Rechtsprechungshinweise Insolvenz

  • Der Anspruch des Schuldners gegen seinen (hier: getrennt lebenden) Ehegatten auf Zahlung eines Vorschusses für die Kosten des Insolvenzverfahrens ist nicht davon abhängig, dass die Verbindlichkeiten, die Gegenstand des Insolvenzverfahrens sind, im Zusammenhang mit der ehelichen Lebensgemeinschaft stehen (Anschluss an BGH, Beschl. v. 25.11.2009 - XII ZB 46/09; entgegen BGH, Beschl. v. 24.07.2003 - IX ZB 539/02).

    LG Duisburg, Beschl. v. 28.09.2012 - 7 T 130/12 (Rechtsbeschwerde zugelassen)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Ein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten ist unzulässig, wenn die Erteilung der Restschuldbefreiung von vornherein ausgeschlossen ist, weil bereits kein zulässiger Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung vorliegt.

    2. Nimmt ein Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung zurück, ist ein erneuter Antrag binnen einer Sperrfrist von drei Jahren ab Rücknahme des ersten Antrags unzulässig. Denn es steht nicht im Belieben des Schuldners, neue Verfahren einzuleiten, um die an zeitliche Fristen geknüpften Versagungstatbestände des § 290 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 InsO zu umgehen und durch eine Anpassung der tatsächlichen Grundlagen nachträglich eine Restschuldbefreiung zu erreichen.

    AG Köln, Beschl. v. 05.10.2012 - 72 IN 321/12
    (eigene Leitsätze)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Das Insolvenzgericht kann bei offensichtlicher Unstatthaftigkeit der sofortigen Beschwerde nach § 64 Abs. 3 InsO ohne Vorlage der Akten an das Landgericht sofort über den als befristete Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG zu wertenden Rechtsbehelf entscheiden.

    2. Mit der befristeten Rechtspflegererinnerung können nur konkrete Verfahrensfehler angegriffen werden. Die pauschale Behauptung einer langen Bearbeitungszeit kann nicht im Wege der befristeten Rechtspflegererinnerung überprüft werden.

    3. Die pauschale Behauptung einer langen Bearbeitungszeit bei der Entscheidung über die Vergütungsfestsetzung ohne konkrete Geltendmachung einer in dieser Zeit vorgenommenen notwendigen insolvenzrechtlichen Tätigkeit rechtfertigt keine Erhöhung des Aufwendungsersatzes nach § 4 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 InsVV. Wegen § 4 InsO i.V.m. § 308 ZPO ist eine solche Erhöhung konkret in einem Vergütungsantrag geltend zu machen.

    AG Leipzig, Beschl. v. 21.09.2012 - 401 IN 1991/10

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Neben dem Insolvenzverwalter hat auch das Insolvenzgericht bei unzulässigen Forderungsanmeldungen ein Vorprüfungs-, Beanstandungs- und Zurückweisungsrecht.

    2. Die Eintragung zur Tabelle als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung bedarf eines Tatsachenvortrages, aus dem sich schlüssig die behaupetete Rechtsfolge ergibt. Die bloße Behauptung eines Gläubigers, die Schuldnerin sei bei Auftragserteilung an ihn bereits zahlungsunfähig gewesen, genügt hierzu nicht.

    AG Köln, Beschl. v. 25.10.2012 - 72 IK 479/11
    (eigene Leitsätze)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Es besteht keine Verpflichtung des Insolvenzverwalters einer KG, vorrangig Anfechtungsansprüche geltend zu machen, bevor er die Kommanditisten im Rahmen der Nachhaftung in Anspruch nimmt.

    2. Ein Kommanditist, der vom Insolvenzverwalter einer KG aufgrund seiner Haftung für Verbindlichkeiten der KG gemäß §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB in Anspruch genommen wird, kann nicht einwenden, die Verbindlichkeit sei nach §§ 129ff. InsO anfechtbar entstanden.

    LG Köln, Urt. v. 25.10.2012 - 22 O 300/12
    (eigene Leitsätze)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Abgabenforderungen, die Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO darstellen, sind auch dann gemäß § 155 Abs. 1 AO mittels Verwaltungsakt festzusetzen, wenn der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 InsO angezeigt hat (Anschluss an BFH, Urt. v. 29.08.2007 - IX R 58/06).

    2. Bei Masseunzulänglichkeit auch für Neumasseverbindlichkeiten i. S. d. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO gilt das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO nicht unmittelbar und analog allenfalls dann, wenn mehrere Neumassegläubiger existieren (Anschluss an BGH, Urt. v. 13.04.2006 - IX ZR 22/05).

    OVG Bautzen, Beschl. v. 19.10.2012 - 5 D 97/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Prozesskostenhilfe für eine erfolgversprechende und nicht mutwillige Klage eines Insolvenzschuldners, mit der vom Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder endgültig freigegebene Ansprüche verfolgt werden sollen, kann nicht mit der Begründung versagt werden, dadurch werde die gesetzliche Regelung in § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO umgangen, weswegen ein Prozess insgesamt zu unterbleiben habe, wenn eine zunächst vom Treuhänder bzw. Insolvenzverwalter erwogene eigene Klagerhebung daran gescheitert ist, dass die Insolvenzgläubiger trotz Zumutbarkeit der Kostenaufbringung entsprechende Vorschusszahlungen verweigert haben. Lediglich im Falle einer bloß modifizierten Freigabe, bei der die Ermächtigung des Schuldners zur Geltendmachung der Ansprüche mit der Vereinbarung verbunden wird, den Erlös zur Masse abzuliefern, scheidet eine Prozesskostenhilfebewilligung für die beabsichtigte Klage des Schuldners aus.

    OLG Celle, Beschl. v. 12.11.2012 - 14 W 39/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Der Gläubigerausschuss kann die Einberufung der Gläubigerversammlung zum Zweck der Wahl eines anderen Insolvenzverwalters auch schon vor dem Berichts-/Prüfungstermin beantragen. Der Antrag des Gläubigerausschusses ist vom Gericht nicht auf Zweckmäßigkeit, Interessenmäßigkeit oder ein besonderes Bedürfnis an der Einberufung zu überprüfen.

    LG Stendal, Beschl. v. 22.10.2012 - 25 T 184/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Hat der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Direktversicherung zur betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossen und das im Übrigen unwiderrufliche Bezugsrecht unter den Vorbehalt gestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht vor Eintritt des Versorgungsfalls und der Unverfallbarkeit endet, so gehört das Bezugsrecht bei durch die Insolvenz des Arbeitgebers bedingter Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Vermögen des Arbeitnehmers (entgegen BAG, Urt. v. 15.06.2010 – 3 AZR 334/06).

    LG Kleve, Urt. v. 28.08.2012 – 6 S 187/10

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Ist eine „kalte“ Zwangsverwaltung vereinbart, so ist nur der Überschuss aus dieser teilungsmasseerhöhend zu berücksichtigen.

    2. Bei der Gewährung eines Zuschlags ist eine Vergleichsberechnung vorzunehmen zwischen der fiktiven Regelvergütung ohne Massemehrung und der tatsächlichen Regelvergütung aus der erhöhten Masse.

    LG Heilbronn, Beschl. v. 04.04.2012 – 1 T 89/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Ein Verstoß gegen das Zahlungsverbot nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach § 130a Abs. 1 HGB stellt keine vorsätzliche unerlaubte Handlung dar, so dass eine entsprechende Feststellung nach § 302 Nr. 1 InsO nicht verlangt werden kann.

    OLG Hamm, Urt. v. 31.05.2012 - I-27 U 25/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • 1. Die erste Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung eines Sachwalters folgt und in der die Gläubiger an dessen Stelle eine andere Person wählen können, muss nicht zwingend der Berichts- und Prüfungstermin sein.

    2. Dem Insolvenzgericht steht kein Prüfungsrecht zu, ob der Antrag des Gläubigerausschusses auf Einberufung einer Gläubigerversammlung zweckmäßig und interessengerecht ist und ob ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

    LG Stendal, Beschl. v. 22. 10. 2012 - 25 T 184/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Gilt eine Lastschrift nach den AGB-Banken mit Ablauf von sechs Wochen nach Zusendung eines Rechnungsabschlusses ohne Einlegung eines Widerspruches als genehmigt, so stellt diese fingierte Genehmigung ein Schuldanerkenntnis bezüglich des Kontensaldos dar. Anfechtbare Rechtshandlung i.S.d. § 129 InsO ist dabei sowohl das Unterlassen des Widerspruches als auch das Schuldanerkenntnis selbst.

    AG Bonn, Urt. v. 09.08.2012 - 111 C 98/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11


    Erlangt ein Gläubiger mehrere Monate nach einem von ihm gegen den Schuldner gestellten Insolvenzantrag durch diesen Befriedigung seiner Forderung und nimmt er anschließend den Antrag zurück, kann die Vorsatzanfechtung unter dem Gesichtspunkt einer inkongruenten Deckung durchgreifen.


    Von einer Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit kann nicht ausgegangen werden, wenn sich der Schuldner durch die Befriedigung seiner gegenwärtigen Gläubiger der Mittel entäußert, die er zur Begleichung seiner künftigen, alsbald fällig werdenden Verbindlichkeiten benötigt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Abtretung künftiger Gehaltsansprüche vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt bis zum Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des Monats der Verfahrenseröffnung auch insoweit wirksam, als die Ansprüche auf einem Dienstverhältnis beruhen, das erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen worden ist.


    BGH, Urteil vom 20. September 2012 - IX ZR 208/11 -


  • BGH vom 18.10.2012, IX ZB 61/10, ohne Leitsatz


    Die für sich genommen unpfändbare Naturalleistungen wie die Gewährung der unen-geltlichen Nutzung eines Dienstwagens sind gemäß § 850e Nr. 3 ZPO mit dem in Geld zahlbaren Einkommen zusammenzurechnen. In diesem Fall ist eine Pfändbarkeit insoweit gegeben, als der dem Schuldner nach § 850c ZPO verbleibende Betrag durch den Wert der Naturalleistung gedeckt wird.

    Der Versagungstatbestand des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO erstreckt sich auch auf die Verheimlichung von Arbeitseinkommen, das in Anwendung von § 850e ZPO als Naturalleistung der Pfändung unterliegt. 

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZR 204/12

    a) War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über eine Forderung anhängig, der vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger widersprochen wurde, und verfolgt der die Forderung Bestreitende seinen Widerspruch nicht, ist der Gläubiger der Forderung zur Aufnahme des Rechtsstreits auch dann befugt, wenn für die Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorlag (im Anschluss an BGH, Urteil vom 29. Juni 1998 - II ZR 353/97, NJW 1998, 3121).

    b) Ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist ein Rechtsstreit im Sinne von § 180 Abs. 2 InsO, durch dessen Aufnahme die Feststellung der bestrittenen Forderung zu betreiben ist. Über ei-nen Zwischenstreit über die Wirksamkeit der Aufnahme des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist entsprechend § 303 ZPO durch Beschluss zu entscheiden.

    c) Gegner des die Feststellung seiner zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung betreibenden Gläubigers ist derjenige, der der Forderung im Insolvenzverfahren widersprochen hat. Er tritt an die Stelle des Schuldners in den aufgenommenen Rechtsstreit ein.

    d) Der an die Stelle des Schuldners in den aufgenommenen Rechtsstreit eintretende Widersprechende ist an die bisherigen Ergebnisse des Rechtsstreits gebunden (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - IX ZB 312/04, NZI 2007, 104).

    e) Die uneingeschränkte Aufnahme eines Rechtsstreits durch den Gläubiger einer zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung ist, wenn der Forderung mehrere Personen im Sinne von § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO widersprochen haben, nur wirksam, wenn der Rechtsstreit gegenüber allen Widersprechenden aufgenommen wird (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 14. Mai 1998 - IX ZR 256/96, NJW 1998, 2364).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • § 35 Abs. 1 GewO ist während eines Insolvenzverfahrens auf das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübte Gewerbe anwendbar, wenn der Insolvenzverwalter das Vermögen aus dieser Gewerbetätigkeit nach § 35 Abs. 2 S. 1 InsO freigegeben hat. § 12 GewO steht einer solchen Gewerbeuntersagung nicht entgegen.

    VG Berlin, Urt. v. 01.06.2012 − VG 4 K 23/11

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Bei freihändiger Veräußerung des Wohnungseigentums durch den Insolvenzverwalter geht das Recht auf abgesonderte Befriedigung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus §§ 49 InsO, 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG an der Wohnung unter. Es setzt sich als Recht zur Befriedigung am Veräußerungserlös fort.

    LG Landau, Urt. v. 17.08.2012 - 3 S 11/12

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

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