Nachverhaftung - Gläubiger?

  • Der Zweck der Voreintragung besteht in der erleichterten Legitimitätsprüfung in Bezug auf einen Bewilligenden durch den das Grundbuch einsehenden Rechtsverkehr, also nicht allein des Rechtspflegers. ....

    Der Zweck des § 39 GBO besteht nicht nur in der erleichterten Legitimitätsprüfung. Wie der BGH in Rz. 19 des Beschlusses vom 15. Juli 2010 – V ZB 107/10
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…974&pos=0&anz=1
    ausführt, ist der in § 39 GBO enthaltene Voreintragungsgrundsatz eine formelle Voraussetzung für die Grundbucheintragung. Er bezweckt nicht nur die klare und verständliche Wiedergabe des aktuellen Grundbuchstands, sondern auch die Möglichkeit, seine Entwicklung nachzuvollziehen. Das betroffene Recht muss so eingetragen sein, wie es der materiellen Rechtslage und der sich anschließenden neuen Eintragung entspricht (Zitat:Senat, BGHZ 16, 101; Urt. v. 20. Januar 2006, V ZR 214/04, NJW-RR 2006, 888, 890).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • An dem Punkt waren wir bereits in einem anderen Thread. Die zitierte Entscheidung führt zu dieser Konstruktion, weil dort die Eintragung aufgrund der Zustimmung des wahren Berechtigten (185 BGB) erfolge und offenbar nicht aufgrund dessen Bewilligung (19 GBO, 185 BGB). Stellt man dagegen auf die (verfahrenrechtliche) Bewilligung ab, fällt die Begründung leichter. Man argumentiert dann mit dem Wortlaut der 19 und 39 GBO. Übertragen auf den vorliegenden Fall: Der Gläubiger ist nicht von der Eintragung betroffen, muss demnach nicht bewilligen und nicht voreingetragen sein.

  • An dem Punkt waren wir bereits in einem anderen Thread. Die zitierte Entscheidung führt zu dieser Konstruktion, weil dort die Eintragung aufgrund der Zustimmung des wahren Berechtigten (185 BGB) erfolge und offenbar nicht aufgrund dessen Bewilligung (19 GBO, 185 BGB). Stellt man dagegen auf die (verfahrenrechtliche) Bewilligung ab, fällt die Begründung leichter. Man argumentiert dann mit dem Wortlaut der 19 und 39 GBO. Übertragen auf den vorliegenden Fall: Der Gläubiger ist nicht von der Eintragung betroffen, muss demnach nicht bewilligen und nicht voreingetragen sein.

    Durch Wiederholung der Behauptung, der Zweck des § 39 GBO bestehe nur in der erleichterten Legitimationsprüfung, wird diese Behauptung nicht richtiger.

    Die Rechtsprechung stellt mittlerweile vor allem die Transparenz der Entwicklungsstufen und die Verständlichkeit des Grundbuchs in den Vordergrund (s. etwa Weber, DNotZ 2018, 884, 885 mwN in Fußn. 5). Das entspricht dem, was ich ausgeführt habe.

    Auch kann der übernommene Rechtsträger nichts mehr bewilligen.

    Er ist mit der Eintragung des übernehmenden Rechtsträgers im Handelsregister untergegangen (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, RN 995a; Kral im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.10.2020, Sonderbereich Gesellschaftsrecht, RN 84 mwN).

    Und weil er untergegangen ist, kann zu seinen Gunsten keine Nachverpfändung erfolgen. Berechtigter daraus soll zwar der übernehmende Rechtsträger sein. Da aber die Nachverhaftung bei dem ursprünglich belasteten Grundstück eingetragen werden soll, es sich also um ein Gesamtrecht handeln soll, setzt dies voraus, dass der Gläubiger dieses Gesamtrechts aus dem Grundbuch einheitlich hervorgeht. Und wenn kein Fall des § 40 GBO vorliegt, ist die bei dem untergegangenen Rechtsträger nach § 20 UmwG eingetretene Gesamtrechtsnachfolge zu verlautbaren (s. BGH, Beschluss vom 5.7.2018, V ZB 10/18). Bei einer Spaltung wäre dies im Übrigen nicht anders. Die Eintragung der Spaltung bewirkt eine partielle Gesamtrechtsnachfolge und unterscheidet sich von der Gesamtrechtsnachfolge bei Verschmelzung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) nur dadurch, dass sie gegenständlich beschränkt ist. Auch dort ist dann, wenn kein Fall des § 40 GBO vorliegt, die Voreintragung des übernehmenden Rechtsträgers erforderlich (s. Gutachten des DNotI im DNotI-Report 23/2015, 177,179).

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    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (7. Januar 2021 um 09:49) aus folgendem Grund: Schreibversehen korrigiert

  • Das Grundbuch gibt hinsichtlich der beantragten Neueintragung die Rechtslage zutreffend wieder. Das Legalitätsprinzip gebietet nicht, dass auch bereits erfolgte Eintragungen zu berichtigen sind. Die Grundschuld entstünde sogar ohne Anbringung des Mithaftvermerks (§ 48 GBO) als Gesamtrecht. Und es mag sein, dass man den Voreintragungsgrundsatz mittlerweile als Instrument für "die Transparenz der Entwicklungsstufen und die Verständlichkeit des Grundbuchs" mißversteht, der Gesetzeslage (§§ 19, 39 GBO) entspricht das in dieser Allgemeinheit sicher nicht. Wenn der Nominalbetrag der Grundschuld bekannt wäre, könnte man noch die Gebühr für diesen Wunsch nach Transparenz ermitteln. Und die nachgereichte Rechtsprechung steht in keinem Zusammenhang mit der vorliegenden Fragestellung.

  • Weshalb der Voreintragungsgrundsatz mittlerweile als Instrument für "die Transparenz der Entwicklungsstufen und die Verständlichkeit des Grundbuchs" missverstanden werden soll, ist mir nicht klar. Dieser Umstand ist seit der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannt. Das KG führt dazu im Beschluss vom 17.03.1992, 1 W 165/92, aus: Denn es ist mit Recht in der jüngeren Rechtsprechung des RG sowie derjenigen des BGH anerkannt, dass § 39 I GBO jedenfalls auch dem Zweck dient, den Rechtsstand des Grundbuchs in allen Entwicklungsstufen klar und verständlich wiederzugeben (BGHZ 16, 101 = NJW 1955, 342 = LM § 39 GBO Nr. 2; RGZ 133, 279 (283); Kuntze-Ertl-Herrmann-Eickmann, § 39 Rdnr. 2)“ Das entspricht den Kommentierungen von Zeiser im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.10.2020, § 39 RN 1 und Volmer in Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 39 RN 2).

    Die Sache ist doch ganz einfach: ein Gesamtrecht kann nicht mit unterschiedlichen Gläubigern verlautbart werden. Beantworte doch bitte einfach mal die Frage, ob Du bei der Nachverpfändung zweier im selben Grundbuch gebuchter Grundstücke, s. oben https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…001#post1206001
    von der Voreintragung des wahren Gläubigers absehen würdest oder nicht.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Zitat von Prinz

    ... ob Du bei der Nachverpfändung zweier im selben Grundbuch gebuchter Grundstücke, s. oben https://www.rechtspflegerforum.de/sh...01#post1206001
    von der Voreintragung des wahren Gläubigers absehen würdest oder nicht.

    Ich bin da der Meinung, dass ohne Voreintragung kein Vollzug der - den aktuellen Gläubiger enthaltenden - Bewilligung (=Nachverhaftung) möglich ist. Wenn ich nur in der Veränderungsspalte die Nachverhaftung eintrage, weicht diese Eintragung, auch ohne, dass der aktuelle Gläubiger extra erwähnt wird, von der Bewilligung ab, was nicht möglich ist. Und bei Eintragung in einem weiteren Grundbuch kann es nicht anders sein.
    (Aber mich meintest du wahrscheinlich nicht - ich wollte das nur noch mal gesagt haben.)

  • Zitat von Prinz

    ... ob Du bei der Nachverpfändung zweier im selben Grundbuch gebuchter Grundstücke, s. oben https://www.rechtspflegerforum.de/sh...01#post1206001
    von der Voreintragung des wahren Gläubigers absehen würdest oder nicht.

    Ich bin da der Meinung, dass ohne Voreintragung kein Vollzug der - den aktuellen Gläubiger enthaltenden - Bewilligung (=Nachverhaftung) möglich ist. Wenn ich nur in der Veränderungsspalte die Nachverhaftung eintrage, weicht diese Eintragung, auch ohne, dass der aktuelle Gläubiger extra erwähnt wird, von der Bewilligung ab, was nicht möglich ist. Und bei Eintragung in einem weiteren Grundbuch kann es nicht anders sein.
    (Aber mich meintest du wahrscheinlich nicht - ich wollte das nur noch mal gesagt haben.)

    Schon. Bei derselben Blattstelle ist das nicht nur ein Mithaftvermerk als Ordnungsvorschrift, sondern zugleich die Neubelastung des weiteren Grundstücks. Die Hauptspalte wird mit seinem Inhalt erstreckt. Man würde durch die Neueintragung das Grundbuch hinsichtlich des weiteren Grundstücks in Bezug auf den Gläubiger unrichtig machen und damit gegen das Legalitätsprinzip verstoßen. Das Problem läßt sich auch nicht hinsichtlich altem und neuen Belastungsobjekt trennen, sondern muß insgesamt durch Berichtigung gelöst werden. Hat aber wieder nichts mit einer fehlenden Voreintragung zu tun.

  • ...Schon. Bei derselben Blattstelle ist das nicht nur ein Mithaftvermerk als Ordnungsvorschrift, sondern zugleich die Neubelastung des weiteren Grundstücks. Die Hauptspalte wird mit seinem Inhalt erstreckt. Man würde durch die Neueintragung das Grundbuch hinsichtlich des weiteren Grundstücks in Bezug auf den Gläubiger unrichtig machen und damit gegen das Legalitätsprinzip verstoßen. Das Problem läßt sich auch nicht hinsichtlich altem und neuen Belastungsobjekt trennen, sondern muß insgesamt durch Berichtigung gelöst werden. Hat aber wieder nichts mit einer fehlenden Voreintragung zu tun.

    Selbstverständlich hat das etwas mit der erforderlichen Voreintragung zu tun. Ohne Gläubigeridentität gibt es kein Gesamtrecht. Solange die Eintragung nicht auf allen in Betracht kommenden Grundbuchblättern erfolgt ist, tritt die Belastung auch hinsichtlich derjenigen Grundstücke, bei denen die Eintragung bereits erfolgt ist, nicht in Kraft (s. Wolfsteiner im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 1132 RN 43 mwN). Ein Gesamtrecht kann es nur dann geben, wenn ein und derselbe Gläubiger bei allen in Betracht kommenden Grundbuchblättern eingetragen ist. Das setzt bei einem untergegangenen Rechtsträger voraus, dass der Gesamtrechtsnachfolger nach § 39 GBO voreingetragen ist. Auf den deklaratorischen Mithaftvermerk kommt es nicht an.

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  • Der Gläubiger ist bei allen Grundstücken derselbe! Ob er nun überall berichtigend eingetragen ist oder nicht. Und wegen der Voreintragung kann ich weiterhin nichts anderes tun, als auf den Gesetzestext zu verweisen. Ich verabschiede mich damit aus der Diskussion.

    Einmal editiert, zuletzt von 45 (7. Januar 2021 um 17:00)

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