Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt - Aufhebung möglich?

  • Hallo zusammen,
    folgendes "blödes" Problem: Eine Kollegin hat in der Vertretung in einer komplizierteren Sache von mir das Ruhen der elterlichen Sorge nach § 1674 BGB festgestellt, meiner Meinung nach zu Unrecht, da die Voraussetzungen nicht vorliegen. Es wurde ein Vormund bestellt. Ich würde die Entscheidung gern aus der Welt schaffen und die Sache dem Richter vorlegen, da es sich eher um eine Frage des Entzugs der elterlichen Sorge handelt. Ist das ohne ein Rechtsmittel überhaupt möglich? Die Voraussetzungen haben sich ja nicht mehr geändert.

    Kurz erklärend zum Hintergrund: Kindesvater hat alleinige elterliche Sorge, Mutter verstorben, Vater will den Sohn nach England holen, Sohn will nicht, Vater stellt auf stur. Jugendamt regt beim Familiengericht Sorgerechtsverfahren an. Vater kommt nicht zum Anhörungstermin bei der Rechtspflegerin, teilt aber dem JA telefonisch mit, dass er nicht kann und bei seiner Haltung bleibt. M.E. keinesfalls § 1674 BGB, insbesondere im Hinblick auf die Entscheidung des BGH, der fast exakt diesen Fall entschieden hat.

    Ist aus eurer Sicht irgendwas möglich?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Warum hat denn die Kollegin entschieden? Hat sie vielleicht mit dem Richter gesprochen, und der hat gemeint, er sei nicht zuständig?

    Ansonsten glaube ich, eine Aufhebung der Entscheidung vaw müsste möglich sein, da die Voraussetzungen für das Ruhen der elterlichen Sorge nicht gegeben sind. Ich glaube, FGG-Entscheidungen kann man auch von amts wegen abändern. Aber da gibt's hier bestimmt Cracks, die das genauer wissen, ich bin wie immer kommentarlos und kann mich nur vage erinnern, so was mal im Forum gelesen zu haben.

    Welche BGH-Entscheidung meinst Du eigentlich, die fast den gleichen Fall betraf? Kommt mir unbekannt vor.


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    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • § 1674 II BGB sieht doch geradezu vor, dass bei veränderten Umständen der Beschluss aufzuheben ist, damit die elterliche Sorge wieder hergestellt wird.

    Erst recht muss nach § 1674 II BGB entschieden werden, wenn überhaupt kein Anlass bestand, nach § 1674 I BGB vorzugehen.

    Dass der Sohn "auf stur stellt", ist m. E. auch kein Grund, nach § 1666 BGB vorzugehen. Minderjährige haben sich nun mal dem Willen der Eltern "zu beugen". Wenn bei jedem Wohnsitzwechsel - ob von Köln nach Düsseldorf (oh Graus) oder von Deutschland nach England - das Familiengericht einschreiten muss, ist dieses sicherlich überfordert.

    Unter bestimmten Umständen kann es sein, dass dem Wohle des Kindes mit dem Umzug nicht gedient ist, da muss aber schon viel zusammenkommen, grundsätzlich ist nicht in die elterliche Sorge einzugreifen.

  • ...
    Dass der Sohn "auf stur stellt", ist m. E. auch kein Grund, nach § 1666 BGB vorzugehen. Minderjährige haben sich nun mal dem Willen der Eltern "zu beugen". Wenn bei jedem Wohnsitzwechsel - ob von Köln nach Düsseldorf (oh Graus) oder von Deutschland nach England - das Familiengericht einschreiten muss, ist dieses sicherlich überfordert....



    Mit dieser Position hätte ich bei dieser Konstellation nicht gerechnet!

    Wenn nach dem Tod der Mutter der Vater entscheidet, den 16jährigen gegen seinen Willen nach England zu holen, ist das doch wohl ein Fall für den Familienrichter! Ob der dann den Vater bestätigt, die ES entzieht oder Anordnungen trifft, wird sich im Verfahren herausstellen.

    Wenn der Vater bisher nichts gegen die Entscheidung unternommen hat, ist er es wohl, der auf Stur schaltet: Wenn ich die Sache nicht mit einem Telefonat klären kann, dann interessiert sie mich auch nicht mehr. Wenn er mit dem REchtspfleger schon so umgeht, wie wird er dann erst mit seinem Sohn umgehen?

    Deshalb spricht aus Sicht des Kindes vieles dafür, die Akte auf Frist zulegen. Der Vater ruht, dann soll seine elterliche Sorge doch auch ruhen.

    Ansonsten aber:

    Allein schon wegen des Auslandsbezugs hätten unsere Rechtspfleger mit allen Mitteln versucht, den Fall in die Richterzuständigkeit zu verschieben.

    Auch die örtliche Zuständigkeit nach dem Tod eines Elternteils bedarf einer besonderen Prüfung!

  • Es wäre in der Tat ganz wichtig zu wissen, wie alt der Sohn ist. Steht er kurz vor der Einschulung, beurteilt sich die Sache natürlich ganz anders, als wenn der liebe Papa ihn - wie Moosi unterstellt - im Alter von 16 Jahren aus der schulischen Ausbildung und aus seinem gewohnten Lebensumfeld herausreißen will. Auch die Bedeutung, die man dem Willen des Sohnes beimißt, wird von seinem Alter abhängen. Daneben kommt es natürlich darauf an, wie die tatsächliche Betreuung und Erziehung in Deutschland nach dem Tod der Mutter gewährleistet ist (Großeltern, Tanten, Onkel? Wer ist denn zum Vormund bestellt?).

    Ganz pragmatisch würde ich bevorzugen, den offenbar ja unangefochtenen Beschluß bestehen zu lassen, solange es keine Anhaltspunkte dafür gibt, daß die jetzige Situation dem Kindeswohl widerspricht (was sagt der Vormund?). Wenn der liebe Papa sich mit der vorliegenden Entscheidung abgefunden hat, statt um seinen Sohn zu kämpfen, ist das für mich ein deutliches Indiz, daß der Ortswechsel nicht wirklich im Interesse des Kindes gewollt war.

    Es dient zudem nicht gerade der Rechtssicherheit und dem Vertrauen in die staatliche Ordnung, wenn Entscheidungen ohne äußeren Anlaß aus heiterem Himmel abgeändert werden mit der Begründung, der Entscheider sei anderer Rechtsauffassung als sein Urlaubsvertreter - in zwei Monaten gibt's dann versetzungsbedingt einen neuen Sachbearbeiter, der eine wieder völlig andere Meinung vertritt, und dessen Urlaubsvertreter noch eine vierte ...


    P.S.: Es gibt keine 'Rekordabsteiger'. Nur RekordAufsteiger.

  • Der Sohn wird demnächst 15.
    Den von da Silva genannten BGH-Beschluss meinte ich, gestern abend daheim war mir leider das Aktenzeichen entfallen :D
    Vormund ist eine Tante geworden, die sich schon länger um den Sohn gekümmert hat, sie war auch zur Anhörung da. Die Versorgung und Betreuung des Sohnes ist damit auch sichergestellt.
    Problem ist noch dazu, dass der Beschluss dem Kindesvater nicht förmlich zugestellt wurde. Ich weiß also noch nicht mal, ob der Gute schon davon weiß. Zunächst sollte dann wohl das nachgeholt werden. Vielleicht kommt es ja dann doch noch zu einem Rechtsmittel. Ich möchte dem Vater nicht mal unterstellen, dass ihm sein Sohn egal ist, aber scheinbar gehen da die Meinungen über die Erziehung und Ausbildung des Kindes etwas auseinander.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Der BGH hat mit Beschluss vom 06.10.2004 – XII ZB 80/04FamRZ 2005, 29 - festgestellt, dass das Ruhen der elterlichen Sorge aus tatsächlichen Gründen nur dann gegeben ist, "wenn der wesentliche Teil der Sorgerechtsverantwortung nicht mehr von dem Elternteil selbst ausgeübt werden kann".
    Dies zur Begründung der Aussage in Satz 2 in #4, dass kein Grund bestand, nach § 1674 I BGB vorzugehen.


    Zur Anwendung des § 1666 BGB: Ich habe eingeräumt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Verbringung ins Ausland dem Wohle des Kindes nicht dient.
    Da die Mutter verstorben ist, kann ausgeschlossen werden, dass die beabsichtigte Auswanderung(?, vielleicht nur vorübergehender Englandaufenthalt?) dem Zweck der Verhinderung des Umganges mit der Mutter dient, was selbstverständlich zu einer FG-Maßnahme berechtigt (Palandt Anm. 7 zu § 1684 BGB).
    Der Vater hat ein Umgangsrecht mit diesem - § 1684I BGB -. Wie will er dies ausüben, wenn er in England, sein Sohn in Deutschland lebt? Soll er seinen Beruf aufgeben und hier von Hartz IV leben?
    Der Vater hat die elterliche Sorge, er macht mit dem Willen, den Sohn zu sich zu holen, deutlich, dass er diese ausüben will. Es besteht grundsätzlich kein Anlass, an seiner Geeignetheit zu zweifeln. Es besteht auch grundsätzlich kein Anlass, die Verhältnisse in England als nicht dem Kindeswohl entsprechend anzusehen.
    Also muss mehr hinzutreten, z. B. der Junge steht kurz vor dem Abitur, was mit 16 Jahren ausgeschlossen werden kann, oder steht mitten in einer Berufsausbildung. Selbst wenn der Ortswechsel ein Kulturschock sein sollte, sehe ich abstrakt nur dann eine Zumutung für den Jungen, wenn er z. B. in ein Entwicklungsland ohne passende schulische Infrastruktur verbracht werden soll. Aber bezüglich GB habe ich keine Bedenken.
    Oder der Junge ist depressiv und es besteht Anlass zur Vermutung, dass er suicidal ist.

    Aber die reine Tatsache, dass er dem gewohnten Umfeld entrissen wird und sich neu einleben muss, ist kein Grund, nach § 1666 BGB vorzugehen.

    Auf Art. 6 Abs. 3 GG muss im übrigen hingewiesen werden.

  • WWiW,

    Du hast genau die Fragen aufgeworfen, die das Familiengericht zu prüfen hat und die sich nicht nach dem Grundsatz erledigen lassen
    "Minderjährige haben sich nun mal dem Willen der Eltern "zu beugen". "

    Dass der BEschluss dem Vater nicht einmal zugestellt wurde, ist schon ein dicker Hammer. AUch damit hatte ich nicht gerechnet.

    Sollte das Kümmern der Tante auch darin bestehen, dass sie ihr Mündel in die Familie aufgenommen hat, ist auch auf diese Familie hin der 6.3 GG zu überprüfen.

  • Die Tante hat das Kind nach dem Tod der Kindesmutter sofort in die Familie aufgenommen, weil der Vater nicht da war. Seitdem geht der Streit darum, ob der Sohn ins Ausland soll oder nicht.
    Ich denke, ich sollte zunächst die förmliche (Auslands-)Zustellung veranlassen und abwarten, ob der Vater Beschwerde einlegt.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Zusätzlich zur Zeit raubenden Auslandszustellung würde ich per einfacher Post den KV anschreiben. Wenn dem Gericht sogar ein "Streit über den Aufenthalt" bekannt geworden ist, ist die sofortige Abgabe ans Familiengericht m.E. unvermeidlich. Die Frage ist, ob der Ruhens-BEschluss dann nicht sogar von Amts wegen aufzuheben ist. Inzwischen kann ich Deine Bauchschmerzen gut verstehen.

  • Problem ist ja nur, dass die Situation so wie sie sich jetzt darstellt schon vor Erlass des Beschlusses voll bekannt war. Ich find´s halt schwierig jetzt ohne neue Erkenntnisse den Beschluss einer Kollegin aufzuheben.
    Ich danke euch aber für eure Meinungen :daumenrau

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

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