverbot komplett und unheilbar unwirksam ist und insofern überhaupt keine Erklärung vorliegt, die einer Genehmigung zugänglich wäre...

    Selbst wenn man eine Genehmigung erteilen würde, wäre die Erklärung dadurch nicht geheilt

    Soviel zum förmlichen Verzicht; aber der Betreute, bzw. der Betreute könnte doch in der Folge einfach sagen: schön, verzicht ich halt net förmlich auf den Pflichtteil, sondern nehm ihn einfach net in Anspruch...

    Was dann? Betreuer anweisen? Betreuerwechsel?

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.


  • Soviel zum förmlichen Verzicht; aber der Betreute, bzw. der Betreute könnte doch in der Folge einfach sagen: schön, verzicht ich halt net förmlich auf den Pflichtteil, sondern nehm ihn einfach net in Anspruch...

    Was dann? Betreuer anweisen? Betreuerwechsel?

    Nachdem die Sache dem Gericht bekannt ist, muss es wohl schon nachprüfen, ob ggf. was vom Betreuer unternommen wurde.
    Ich habe in solchen Fällen immer eine Lösung mit der Verpflichteten gefunden. Mal Sicherstellung des PT bis zum Ableben der Mutter oder Nichtgeltendmachung des Pflichtteils gegen vertragliche Erbeinsetzung oder oder... Ich denke, das Gericht (und vor allem die Betreuerin) muss die Interessen des Betreuten wahren, andererseits kann durchaus auf Belange der Familie Rücksicht genommen werden.


  • Soviel zum förmlichen Verzicht; aber der Betreute, bzw. der Betreute könnte doch in der Folge einfach sagen: schön, verzicht ich halt net förmlich auf den Pflichtteil, sondern nehm ihn einfach net in Anspruch...

    Was dann? Betreuer anweisen? Betreuerwechsel?

    Nachdem die Sache dem Gericht bekannt ist, muss es wohl schon nachprüfen, ob ggf. was vom Betreuer unternommen wurde.
    Ich habe in solchen Fällen immer eine Lösung mit der Verpflichteten gefunden. Mal Sicherstellung des PT bis zum Ableben der Mutter oder Nichtgeltendmachung des Pflichtteils gegen vertragliche Erbeinsetzung oder oder... Ich denke, das Gericht (und vor allem die Betreuerin) muss die Interessen des Betreuten wahren, andererseits kann durchaus auf Belange der Familie Rücksicht genommen werden.


    :daumenrau
    Ja man muss halt konkret gucken was Sache ist und was da geht oder auch nicht so ein pauschales "geht auf gar keinen Fall" ist grdsl. bei Schenkungen schon schon richtig, oft aber nicht haltbar...anständig und sittlich kann ja ja so einiges sein und der Betreutenwille ist immer noch sein Königreich - auch wenn's manchmal nur ein Luftschloß ist.

  • Habe mal (wieder) in den Kommentaren geblättert...

    Grundsätzlich sind vom Schenkungsverbot Pflicht- und Anstandsschenkungen ausgenommen. MüKo sagt dazu z. B., dass eine sittliche Pflicht auch die Aufrechterhaltung des Familienfriedens sein kann.

    Trifft hier durchaus zu, da die Betreuerin auch telefonisch bestätigt hat, dass der Kontakt (der so oder so schon etwas angespannt zwischen Tochter und Mutter ist), wohl abrechen würde, wenn die Betroffene den Pflichtteil geltend macht. Man kann hier nebenbei mal noch erwähnen, dass der Nachlass zu 90% aus dem von der Mutter d. Betr. bewohnten Grundstück besteht.

    Wenn ich mich dem anschließe und somit nicht vom dem Schenkungsverbot ausgehe, ist trotzdem noch eine Genehmigung zu erteilen? Es liegt ja kein richtiger Antrag (s. #11) oder ein schriftlicher Erlassvertrag vor.

  • Kein Antrag.-->Keine Genehmigung. ;)

    Es handelt sich zwar beim Betreuungsgerichtlichen Genehmigungsverfahren auch um ein Amtsverfahren, allerdings "darf" man keine Genehmigung erteilen, die nicht beantragt ist.
    Die Führung der Betreuung obliegt schließlich dem Betreuer. Der Betreuer muss die Rechtsgeschäfte vornehmen und genehmigen lassen, eine Genehmigung nicht zu beantragen kann dann eine Pflichtverletzung sein und ggf. Konsequenzen haben, es kann aber auch eine legitime und legale Entscheidung des Betreuers sein die Genehmigung nicht einzuholen (oder nicht mitzuteilen) und das Rechtsgeschäft aus irgendwelchen Gründen nicht zur Wirksamkeit zu bringen.

    Hier fehlt es ja schon am genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäft.

    Spätestens wenn dann Verjährung droht, sollte der Betreuer hier dann aber Nägel mit Köpfen machen und den Pflichtteil verlangen oder eben nicht, ggf. steht dann immer noch § 2331a BGB im Raum...

    Ggf. könnte man den Beteiligten auch vorschlagen eine Vereinbarung unter Berücksichtigung des Rechstgedankens aus § 2331a BGB abzuschließen, dann wäre auch erstmal Ruhe.
    Und beim Tod der Mutter wird sich dann mit der Schwester gestritten.


  • Trifft hier durchaus zu, da die Betreuerin auch telefonisch bestätigt hat, dass der Kontakt (der so oder so schon etwas angespannt zwischen Tochter und Mutter ist), wohl abrechen würde, wenn die Betroffene den Pflichtteil geltend macht. Man kann hier nebenbei mal noch erwähnen, dass der Nachlass zu 90% aus dem von der Mutter d. Betr. bewohnten Grundstück besteht.

    Ich bin böse und vermute, dass das Hausgrundstück rechtzeitig aus dem Nachlass der Mutter verschwindet und die Betreute beim Tod der Mutter auch leer ausgeht. Warum also nicht eine Grundschuld zur Absicherung des PT auf dem Grundstück eintragen. Tut der Mama nicht weh und sichert die (berechtigten) Ansprüche der Betreuten.


  • Ich bin böse und vermute, dass das Hausgrundstück rechtzeitig aus dem Nachlass der Mutter verschwindet und die Betreute beim Tod der Mutter auch leer ausgeht. Warum also nicht eine Grundschuld zur Absicherung des PT auf dem Grundstück eintragen. Tut der Mama nicht weh und sichert die (berechtigten) Ansprüche der Betreuten.

    SENSATIONELLE Idee!!!
    Hab einen ähnlichen Fall hier; da werd ichs auch so machen!:)

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Absichern ist sicher nicht schlecht, eigentlich immer eine gute Idee.

    Was mir hier auffällt is allerdings, dass ursprünglich lediglich gefragt war, ob es in Ordnung ist, wenn ein geschäftsfähiger Betreuter (das darf man aus dem abgeordneten EW schließen) seinen Pflichtteil nicht verlangt oder sogar endgültig darauf verzichtet, weil der Betreute das eben so haben will, weil er sich nicht noch mehr mit der Familie zerstreiten will und weil die Mutter immerhin noch im Nachlass lebt.

    Letztlich lautet die Antwort darauf: Ja, das ist vollkommen in Ordnung.

    Was anderes wäre es wenn der Betreute bereits jetzt hilfebedürftig wäre und z.B. ein Sozialhilfeträger bereits mit im Spiel wäre, wobei das dann grundsätzlich noch nicht viel an der Genehmigungsfähigkeit ändern würde (da die Sittenwidrigkeit solcher Fälle auch immer wieder mal obergerichtlich verneint wird) und das ja dann auch kein Beteiligter ist sondern nur dem Betreuer Ärger bereiten kann.


    Dass dem Betreute hier nun gegen dessen Willen eine bessere Rechtsposition aufgedrägt werden soll, als sie der Nichtbetreute in derselben Situation hätte, finde ich nicht in Ordnung und das ist auch mit den Grundsätzen des Betreuungsrechts nicht vereinbar, § 1901 BGB insbesondere Abs. 2 S. 1 und S. 2 und Abs. 3, es gibt zwischenzeitlich genug Entscheidungen, dass vor diesem Hintergrund auch ungünstige Geschäfte genehmigungsfähig sein können.

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