Erbschein für den Vorerben Inhalt

  • Hallo liebe Kollegen.

    Ich habe einen Erbschein für einen Vorerben zu erteilen aufgrund Erbvertrages (Bank verlangt tatsächlich einen Erbschein).

    Im Nachlass sind betriebliche Beteiligungen enthalten.

    In dem Erbvertrag ist u.a. in Ziffer I. enthalten, dass der Sohn vermächtnisweise die Hälfte der Beteiligung des Verstorbenen an der Gesellschaft xy1 erhält.
    Weiter steht in Ziffer II. geschrieben, dass die Vorerbin, soweit der Sohn nicht bereits gemäß Ziffer I. betriebliche Beteiligungen erhält, berechtigt ist, vor Eintritt des Nacherbfalles die zur Vorerbschaft gehörenden betrieblichen Beteiligungen an der Firma xy1 und an der Gesellschaft xy2 auf den gemeinsamen Sohn zu übertragen. Macht der Vorerbe von dieser Befugnis Gebrauch, so geltenden die ihm zugewandten betrieblichen Beteiligungen als durch Vorausvermächtnis auf Ableben des Erstversterbenden zugewandt und unterliegen nicht der Nacherbfolge.
    Weiter ist angeordnet, dass, für den Fall, dass der eingesetzte Nacherbe nicht Nacherbe wird, und der Ersatznacherbe Nacherbe wird, Testamentsvollstreckung angeordnet wird.

    Frage: Müssen diese Inhalte in dem Erbschein für den Vorerben ausdrücklich mit angegeben werden?

    Vielen Dank.

  • Echt? Bei einem notariellen Erbvertrag? :eek:
    Die Banken werden auch immer krasser... Bzw. ich find das echt unverschämt, zumal der BGH schon bei eindeutigen handschriftlichen Testamenten entschieden hat, dass kein Erbschein erforderlich ist...
    Wie sieht denn aber die Erbfolgeregelung aus? Du beschreibst nur Vermächtnisse usw... Wenn nämlich die Erbfolgeregelungen eindeutig sind, ist es denk ich für den Erbschein relativ einfach.
    Hab mal so einen Erbschein gesehen.
    Da stand drin:
    ... Der Erblasser wird von beerbt von * als Vorerbe.
    Nacherbe ist *. Der Nacherbfall tritt ein mit dem Tod des Vorerben

  • Echt? Bei einem notariellen Erbvertrag? :eek:


    ...mit bedingter Testamentsvollstreckung - ja klar Erbschein, die Auslegung wäre mir als Bank auch zu heiß.

    Die Vermächtnisse haben im Erbschein nichts zu suchen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Es geht hier um aufschiebend bedingte Vorausvermächtnisse zugunsten des Vorerben, die wegen § 2110 Abs. 2 BGB im Erbschein zu vermerken sind - vorausgesetzt, sie wären zulässig.

    Die genannte Konstruktion beruht auf einer Dissertation von Nolting, die bereits ausführlich im Forum besprochen wurde.

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post126887

    Dort sind auch Entscheidungen des OLG Hamm und des LG Bielefeld zitiert, wonach eine solche Konstruktion zulässig ist, wenn die bedingte Vorausvermächtnisanordnung den gesamten Nachlass erfasst und die Nacherbfolge dadurch ggf. insgesamt in Wegfall kommt. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um aufschiebend bedingte Vorausvermächtnisse im Hinblick auf einzelne Nachlassgegenstände, die nach Ansicht von Nolting ebenfalls zulässig sind, was aber aus den im verlinkten Thread ausführlich dargelegten Gründen abzulehnen ist.

    Nach meiner Ansicht sind die aufschiebend bedingten Vorausvermächtnisse somit von vorneherein nicht wirksam angeordnet und demzufolge sind sie aus diesem Grund nicht in den Erbschein aufzunehmen.

    Zur Testamentsvollstreckung ist ergänzend zu fragen, ob sie nur - was ich vermute - zu Lasten des Ersatznacherben angeordnet sein soll. Denn dann läge jedenfalls keine den Vorerben beschränkende TV vor und es wäre nur nur noch darüber zu entscheiden, ob es sich nicht nur um eine den Ersatznacherben beschwerdende TV für die Zeit nach dem Eintritt des Ersatznacherbfalls, sondern auch um eine - im Erbschein zu vermerkende - aufschiebend bedingte TV nach § 2222 BGB für die Dauer der Vorerbschaft und für den Fall handelt, dass der ursprüngliche Nacherbe wegfällt.

  • Danke für die hilfreichen Antworten.

    Die Testamentsvollstreckung ist nur für den Fall, dass der Nacherbe (Sohn ist als Nacherbe eingesetzt) nicht Nacherbe werden will oder kann und die Ersatznacherbfolge (Abkömmlinge des Nacherben zu gleichen Anteilen nach Stämmen) zum Tragen kommt, angeordnet. Die TV beginnt , wenn die Erbschaft den Ersatznacherben anfällt und endet mit Vollendung des 25. Lebensjahres des Jüngsten der Ersatznacherben. Sollte bei Eintritt des Nacherbfalls der jüngste Ersatznacherbe bereits das 25. Lebensjahr vollendet haben, gilt sie als nicht angeordnet.

    Also verstehe ich das richtig, dass weder die TV noch die bedingten, nicht unter die Nacherbschaft fallenden Vorausvermächtnisse nicht in den Erbschein aufzunehmen sind?

    Nochmals vielen Dank.

  • Die Testamentsvollstreckung ist nach dem Gesagten nicht im Erbschein zu erwähnen, weil sie nicht den Vorerben beschränkt und die Beschränkung für die (Ersatz-)Nacherben erst nach dem Eintritt des Nacherbfalls zum Zuge kommt. Damit handelt es sich nicht um eine Nacherben-TV nach § 2222 BGB, die bereits während der Dauer der Vorerbschaft greift.

    Bezüglich der aufschiebend bedingten Vorausvermächtnisse zugunsten des alleinigen Vorerben sind die Dinge wahrscheinlich nicht so einfach, wie Du Dir das vorstellst. Denn die Beteiligten werden aufgrund der im Erbvertrag - wohl mit Bedacht - gewählten Konstruktion sicher ein Interesse daran haben, dass die Vorausvermächtnisse in den Erbschein aufgenommen werden und mit diesem Inhalt wird dementsprechend wohl auch ein Erbscheinsantrag gestellt werden.

    Die Frage, ob die Vorausvermächtnisse zulässig sind oder nicht, wird unter dieser Prämisse erst bei der Entscheidung des Nachlassgerichts über den Erbscheinsantrag relevant. Insofern ist dringend anzuraten, sich der aus dem verlinkten Thread ergebenden - ablehnenden - Argumentation zu bedienen. Es erscheint daher zweckmäßig, den verlinkten Thread auszudrucken und ihn zum Bestandteil der Nachlassakten zu machen, weil dort wirklich alle Argumente des Für und Wider erörtert sind.

  • Mir liegt bereits in notarieller ES-Antrag vor, in welchem von den Vorausvermächtnissen nicht die Rede ist.
    Gemäß Antrag sollen diese nicht in den ES aufgenommen werden.

  • Eigenartig.

    Aber da dies wohl mit der Rechtsauffassung des Nachlassgerichts übereinstimmt (denn so verstehe ich Dich), werden die Vorausvermächtnisse eben nicht in den Erbschein aufgenommen.

    Da die (unzulässigen) Vorausvermächtnisse keinen Grundbesitz betreffen, wird es aufgrund des Inhalts des antragsgemäß erteilten Erbscheins jedenfalls nicht zu grundbuchrechtlichen Problemen kommen. Alles Weitere ist aus heutiger Sicht des Nachlassgerichts nicht von Belang.

    Ob die Beteiligten das Problem erkannt und durchschaut haben, kann dahinstehen.

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