Verständnisfrage zu § 899a BGB

  • Irgendwie verwirrt mich der ganze GbR-Kram zusehens... :oops:

    Ich soll in einer Vertretungsakte eine Grundschuld eintragen. Besteller bzw. heutiger Eigentümer ist eine GbR. Bei Grundschuldbestellung handelten die beiden heute eingetragenen Gesellschafter "als Gesellschaft bürgerlichen Rechts".

    Soweit so gut.

    Mein Problem ist der Zeitpunkt. Die Grundschuld wurde nämlich schon am 21.05.2010 bewilligt. Die Eintragung der GbR als Eigentümerin erfolgte erst danach, nämlich am 26.05.2010.

    Ist das ein Problem? Oder gilt § 899a BGB hier quasi auch rückwirkend?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Materielle Berechtigung und Verfügungsbefugnis ist das eine, Vertretung das andere.

    Der Eintragungszeitpunkt ist nur für die materielle Berechtigung und die Verfügungsbefugnis der rechtsfähigen GbR von Bedeutung. Will heißen: Wenn jemand eine Grundschuld bestellt, ohne bereits Eigentümer zu sein, dann wird die dingliche Erklärung wirksam, wenn der Besteller nachträglich das Eigentum erwirbt (§ 185 Abs.2 S.1 Alt.2 BGB). Sodann -nicht früher- kann die Grundschuld eingetragen werden.

    Ulfs Problem ist ein ganz anderes: Nämlich ob die GbR im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung am 21.05.2010 zutreffend vertreten war. Das hat mit der materiellen Berechtigung und der Verfügungsbefugnis der GbR (!) nichts zu tun. Es geht nicht um die Berechtigung der GbR, sondern um die Vertretung der GbR im Zeitpunkt des Vertreterhandelns. Dass § 185 BGB nicht für die Vertretung gilt, dürfte unstreitig sein.

    Dazu folgende Fragen:

    Die GbR hat die Grundschuld im eigenen Namen bestellt - also nicht als Finanzierungsrecht in Vollmacht des Veräußerers?

    Wurde die GbR im Erwerbsvertrag gegründet und folgten Kaufvertrag und Grundschuldbestellung ggf. unmittelbar aufeinander unter fortlaufenden URNrn.?

  • Die GbR bestellt die Grundschuld im eigenen Namen sowie aufgrund Belastungsvollmacht für den damaligen Verkäufer.

    Ob die Gesellschaft im Erwerbsvertrag gegründet wurde, weiß ich im Moment noch nicht. Der Kaufvertrag befindet sich in einer anderen Akte, die ich erst beiziehen muss.

    Jedenfalls sind GS-Bestellung und Kauf nicht zeitnah erfolgt. Der Kaufvertrag mit Belastungsvollmacht stammt aus schon März, die GS-Urkunde aus Mai.

    Ulf

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  • Die Belastungsvollmacht und das Handeln im fremden Namen können wir aus heutiger Sicht vergessen, weil der Veräußerer nicht mehr Eigentümer ist.

    Verbleibt also nur das Handeln der GbR im eigenen Namen. Für den Zeitpunkt des Vertreterhandelns (21.05.2010) sind die Vertretungsverhältnisse der GbR nicht nachgewiesen und auch nicht nachweisbar (die Eintragung der Vormerkung für die GbR hilft insoweit bekanntlich nicht weiter). Da der Kauf bereits im März 2010 stattfand, kann es dahinstehen, ob die GbR im Erwerbsvertrag gegründet wurde. Denn die Grundschuld wurde erst im Mai bestellt und die Vertretungsverhältnisse der GbR sind für den Zeitpunkt des Vertreterhandelns und nicht für einen früheren Zeitpunkt nachzuweisen.

    § 899a S.1 BGB hilft also nicht weiter, weil der Zeitpunkt des Vertreterhandelns vor der Eintragung der GbR als Eigentümerin und der Miteintragung der Gesellschafter lag.

    § 899a S.1 BGB hilft aber weiter, wenn die jetzt im Grundbuch eingetragenen (identischen) Gesellschafter die Grundschuldbestellung für die GbR (!) nachgenehmigen (§ 177 BGB, nicht § 185 BGB). Denn für diese Nachgenehmigung gilt dann § 899a S.1 BGB!

    Man kann der GbR in diesem Falle also helfen.

  • Danke! So hatte ich es auch "im Gefühl" aber das allein reichte mir nicht.

    Ulf

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  • Egänzend, ohne dass ich dies als Vorwurf an irgend jemanden verstanden wissen will:

    Der vorliegende Thread zeigt -wieder- einmal, wie sehr man noch dem "alten Denken" verhaftet ist. Ulf fragte nach der Reichweite von § 899a BGB, also ging es ihm um die Vertretung und nicht um die Verfügung der GbR. Gleichwohl stürzte man sich explizit oder unausgesprochen sofort auf § 185 BGB, obwohl letzterer mit der Vertretung gar nichts zu schaffen hat und gerade so, als wenn noch die Gesellschafter (und nicht die GbR) Rechtsträger wären.

    "Früher", d.h. vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit, war die Berufung auf § 185 BGB natürlich richtig (heute ist sie es nur noch insoweit, als die GbR vor ihrem Eigentumserwerb verfügt hat). Die Gesellschafter waren persönliche Rechtsträger, also stellte sich nur das (über § 185 BGB zu lösende) Verfügungsproblem und eine Vertretungsfrage stellte sich überhaupt nicht.

    Was ich damit sagen will: Das "alte Denken" verbaut den Blick auf zutreffende Problemlösungen nach geltendem (neuen) Recht. Deshalb muss man von diesem Denken Abschied nehmen - je eher, desto besser, denn die GbR-Teile des ERVGBG sind jetzt schon seit fast einem Jahr in Kraft (18.08.2009) und die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR datiert bereits aus dem Jahr 2001. Es ist nicht zu verkennen, dass die kontroversen Diskussionen im Forum nicht zuletzt darauf zurückzuführen sind, dass sich manche von diesem "alten Denken" noch nicht lösen können.

    Krüger (FS Zimmermann, 2010, S. 177, 195) formuliert es so:

    "Nein, es ist nicht wie früher. Es ist ganz anders. Das Gesetz täuscht nur vor, es sei wie früher. Und es hilft nicht, sich der Täuschung hinzugeben und die "kleinen Schwächen" hinwegzufabulieren."

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