Habe einen Nachlassfall, in dem ich jetzt irgendwie in einer Sackgasse stecke und brauche dringend einen Weg heraus:
Der Fall:
Der Erblasser war verheiratet, lebte aber seit Jahren von seiner Ehefrau getrennt. Ein Scheidungsverfahren war nicht beantragt. Aus der Ehe stammen 2 volljährige Kinder (ein Sohn und eine Tochter). Der Erblasser hatte eine Lebensgefährtin, diese bewohnten aber (noch?) getrennte Wohnungen.
Der Nachlass besteht nach bisheriger Kenntnis im Wesentlichen aus der selbstbewohnten Eigentumswohnung des Erblassers, Bankguthaben (Wert deutlich geringer als die Eigentumswohnung) und einem PKW.
Der Erblasser hat ein notarielles Testament hinterlassen und darin Folgendes bestimmt:
Die beiden Kinder werden als Erben zu gleichen Teilen eingesetzt, zudem jeweils einer als Ersatzerbe für den anderen.
Die Lebensgefährtin erhält als Vermächtnis ein lebenslanges, unentgeltliches Nießbrauchsrecht an der Eigentumswohnung.
Das Bankguthaben und den Zeitwert des PKW erhalten zu gleichen Teilen die Lebensgefährtin und der behinderte Neffe des Erblassers als Vermächtnis.
Nach Bekanntwerden des Testaments haben beide Kinder die Erbschaft als testamentarische Erben und Ersatzerben ausgeschlagen um die Erbschaft als gesetzliche Erben anzunehmen.
Es wurde die Erteilung eines Erbscheins beantragt, dass der Erblasser nach gesetzlicher Erbfolge von seinen Kindern zu je ½ beerbt wurde.
Meine Probleme:
Im MüKo zu § 1948 BGB habe ich gefunden, dass eine (geteilte)Ausschlagung nach testamentarischer Erbfolge und Annahme nach gesetzlicher Erbfolge nur wirksam ist, wenn dies dem Willen des Erblassers nicht zuwider läuft. U.U. schlägt der Erbe – je nach Erblasserwillen mit der teilweisen Ausschlagung auch – ungewollt – die Erbschaft nach gesetzlicher Erbfolge aus. Wegen Irrtums kann diese – ungewollte – Ausschlagung nicht angefochten werden lt. MüKo.
Auch kann durch diese Erbausschlagung nicht jemand in die Erbfolge eingebracht werden, der durch Testament ausdrücklich oder stillschweigend enterbt wurde (hier die getrennt lebende Ehefrau – insoweit ist der Erbscheinsantrag schlüssig, da er die getrennt lebende Ehefrau aus diesem Grunde unberücksichtigt lässt).
Über die Folgen der "testamentarischen Erbausschlagung" bin ich mir daher nicht im Klaren. Hatte mir überlegt, dass ich den Erbscheinsantrag den nachfolgenden gesetzlichen Erben zur Stellungnahme schicken und eine evtl. Reaktion abwarten wollte. Dachte, das würden die Eltern (Mutter lebt noch) bzw. Geschwister (leben auch noch) sein. Habe aber zwischenzeitlich erfahren, dass der Sohn des Erblassers 2 minderjährige Kinder hat. Die Tochter des Erblassers ist kinderlos.
Habe dem beurkundenden Notar des Erbscheinsantrages mitgeteilt, dass erst noch zu ermitteln ist, welche Wirkungen die Ausschlagungen nach testamentarischer Erbfolge haben unter Hinweis auf die Kommentierung zu § 1948 BGB und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die (jetzt gesetzlichen) Erben gem. § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB nur die Wahl haben, die Erbschaft auszuschlagen oder mit allen Belastungen anzunehmen, da der Erbteil (=Quote) größer als der Pflichtteil ist. Die Alternative "Ausschlagung" dürfte inzwischen entfallen sein, da im Erbscheinsantrag die Annahme der Erbschaft erklärt wurde.
Bei der ganzen Angelegenheit gehe ich davon aus, dass die Vermächtnisse und Auflagen bestehen bleiben (gem. § 2161 BGB), auch wenn der eingesetzte Erbe ausschlägt.
Sollten Erben aber doch die nachfolgenden gesetzlichen Erben werden (z.B. die mj. Enkelkinder?), so könnte die Sache u.U. anders aussehen, da diese die Vermächtnisse kürzen könnten, um Pflichtteilsansprüche erfüllen zu können?
Würde – wenn ich zu dem Schluss kommen müsste, dass die Kinder ungewollt die gesetzliche Erbschaft ausgeschlagen haben, weil nur diese Folge mit dem Erblasserwillen vereinbar wäre - es dann überhaupt mit dem Erblasserwillen vereinbar sein, dass dann die Enkelkinder (und auch nur die Kindes eines Kindes) Erben werden?
Der Notar gibt zu meiner mitgeteilten Ansicht und Anfrage leider gar keine Stellungnahme ab.
Die Lebensgefährtin fragt an, ob sie in die Wohnung einziehen und den PKW ummelden darf (sie kümmert sich jetzt um 2 Wohnungen, zahlt weiterhin in ihrer alten Wohnung Miete, muss Kündigungsfristen einhalten).
Ich weiß jetzt irgendwie nicht weiter.
Kann bzw. muss ich noch jemanden anhören? Bislang sind nur die im Testament begünstigte Lebensgefährtin und der Neffe beteiligt.
Kann ich der Lebensgefährtin eine sinnvolle Antwort geben?
Liege ich richtig damit, dass ich davon ausgehe, dass die Kinder als gesetzliche Erben die Vermächtnisse und Auflagen genauso erfüllen müssten wie als testamentarische Erben? Dann wäre der beantragte Erbschein im jetzigen Stadium die einzige Möglichkeit, dem Erblasserwillen hinsichtlich der Sicherstellung der Auflagen zu entsprechen.
Welchen Sinn hatte die Ausschlagung als testamentarischer Erbe?
Wer ist denn nun Erbe?
Ich hoffe auf klärende Hilfe!!
Tatjana