Steuernachzahlung in der WVP

  • Guten Morgen,

    ich habe folgenden Fall:

    Schuldner beantragt die Erhöhung des pfändbaren Betrags gemäß § 850f ZPO , da er nicht unerhebliche Steuernachzahlungen für die Jahre 2012 und 2013 leisten muss. Die Nachzahlungen beruhen darauf, dass er zusammen mit seiner Frau nach Steuerklasse 3/5 eingruppiert war. Jetzt ist er bei 4/4. Nun hatte er dadurch möglicherweise mehr netto. Allerdings ist natürlich dadurch auch mehr an pfändbaren Beträgen geflossen. Das Inso-Verfahren wurde Mitte 2014 aufgehoben.

    Hatte eine/r schon mal so einen Fall und wie hat er/sie ihn gelöst? Ich habe leider nur Entscheidungen gefunden, dass es sich dabei nicht um Masseverbindlichkeiten handelt (was ja hier eh egal wäre, da bereits aufgehoben)

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ich hatte einen ähnlichen Fall, den ich auch hier eingestellt hatte. Nur war da eine falsche Eingruppierung erfolgt. Ich habe die Anträge auf Erhöhung des pfandfreien Betrages zwischenzeitlich zurückgewiesen.
    Das würde ich auch in deinem Fall tun. Steuerklassenwahl ist Sache des Schuldners, er ist ja nicht zwangsweise in 3/5 eingruppiert worden. Mit Steuerklasse 3 hatte er mehr netto als jetzt mit 4. Letztlich ist das für mich kein Fall von § 850 f ZPO. Es fällt mir schwer, solche Fälle als besonderes persönliches Bedürfnis des Schuldners einzustufen. Noch schwerer fällt mir, jetzt alle Gläubiger zugunsten eines Neugläubigers zu benachteiligen. Da stehen für mich eindeutig überwiegende Belange der Insogläubiger entgegen.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Euren Fall hatte ich eher unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes gegenüber dem Steuerberater auf'm Schirm.

    Tja, ich bin da irgendwie hin- und hergerissen. Hätte der Schuldner die "korrekte" Steuerklasse genommen, wäre die Masse (auch) besser dran gewesen. Der Schuldner hätte zwar weniger netto und die pfändbaren Beträge wären geringer. Aber dann wären alle Steuererstattungen zur Masse geflossen.
    Ich denke ja so ein bisschen an die Lohnnachzahlungen, wo man dann auch auf die Monate verteilen muss. Aber dass wird man hier wahrscheinlich gar nicht machen können.

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  • Woher willst du denn wissen, ob es Steuernachzahlungen gegeben hätte?
    Zur Steuerklassenwahl kann ich noch den Beschluss des BGH vom 04.10.2005, VII ZB 26/05 bieten.

    Da hast Du Recht, das weiß ich nicht. Aber zumindest hatte er ja hier mehr netto und damit auch mehr pfändbare Beträge. Und das wird durch das Steuerverfahren jetzt ausgeglichen. da stellt sich ja doch die Frage, ob das nur zu Lasten des Schuldners geht.
    Und gerade das wäre ja angesichts Deiner zitierten BGH-Entscheidung nur gerecht: wenn's in die eine Richtung geht (für die Gläubiger die ungünstige Stkl-Wahl), warum nicht auch in die andere ?

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  • Eine Steuererstattung für 2012 und 2013 wäre in die Masse geflossen, also auch zugunsten der Gläubiger und der Schuldner guckt in die Röhre.
    Für mich passt § 850f ZPO nicht und meines Erachtens steht das Gläubigerinteresse hier an erster Stelle. Das mag für den Schuldner unbefriedigend sein, aber ich persönlich sehe keine Lösung über § 850 f ZPO.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Woher willst du denn wissen, ob es Steuernachzahlungen gegeben hätte?
    Zur Steuerklassenwahl kann ich noch den Beschluss des BGH vom 04.10.2005, VII ZB 26/05 bieten.

    Da hast Du Recht, das weiß ich nicht. Aber zumindest hatte er ja hier mehr netto und damit auch mehr pfändbare Beträge. Und das wird durch das Steuerverfahren jetzt ausgeglichen. da stellt sich ja doch die Frage, ob das nur zu Lasten des Schuldners geht.
    Und gerade das wäre ja angesichts Deiner zitierten BGH-Entscheidung nur gerecht: wenn's in die eine Richtung geht (für die Gläubiger die ungünstige Stkl-Wahl), warum nicht auch in die andere ?

    Im Grunde genommen hast Du mit Deiner Überlegung recht.

    Das AG Dortmund hat in dem Beschluss vom 21.03.2002 - 257 IK 17/00 - darauf hingewiesen, dass der Schuldner durch Eintragung eines Freibetrages die Steuereinbehaltung hätte vermindern können und deswegen die (teilweise) Freigabe des Erstattungsbetrages abgelehnt. Heute würde das sicherlich anders ausgehen, weil § 850i ZPO geändert wurde und der nun auch für alle Einkünfte anzuwenden ist, die kein Arbeitseinkommen sind. Dadurch wird die Steuererstattung zwar nicht wieder zu Arbeitseinkommen, aber - einen Antrag des Schuldners nach § 850i ZPO vorausgesetzt - zumindest pfändungsrechtlich so behandelt. (ob schon einer auf diese Idee gekommen ist, für die Steuererstattung einen Antrag nach § 850i ZPO zu stellen????)

    Aber für die umgekehrte Richtung gibt es weder eine alte noch eine neue Vorschrift. Vor allem geht es darum, dass es hier nicht um laufend anfallende Steuerbeträge geht, sondern um Steuernachforderungen.

    Würde es durch zusätzlich zu versteuernde Einkommen (hatte mal eine Beschäftigte, die auch eine Witwenrente erhalten hat und deswegen jedes Jahr Steuern nachzahlen musste) zu laufend höheren Steuerforderungen kommen, sähe es vermutlich anders aus und § 850f ZPO könnte hierfür angewandt werden (war in meinem Fall so, dass der unpfändbare Betrag nach § 850f ZPO erhöht wurde).

    So hat auch das BAG mit dem Urteil vom 24.10.1979 - 4 AZR 805/77 - (AP Nr 6 zu § 829 ZPO) entschieden:

    Falls deshalb, weil die jährliche Einkommensteuerdes Dienstleistenden bei der Berechnung seines Nettoeinkommens i.S. von § 850eNr. 1 ZPO nicht berücksichtigt werden kann, er aber andererseits am Schluß desKalenderjahres mit dieser Steuer belastet ist, der ermittelte pfändbare Betragunverhältnismäßig hoch ist, hat der Dienstleistende die Möglichkeit, gemäß §850f ZPO beim Vollstreckungsgericht zu beantragen, ihm einen Teil despfändbaren Arbeitseinkommens zu belassen.

  • Tja, alles schöne Gedanken, mal gucken, was ich mache. Danke Euch.

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  • Über 850f1b "besondere Bedürfnisse aus persönlichen Gründen" kann man doch hier nicht pfändbares zugunsten des Schuldners und letztlich des FA-Neugläubigers zu Lasten der Insolvenzgläubigergesamtheit wieder freischaufeln.

    Mal abgesehen davon, wie soll denn die Entscheidungsfindung verlaufen:
    alles zurückrechnen für den Fall anderer Steuerklassenwahl seit annodunnemal?
    Die dann fiktiv geringeren pfändbaren Beträge wiederum gegenrechnen mit den fiktiv höheren Lohnsteuererstattungen, die rausgekommen wären, wenn ... und mal sehen, was am Ende bei rauskommt,
    na viel Spaß.

    imo geht nicht, würde zurückweisen.

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