Sondereigentum Balkon Abgeschlossenheit

  • Guten Morgen Freunde des Grundbuchrechts.

    Mir liegt eine Teilungserklärung vor. Es soll u. a. Sondereigentum an einem Balkon begründet werden. Dieser Balkon ist durch eine Treppe mit dem Garten verbunden. Der Balkon ist zur Treppe hin nicht räumlich abgeschlossen. Das habe ich mit Zwischenverfügung beanstandet.
    Der Notar argumentiert nunmehr damit, dass Sondereigentum auch an durch reine "Luftschranken" begrenzten Bereichen gebildet werden kann und verweist dabei auf die Entscheidungen vom OLG München 23.09.2011 - 34 Wx 247/11 und BGH Urt. v. 18.07.2008 - V ZR 97/07.????
    Wie seht Ihr denn die Sache. Ist es für Euch auch klar, dass SE an dem unabgeschlossenen Balkon gebildet werden kann.

    Schöne Grüße

  • Wie hier dargestellt

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1020072

    ist die Frage, inwieweit ein Balkon sondereigentumsfähig ist, umstritten (s. a. die Anmerkung von Dötsch zum Beschluss des OLG München vom 23.09.2011, 34 Wx 247/11, in der ZfIR 2011, 881-883). Die gleiche Streitfrage stellt sich bei einer Erdterrasse (s. dazu Ott, „Die Sondereigentumsfähigkeit von Terrassen, BWNotZ 5/2015, 130 ff
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz-5-2015.pdf

    Wenn sich die Raumeigenschaft des Balkons dadurch ergibt, dass er nicht über die gedachte Falllinien eines darüber gelegenen Balkons hinausreicht, würde ich insoweit von der Sondereigentumsfähigkeit ausgehen wollen.

    Die Außentreppe stellt mE diese Sondereigentumsfähigkeit nicht in Frage, weil sie einen Schutz (zumindest eine Hemmschwelle zum Betreten des Balkons) vor äußeren Einwirkungen bietet und damit auch den Schutz der Privatsphäre gewährleistet.

    Sie müsste allerdings mangels Raumeigenschaft im Gemeinschaftseigentum verbleiben; d. h. an ihr wäre dann ein Sondernutzungsrecht zugunsten der betreffenden Einheit zu begründen.

    Wenn ich davon ausgehe, dass nach hM bei einer jederzeit zu öffnenden Verbindungstür die Abgeschlossenheit nicht in Frage steht (Das LG Köln hat dazu im Beschluss vom 25.05.1993, 11 T 105/93 = MittRhNotK 1993, 224 folgenden Leitsatz 1 aufgestellt:

    „Der nach WEG § 3 Abs 2 (juris: WoEigG) erforderlichen Abgeschlossenheit steht nicht entgegen, dass der Einbau von beiderseits abschließbaren Verbindungstüren zwischen Räumen vorgesehen ist, die zum Sondereigentum verschiedener Wohnungs- bzw Teileigentumseinheiten gehören sollen. Ohne Verstoß gegen das Abgeschlossenheitserfordernis kann zwischen Wohnungen sogar eine jederzeit zu eröffnende Verbindungstür vorhanden sein (Anschluss KG Berlin, 1984-07-03, 1 W 561/84, OLGZ 1985, 129)“,

    dann kann vorliegend die Abgeschlossenheit auch nicht dadurch in Frage stehen, dass sich die Außentreppe an den Balkon anschließt (s. zur Frage der Abgeschlossenheit und der „Luftschranken-Rechtsprechung“ auch das Gutachten des DNotI vom 27.03.2015, Gutachtennummer: 136861, erschienen im DNotI-Report 2015, 41-44).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für die Antwort.
    Bzgl. der "Luftschranken" habe ich folgende Entscheidung gefunden: KG Berlin Beschluss vom 06.01.2015 (1 W 369/14) "...Nach § 3 Abs. 2 WEG soll Sondereigentum nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Dass § 3 Abs. 2 WEG eine bloße "Soll-Vorschrift" ist, bedeutet dabei nur, das bei einem Verstoß das eingetragene Wohnungseigentum weder nichtig noch anfechtbar ist. Das Grundbuchamt hat bei der Eintragung die Sollvorschrift in gleicher Weise wie zwingende Vorschriften zu beachten....".

  • Bezüglich der grundsätzlichen Sondereigentumsfähigkeit des Balkons habe ich keine Bedenken. Es ging mir lediglich um die Abgeschlossenheit.


  • Bzgl. der "Luftschranken" habe ich folgende Entscheidung gefunden: KG Berlin Beschluss vom 06.01.2015 (1 W 369/14) .

    Wieso „gefunden“? Die von mir verlinkte Abhandlung von Ott in der BWNotZ 5/2015, 130 ff stellt doch die Anmerkung zu dem Beschluss des KG dar:eek:

    Ott hält die Entscheidung in Bezug auf die Frage der Abgeschlossenheit für wenig überzeugend und stuft die Rechtslage hinsichtlich der Sondereigentumsfähigkeit von Terrassen nach wie vor als unsicher ein. Bub/Bernhard führen in ihrem Praxishinweis in der FD-MietR 2015, 366406, aus (Hervorhebung durch mich). „Das KG hat vorliegend im Anschluss an die h.M. (OLG Köln, Beschluss vom 05.02.1996 - 2 Wx 52/95, MittRhNotK 1996, 61; LG Landau, Beschluss vom 15.04.2011 - 3 S 4/11, NZM 2011, 554; Armbrüster, in: Bärmann, WEG, 12. Auflage, § 3, Rn. 23) die Sondereigentumsfähigkeit von Terrassen verneint, weil diese räumlich nicht abgeschlossen sind. Etwas anderes gilt nach h.M. für Balkone, die grundsätzlich sondereigentumsfähig sind, obwohl sie nicht allseitig umschlossen sind…

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  • Hm...hab ich nicht geschnallt, dass es sich um dieselbe Entscheidung handelt....Tschuldigung. Ich glaube, dass ich mit einer anderen Sicht an den Fall rangegangen bin.

  • Bezüglich der grundsätzlichen Sondereigentumsfähigkeit des Balkons habe ich keine Bedenken. Es ging mir lediglich um die Abgeschlossenheit.

    Da muss ich auch nochmal nachfragen. Nach MüKoBGB/Commichau WEG § 5 Rn. 24 müssen alle sondereigentumsfähigen Terrassen und Balkone in der Abgeschlossenheitsbescheinigung erwähnt werden. Muss die Abgeschlossenheitsbescheinigung nun ausdrücklich erwähnen, dass zBsp. die Wohnung Nr. 1 nebst Balkon abgeschlossen ist oder reicht nur die Wohnung Nr.1?

  • Wenn der Balkon mit der Nr. der Wohnung gekennzeichnet ist, dann ist er mE von der Abgeschlossenheitsbescheinigung erfasst, s.
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…217#post1001217
    Zur Frage der Sondereigentumsfähigkeit von Balkonen vertritt Rapp im Staudinger auch in der Neuauflage 2018, § 5 RN 7 unter Hinweis auf BGH 15. 1. 2010 - V ZR 114/09 S 12 die Ansicht, dass ein Balkon gar nicht sondereigentumsfähig sei. In RN 8 weist er hingegen darauf hin, dass auch der BGH in der MittBayNot 2013, 128 Rn 9 von Sondereigentum bei Balkonen ausgehe. Das hat der BGH in der hier genannten Entscheidung
    https://rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1146935
    vom 04.05.2018, V ZR 163/17, erneut so gesehen.

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