Folgendes Schreiben habe ich gerade erhalten:
Neuorganisation der Bayerischen Insolvenzgerichte („Insolvenzgericht 21“)
hier: Beteiligung der gerichtlichen Praxis
Es ist vorgesehen, die Zahl der Insolvenzgerichte in Bayern von 29 auf 8 zu reduzieren.
Maßgeblich hierfür sind folgende Überlegungen:
Das Insolvenzrecht hat - vor allem aufgrund der Finanzkrise - erheblich an Bedeutung
gewonnen. Wie bekannt, handelt es sich hierbei um eine äußerst komplexe
Materie, die von den damit befassten Richtern und Richterinnen sowie Rechtspflegern
und Rechtspflegerinnen ganz spezifische Fachkompetenz verlangt. Die
Befassung mit dem Insolvenzrecht setzt sowohl besonderes Fachwissen als auch
spezielle Erfahrungen sowie neben juristischem Sachverstand auch eine profunde
Kenntnis betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge voraus. Zudem sehen sich
sowohl die Richter als auch die Rechtspfleger im Bereich des Insolvenzrechts regelmäßig
hoch spezialisierten Insolvenzverwaltern gegenüber. Sie müssen in der
Lage sein, mit diesen Spezialisten jederzeit "auf Augenhöhe" zu verhandeln.
Hier ist bekannt, dass sich die mit dem Insolvenzrecht befassten Kollegen und
Kolleginnen diesen Herausforderungen durchweg mit großer Energie, Pflichtbewusstsein
und Kreativität stellen.
Aufgrund der derzeitigen Verteilung auf 29 Standorte sind diesen Bemühungen
indessen naturgemäß enge Grenzen gesetzt. So ist bei 14 der 29 Insolvenzgerichte
nur ein einziger Richter in Insolvenzsachen tätig, der diese Aufgabe jeweils nur
zu einem Bruchteil seines Pensums wahrnimmt. Bei 25 der 29 Insolvenzgerichte
betrug die Personalverwendung der Richter in Insolvenzsachen im Jahre 2008
weniger als 1,0 Richter-AKA. Nur bei 4 Amtsgerichten lag die Personalverwendungsquote
bei 1,0 oder mehr. Der Erwerb des erforderlichen Spezialwissens ist
für einen Richter, der nur zu einem geringen Teil seines Pensums mit Insolvenzsachen
befasst ist, mit außergewöhnlichem Aufwand verbunden. Kleine Insolvenzstandorte
verfügen zudem meist nur über eine eng begrenzte fachliche Ausstattung
(Bücher etc.). Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch mit Kollegen gestaltet
sich dort schwierig, ebenso eine Dezernatsvertretung bei Krankheit oder Urlaub.
Die Konzentration der Insolvenzgerichte wird einen wesentlichen Beitrag dazu
leisten, dies zu ändern. Eine Konzentration führt zu einer Spezialisierung von
Richtern und Rechtspflegern und setzt sie damit noch besser in die Lage, den
Unternehmen und Insolvenzverwaltern auf Augenhöhe gegenüber zu treten. Außerdem
wird eine gezielte Fortbildung erleichtert. Die Vertretungssituation am Gericht
wird entspannter und es ist zu erwarten, dass es nicht mehr zu einem so häufigen
Personalwechsel wie bisher im Insolvenzbereich kommt.
Eine Konzentration der Insolvenzgerichte wird schließlich sowohl von der Wirtschaft
als auch von den Schuldnerberatungen, der juristischen Fachwelt und den
Insolvenzverwaltern befürwortet, so etwa beim Deutschen Insolvenzrechtstag
2010 in Berlin. Im Bayerischen Landtag wurde zudem ein Antrag von Abgeordneten
der Mehrheitsfraktionen eingebracht, in welchem die Staatsregierung aufgefordert
wird, die Zahl der Insolvenzgerichte deutlich zu reduzieren.
Bei der Zahl der notwendigen Insolvenzgerichte wird hier davon ausgegangen,
dass zwei Amtsgerichte für Oberbayern und eines in jedem sonstigen Regierungsbezirk,
insgesamt also acht Insolvenzgerichte, erforderlich und ausreichend
sind. Bei einer Konzentration auf acht Insolvenzgerichte können die damit verfolg ten Ziele am besten erreicht werden. Insbesondere kann nur bei einer weitgehenden
Konzentration bewirkt werden, dass bei jedem Insolvenzgericht mit konzentrierter
Zuständigkeit eine genügende Anzahl von Richtern und Rechtspflegern mit
einem erheblichen Teil ihrer Arbeitskraft in Insolvenzsachen tätig sein werden.
Zudem werden nur bei einer Konzentration auf wenige Insolvenzgerichte so hohe
Eingangs- und Eröffnungszahlen erreicht, dass das Entstehen leistungsfähiger
Kompetenzzentren zu erwarten ist.
Zwar steht dem mit einer starken Zuständigkeitskonzentration erzielten Kompetenzgewinn
ein Verlust an Ortsnähe gegenüber. Der Gesichtspunkt der Ortsnähe
wiegt indessen im Bereich des Insolvenzrechts jedenfalls unter fachlichen Gesichtspunkten
nicht ganz so schwer wie in anderen Bereichen. Die gerade in diesem
Bereich zunehmend relevante elektronische Kommunikation erleichtert den
Verkehr mit dem Gericht auch ohne persönliche Anwesenheit.
Eine Mindestzahl von zwei Insolvenzgerichten für den flächen- und bevölkerungsmäßig
stärksten Regierungsbezirk Oberbayern und je einem Insolvenzgericht
für die übrigen Regierungsbezirke bzw. vier Insolvenzgerichten für den OLGBezirk
München und jeweils zwei Insolvenzgerichten für die Regierungsbezirke
Nürnberg und Bamberg ist jedoch aus Gründen der Ortsnähe derzeit unabdingbar,
so dass sich die Gesamtzahl von acht Insolvenzgerichten ergibt.
Die Zahl von acht Insolvenzgerichten entspricht im Übrigen - mit Ausnahme des
OLG-Bezirks München bzw. des Bezirks Oberbayern - weitgehend Forderungen
aus der Wirtschaft und dem Kreis der Insolvenzverwalter. So fordert der Gravenbucher
Kreis in seiner Stellungnahme zum Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur
weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 29. Juni 2010 ausdrücklich
die Konzentration auf ein Insolvenzgericht je Regierungsbezirk oder alternativ
Oberlandesgerichtsbezirk.