Zustimmung Löschung Nießbrauch

  • Hallo liebe Kollegen und Kolleginnen,

    ich bin noch ziemlich frisch in der Grundbuchabteilung und da auch die erfahreneren Kollegen vor Ort so einen Fall noch nicht hatten, würde ich nun gern euch um Rat fragen.

    Folgender Sachverhalt:

    Im Grundbuch eingetragen war seit dem 03.05.2017 ein Nießbrauch für die Schwiegereltern der Grundstückseigentümerin als Gesamtberechtigte gem. § 428 BGB. Besondere Bestimmungen wurden nicht eigetragen.
    Die Löschung des Nießbrauchs wurde am 20.05.2019 unter Vorlage der Sterbeurkunde des Schwiegervaters (Jahresfrist war verstrichen) sowie der Löschungsbewilligung der Schwiegermutter beantragt und am 27.05.2019 im Grundbuch vollzogen.

    Nun liegt mir ein "Grundbuchberichtigungsantrag" vom 24.06.2019 vor, in welcher die Tochter der eingetragenen Nießbrauchsberechtigten angibt, dass es zur Löschung des Nießbrauchs ihrer Zustimmung in notariell beglaubigter Form bedurft hätte. Die Löschung hätte daher nicht erfolgen dürfen und das Grundbuch wäre unrichtig. Daraufhin habe ich in die damalige Bewilligung geschaut, in der folgendes steht:

    "Die Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch wird bewilligt und beantragt. Die Löschung bedarf des Nachweises des Todes des Letztversterbenden der Berechtigten und zusätzlich der Zustimmung der Beteiligten zu 1) (die Tochter der Berechtigten) in notariell beglaubigter Form. Die Beteiligte zu 1) ist verpflichtet, diese Zustimmung im Falle des Todes des Letztversterbenden der Berechtigten auf schriftliche Anforderung des jeweiligen Eigentümers innerhalb von einem Monat seit Zugang der Aufforderung zu erteilen."

    Nun stellt sich mir die Frage, ob man einen solchen Zustimmungsvorbehalt tatsächlich dinglich vereinbaren kann und ich somit gezwungen bin, eine Amtswiderspruch einzutragen oder ob das ganze nur schuldrechtliche Wirkung entfaltet. In diversen Kommentaren sowie hier im Forum bin ich dazu leider nicht fündig geworden.

    Ich bedanke mich bereits jetzt für eure Hilfe und wünsche noch einen angenehmen Arbeitstag.

    Liebe Grüße :)

  • M.E. ist dieser Zustimmungsvorbehalt hier nicht dinglicher Inhalt des Nießbrauchs geworden. Zunächst halte ich es für fraglich, ob die Vereinbarung eines solchen Vorbehaltes überhaupt mit dinglicher Wirkung zulässig wäre. Selbst wenn man dies bejaht, wurde dieser Vorbehalt hier jedoch nicht (ausdrücklich) im GB eingetragen. Somit könnte er allenfalls durch Bezugnahme gem. § 874 BGB dinglicher Rechtsinhalt geworden sein. Dies wäre jedoch nur dann möglich, wenn es sich bei diesem Zustimmungsvorbehalt um den näheren Inhalt des Rechts handeln würde. Dies dürfte m.E. nicht der Fall sein, da es hier nicht um eine den Berechtigten zustehende Befugnis oder um eine Verfügungsbeschränkung der Nießbrauchsberechtigten geht (vgl. insoweit Palandt, 75. Aufl., Rdnr. 2 zu § 877 BGB).
    Im Übrigen ist m.E. nach dem Wortlaut der Eintragungsbewilligung auch die Zustimmung der Tochter nur erforderlich, wenn die Löschung des NB nach dem Tode des Letztversterbenden erfolgen soll, was hier ja gar nicht der Fall ist!

  • Wie Thorsten.

    Als einziges Zustimmungserfordernis fällt mir dazu die Bewilligung nach § 23 GBO ein.

    BGH, Beschluß vom 10.03.1976, V ZB 15/75:

    "Auch die systematische Stellung des § 23 II GBO im Gesetz klärt die Vorlegungsfrage nicht: § 22 I GBO macht vom formellen Konsensprinzip eine Ausnahme dahin, daß die Eintragungsbewilligung durch den Unrichtigkeitsnachweis ersetzt werden kann. Bei Rechten, die auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt sind, erlischt zwar mit dessen Tod das Stammrecht; aber etwaige Ansprüche auf rückständige Einzelleistungen - beim Nießbrauch z.B. Mietzinsen (vgl. Horber, § 23 Anm. 3 a) - bestehen weiter, so daß eine Löschung des Rechts auf Grund des bloßen Todesnachweises insoweit zu einer Unrichtigkeit des Grundbuchs führen und durch die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs seitens Dritter (§ 892 BGB) die fortbestehenden Einzelansprüche gefährden kann. Im Hinblick darauf wandelt § 23 I GBO die Möglichkeit der Berichtigung nach § 22 I für solche rückstandsfähigen Rechte dahin ab, daß sie nach dem Tode des Berechtigten grundsätzlich nur mit Bewilligung von dessen Rechtsnachfolger gelöscht werden dürfen."

    Im Übrigen ist der § 1061 BGB zwingendes Recht (Palandt/Bassenge BGB § 1061 Rn 1: "unabdingbar") und führt deshalb beim Fehlen von Rückständen in jedem Fall zum Erlöschen des Rechts.

  • Und wenn überhaupt ist das eine Verschärfung der Vorlöschungsklausel ("Die Löschung bedarf des Nachweises des Todes des Letztversterbenden der Berechtigten und zusätzlich der Zustimmung (...)").

    Eine Verfügungsbeschränkung - denn darum handelt es sich, wenn der dinglich Berechtigte nicht über sein Recht alleine soll verfügen können - ist unzulässig.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Sehe ich auch so.

    Vielleicht helfen auch meine Ausführungen aus einem Anhörungsschreiben an den Urkundsnotar von 2008:

    „Inhalt des Nießbrauchs können jedoch keine Erschwernisse aus Anlass seiner Löschung sein. Sachenrechtlich ist zur Löschung die Aufgabeerklärung nach § 875 BGB und die Eintragung im Grundbuch, formell-rechtlich die Löschungsbewilligung des Berechtigten (§ 19 GBO) in der Form des § 29 GBO und dessen oder der Antrag des Eigentümers des Belastungsobjekts (§ 13 GBO) erforderlich. Die §§ 23, 24 GBO gewähren darüber hinaus Löschungserleichterungen. Erschwernisse dergestalt, dass „die Aufhebung des Nießbrauchs bzw. der Verzicht auf das Nießbrauchsrecht und die Pflegeverpflichtung zu Lebzeiten der Schenkgeberin nur durch vorherige schriftliche Einwilligung des Gleichstellungsberechtigten zu 1 und des Gleichstellungsberechtigten zu 2 erfolgen können“ (so die Regelung in § 2 Absatz 3 vorletzter Absatz der Urkunde), sind im Sachenrecht nicht vorgesehen und können daher auch nicht -nach § 874 BGB- in Bezug genommen werden. Im Übrigen ist die dort angesprochene Pflegeverpflichtung erst nachfolgend, nämlich in § 2 Absatz 4 der Urkunde geregelt. Die dortige -rein schuldrechtliche- Regelung kann nicht Inhalt des Nießbrauch sein….“


    Zwar kann die Absprache, dass es zur Löschung des Nießbrauchs zusätzlich der Zustimmung der Beteiligten zu 1) bedarf, wohl Gegenstand des Begleitschuldverhältnisses sein.

    Aus der Behandlung des Begleitschuldverhältnisses lassen sich aber nach Ansicht des DNotI im Gutachten im DNotI-Report 4/2012, 25 ff, 26
    https://www.dnoti.de/fileadmin/user…2-light-pdf.pdf
    keine Rückschlüsse auf die Aufhebung des dinglichen Rechts selbst ziehen, weil der entscheidende Unterschied neben der Wesensverschiedenheit von dinglichem und schuldrechtlichem Recht darin liege, dass für die Aufhebung des dinglichen Rechts mit § 875 BGB eine gesetzliche Spezialregelung bestehe (s. dazu auch Heinze im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1030 RN 78).

    Daher kann der Nießbrauch an Grundstücken nach § 875 Abs. 1 durch einseitige Aufgabeerklärung des Berechtigten und Löschung aufgehoben werden, auch wenn damit Nachteile für den Eigentümer verbunden sein können (Pohlmann Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 1030 RN 163).
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    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Vielen Dank für eure Hilfe :)

    Ich werde das der Dame nun so schreiben und abwarten, ob sie ihren Antrag zurück nimmt.

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!!

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