Rückständige pfändbare Einkommensanteile

  • Guten Tag erst einmal! Habe mich gerade registriert, war zuvor immer mal wieder ein passiver (und begeisterter) Gast-Leser und möchte nun auch mal aktiver am Foren-Geschehen mitwirken. Ich bin als Sachbearbeiter bei einem Insolvenzverwalter/Trauhänder-Büro tätig und da stellt sich immer mal wieder die folgende Frage:

    Bei der Berechnung der abzuführenden pfändbaren EK-Anteile kommt es immer wieder vor, dass über längere Zeiträume seitens des Arbeitgebers falsch abgeführt wird. Z.B. weil er unterhaltsberechtigte Personen berücksichtigt, die gar nicht zu berücksichtigen sind (z.B. Ehegatte mit eigenem Einkommen). Wenn das dann auffällt, sind mitunter schon viele Monate ins Land gegangen und man muss beim Schuldner teilweise tausende von Euro nachfordern, die der natürlich oft nicht bezahlen kann. Und nun meine Frage:

    Wenn man eine Ratenzahlung mit ihm vereinbart, diese sich aber so lange hinzieht, dass inzwischen die Abtretungserklärung abläuft - was passiert dann? Die Restschuldbefreiung kriegt er ja, können dann anschließend noch weitere Raten eingezogen werden?

    Weiß da jemand einen Rat?

    vielen Dank schon mal und viele Grüße

  • Zunächst einmal müsste (auch) der Arbeitgeber rangezogen werden.

    Dann hat mir Rainer eine tolle Entscheidung mitgeteilt:

    Sollte wie die Faust aufs Auge passen:

    AG Duisburg, Beschl. v. 24. 3. 2010 - 62 IK 86/03

    Der TH kann die Beträge weiterhin einziehen.

  • Also:

    1. Das es bei deinem Fall (Ehegatte mit eigenem Einkommen) zum Auflaufen von Rückständen kommt, kann eigentlich gar nicht sein. Ein Unterhaltsberechtigter ist gem. § 850 c IV ZPO nur nicht zu berücksichtigen, wenn nach entsprechenden Antrag des Verwalters das Insolvenzgericht dies beschließt. Der Beschluss wird dem Drittschuldner zugestellt und dieser hat danach an den Verwalter auszuzahlen. Beachtet er den Beschluss nicht, leistet er nicht schuldbefreiend an den Schuldner.
    In anderen Fällen ist es natürlich schon möglich, dass Rückstände auflaufen.

    2. Die Erteilung der RSB heißt ja nicht, dass das Insolvenzverfahren sofort zu beenden oder die Vermögensverwertung einzustellen wäre. Die Raten können also weiter eingezogen werden.
    Eigentlich dürften dann sogar höhere Raten möglich sein, da der pfändbare Teil des Einkommens wieder dem Schuldner zusteht.

  • Erkläre mir doch mal bitte warum der Arbeitgeber falsch rechnet wenn er die Ehefrau, die eigene Einkünfte hat als unterhaltsberechtigte Person berücksichtigt.

    Wieso willst Du in solchen Fällen etwas von dem Schuldner zurückfordern?

    Jetzt war Queen schneller und ich schließe mich mal wieder Rainer an.

  • Ich denke, wenn der Verwalter mehr Geld hätte vom Arbeitgeber haben wollen, dann hätte er einen entsprechenden Beschluss beim Insolvenzgericht beantragen müssen. Der Arbeitgeber muss von sich aus den Wegfall der Unterhaltspflicht gegenüber dem Ehegatten mit eigenem Einkommen nicht berücksichtigen. Auf welcher Grundlage auch?

    Wenn wir die Abtretungserklärung offen legen und dabei wünschen, dass irgendwelche Besonderheiten beachtet werden (§ 850 c IV ZPO, Zusammenrechnung, Naturalleistungen etc.), beantrage ich den Erlass eines entsprechenden Beschlusses.

    Und wenn der Schuldner aus Sorge um den Arbeitsplatz die Offenlegung vermeiden will, tanzt er ja sowieso nach meiner Pfeife: Dann erkläre ich ihm anhand der passenden Paragrafen, was ich von ihm erwarte und dann zahlt er. Wenn nicht, wird offengelegt unter Beantragung des passenden Beschlusses.

    Eine wirkliche Handhabe hat man gegen den Schuldner und den Arbeitgeber ohne Beschluss m. E. gar nicht.

  • Erst mal danke für die schnellen Antworten!

    Erkläre mir doch mal bitte warum der Arbeitgeber falsch rechnet wenn er die Ehefrau, die eigene Einkünfte hat als unterhaltsberechtigte Person berücksichtigt.



    Na, z.B. weil der Schuldner falsche Angaben über die Einkünfte gemacht hat und man erst nach einigen Monaten herausbekommt, dass sie rund 1.000,- netto im Monat hat.

    Oder auch die Fälle, in denen zwar Unterhaltspflichten gg. Kindern bestehen, der Schuldner die aber nicht erfüllt.

    Generell ist die Entsheidung des AG Duisburg ja interessant, dass auch nach RSB-Erteilung weiter eingezogen werden kann. Aber: Wie läuft denn dann die Verteilung der nach RSB-Erteilung eingezogenen Gelder? Ganz genau wie vorher?

    Grüße

  • Wenn der Schuldner pfändbare Anteile verschweigt, kann dies einen Versagungsgrund darstellen. Der TH kann die Gläubiger davon unterrichten.

    Wenn Anteile nach Erteilung der RSB vereinnahmt werden, dann werden die ganz normal anhand des Schlussverzeichnisses verteilt.

  • Na, z.B. weil der Schuldner falsche Angaben über die Einkünfte gemacht hat und man erst nach einigen Monaten herausbekommt, dass sie rund 1.000,- netto im Monat hat.

    Das ist natürlich was anderes

    Oder auch die Fälle, in denen zwar Unterhaltspflichten gg. Kindern bestehen, der Schuldner die aber nicht erfüllt.



    Da stellt sich natürlich die Frage wen ein Verschulden trifft.

  • Und wenn der Schuldner aus Sorge um den Arbeitsplatz die Offenlegung vermeiden will, tanzt er ja sowieso nach meiner Pfeife: Dann erkläre ich ihm anhand der passenden Paragrafen, was ich von ihm erwarte und dann zahlt er. Wenn nicht, wird offengelegt unter Beantragung des passenden Beschlusses.

    Eine wirkliche Handhabe hat man gegen den Schuldner und den Arbeitgeber ohne Beschluss m. E. gar nicht.



    @Jamie

    Aber auch dann, wenn der Schuldner selbst zahlt, brauchst Du einen Beschluss.

  • Also wenn ich es richtig verstehe, ist man nur mit einem enstprechenden Beschluss auf der 100% sicheren Seite, ist klar. Wenn es dann einem TH tatsächlich passieren sollte, dass er die Beantragung des Beschlusses verpennt, hat er uU ein Haftungsproblem?

    Oder trifft auch den Schuldner eine gewisse Pflicht zur Mitwikung, nach dem Motto 'Du hättest ja merken müssen, dass Dir zuviel ausbezahlt wird'?

  • Jo, theoretisch sicher. Aber woll´n ma doch ma das Inso-Gericht nich so belasten, nech. ;)

    Die Schuldner wissen, worauf sie sich einlassen. Ich biete auch Beschlussantrag an für den Fall, dass meine Berechnungen bezweifelt werden. Bislang glaubt man mir aber auch so. Ich hab dann zwar das Problem an der Backe, dass ich wirklich quartalsweise die Abrechnungen des jeweiligen Schuldners überprüfen muss, aber es läuft.

    Glaub mir, die Schuldner wissen in der Regel selbst, dass das ohne Beschluss eigentlich nicht geht. Aber die Schuldner wissen eben auch, dass sie möglicherweise ihren Job riskieren, wenn sie nicht entsprechend brav sind.

    Und wenn jemand nicht von Anfang an mitspielt, geht der Antrag eben raus.

  • Also wenn ich es richtig verstehe, ist man nur mit einem enstprechenden Beschluss auf der 100% sicheren Seite, ist klar. Wenn es dann einem TH tatsächlich passieren sollte, dass er die Beantragung des Beschlusses verpennt, hat er uU ein Haftungsproblem?



    Vielleicht hilft ja BGH IX ZB 249/08 schon mal im Ansatz weiter?

  • Also wenn ich es richtig verstehe, ist man nur mit einem enstprechenden Beschluss auf der 100% sicheren Seite, ist klar. Wenn es dann einem TH tatsächlich passieren sollte, dass er die Beantragung des Beschlusses verpennt, hat er uU ein Haftungsproblem?

    Oder trifft auch den Schuldner eine gewisse Pflicht zur Mitwikung, nach dem Motto 'Du hättest ja merken müssen, dass Dir zuviel ausbezahlt wird'?



    Es wurde ja nicht zuviel ausgezahlt wenn es keinen Beschluss gibt.



  • Wie soll das aussehen? :gruebel: An wen stelle ich den Beschluss zu? An Schuldner und TH, an den Arbeitgeber sicherlich nicht....

    Also, wir machen das ohne Beschluss. Wurde auch noch nie beantragt... erst dann, wenn der Schuldner nicht freiwillig abführt... Und dann steckt doch der Verwalter in der Haftung und müsste die Beträge zur Masse zahlen, oder?!

  • Es werden doch nicht alle Beschlüsse des IG automatisch an den Arbeitgeber geschickt - leider!!!

    Was ist denn wenn § 295 Abs. 2 InsO zutrifft und der Schuldner selbstständig ist?

    Ich weiß natürlich, dass die TH in der Regel versuchen dem Arbeitgeber einfach mitzuteilen, dass Personen nicht zu berücksichtigen sind, weil diese ausreichende eigene Einkommen haben. Mir ist auch bekannt, dass die meisten AG das so akzeptieren, sogar sehr große Arbeitgeber.

    Was ist, wenn ein Beschluss nach § 850c Abs. 4 ZPO nicht existiert und der Arbeitgeber berücksichtigt die Person nicht als unterhaltsberechtigt. Nach der Aufhebung des Verfahrens pfändet ein Neugläubiger und beantragt die Nichtberücksichtigung dieser Person und das Vollstreckungsgericht ordnet sie an.

    Der Arbeitgeber hat dann ein Problem und wenn der Neugläubiger nun die pfändbaren Mehrbeträge haben will, weil er weiß, dass eine Anordnung nach § 850c Abs. 4 ZPO vom IG nicht erlassen wurde?????

    Leider fehlt da einigen Beteiligten der Überblick über die Probleme bei dem Arbeitgeber, die in der Praxis entstehen können.



  • Wie soll das aussehen? :gruebel: An wen stelle ich den Beschluss zu? An Schuldner und TH, an den Arbeitgeber sicherlich nicht....



    Die ganzen Beschlüsse bzgl. pfändbarer Beträge sind an den Drittschuldner zuzustellen. Bis zur Zustellung darf er sie nicht berücksichtigen.

    Wobei ich aus praktischer Sicht schon sagen muss, dass hier auch sehr viel ohne die entsprechenden Beschlüsse läuft. Das ist aber Sache der Beteiligten. Ich bin keinem beleidigt, wenn er so einen Beschluss beantragt; andererseits fordere ich die Beteiligten natürlich auch nicht dazu auf.
    Das würde sich auch mit der Neutralitätspflicht schwer vertragen.




  • Aber das passt doch nicht auf den Fall, dass der Schuldner nicht will, dass der Arbeitgeber von der Insolvenz erfährt und deshalb die pfändbaren Beträge selber an den TH abführt! :gruebel:

    In allen anderen Fällen (also den Normalfällen) gibt es natürlich einen Beschluss!

  • Ich wurde kürzlich vom IG beauftragt, den Beschluss an den Arbeitgeber zuzustellen, der ArbGeber wusste bereits bescheid, wie wir uns die Berechnung vorstellten, Schuldner war auch informiert. Alles kein Thema. Ob das so korrekt ist, dass der Verwalter zustellt, weiß ich auch nicht. Solange es keine Probleme gibt, macht das ja auch nix. :D

    Ich hab auch schon Beschlüsse "nur für die Akte und für den Schuldner zur Kenntnisnahme" gehabt. Wie gesagt, ob´s alles richtig ist, wer weiß das schon, solange keiner rummosert. ;)

    Wenn der Schuldner nicht will, dass der Arbeitgeber von der Inso erfährt, muss er entsprechend den Vorgaben des Treuhänders mitmachen und zahlen. Was sonst? Ansonsten kann er das knicken, dass der Arbeitgeber nichts erfährt. Ein besseres Druckmittel kann man doch gar nicht haben.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!