Schuldner nicht mehr Eigentümer! Kaufvertrag vor Anordnung!

  • Hallo Rechtspflegerkollegen,

    ich habe mal wieder nen interessanten Zwangsversteigerungsfall, den ich gerade in der Vertretung bearbeiten darf.

    Zum Ablauf auf Seite des Zwangsversteigerungsgerichts:
    1.) Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung
    2.) Einsichtnahme in SOLUMStar am Arbeitsplatz, aber kein Blick in die Akte
    3.) Schuldner als Eigentümer des Grundstücks bestätigt bekommen
    4.) Anordnungsbeschluss erstellt
    5.) Ersuchen auf Eintragung des ZV-Vermerks an das Grundbuchamt geschickt
    6.) Rückmeldung vom Grundbuchamt, dass der Schulder "nicht mehr" Eigentümer ist

    Zum Ablauf auf Seite des Grundbuchamtes nach Einsichtnahme in die Grundakte:
    1.) Antrag auf Eigentumsumschreibung (fast einen Monat vor dem obigen Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung) mit Antrag auf Eintragung eines Wohnrechtes
    2.) Notarielle Urkunde war bzgl. eines Wohnrechts nicht konkret genug und es erging eine Zwischenverfügung
    3.) Ersuchen auf Eintragung des ZV-Vermerks geht ein
    4.) Zwischenverfügung wird vollständig erledigt und es erfolgt die Eigentumsumschreibung im Grundbuch
    5.) Rückmeldung vom Grundbuchamt an das Zwangsversteigerungsgericht, dass der Schuldner nicht mehr Eigentümer ist

    Was nun, sprach Zeus? :confused::confused::confused::confused::confused::gruebel::gruebel::gruebel:

    Hätte die Zwangsversteigerung überhaupt angeordnet werden dürfen? Für mein Dafürhalten hätte vor der Anordnung die Grundakte beigefügt werden müssen, aus der sich ergibt, dass eine Zwischenverfügung in einer Eigentumsumschreibungssache läuft. Die Zwischenverfügung ist nach meinem Kenntnisstand rangwahrend. Damit wäre nach vollständiger Erledigung der Zwischenverfügung die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zeitlich weit vor dem Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung gewesen. Meiner Meinung nach, muss ich das ZV-Verfahren nunmehr von Amts wegen aufheben, da das Grundstück rechtlich dem Schuldner am Tage des Anordnungsbeschlusses nicht mehr zuzuordnen war.

    Habt jemand ne Idee?:gruebel:

  • Frage zum Sachverhalt:
    Erfolgte die Anordnung der ZV auf Grund eines dinglichen Anspruchs oder wegen persönlicher Ansprüche?

    "Das Beste gegen Unglücklichsein ist Glücklichsein, und es ist mir egal, was die anderen sagen."
    Elizabeth McCracken, "Niagara Falls All Over Again"

  • Der Fehler liegt beim Grundbuch - nicht an der fehlenden Beiziehung der Grundakte. Seit Solum-Star ziehen wir auch die Akten nicht mehr bei, denn auf vorliegende Anträge kommt es gar nicht an. So lange der Schuldner noch eingetragen ist, liegen die Voraussetzungen für die Anordnung vor. Man kann keine Anordnung zurückweisen, nur weil ein noch nicht erledigter Umschreibungsantrag vorliegt.

    Das Grundbuchamt hat das Eintragungsersuchen zu vollziehen, auch wenn der Schuldner nicht mehr als Eigentümer eingetragen ist. Vgl. hierzu Stöber Anm. 3.2 sowie 4.1 ff zu § 19 ZVG für die Abwicklung bei mehreren Anträgen. Ob dann eine wirksame Beschlagnahme für den Gläubiger eingetreten ist, hat nur das Vollstreckungsgericht zu prüfen und ggfls. nach § 28 ZVG einzustellen oder aufzuheben.

    Das Ersuchen um Eintragung des Versteigerungsvermerks ist nicht auf dingl. Rechtserwerb gerichtet, sondern eine Verfügungsbeschränkung und hat daher keinen Rang im Grundbuchsinne. Lediglich wegen § 17 GBO muss vom GB die zeitl. Reihenfolge eingehalten werden.

    Zum Beispiel kommt es doch vor, dass der Schuldner glaubt, durch Übertragung auf Kinder/Ehefrau das drohende Verfahren blockieren zu können, Versteigerungsanträge aus dingl. Rechten werden ja in der Regel vorher durch Kündigung angekündigt. Das im SV erwähnte Wohnrecht spricht dafür, dass es hier ähnlich war. Dann kann das Verfahren nach § 26 ZVG weiter geführt werden und der Gl. braucht noch nicht einmal eine Rechtsnachfolgeklausel.

    Aber auch ein persönl. Gläubiger kann z.B. durch Zustellung des Beschlusses eine wirksame Beschlagnahme erlangt haben. Ob der neue Eigentümer gutgläubig erworben haben kann, müssen die Beteiligten notfalls nach § 771 ZPO ausprozessieren.

    Übrigens: Ich finde es schlechten Stil, den Beschluss eines Kollegen zu korrigieren oder gar "von Amts wegen aufzuheben", hier wäre es auch nicht richtig. Bei einer normalen Urlaubsvertretung sorge ich nur dafür, dass nichts anbrennt, den Rest überlasse ich dem Kollegen. Also dem GB auf die Sprünge helfen!

  • Für mich ist grundsätzlich maßgeblich, wer ist zum Zeitpunkt des Anordnungsbeschlusses als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Dies hat in einem Fall wie dem vorliegendem, in dem der Schuldner noch als Eigentümer eingetragen war, zur Folge, dass das Versteigerungsverfahren ganz normal durchzuführen ist. Eine nachträgliche Eigentumsumschreibung hatte ich schon mehrfach und interessiert mich nicht, solange die aus einem früher eingetragenen Recht betreibenden Gläubiger diese nicht genehmigen. Lediglich bei Anordnung aus einer persönlicher Forderung könnte es anders sein.
    In diesem Sinne ist es auch im Stöber bei § 28 Rdnr. 4 ff erklärt.

    Im übrigen lasse auch ich in der Urlaubsvertretung komplizierte Akten oder Akten, bei denen man verschiedener Meinung sein könnte, liegen.

  • @ Highlander
    "Frage zum Sachverhalt: Erfolgte die Anordnung der ZV auf Grund eines dinglichen Anspruchs oder wegen persönlicher Ansprüche?"
    => es handelt sich in meinem Fall um einen dinglich Anspruch aus dem vollstreckt wird.


    @ naja
    "Seit Solum-Star ziehen wir auch die Akten nicht mehr bei, denn auf vorliegende Anträge kommt es gar nicht an. So lange der Schuldner noch eingetragen ist, liegen die Voraussetzungen für die Anordnung vor. Man kann keine Anordnung zurückweisen, nur weil ein noch nicht erledigter Umschreibungsantrag vorliegt."
    => Super Satz. Nur wo steht das??? :gruebel:

    "(1) Das Ersuchen um Eintragung des Versteigerungsvermerks ist nicht auf dingl. Rechtserwerb gerichtet, sondern eine Verfügungsbeschränkung und hat daher keinen Rang im Grundbuchsinne. (2) Lediglich wegen § 17 GBO muss vom GB die zeitl. Reihenfolge eingehalten werden."
    (1) => Die Stelle im Kommentar habe ich auch gefunden.:daumenrau
    (2) => Mit dem bereits vorliegenden Eigentumsumschreibungsantrag ist das Ersuchen aber zeitlich später zur Akte gegangen.:daumenrun

    "Dann kann das Verfahren nach § 26 ZVG weiter geführt werden und der Gl. braucht noch nicht einmal eine Rechtsnachfolgeklausel."
    => § 26 ZVG befaßt sich mit dem Fall der Veräußerung des Objektes NACH der Beschlagnahme. Genau dieses ist aber meiner Meinung nach gerade nicht passiert. Durch die Heilung der Zwischenverfügung, die meines Wissens grundbuchrechtlich rangwahrende Wirkung hat, ist die Eigentumsumschreibung damit rechtlich weit vor der Beschlagnahme.
    :gruebel:


    "Übrigens: Ich finde es schlechten Stil, den Beschluss eines Kollegen zu korrigieren oder gar "von Amts wegen aufzuheben", hier wäre es auch nicht richtig. Bei einer normalen Urlaubsvertretung sorge ich nur dafür, dass nichts anbrennt, den Rest überlasse ich dem Kollegen. Also dem GB auf die Sprünge helfen!"
    => Jedem seine eigene Vertretungsweise. Habe die Akte am ersten Vertretungstag erhalten und werde diese Wohl kaum 3 Wochen liegen lassen können!:oops:


    @Pavli
    "Für mich ist grundsätzlich maßgeblich, wer ist zum Zeitpunkt des Anordnungsbeschlusses als Eigentümer im Grundbuch eingetragen."
    => Diesen Grundsatz vertrete ich selbstverständlich auch. Durch die Heilung der Zwischenverfügung, die meines Wissens grundbuchrechtlich rangwahrende Wirkung hat, ist die Eigentumsumschreibung damit rechtlich aber weit vor der Beschlagnahme gewesen.:gruebel:


    Gibt es weitere Ideen zur Vorgehensweise bzw. eine Entscheidung oder Fundstelle aus der sich ergibt, dass weiter vollstreckt werden kann oder eine Aufhebung nötig ist???:gruebel::confused::gruebel::confused:

  • § 26 ZVG hilft nicht, wenn der Eigentumswechsel zwischen Verfahrensanordnung und Wirksamwerden der Beschlagnahme ( § 22 ZVG) vollendet wird. Dann ist § 28 ZVG anzuwenden und bei einem dinglichen Gl. das Verfahren einstweilen einzustellen ( § 28 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2) und dem Gl. Gelegenheit zur Titelumschreibung gem. § 727 ZPO zu geben, so wenigstens Löhnig Rz. 7 zu § 26 ZVG, Böttcher Rz. 3 zu § 26 ZVG, OLG Hamm, Rpfleger 1990, 215.

    In den Kommentaren noch weitere Fundstellen.

    "Das Beste gegen Unglücklichsein ist Glücklichsein, und es ist mir egal, was die anderen sagen."
    Elizabeth McCracken, "Niagara Falls All Over Again"

  • Nachdem die Beschlagnahme ja spätestens mit dem Eingang des Ersuchens beim Grundbuchamt bewirkt wurde, aber der Eintragungsantrag für die Eigentumsumschreibung bereits zuvor gestellt war, ist der Eigentumserwerb doch gemäß § 878 BGB auch gegenüber dem betreibenden Gläubiger wirksam. Es dürfte - da aus einem dinglichen Anspruch betrieben wird - daher der Fall vorliegen der von Stöber in der 19. Auflage unter Randnr. 2.7 zu § 26 kommentiert wird, mit dem Ergebnis, dass die Versteigerung fortzuführen ist.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

  • @ naja "Seit Solum-Star ziehen wir auch die Akten nicht mehr bei, denn auf vorliegende Anträge kommt es gar nicht an. So lange der Schuldner noch eingetragen ist, liegen die Voraussetzungen für die Anordnung vor. Man kann keine Anordnung zurückweisen, nur weil ein noch nicht erledigter Umschreibungsantrag vorliegt." => Super Satz. Nur wo steht das??? :gruebel:


    § 17 ZVG? ;)

    Die Grundakte würde ich vor der Anordung -wenn überhaupt- nur in ganz besonderen Ausnahmefällen anfordern...

    Im Übrigen würde ich auch das Verfahren fortführen, wie Delphina5.

  • Mal ganz davon abgesehen, dass die Beschlagnahme nicht nur durch Eingang des Ersuchens beim GBA eintritt.

    So lange das dingliche Recht nicht gelöscht ist, kann das Grundstück versteigert werden. Der Gläubiger muss nur den Titel umschreiben.

    Und ja: Solche Akten können auch mal 3 Wochen liegen bleiben. Was brennt denn bitte an. Nix.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



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