Wirksamer Erbverzicht?

  • Die Kinder meiner Erblasserin haben "im Wege der vorweggenommen Erbfolge" Grundstücke übertragen bekommen und in dem Übertragunsvertrag "wechselseitig aus Anlass der heuitgen Übertragung auf die Geltendmachung von Erb-, .... ansprüchen" verzichtet.

    Handelt es sich hierbei um einen wirksamen Erbverzicht?

  • Unabhängig von der rechtlich haarsträubenden Formulierung des betreffenden Passus:

    Wer hat gegenüber wem verzichtet? Die Kinder lediglich untereinander oder (nur bzw. auch) gegenüber der Erblasserin? Und wie lautet die Formulierung exakt und in voller Länge?

  • Also der Vertrag ist ziemlich lang...der betreffende Teil lautet jedoch:

    "Die Erschienen zu 1) (die Erblasserin), 2) (der Ehemann der Tochter) und 3) (die Tochter), 4) (der Sohn) sind sich darüber einig, dass wechselseitig aus Anlass der heutigen Übertragung, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, auf die Geltendmachung von Erb-, Pflichtteils-, Erbergänzungs- und Pflichtteilsergäzungsansprüchen aus Anlass der heutigen Übertragung des Grundbesitzes der Erschienen zu 1) auf die Erschienen zu 2), 3) und 4) verzichtet wird und nehmen den Verzicht wechselseitig an."

    Ich habe einen Erbscheinsantrag vorliegen, der auch von dem Notar beurkundet wurde, der damals den Vertrag beurkundet hat. Ich habe ihn auf den Vertrag hingewiesen und er hat nun einfach den obigen Text wiedergegeben und dabei "wechselseitig aus Anlass der heutigen Übertragung" fett gedruckt.

  • Meiner Meinung nach sind nur Ansprüche betroffen, die sich aus der Grundstücksübertragung ergeben, in erster Linie also Pflichtteilsergänzungsansprüche, möglicherweise auch Ausgleichungsansprüche unter Erben. Der Pauschalverzicht jeder gegen jeden hat für mich den Anschein, dass der Notar den Sachverhalt nicht durchdenken wollte. Nach § 17 I 1 BeurkG muss der Notar den Willen der Parteien klar und unzweideutig wiedergeben. Tut er dies nicht und entstehen den Parteien dadurch Kosten, so haftet der Notar dafür.

  • Ein Erbschein soll aufgrund gesetzlicher Erfolge erteilt werden. Falls ich mich der Meinung anschließen könnte, die Erklärung dahingehend auszulegen, dass es sich um einen rein "schuldrechtlichen Verzicht" handelt, müsste ich dann nicht auch die zweite Erbordnung anhören?

  • wurde der Erbverzicht dem Nachlaßgericht seinerzeit nicht angezeigt vom Notar ? Hat Deine Geschäftstelle Vorgänge geprüft, negativ ?

    Dennoch, warum sollte das kein wirksamer Erbverzicht sein ?

  • Man braucht nicht darüber zu diskutieren, dass die vom Notar gewählte Formulierung der pure rechtliche Nonsens ist, und zwar aus mehreren Gründen:

    a) Wenn es ein Erbverzicht ist, wirkt er auch für die Abkömmlinge der beiden Kinder, sodass wegen § 2349 BGB die zweite gesetzliche Erbordnung zum Zuge käme (vgl. aber auch § 2350 Abs.2 BGB).
    b) Der Erbverzicht des Schwiegersohnes ist Unsinn. Er ist im Verhältnis zur Erblasserin und zu seinem Schwager ohnehin nicht erbberechtigt. Gleiches gilt natürlich umgekehrt.
    c) Einen "Erbergänzungsanspruch" gibt es nicht.

    Für mich ist so etwas unbegreiflich.

  • Jaa...für mich auch! :(

    Der Notar hat den Vertrag nicht angezeigt. Wahrscheinlich weil er ihn ja selber nicht als Erbverzicht ansieht. Im Palandt steht jedoch, dass in der Regel kein Erbverzicht vorliegt, wenn Eltern ihr Anwesen auf einen Abkömmling übertragen und sich dieser dann für abgefunden erklärt (§ 2348 Rn 3 BGB). Ich könnte mich dem dann also wohl anschließen.

    Das wird aber einen Spaß die gesetzlichen Erben in der zweiten Erbordnung ausfindig zu machen, damit diesen rechtliches Gehör gewährt werden kann! :daumenrun

  • ich habe dazu folgenden Fall:

    Erblasser hinterlässt drei Kinder. Gesetzliche Erbfolge tritt ein.
    Nunmehr wird Erbscheinsantrag durch einen Notar gestellt. Der lautet wie folgt (abgekürzt): Erben zu je 1/2 Anteil Kind A und Kind B.

    Begründung: grds. gesetzliche Erbfolge, aber Kind C hat in notarieller Urkunde auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet. Als Anlage beigefügt ist die Kopie der not. UR mit folgendem Wortlaut:

    Kind C erhält von seinen Eltern Grundbesitz in der Urkunde übertragen. C erklärt wortwörtlich: Der Erschienene erklärt sich für abgefunden vom elterlichen Nachlass. Mehr Erklärungen sind nicht enthalten.

    Ich tendiere dazu, dass es sich dabei nicht um einen wirksamen Erbverzicht im Sinne des § 2346 BGB handelt. Besonders unter Beachtung der Rn. 3 im Palandt zu § 2348 BGB.


    Zudem habe ich noch folgende Urteile noch dazu gefunden, die mich ebenfalls in meiner Meinung stärken ,dass es sich nicht um einen Erbverzicht im Sinne des § 2346 BGB handelt:

    OLG Hamm, Urteil vom 04-04-1995 - 10 U 90/94.

    Aus der in einem Grundstücksübertragungsvertrag enthaltenen Erklärung, daß die Übertragung zur Abfindung von Erbansprüchen erfolgen soll, kann ein Erbverzicht nicht mit Zuverlässigkeit festgestellt werden. Ein Erbverzicht muß ausdrücklich erklärt sein oder sich aus dem ganzen Inhalt des Vertrages zuverlässig ergeben; ein bloßer Abfindungsvertrag kann in der Regel nicht als Erbverzicht angesehen werden.


    BayObLG, 10.02.1981
    Ein Vertrag, durch den Eltern ihr landwirtschaftliches Anwesen unter Vereinbarung eines Leibgedinges einem Abkömmling übergeben, wohingegen dieser sich mit allen Ansprüchen gegen den künftigen Nachlaß seiner Eltern für abgefunden erklärt, ausdrücklich aber nur auf sein Pflichtteilsrecht verzichtet, enthält nicht notwendig einen Erbverzicht.

    Würdet ihr die Bedenken auch teilen und dem Notar mitteilen, dass der Erbschein - wie beantragt . nicht erteilt wird.

  • Es ist zumindest nicht abwegig, hier an einen Erbverzicht zu denken. Die Frage wäre, was es sonst ist. Ein Hinweis auf eine Ausgleichungspflicht? Dann wären ggf. zwar alle drei Erben, aber C erhält trotzdem nichts. Das ist ein Fall, den ich über eine Klage vor dem Zivilgericht lösen würde, weil ich dort die entsprechenden Hilfsanträge stellen kann. Aber das nützt im Erbscheinsverfahren erst einmal wenig. Mich würden die Wertverhältnisse interessieren. Liegt der Wert des Grundstücks über 1/3 des Gesamtnachlasses (damals und heute)?

  • Man sollte Notaren grundsätzlich schon zutrauen, dass sie wissen, wie man einen Erbverzicht beurkundet. Und zu diesem Wissen gehört auch, dass ein Erbverzicht die Erklärungen beider Parteien voraussetzt und nicht lediglich die einseitige Erklärung des Verfügungsempfängers, dass er sich für abgefunden erklärt.

  • Einen Zusatz (wahrscheinlich einen wichtigen) habe ich übersehen bzw. vergessen mitzuteilen (Asche über mein Haupt :-()

    Nach dem Satz " C erklärt sich für abgefunden vom elterlichen Nachlass" folgt "Die Erschienenen zu 1.) (die Eltern) nehmen diese Erklärung an...

    Sorry....

  • Man sollte Notaren grundsätzlich schon zutrauen, dass sie wissen, wie man einen Erbverzicht beurkundet.

    Leider nein. Ich habe in den letzten Wochen so viele Problemurkunden gesehen, wie noch nie. Ich halte es für unzulässig von der Belehrungspflicht des Notars darauf zu schließen, dass tatsächlich Wissen vorhanden ist und Belehrungen erfolgen. Hier ist dringend eine rechtstatsächliche Studie erforderlich, um die (von mir vermuteten) schweren Missstände zu beheben. Das kann aber nicht dazu führen, dass man den Beteiligten quasi sagt: "Selber Schuld, wenn Du zu diesem Notar gehst." Vielmehr muss dann eben doch die Auslegung stattfinden.

  • Wenn das ein Erbverzicht sein soll, dann ist die verwendete Formulierung jedenfalls keine notarielle Glanzleistung. Im Übrigen reicht die vorliegende "Kopie" des Vertrages ohnehin nicht aus, um etwaige Verzichtswirkungen zu belegen. Insoweit wäre schon eine Ausfertigung vonnöten.

    Ohne Anhörung des (angeblich) Verzichtenden und ggf. ohne Einvernahme des beurkundenden Notars würde ich nicht im positiven Sinne über den vorliegenden Erbscheinsantrag entscheiden, zumal der Notar wohl anlässlich der seinerzeitigen Beurkundung auch keine entsprechende Mitteilung an das Geburtsstandesamt des Erblassers veranlasst hat.

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