Rueckschlagsperre

  • Hallo!

    Ich habe bis vor kurzem im Bereich Unterhaltsberechnung und -verfolgung für das JuA und SozA gearbeitet. Meine Nachfolgerin ist jetzt mit der Bitte um Klärung mit u.a. Sachverhalt an mich herangetreten. Ich hoffe, dass meine Anmeldung in dem Forum o.k. ist.

    Hier der Sachverhalt:
    Ein rückständige Unterhaltsforderung wurde über einen VB abgesichert und zur Pfändung gebracht (§ 850d ZPO). Eine Zahlung auf den gepfändeten Betrag ging durch den Drittschuldner (Arbeitgeber) im Monat vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein. Der Insolvenzverwalter verlangt unter Hinweis auf § 88 InsO und die Rückschlagsperre, dass dieser gepfändete Betrag ausgekehrt wird und macht darüber hinaus noch eigene Kosten geltend!

    Jetzt habe ich hier im Forum Hinweise gefunden, wonach die Rückschlagsperre so nicht auf Unterhaltsforderung anzuwenden sei. Allerdings passte der thread nicht genau auf meinen o.a. Sachverhalt. Da ich leider mit Insolvenzrecht in meiner Tätigkeit recht wenig Berührungspunkte hatte, hier die Frage, ob die Auffassung des Insolvenzverwalter o.k. ist.

    Zweite Frage: Muss die Kostennote des Insolvenzverwalters für seine Tätigkeit tatsächlich durch uns, also die Kommune, bezahlt werden? Vom Rechtsgefühl her würde ich das eher verneinen. Eine Rechtsgrundlage für dieses "Bauchgefühl" habe ich allerdings noch nicht gefunden. ;)

    Vorab schon einmal: Danke für Eure Hilfe!!!!

  • 1. § 88 InsO greift nur ein, wenn im fraglichen Zeitraum eine Sicherung erlangt wurde. Eine bereits eingetretene Befriedigung wird von § 88 nicht (mehr) erfasst (OLG Frankfurt a.M. NZI 2002, 491, zitiert nach HK-Eickmann, 4. Aufl., § 88 Rz. 10).

    Allerdings greift für die Befriedigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Insolvenzanfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ein (wenn nachfolgende Ziff. 2 erfüllt ist).

    2. Sowohl § 88 als auch § 131 erfassen nur den Fall, dass ein Gegenstand der Insolvenzmasse betroffen ist, also pfändbares Vermögen des Schuldners, vgl. §§ 35, 36 InsO.

    Aus der Art des Anspruchs, wegen dem vollstreckt wurde - hier Unterhaltsanspruch - ergibt sich sich keine Privilegierung, es kommt allein darauf an, ob es sich beim Erlangten um Vermögen handelt, welches anderenfalls in die Insolvenzmasse gefallen wäre.

    Ausschlaggebend ist daher, ob vorliegend in den Einkommensteil vollstreckt wurde, der für den "Normalgläubiger" und somit auch für die Insolvenzmasse nicht zugänglich ist bzw. gewesen wäre. In diesem Fall bzw. insoweit ist der Masse nichts entzogen worden und daher auch nichts zurückzugewähren. Darüber hinaus schon.

    3. Kostennote des Insolvenzverwalters halte ich so für problematisch.

    Im Ausgangspunkt dürfte eine Erstattungsfähigkeit nur in Betracht kommen, wenn der Insolvenzverwalter nicht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter, sondern als Rechtsanwalt (der den Insolvenzverwalter vertritt - das geht grundsätzlich) tätig geworden ist.

    Anwaltsgebühren können allerdings nur als Verzugsschaden vom Gegner verlangt werden. D.h. es müsste m.E. eine Aufforderung mit Fristsetzung vorausgegangen sein, welcher der Gegner nicht nachgekommen und daher in Verzug geraten ist.

  • Zunächst einmal Danke für die schnelle Antwort!

    Konkret erfolgte die Pfändung unter Festsetzung eines "eigenen" pfandfreien Betrages, d.h. es wurde nicht nach der "normalen" Pfändungstabelle vollstreckt. Demnach würden meine städtischen Forderungen -wenn ich das soweit richtig verstanden habe- nicht von der Ansicht des Insolvenzverwalters gedeckt, oder?

  • Im Hinblick auch die Pfändung kommt es wie von Chick ausgeführt auf den Beschlagnahmezeitpunkt an. Also Zustellung an den Drittschuldner, wenn dieser in den Zeitraum nach § 88 fällt (beachte bei IK Verfahren auch § 313) dann wird die Pfändung unwirksam und der IV kann eine Herausgabe des Erlangten begehren.

    Das hat jetzt aber nichts mit der Forderung der Stadt zu tun.

    Wenn die Pfändung hinten runterfällt, dann sind die titulierten Rückstände (ich gehe von Unterhaltsrückständen aus) nicht mehr priviligiert und sind als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden.

    Kosten des TH/IV sehe ich auch als problematisch an.


    @Chick :daumenrau

  • @Mahr A
    Kommt m.E. wieder darauf an:

    1. Fall:
    Nettoeinkommen = 1.000
    regulär pfändbar = nichts
    privilegiert pfändbar für Unterhaltsforderung = 300
    dem Schuldner bleiben = 700

    In diesem Fall ist die Insolvenzmasse nicht tangiert; der vollstreckende Unterhaltsgläubiger hat etwas bekommen, worauf nicht privilegierte Gläubiger bzw. der Insolvenzverwalter keinen Zugriff gehabt hätten. Entsprechend kann der Insolvenzverwalter nichts herausverlangen, weil es an der Benachteiligung der Gläubigergesamtheit als Voraussetzung der Insolvenzanfechtung (vgl. § 129 InsO) fehlt.

    2. Fall:
    Nettoeinkommen = 1.000
    regulär pfändbar = 100
    privilegiert pfändbar für Unterhaltsforderung = weitere 200
    dem Schuldner bleiben = 700

    In diesem Fall hätte die Insolvenzmasse die regulär pfändbaren 100 bekommen bzw. hat der vollstreckende Unterhaltsgläubiger, der insgesamt wieder 300 bekommen hat, hat in Höhe von 100 eine Befriedigung erlangt, welche die Gläubigergesamtheit im Sinne der Insolvenzanfechtung benachteiligt. Folglich sind diese 100 an den Insolvenzverwalter herauszugeben.

  • M.E. ist es wesentlich zu wissen, wann die Zustellung an den Drittschuldner erfolgte, also wann die Pfändung wirksam wurde.

    Chick hat in #5 insoweit recht, als dass die ganze Sache problematisch wird, wenn es einen "Differenzbetrag" (= 100 € wie im 2. Fall) gibt, der für alle Gläubiger pfändbar ist.

    Sollte der PfüB vor Beginn der Rückschlagssperre an den DS zugestellt worden sein, dann ist er (zunächst einmal) wirksam und die Stadt hat ein Absonderungsrecht erlangt gem. § 50 InsO. Der Pfüb wird bzgl. des Differenzbetrages erst nach Maßgabe des § 114 III InsO unwirksam. Folglich kann die Stadt die 100 € für die Monate vor der Insolvenzeröffnung behalten.

    Ich kann mir irgendwie auch nicht vorstellen, dass in diesem Fall eine Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO in Betracht kommen kann. (Denn was nützt einem sonst das Absonderungsrecht?)

    Sollte der Pfüb allerdings erst nach Beginn der Rückschlagssperre zugestellt worden sein, dann ist er tatsächlich von Anfang an unwirksam gewesen - soweit der Differenzbetrag betroffen ist - und die 100 € sind an den Insolvenzverwalter herauszugeben.

  • Irgendwie bringt das doch nichts mit der Rückschlagsperre.

    Wegen des nach § 850c ZPO pfändbaren Betrages kann der TH die Herausgabe von dem Gläubiger verlangen, wenn die Pfändung in der Zeit der Rückschlagsperre zugestellt wurde, weil, wie chick schreibt:

    "die Insolvenzmasse die regulär pfändbaren 100 bekommen" ....

    hätte.

    Aber wenn der Schuldner dieses Geld, was er ohne die Pfändung bekommen hätte, bis zur Eröffnung ausgibt, ist es doch auch weg. Wie kommt der TH dann an die 100 Euro?

  • @ chick #2,5 :daumenrau



    :wechlach: ich dachte erst, warum kriegt er denn nur eine 2,5. Jetzt habe ich's verstanden. Aber das nur am Rande...



    :oops: also ##2,5, oder besser doch #2,#5 ?



    Ne ne, war schon OK. Ich Trottel habe jetzt das erste Mal bewußt das "#" bemerkt. Ich finde, "#2,5" ist völlig ausreichend. Kann ja nicht jeder damit rechnen, dass auch Deppen wie ich mitlesen...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ne ne, war schon OK. Ich Trottel habe jetzt das erste Mal bewußt das "#" bemerkt. Ich finde, "#2,5" ist völlig ausreichend. Kann ja nicht jeder damit rechnen, dass auch Deppen wie ich mitlesen...[/quote]

    Nu mach dich mal nich so schlecht. Kann ja mal passieren. ;)

  • Also: Lt. Aktenlage -wie es so schön heißt- ist der Pfüb weit vor dem Insolvenzantrag zugestellt worden (ca. 6,5 Monate). Für einen anderen Gläubiger wären keine Beträge pfändbar gewesen (ca. 1600,00€ NettoEK und 3 Unterhaltsberechtigte). Also bin ich der Meinung, dass alles korrekt gelaufen ist.

    Der pfandfreie Betrag war übrigens auf 840,00€ zzgl. 3/4 des Nettomehrbetags angesetzt worden.....

    (Die Sache mit dem #2,5 habe ich jetzt auch verstanden :D )

  • Auf die Eröffnung kommt es nach § 88 InsO nicht an, sondern auf den Antragseingang.

    Wenn kein pfändbarer Betrag für gewöhnliche Geldforderungen angefallen wäre, dann kann der TH auch nichts für die Insolvenzmasse geltend machen.

    Nach § 89 Abs. 2 InsO kann ein Unterhaltsgläubiger (als Neugläubiger) in den erweiterten Pfandbereich vollstrecken.

    Nach § 114 Abs. 3 InsO gilt § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO entsprechend....

    Ich würde den TH mal fragen was er überhaupt will und ob er weiß worüber er redet...

  • Wenn der PfÜB ausserhalb des Anfechtungszeitraums zugestellt wurde, dann kommt ein alter Diskussionspunkt zwischen Hego und mir an die Oberfläche: M.E. ist das durch Pfändungspfandrecht erlangte Absonderungsrecht auch dann, wenn es unanfechtbar erlangt ist, zumindest hinsichtlich der im Anfechtungszeitraum entstandenen Lohnansprüche anfechtbar, d.h. im Fall hier jedenfalls i.R.d. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Hier kann nichts anderes gelten als bei der Anfechtbarkeit der Globalzession für die im Anfechtungszeitraum entstandenen Ansprüche (vgl. dazu zuletzt OLG Karlsruhe ZIP 2005, 1249; OLG München ZIP 2006, 2277).

    Und kommt mir nicht mit § 114 !! Der sagt was über die Zeit nach Insolvenzeröffnung, nicht aber für die Zeit davor.

    Angesichts dieses interessanten Themas mein Apell:

    Lieber @Mahr_A, sieh zu, dass die Sache vor Gericht und nach Möglichkeit bis zum BGH geht, damit wir da mal eine Entscheidung bekommen.

    Um den Insolvenzverwalter zur Klage zu provozieren schlage ich vor, seine Forderung per Anwaltsschreiben brüsk zurückzuweisen und zwar ohne große Erläuterung, dafür mit Kostennote für die Einschaltung des Anwalts.

  • § 114 sagt was dazu wie lange etwas noch wirksam ist. Daraus kann man natürlich auch schließen, dass er etwas zu der Zeit sagt, was nach der Wirksamkeit ist, also quasi ab Unwirksamkeit.

    Ich habe die Erfahrung mit einer TH`in gemacht, die statt der von Dir "provozierten" Klage (habe ich auch - vergeblich - versucht) eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen mich geschrieben hat. Für die gelten ja bekanntlich die 3 F!



  • das ist das leidige Problem mit dem Entstehungszeitpunkt des Anspruches, ich tendiere hier zu der verwalterfreundlichen Lösung IX ZR 195/03.

    @chick, als B-Note gibt Dir der Ostdeutsche Kampfrichter glatt eine 5,8

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die hatte gemeint, dass sie sich nicht an § 36 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 halten müsste und wollte ohne Beschluss den pfänbaren Betrag ohne Ehefrau.

    Und dazu hat sie noch die ganze Zeit von dem Schuldner die selbst errechneten pfändbaren Beträge bekommen.

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