Auszahlung aus der Hinterlegung

  • Hallo schlaue Kollegen,

    hab grad eine ganz blöde Sache vor mir liegen.
    Meine Betreute ist im Februar 2006 verstorben.
    Sie wurde durch eine Vereinsbetreuerin betreut.
    Die Betreute hat eine Tochter, die sich nach dem Tod trotz der Aufforderung durch die Betreuerin nicht gezuckt hat.
    Die Betreuerin hat dann im Juni 2006 das Konto der Betreuten mit meiner Genehmigung aufgelöst und den Betrag bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts hinterlegt. Es handelt sich dabei um einen Betrag in Höhe von 4.261,74 €
    Die Vergütung der Betreuerin ist zum größten Teil immer aus der Staatskasse bezahlt worden. Ich habe daher Rückforderungsbeschluss erlassen und die Auszahlung in Höhe von 3.583,49 € aus der Hinterlegung begehrt. Diesen Antrag hat meine Kollegin noch nicht bearbeitet. Heute nun kam die Tochter und legte den Erbschein vor, wonach sie die Auszahlung des hinterlegten Betrages fordert. Zudem legt sie noch eine Rechnung über Rückforderungsansprüche des Sozialamtes von März 2006 in Höhe von 468,17 € und gibt die Kosten der Beerdigung in Höhe von ca. 3000,00 € (Rechnung kann vorgelegt werden.) an, die sie wohl verauslagt hat. Und nun? Wer kriegt denn nun was?

    Freue mich über Antworten!

    LG Anja

  • In diesem Fall ist mir einiges nicht ganz klar:
    Wie kann die Betreuerin ein Konto mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts im Juni 2006 auflösen, wenn die Betreuung schon im Februar 2006 beendet war.

    Außerdem ist zu klären für wen hinterlegt wurde.

    Auch für Erben gilt ein Schonbetrag, der m.W. zur Zeit 2.080,00 Euro zuzüglich Beerdigungskosten beträgt. Damit ist der Rückforderungsbeschluss im Betrag bereits zu hoch. Außerdem frage ich mich, wem dieser Beschluss bekannt gemacht wurde? Wer wurde vorher angehört und wem wurde er zugestellt?

  • Zur Kontoauflösung: §§ 1908 i, 1893 Abs.1,1698 b BGB.

    Hinterlegung: Kann eigentlich nur zugunsten der (unbekannten) Erben erfolgt sein.

    Regressbeschluss: Evtl. war ein Verfahrenspfleger für die unbekannten Erben der Betreuten für das Regressverfahren bestellt?


  • Hinterlegung: Kann eigentlich nur zugunsten der (unbekannten) Erben erfolgt sein.



    Nein. Im Hinterlegungsantrag steht der Name der Tochter nebst Anschrift und dem Vermerk: ggf. erbberechtigt drin.

    Zitat


    Regressbeschluss: Evtl. war ein Verfahrenspfleger für die unbekannten Erben der Betreuten für das Regressverfahren bestellt?



    Nein habe keinen Verfahrenspfleger bestellt und auch die Tochter nicht angeschrieben.

    Verfahrenspfleger deshalb nicht, weil ich darin keinen Sinn sehe und die Tochter nicht, weil Erbrecht zu diesem zeitpunkt nicht feststand.

  • [quote='juris2112','RE: Auszahlung aus der Hinterlegung Kontoauflösung: §§ 1908 i, 1893 Abs.1,1698 b BGB.

    Die Diskussion zu obigen Bestimmungen und zum Verfahrenspfleger (statt Nachlasspfleger) hatten wir bereits.
    Da sind juris und ich vollkommen anderer Ansicht.

    Zum Freibetrag für Erben: 2.070,00 € + aus anderen Quellen nicht gedeckte Beerdigungskosten.
    Wie ein solch hoher Rückforderungsbetrag (3.583,49 €) bei einer Erbmasse von rund 4260,00 € festgesetzt werden konnte, ist demnach nicht erklärlich.

    Eine Anhörung hätte erfolgen müssen, entweder die des nachgewiesenen Erben oder seines amtlich bestellten Vertreters (bei juris: Verfahrenspfleger, bei mir: Nachlasspfleger).

  • Ich kann Uro nur voll und ganz in die Seite treten. Der Rückforderungsbeschluss ist mangels Bestellung eines Nachlasspflegers oder Verfahrenspflegers im Verfahren überhaupt nicht wirksam geworden. Außerdem: Wer zuerst kommt malt zuerst. Die Rückforderungsansprüche des Sozialamts dürften vorgehen. Also ganz schnell Auszahlungsersuch an Hinterlegungsstelle zurücknehmen.

  • Wenn für die Tochter alleine als evtl. erbberechtigt hinterlegt wurde, kann diese mit dem Erbschein als Nachweis der Erbberechtigung wohl auch die Herausgabe des hinterlegten Betrages verlangen.

  • zu #6: wirksam ist der Beschluss schon, er ist aber anfechtbar und müsste auf Beschwerde hin wegen grober Verfahrensmängel aufgehoben werden.

  • Der Beschluss ist in der Welt, der Entäußerungswille war da, schließlich wollte Anja auf Grund dieses Beschlusses das Geld vereinnahmen. Der Beschluss kann natürlich auf kaltem Wege kassiert werden, wo kein Kläger, da kein Richter. Da er der sof. Beschwerde unterliegt, muss er noch zugestellt werden, und zwar dem Erben oder dem (juris möge verzeihen) Nachlasspfleger. Die Zustellung ist aber für die Wirksamkeit nicht Voraussetzung.

  • Beschluss hin oder her, kann ja den Beschluss aufheben, weil die Hinterlegungsstelle den eh noch nicht bearbeitet hat.

    Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, bekommt die Erbin alles. (Erbenfreibetrag + Beerdigungskosten + Geld für Sozialamt) Dann hat sich mein Beschluss doch eh erledigt.

    Im Übrigen steht in meinem Rückforderungsbeschluss drin:
    Der Erbe haftet bis zur Höhe des Nachlasses.
    (Anmerkung: Habe den Beschluss so von meinen Vorgängern übernommen, :oops: ohne mir darüber Gedanken zu machen, weil es eben schon immer so gemacht wurde und sich scheinbar bisher auch noch keiner aufgeregt hat.)
    Also habe ich eben angenommen, dass ich alles Geld zurückfordern kann.

    Hmmm..... ist aber offensichtlich nicht so. Habe da echten Aufklärungsbedarf! :oops:

  • Erstens kann der Beschluss nicht aufgehoben werden. Der Festsetzungsbeschluss unterliegt der sof. Beschwerde - § 56g Abs. 5 FGG -. Bei Entscheidungen, die der sof. Beschwerde unterliegen, kann das entscheidende Gericht nicht abhelfen (§ 18 Abs. 2 FGG). Wir sind nicht im ZPO-Bereich (§ 572 I ZPO).
    Die Erbenhaftung nach §§ 1967 BGB ist für Rückforderungsansprüche der Staatskasse gemäß §§ 1908i, 1836e Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt.

  • Anja:

    Nach § 102 Abs.3 Nr.1 SGB XII beläuft sich der Erbenfreibetrag auf das Dreifache des Grundbestrages des § 85 Abs.1 SGB XII, der seinerseits das Doppelte des Eckregelsatzes beträgt (also insgesamt 6-facher Eckregelsatz). Der Eckregelsatz in den alten Bundeländern beträgt 345 € und in den neuen Bundeländern 331 €. Daraus ergeben sich Freibeträge in Höhe von 2.070 € (345 x 6) für die alten Bundesländer und in Höhe von 1.986 € (331 x 6) für die neuen Bundesländer. Der Freibetrag wird auch beim Vorhandensein von mehreren Erben nur einmal gewährt.

    Außerdem gibt es noch den besonderen Erbenfreibetrag des § 102 Abs.3 Nr.2 SGB XII in Höhe von 15.340 €, wenn ein Erbe den Verstorbenen gepflegt hat, mit dem Betreuten bis zu dessen Ableben verheiratet oder verwandt war und mit ihm nicht nur vorübergehend in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

    Zu diesen Fragen vgl. Deinert/Lütgens RdNrn.1237 ff.

  • Hmm....
    Wenn ich meinen Beschluss nicht aufheben darf, dann könnte doch die Kollegin aus der Hinterlegung einen Beschluss machen, wonach eben nicht an mich, sondern an die Erbin (Erbenfreibetrag + Beerdigungskosten) vollständig ausgezahlt wird. Oder? Immerhin hat sie ja zwei Ersuchen vorliegen. Das der Erbin und meins.
    Wie gesagt, ich will mich hier nicht drücken, sondern ich suche eine elegante Lösung um aus dieser Nummer wieder raus zu kommen. Eine Welle deswegen bis zum LG finde ich unnötig.

  • Daraus ergeben sich Freibeträge in Höhe von 2.070 € (345 x 6) für die alten Bundesländer und in Höhe von 1.986 € (331 x 6) für die neuen Bundesländer.

    Außerdem gibt es noch den besonderen Erbenfreibetrag des § 102 Abs.3 Nr.2 SGB XII in Höhe von 15.340 €



    Mal wieder voll auf den Punkt.

    Zur Höhe des Erbenschobetrags vgl. auch hier https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?t=5038

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Das Zurückziehen eines Ersuchens an das HL-Gericht ist ohne weiteres möglich.
    Dieses Ersuchen war auch ohne rechtliche Grundlage. Das Geld ist hinterlegt zu Gunsten der unbekannten Erben. Die Staatskasse hat keine Rechte hieran. Also kann sie auch nicht Herausgabe an sich verlangen.

    Will die Staatskasse Rechte erwerben, muss sie den Herausgabeanspruch des unbekannten Erben pfänden und sich überweisen lassen. Das geht nicht nach EBAO, weil kein Zwangsgeld, sondern ein Rückforderungsanspruch im Raum steht. Ist also nichts mit EBAO, wonach man selber den Pfüb erlässt (und nicht das Vollstreckungsgericht), ganz abgesehen davon, dass ich mit diesem Festsetzungsbeschluss im Rücken von einem Pfüb die Finger ließe.
    Die Rückforderungsansprüche werden - zumindest in NRW - per KR eingezogen. Einziehende Stelle ist damit die Gerichtskasse, der man natürlich einen Hinweis auf das hinterlegte Geld geben sollte. Nur: ich habe mit diesem Festsetzungsbeschluss zwar die formale Möglichkeit, die KR zu erstellen (er ist ja wirksam), bei seiner zu erwartenden Aufhebung wegen Verfahrensmängeln und materiellen Mängeln aber auch noch eine KR zu löschen.

  • Hi !

    Muss leider auch auf das Thema Hinterlegung zu sprechen kommen.

    Mein Betreuter ist Mitglied einer Erbengemeinschaft.

    Der Nachlass wurde bei der Hinterlegungsstelle hinterlegt. Nachdem nun alles geklärt ist, stellt der Betreuer Antrag auf Genehmigung dafür, dass er nun die Auszahlung des dem Betreuten zustehenden Betrags von 20.000 EUR bei der Hinterlegungsstelle beantragen darf.Brauche ich hierfür überhaupt eine Genehmigung ?

    Finde in den Kommentaren nicht wirklich was zu dem Thema.

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